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Der Ablass

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Beitrag  Andy Mi Okt 15, 2014 11:00 pm

Ablass (Indulgenz, lateinisch indulgentia, veraltet auch römische Gnade) ist ein Begriff aus der römisch-katholischen Theologie und bezeichnet einen von der Kirche geregelten Gnadenakt, durch den nach kirchlicher Lehre zeitliche Sündenstrafen erlassen (nicht dagegen die Sünden selbst vergeben) werden. Es gibt Teilablässe oder vollkommene Ablässe, die die Gläubigen unter von der Kirche bestimmten Bedingungen erlangen können.[1] Ablässe können den Lebenden und den Verstorbenen zugewendet werden.[2]

Der Ablass 220px-Indulgence
Reskript mit vorgedrucktem Ablassantrag und päpstlichem Siegel (1925)

Um einen Ablass zu gewinnen, müssen Katholiken meist ein bestimmtes frommes Werk (z. B. Wallfahrt, Kirchen- oder Friedhofsbesuch, besonderes Gebet) in angemessener Disposition vollbringen. Deshalb gehört zu den Voraussetzungen für die Ablassgewinnung die sakramentale Beichte, der Empfang der heiligen Kommunion und das Gebet in der Meinung (das heißt, im Sinne) des Heiligen Vaters. Ablässe kann der Gläubige nicht nur für sich selbst, sondern auch für das Seelenheil eines Verstorbenen gewinnen. Die Gewinnung eines Ablasses kann von der zuständigen kirchlichen Behörde in einem sogenannten Ablassbrief bestätigt werden.

Der Ablass 800px-2008_Xmas_Urbi_Orbi_Pope_Benedict_XVI
Mit dem Segen Urbi et Orbi ist nach katholischer Lehre allen, die ihn hören oder sehen und die guten Willens sind, unter den gewöhnlichen Bedingungen ein vollkommener Ablass ihrer Sündenstrafen gewährt.

Der Handel mit sogenannten Almosenablässen, für deren Gewinnung als Ablasswerk ein Geldbetrag gespendet werden musste, war ein besonders in der Renaissancezeit verbreiteter Missbrauch. Er gilt als Anlass für den Thesenanschlag Martin Luthers und als ein Auslöser der Reformation in Deutschland. Mit Einkünften aus dem Ablasshandel hatten einige Päpste beträchtliche Geldsummen aus ganz Europa nach Rom gelenkt, die unter anderem für den Bau des Petersdoms verwendet wurden. Albrecht von Brandenburg, Bischof von Magdeburg, Halberstadt und Mainz, hatte mit dem Papst einen Ablasshandel durch den Dominikanermönch Johann Tetzel in Gang gesetzt. Albrecht, der sich vom Papst mehrere Bistümer hatte verleihen lassen, musste hohe Gebühren für diesen Verstoß gegen die Bestimmungen des Kanonischen Rechts zahlen. Albrechts Provisionen aus dem Ablasshandel sollten dazu dienen, seine Schulden beim Bankhaus Fugger in Augsburg abzutragen, der Rest sollte bestimmungsgemäß nach Rom gehen.

Ablasshandel ist in der römisch-katholischen Kirche seit 1562 verboten und seit 1567 mit der Strafe der Exkommunikation belegt.

Begriffe und Inhalte der Ablasslehre

Der Codex Iuris Canonici von 1983, das Gesetzbuch des römisch-katholischen Kirchenrechts, definiert den Ablass in Canon 992 wie folgt:

„Ablaß ist der Nachlaß zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist; ihn erlangt der entsprechend disponierte Gläubige unter bestimmten festgelegten Voraussetzungen durch die Hilfe der Kirche, die im Dienst an der Erlösung den Schatz der Sühneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet.“

In der sakramententheologischen Systematik ist der Ablass, wiewohl selbst kein Sakrament, als Bußpraxis der Genugtuung (satisfactio operis) zugeordnet, die neben der Reue des Herzens (contritio cordis) und dem ausdrücklichen Sündenbekenntnis (confessio oris) den dritten Teil des Bußsakraments bildet.

Nach römisch-katholischer Lehre werden durch einen Ablass die so genannten zeitlichen Sündenstrafen ganz (vollkommener Ablass) oder teilweise (Teilablass) erlassen. Nicht zu verwechseln ist der Ablass der Sündenstrafen mit dem Nachlass der Sünden, also der Sündenvergebung selbst, die im Bußsakrament empfangen werden kann. Die Vergebung einer Sünde beseitigt nach katholischer Lehre nämlich die daraus erwachsenen Sündenstrafen nicht.

Zeitliche Sündenstrafen waren ursprünglich die dem reuigen Sünder bei der Sündenvergebung auferlegten zeitlich befristeten Kirchenstrafen (Bußen, die meist den zeitweiligen Ausschluss vom Gemeindeleben umfassten). Später verstand man darunter die Zeit, welche die Seele nach dem Tod im Fegefeuer verbringt, bevor sie zur Anschauung Gottes im Himmel gelangt.

Auch dann, wenn die Sünde durch sakramentale Beichte oder vollkommene Reue im Hinblick auf das ewige Urteil beim Letzten Gericht (Himmel oder Hölle) vor Gott vergeben sein mag, sind ihre Konsequenzen im Hier und Jetzt noch spürbar: Die Sünde ist vergeben, ihre Folgen sind aber nicht aus der Welt. Der Büßer ist darum aufgerufen, diese auf seiner Lebenszeit liegende Last stetig zu verringern, seine Schuld zu sühnen und wiedergutzumachen (was nach gängiger Meinung auch ersatzweise durch gute Werke wie Gebete, Almosen, Pilgerfahrten etc. geleistet werden kann). In dem Maße, wie er diese Obliegenheit verfehlt, ist eine vorübergehende („zeitliche“) Reinigung nach dem Tode nach traditioneller Auffassung unumgänglich. Diese jenseitige Läuterung kann nun nach katholischem Verständnis durch die Erlangung von Ablässen verkürzt oder erleichtert werden.

Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass die Gemeinschaft der Heiligen sowohl im diesseitigen als auch im jenseitigen Leben durch ihre Fürsprache und ihre guten Werke dem einzelnen Sünder hilft, sein Ziel (Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten Beziehung zu Gott und seinen Mitmenschen) zu erreichen. Die Verdienste Christi und der lebenden und verstorbenen Heiligen werden hierbei als ein Gnadenschatz begriffen[3], aus dem Zuwendungen an den reuigen Sünder möglich sind, die ihm seine Sühnetat erleichtern und zum Teil abnehmen können. Die Verwaltung dieses Schatzes ist Aufgabe der Kirche.

Eine noch weitergehende Bedeutung für die bleibende Verbundenheit von Lebenden und Verstorbenen in der kirchlichen Gemeinschaft gewinnt die Ablasspraxis dadurch, dass es gemäß katholischer Lehre auch möglich ist, einen Ablass für einen Verstorbenen zu erlangen, dem die damit gewonnenen Erleichterungen auf seinem Weg zur Gottesschau dann zugutekommen sollen.[4] Die Zuwendung eines Ablasses an eine andere lebende Person außer derjenigen, die die Bedingungen erfüllt, ist dagegen nicht vorgesehen.

All das unterstreicht die Vorstellung, dass der Weg zum Heil nie nur eine persönliche Einzelleistung sein kann, sondern sich im Schoß der Gemeinschaft des Volkes Gottes, der Gemeinschaft der Heiligen, vollzieht, in der einer für den anderen einsteht. Dass die Ablassgewinnung nur aufgrund des einmaligen Versöhnungsopfers Christi und im Vertrauen auf ihn möglich ist, steht hierbei außer Frage. Ohne das Opfer Christi wäre aus christlicher Sicht jede Sünde unwiderruflich und unheilbar und der Sünder bliebe in Zeit und Ewigkeit von Gott und den Menschen getrennt.

Nach der römisch-katholischen Lehre ist der Ablass demnach ein besonderer göttlicher Gnadenakt, der der eigentlichen Vergebung nachgelagert ist. Er wird durch verbindliche Rechtsakte und Regelungen der kirchlichen Autorität vermittelt. Das derzeit gültige Verzeichnis der Ablässe (Enchiridion Indulgentiarum) fasst das ganze religiöse Leben als von göttlicher Indulgenz (‚Milde‘, ‚Gnade‘) umfangen auf.

Kritik an der Ablasslehre

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Ein Ablasskrämer, Maske beim Schembartlauf Anfang des 16. Jahrhunderts

Kritikern erscheint die Ablasslehre v. a. dadurch schwierig, dass sie die christliche Auffassung von der menschlichen Existenz in der irdischen und in der jenseitigen Welt unter einem bestimmten, als verengt empfundenen Aspekt und in einer antiquiert erscheinenden, kirchlichen Rechtssprache zum Ausdruck bringt.

Kritisiert wird auch das in der Ablasslehre innewohnend vermutete „Geschäftsdenken“ („Verrechnung“ von „guten Werken“ mit Sündenstrafen). Diese Kritik stellt oft insbesondere auf die Verhältnisse in der Vergangenheit ab (etwa zu Martin Luthers Zeiten), als man Ablässe auch oder ausschließlich gegen eine als „Spende“ deklarierte „Bezahlung“ in Geld gewinnen konnte. Heute sind Ablässe dagegen nicht mehr an pekuniäre Leistungen gebunden. Entgegnet wird den Kritikern auch, dass der in dem verrichteten Werk selbst liegende Verdienst für die Bemessung des Ablasses keine Rolle spielt. Leistung (etwa der Besuch einer Pilgerstätte) und Gegenleistung (Ablass von Sündenstrafen) stehen in einem so ungleichen Verhältnis zueinander, dass von einem Geschäft im üblichen Sinne keine Rede sein könne.

Von reformatorischer bzw. evangelischer Seite war (und ist) der dogmatische Hauptkritikpunkt an der römisch-katholischen Ablasslehre weniger die zeitweilige Kommerzialisierung der Ablassgewährung, die nach überkonfessionell herrschender Meinung recht eindeutig als zeitbedingte Fehlentwicklung zu beurteilen ist. Vielmehr wird – ausgehend insbesondere von Luthers 58. These (siehe Zitate) – argumentiert, dass sich hier eine kirchliche Administration, verkörpert durch den Papst, anmaße, den „Gnadenschatz“ nach ihrem Gutdünken und nach menschengemachten Regeln „verwalten“ und „verteilen“ zu dürfen. Nach reformatorischem Verständnis ist es allein Gottes Versöhnungshandeln, vollbracht im sühnenden Opfertod Jesu am Kreuz, das dem schuldigen Menschen Vergebung vermittelt. Martin Luther äußert sich in seinem "Bekenntnis" von 1528 recht drastisch, aber auch deutlich: "Der Ablaß aber, den die Papstkirche hat und gibt, ist ein lästerlicher Betrug. Nicht allein, weil sie über die allgemeine Vergebung hinaus, die in aller Christenheit durch das Evangelium und Sakrament gegeben wird, eine besondere Vergebung erdichtet und einrichtet und damit die allgemeine Vergebung schändet und entwertet, sondern weil sie auch die Genugtuung für die Sünde stellt und gründet auf Menschenwerk und der Heiligen Verdienst, wo doch allein Christus für uns genug tun kann und genug getan hat." [5] Aufgabe der Kirche kann es nach evangelischer Auffassung nur sein, dies Evangelium den Menschen zu verkündigen, zum Glauben einzuladen und die Glaubenden zu trösten. Die Buße wird nicht als Voraussetzung, sondern als Folge der Vergebung angesehen, geboren aus der Dankbarkeit für die geschehene Erlösung, bewirkt durch den Heiligen Geist, der im Glaubenden und durch den Glaubenden wirkt. Keinesfalls darf sich "die Kirche" oder ihre Amtsinhaber als Zwischeninstanz zwischen Gott und den Menschen stellen. Die Existenz des "Fegefeuers" wird mit biblischer Argumentation grundsätzlich bestritten. Kirche ist aus reformatorischer Sicht die Gemeinschaft der Erwählten, Erlösten und aus Gnade Gerechtgesprochenen, die als "allgemeines Priestertum aller Gläubigen" ohne Hierarchie, wenn auch mit verschiedenen Gaben und Diensten, als Leib Christi miteinander leben und der Welt mit dem Wort und der Tat der Liebe dienen.
Geschichtliche Entwicklungen
Antike

Die Ablasslehre ist das Ergebnis eines fast 2000-jährigen begrifflichen Ringens um eine fortschreitende Milderung (indulgentia) der kirchlichen Bußpraxis. Das Frühchristentum ging davon aus, zur wirksamen Sündenvergebung durch Gott bedürfe es auf Seiten des Menschen eines bewussten Aktes der Umkehr, der eine grundlegende und dauerhafte Veränderung des Lebens mit sich bringe. Diese Umkehr wurde durch die Taufe vollzogen. Ein späterer, das ewige Heil ebenso „zuverlässig“ vermittelnder Akt der Umkehr war der damaligen Anschauung zufolge nicht mehr sicher möglich. Hinsichtlich der Vergebung schwerer Sünden, die nach der Taufe begangen worden waren und als Verlust Taufgnade und der Gemeinschaft mit der Kirche galten, herrschte daher keine Klarheit. Dass solche Sünden gar nicht vergeben werden konnten, war zwar nur schwer mit dem Evangelium vereinbar. Der frühen Kirche fehlte es aber noch an einer dogmatischen Konzeption, die den Weg für den Umgang mit derartigen Rückfällen in ein sündiges Leben weisen konnte. Deshalb ließen sich viele Gläubige (z. B. der römische Kaiser Konstantin der Große) „sicherheitshalber“ erst auf dem Sterbebett taufen, um im Stand der Gnade vor das Gericht Gottes zu treten.

Mit der Zeit wurde das Problem der schweren Sünden nach der Taufe dadurch gelöst, dass dem Sünder als Zeichen der ernst gemeinten erneuten Umkehr vom Bischof eine strenge Buße auferlegt wurde, gewöhnlich in Form längeren Fastens und eines zeitweiligen Ausschlusses von der Eucharistie oder sogar aus der christlichen Gemeinde. War diese Buße absolviert, wurde der Sünder feierlich wieder in die Gemeinschaft aufgenommen.

Schon auf dem Ersten Konzil von Nicäa (325) erhielten die Bischöfe Vollmacht, Sündern bei nachweislicher Reue einen Teil der ihnen auferlegten Bußzeit „abzulassen“. Dazu bildete sich der Brauch heraus, dass die Bußzeit eines reuigen Sünders speziell auf die Fürsprache besonders verdienter, frommer Gemeindemitglieder, darunter auch (später vorwiegend) bereits verstorbene Christen, verkürzt werden konnte, wobei diese Fürsprache durch so genannte Friedensbriefe vermittelt wurde. Oft standen dabei die Verdienste der Fürsprecher in einem inhaltlichen Zusammenhang mit dem sündhaften Tun, das abzubüßen war. So konnten z. B. Märtyrer für jene Büßer eintreten, die während einer Verfolgung schwach geworden waren und ihren Glauben verleugnet hatten. Dahinter stand die Vorstellung, dass die Märtyrer stellvertretend für die anderen Sühne geleistet hätten.
Mittelalter

Seit dem 5. Jahrhundert, als die strenge Kirchenzucht mehr und mehr nachließ, schien es angebracht, dem Büßer anstelle der Verhängung einer öffentlichen Kirchenstrafe als Genugtuung nach der Beichte die stille Leistung guter Werke (etwa Almosen) aufzuerlegen. Dadurch erhielten gute Werke im Abendland immer stärker den Charakter einer förmlichen Genugtuung für begangene Schuld, wobei sich hier der Einfluss der alten germanischen Rechtsprechung geltend machte: Die Verletzung eines anderen Freien war hier durch eine Sühneleistung, d. h. eine als Äquivalent angenommene Gabe, abzugelten und der Verletzte hatte sich damit abzufinden. Analog auf den Fall der Sündenstrafe übertragen war Gott gegenüber eine solche Satisfaktion zu leisten. Die altgermanischen Gesetzgebungen kannten nun sowohl die Möglichkeit einer Übertragung der Sühneleistung auf andere als auch die Kompensation des Vergehens oder Verbrechens durch Geld (Wergeld). An diese Volkssitte knüpfte später auch die Kirche an, z. B. in England, wo seit dem Ende des 7. Jahrhunderts Beichtbücher in Umlauf kamen, die eine Art Umrechnungstabelle von Kirchenstrafen (Fasten, Psalmengesang oder Almosen) in Geldspenden an Kirchen oder Kleriker enthielten. Auch stellvertretende Bußen kamen auf. Ein wohlhabender Büßer konnte so eine Bußzeit von sieben Jahren in drei Tagen ableisten, wenn er die entsprechende Anzahl Männer „mietete“, die für ihn fasteten.

Die Kirche stellt gewisse Bedingungen an die Ablassgewährung, z. B. Gebete, Pilgerfahrten, Almosen oder Kirchenbesuche – als äußeres Zeichen der immer erforderlichen inneren Umkehr. Allerdings erschien es schon im 9. Jahrhundert manchen Kirchensynoden lästerlich, Sündenvergebung durch Geld zu erkaufen, und man verbrannte mancherorts die Beichtbücher.

Beginnend mit dem 11. Jahrhundert entwickelte die Kirche aus diesen Gedanken ein juristisches Konzept und verknüpfte die diesseitige Praxis mit ewigen, jenseitigen Folgen: Die Verdienste Jesu Christi und der christlichen Heiligen bilden einen unermesslichen Gnadenschatz, den die Kirche, der in der Nachfolge der Apostel die Schlüsselgewalt gegeben ist, verwaltet und austeilen kann. Im Ablass gibt nun die Kirche dem Sünder aus diesem Gnadenschatz das, was ihm fehlt, um vor Gott wieder gerecht dazustehen – und dadurch wird dem Sünder die Strafe erlassen, sowohl die etwaige Bußzeit in diesem Leben als auch eine noch verbliebene Strafe im Fegefeuer.

Der Ablass wurde früher oft in Tagen oder Jahren bemessen. Damit ist kirchenrechtlich eigentlich die Zeit der Buße gemeint. Als diese ursprüngliche Bedeutung den Gläubigen nicht mehr bewusst war, übertrug man diese zeitliche Strafzumessung aber dann auf die jenseitige Dimension und stellte sich Tage, Jahre oder Jahrhunderte im Fegefeuer vor, die mittels Ablass verkürzt werden konnten.

Eine Weiterentwicklung der Ablasspraxis bestand darin, dass man nicht nur für sich selbst, sondern auch für Verstorbene Ablässe erwerben kann, was als Akt der Nächstenliebe gilt.

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Ablassbrief im Kulturhistorischen Museum in Stralsund

Im Spätmittelalter entstanden aus diesem Konzept verschiedene Missbräuche: Einerseits kamen vermögende Gläubige zu der Fehlinterpretation, dass sie – ohne sich um die Folgen zu sorgen – unbekümmert sündigen könnten, da ihnen die Kirche ja gegen eine entsprechende Geldspende den Ablass gewähren würde. Andererseits entdeckten die unter ständiger Geldnot leidenden Päpste, dass sich der Gnadenschatz der Kirche mittels Ablassgewährung gegen Geld in einen „echten“ Schatz in klingender Münze verwandeln ließ.
Neuzeit

Obgleich das Reform-Konzil von Basel (1431–1449) versuchte, die päpstliche Superiorität auch im Ablasswesen zu bekämpfen, blieb das System als solches jedoch zunächst unangetastet bestehen.

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Das Wirken des Dominikanermönchs und Ablasshändlers Johann Tetzel (ca. 1460–1519) war einer der Anlässe Martin Luthers zur Verkündung seiner 95 Thesen.

Die auch von Zeitgenossen großteils als korrupt bezeichneten Päpste der Renaissancezeit, insbesondere der wegen seines ausschweifenden Lebensstils ständig verschuldete Papst Leo X., trieben den Ablasshandel auf die Spitze. Ablassbriefe wurden in ganz Europa wie Wertpapiere gehandelt. Der wohl berühmteste Ablassprediger Deutschlands war der im Magdeburger Gebiet wirkende Dominikanermönch Johann Tetzel. 1514 und 1516 bot er einen Ablass auf, angeblich um die Türkenkriege zu finanzieren und den Bau der Peterskirche in Rom voranzutreiben. Tatsächlich ging nur die Hälfte des Geldes nach Rom, die andere Hälfte an den jeweiligen Ablassprediger und an den Erzbischof Albrecht von Brandenburg, der damit seine Schulden bei den Fuggern zurückzahlte.[6] Dieser sogenannte „Petersablass“ wurde vom Kurfürsten von Sachsen, der den massiven Geldabfluss nach Rom verhindern wollte, schließlich sogar verboten.

Solche Missbräuche des Ablasses wurden zu einem Auslöser der Reformation. Die Reformatoren studierten die Bibel, in der sich keine klare Darstellung des mittelalterlichen Ablasskonzepts findet. Auch Martin Luther sah im geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen einen krassen Missbrauch, der ihn zur Abfassung seiner 95 Thesen veranlasste. Zwar war er entgegen landläufiger Meinung zunächst kein grundsätzlicher Gegner des Ablasses (vgl. These 71), legte jedoch durch seine theologischen Argumente (vgl. These 58) damals bereits die Basis für eine grundlegende Infragestellung des päpstlichen Ablasswesens an sich.

„Ein jeder Christ, der wahre Reue und Leid hat über seine Sünden, hat völlige Vergebung von Strafe und Schuld, die ihm auch ohne Ablassbrief gehört.
Ein jeder wahrhaftige Christ … ist teilhaftig aller Güter Christi und der Kirche, aus Gottes Geschenk, auch ohne Ablassbriefe.“

– Martin Luther: Thesen 36 & 37[7]

Das Trienter Konzil (1545-1563) hielt in seinem Dekret über den Ablass an der Vollmacht der Kirche, Ablässe zu verleihen, fest. Mit diesen durfte aber schon seit Juli 1562 nicht mehr gehandelt werden.[8] Bischöfe hätten etwaige Missbräuche zusammenzustellen und den Papst darüber zu informieren.[9]

Am 8. Februar 1567 hob Papst Pius V. in der Konstitution Etsi Dominici auch alle Almosenablässe auf und verfügte am 2. Januar 1570 in der Konstitution Quam plenum die Exkommunikation für jene, die mit den Ablässen Handel treiben wollten. Noch in dem bis 1983 gültigen Codex Iuris Canonici von 1917 war Ablasshandel gemäß Can. 2327 mit der Strafe der Exkommunikation belegt.

Moderne

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Inschrift an derLateranbasilika, die auf die Möglichkeit der Gewinnung eines vollkommenen Ablasses für die Lebenden und die Verstorbenen hinweist.

Bereits im Verlauf der Gegenreformation hatte sich die römisch-katholische Kirche bemüht, Missbräuche im Ablasswesen abzustellen. Einen regelrechten Ablasshandel gab es nach dem 16. Jahrhundert nicht mehr. Die römisch-katholische Kirche hat jedoch am Ablassbegriff als solchem stets festgehalten. Die heutige Ablasslehre wurde mit der Apostolischen Konstitution Indulgentiarum Doctrina von Papst Paul VI. am 1. Januar 1967 neu festgelegt.

Besondere Ablässe gewährt die Apostolische Pönitentiarie im Auftrag des Papstes. Papst Johannes Paul II. bestätigte die römisch-katholische Ablasspraxis zuletzt im Jahr 1998 in der Bulle für das Heilige Jahr 2000. Auch den Teilnehmern am Weltjugendtag in Sydney 2008 wurde ein Ablass gewährt.[10]

Der Ablass 640px-Harlaching_St.-ANNAE_Bund_1747
Ablassbrief aus dem Jahr 1747 des S.-Annae-Bundes von Harlaching

Für die Ablasslehre und -praxis sind unter anderem folgende Grundsätze und kirchlichen Regelungen maßgeblich:

Der Ablass kann vollkommen oder unvollkommen sein.
Ein vollkommener Ablass ist ein Erlass sämtlicher (bisher verwirkter) zeitlicher Sündenstrafen, was im Todesfall zur sofortigen visio beatifica (Gottesschau) führt, ohne eine Läuterung im Purgatorium (Fegefeuer) erfahren zu müssen.
Ein unvollkommener Ablass ist ein teilweiser Erlass zeitlicher Sündenstrafen.
Zu jedem Ablass gehören entsprechende Werke.
Nur Katholiken im Stand der Gnade (d. h. frei von schwerer Sünde, mit Gott und der Kirche versöhnt) können einen Ablass erlangen. Weitere Voraussetzungen sind Beichte, Kommunionempfang und Gebet in der Meinung des Heiligen Vaters. Um einen vollkommenen Ablass zu gewinnen, müssen sie außerdem frei von jeder Anhänglichkeit auch an lässliche Sünden sein. Als lässliche Sünde ist all das aufzufassen, was im Leben das Verhältnis zu Gott und den Mitmenschen stört, das Band der Taufgnade aber nicht vollends zerreißt (also keine schwere Sünde ist). Ist diese Bedingung der völligen Abkehr von jeglicher Sünde (oder eine der anderen Bedingungen) nicht gegeben, kann man aber dennoch einen unvollkommenen Ablass der Sündenstrafen gewinnen.
Der Papst kann einen Ablass für die gesamte Kirche gewähren, so geschehen etwa im Heiligen Jahr 2000.
Besonders bekannt sind der Allerseelenablass oder der Portiunkula-Ablass.
Zu bestimmten Anlässen kann ein vollkommener Ablass gewährt werden: so bei den römischen Jubiläen, dem Heiligen Compostelanischen Jahr, beim 20. Weltjugendtag in Köln oder zum 150. Jahrestag der Marienerscheinungen in Lourdes im Jahr 2008.
Im Jahr 1942 erging ein Dekret, das einen vollkommenen Ablass bei Fliegerangriffen auch ohne vorhergehenden Empfang der heiligen Sakramente[11] in Aussicht stellte. Dass diese Aussicht den Menschen doch etwas Hoffnung geben konnte, zeigt ein Dokument, in dem diese Information (zusammengefaltet für den Luftschutzkeller) festgehalten ist.
Auch mit dem Segen Urbi et Orbi ist nach römisch-katholischer Lehre allen, die ihn hören oder sehen und die guten Willens sind, ein vollkommener Ablass ihrer Sündenstrafen gewährt. War zunächst für diesen Ablass die Anwesenheit auf dem Platz oder in Sichtweite des Spenders notwendig, so kann der Segen seit 1967 auch durch Übertragungen über das Radio empfangen werden. Gleiches gilt seit 1985 für Fernseh- und seit 1995 auch für Internet-Übertragungen.
Die katholische Kirche gewährt einen vollkommenen Ablass jedem Gläubigen, der eine der vier Patriarchalbasiliken Roms besucht und dabei andächtig das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis spricht. Außer an kirchlichen Feiertagen und den dem Patrozinium dieser Kirche kann der Ablass einmal im Jahr an einem weiteren Tag nach Wahl des Gläubigen gewonnen werden.

Siehe auch

Ablassprivileg
Ablasstafel


Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Andy
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