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Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina

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Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Empty Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina

Beitrag  checker Mi Sep 02, 2015 7:30 am

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften ist mit dem heutigen Rechtsstatus eines eingetragenen Vereins die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft im deutschsprachigen Raum und die älteste dauerhaft existierende naturforschende Akademie der Welt.

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina 516px-Deutsche_Akademie_der_Naturforscher_Leopoldina_Logo.svg

Die später nach Kaiser Leopold I. benannte Einrichtung wurde 1652 als Academia Naturae Curiosorum in Schweinfurt gegründet.[1] Nach einem Beschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern aus dem Frühjahr 2008[2] nimmt die Leopoldina seit dem 14. Juli 2008 die Aufgaben der deutschen Nationalen Akademie der Wissenschaften wahr. Die Leopoldina ist „traditionell eine Honoratiorenakademie mit wenigen (wissenschaftshistorischen) Forschungsprojekten“.[3][4]

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina 800px-Leopoldina_Halle_Jaegerberg2
Leopoldina-Hauptgebäude (Logenhaus Zu den drei Degen) in Halle (Saale).

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina 800px-Leopoldina_seite
Leopoldina-Hauptgebäude, Seitenansicht (Logenhaus Zu den drei Degen)

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina Titelblatt_geschichte_leopoldina
Titelblatt der von Andreas Elias Büchner verfassten Gedenkschrift zum 100. Geburtstag der Leopoldina im Jahr 1755

Aufgaben

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina wurde am 14. Juli 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften ernannt. Rechtsgrundlage war der Beschluss der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder vom 18. Februar 2008. Seitdem steht die Leopoldina unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten. Sie ist unabhängig und dem Gemeinwohl verpflichtet. Idee bei der Gründung einer Nationalakademie war die Schaffung einer legitimierten Institution, die unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen wichtige gesellschaftliche Zukunftsthemen wissenschaftlich bearbeitet, die Ergebnisse der Politik und der Öffentlichkeit vermittelt und diese Themen national wie international vertritt.[5]

Finanziert wird die Einrichtung heute zu 80 Prozent durch den Bund und zu 20 Prozent durch das Land Sachsen-Anhalt.

Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina 800px-Miscellanea_CuriosaFrontispice
Frontispiz der Miscellanea Curiosa (Decuria II, Annus VII)

Finanziert wird die Einrichtung heute zu 80 Prozent durch den Bund und zu 20 Prozent durch das Land Sachsen-Anhalt.

Nach ihrer Satzung hat die Leopoldina unter anderem folgende Aufgaben: „Ihre Aufgabe ist die Förderung der Wissenschaften durch nationale und internationale Zusammenarbeit, ihrer Tradition nach »zum Wohle des Menschen und der Natur«. Zu diesem Zweck führt sie wissenschaftliche Veranstaltungen durch, setzt Kommissionen ein und veröffentlicht die erarbeiteten Ergebnisse. Sie verleiht Auszeichnungen und Preise und fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Mit der Ernennung zur Nationalen Akademie der Wissenschaften übernimmt die Leopoldina offiziell die Vertretung der deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den internationalen Gremien, in denen andere nationale Akademien der Wissenschaften vertreten sind, und sie bringt sich in die wissenschaftsbasierte Beratung von Öffentlichkeit und Politik ein.[…]“[6]
Beratung von Politik und Gesellschaft

Eine zentrale Aufgabe der Nationalen Akademie der Wissenschaften ist die Beratung von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu aktuellen wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Fragen. Ihr Ziel ist es, Stellungnahmen und Empfehlungen für die Bewältigung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen abzugeben sowie wichtige Zukunftsfragen aufzuzeigen. Dabei sollen wichtige Entwicklungen, die sich in der Wissenschaft andeuten und möglicherweise künftig gesellschaftliche Bedeutung erlangen, frühzeitig erkannt, analysiert und entsprechend kommentiert werden.

Die Politikberatung führt die Leopoldina gemeinsam mit der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, einschließlich der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, sowie der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften durch. Die Arbeit wird von einem Ständigen Ausschuss unter Federführung der Leopoldina gesteuert.
Internationale Beziehungen

Durch die Kooperation mit Akademien anderer Länder fördert die Leopoldina den internationalen Austausch zu Themen wie Energie, Klimawandel oder Gesundheit. Dies geschieht unter anderem durch gemeinsame Symposien oder Stellungnahmen in der wissenschaftlichen Beratung der G7-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs. Zu diesem Zweck arbeitet die Leopoldina in internationalen Dachorganisationen mit, in denen auch andere nationale Akademien, wie die Royal Society in London, die Académie des Sciences in Paris, die Chinesische Akademie der Wissenschaften oder die National Academy of Sciences der USA, vertreten sind.

Dies sind beispielsweise:

InterAcademy Council (IAC)
InterAcademy Panel (IAP)
InterAcademy Medical Panel (IAMP)
Federation of the European Academies of Medicine (FEAM)
Human Rights Committee (HRC)
European Academies Science Advisory Council (EASAC)

Bibliothek

Die Bibliothek der Leopoldina wurde 1731 in Nürnberg gegründet und umfasst über 260.000 Bände, Monographien und Zeitschriften aus Naturwissenschaften und Medizin. Sammelschwerpunkte sind Publikationen zur Wissenschaftsgeschichte, insbesondere der Naturwissenschaften und der Medizin, sowie Schriften von wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereinen. Die Sammlung entstand vorwiegend durch Tausch der Akademieveröffentlichungen mit Partnern in der ganzen Welt und durch Schenkungen der Akademiemitglieder.[7]
Archiv

Als eines der ältesten Akademie-Archive der Welt verwahrt das Archiv der Leopoldina ca. 1.700 laufende Meter an Unterlagen aus mehr als 350 Jahren. Der Kernbestand des Leopoldina-Archivs umfasst die Matrikel- und Protokollbücher und daneben Lebensläufe, Schriftenverzeichnisse und Porträts der Mitglieder, aber auch Korrespondenzserien und umfangreiches Verwaltungsschriftgut der Akademie. Darüber hinaus bewahrt es etwa 50 Nachlässe von bedeutenden Wissenschaftlern, mehr als 10.000 Fotografien zur Akademie- und Wissenschaftsgeschichte und verschiedene Kunstobjekte (Gemälde, Zeichnungen und Medaillen) auf.
Förderprogramm

Die Leopoldina unterstützt seit 1997 herausragende junge Postdoktoranden im Leopoldina-Förderprogramm mit Postdoc-Stipendien. Diese richten sich an deutsche Wissenschaftler, die im Ausland tätig werden wollen (sowie an Wissenschaftler aus Österreich und aus der Schweiz, die in Deutschland forschen wollen). Das Programm ermöglicht ihnen einen bis zu dreijährigen eigenständigen Forschungsaufenthalt an einer ausländischen (bzw. deutschen) Wissenschaftseinrichtung.

Die Zuerkennung der Stipendien und deren finanzielle Ausstattung orientieren sich an den Richtlinien der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Wissenschaftliche Kommissionen

Die Leopoldina verfügt über insgesamt sieben Kommissionen (Stand Januar 2013), die mit hochrangigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern besetzt sind, die in der Regel Mitglieder der Leopoldina sind. Die Kommissionen können um externe Mitglieder aus Wirtschaft und Gesellschaft ergänzt werden. Die Kommissionen sollen in ihrem Bereich „die wissenschaftlichen Diskussionen mitgestalten, zukünftig wichtige Themen beraten und daraus Themenvorschläge für die Politik- und Gesellschaftsberatung ableiten“. Die existierenden Kommissionen sind:

Gesundheit
Demografischer Wandel
Lebenswissenschaften
Klima, Energie und Umwelt
Wissenschaftsakzeptanz
Wissenschaftsethik
Zukunftsreport Wissenschaft[8]

Ehrungen, Medaillen und Preise

Die Leopoldina würdigt herausragende wissenschaftliche Leistungen durch die Vergabe von Ehrungen, Medaillen und Preisen.

Ehrenmitglied: Dieser Titel wird seit 1922 an Mitglieder mit herausragenden Verdiensten um Wissenschaft und Akademie verliehen und ist auf wenige Personen beschränkt.
Daneben ist die Cothenius-Medaille in Gold, eine Stiftung des königlich-preußischen Hof- und Leibarztes Christian Andreas Cothenius (1708–1789), die bedeutendste Auszeichnung der Leopoldina. Mit ihr wird das herausragende Lebenswerk eines Leopoldina-Mitglieds ausgezeichnet.
Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Preis: Dieser persönliche Wissenschaftspreis des Stifterverbandes gemeinsam mit der Leopoldina in der Kategorie „Wissenschaft und Gesellschaft“ wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Forscherteams vergeben, die einen Beitrag zur wissenschaftlichen Bearbeitung gesellschaftlich wichtiger Problembereiche geleistet haben. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wurde aus Mitteln des Stifterverbandes 2009 erstmals vergeben. Er wird in zweijährlichen Abständen ausgelobt.
Leopoldina Early Career Award der Commerzbank-Stiftung: Seit 2010 wird dieser Preis alle zwei Jahre vergeben. Er wird für herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlern auf einem in der Leopoldina vertretenen Fachgebiet alternierend zwischen den Klassen der Leopoldina vergeben und ist mit 30.000 Euro dotiert. Der Preis ersetzt den Leopoldina-Forschungspreis – ebenfalls gestiftet von der Commerzbank-Stiftung, der bis 2007 für herausragende Leistungen auf einem in der Leopoldina vertretenen Gebiet vergeben wurde.
Carus-Stiftung: Anlässlich des 50. Dienstjubiläums des XIII. Leopoldina-Präsidenten Carl Gustav Carus wurde am 2. November 1864 diese mit einem Kapital von 2000 Talern gegründet. 1896 wurde der erste Preisträger mit dem Carus-Preis ausgezeichnet. Durch Krieg und Inflation verlor die Carus-Stiftung ihr Kapital. Mit Wirkung vom 15. Dezember 1937 wurde der Stiftungsauftrag geändert und ab 1938 die Carus-Medaille verliehen.
Carus-Medaille: Die mit 5000 Euro dotierte Carus-Medaille geht auf eine Stiftung zugunsten des XIII. Leopoldina-Präsidenten Carl Gustav Carus (1789–1869) zurück und ist seit 1961 mit dem von der Leopoldina-Gründungsstadt Schweinfurt gestifteten Carus-Preis verbunden. Beide werden für herausragende naturwissenschaftliche oder medizinische Forschungsleistungen vergeben.
Schleiden-Medaille: Diese Medaille, die das Bild von Matthias Jakob Schleiden zeigt, wird seit dem 28. April 1955 alle zwei Jahre für bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Zellforschung verliehen.
Mendel-Medaille: Für besondere Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Molekularbiologie und Genetik verleiht die Leopoldina seit 1965 eine dem Begründer der Genetik Gregor Mendel (1822–1884) gewidmete Mendel-Medaille.
Darwin-Plakette: Als im Mai 1959 Charles Darwins Werk On the Origin of Species den 100. Geburtstag feierte, beschloss die Leopoldina auf ihrer Jahresversammlung, einmalig 18 Persönlichkeiten zu ehren. Die Wissenschaftler hatten dazu beigetragen, Darwins Ideen weiterzuentwickeln. Zum 150. Geburtstag des Erscheinens von Darwins On the Origin of Species ehrte die Leopoldina zum zweiten Mal einen Evolutionsforscher mit der Darwin-Plakette: 2009 erhielt das Akademiemitglied Svante Pääbo diese Ehrung für neue Erkenntnisse in Evolutionsforschung und Anthropologie.
Verdienst-Medaille: Für große Verdienste um das Wohl der Leopoldina wurde 1961 diese Auszeichnung geschaffen und seit 1962 verliehen.
Leopoldina-Preis für junge Wissenschaftler: Dieser Preis wurde 1993 erstmals verliehen. Das Preisgeld beträgt 2000 Euro. Die Preisgelder stammen aus den Mitteln einer Schenkung von Karl Lohmann. Dieser wird alle zwei Jahre verliehen an Wissenschaftler, die in Naturwissenschaften, Medizin oder Wissenschaftsgeschichte Herausragendes leisteten und das 30. Lebensjahr noch nicht überschritten haben.
Georg-Uschmann-Preis für Wissenschaftsgeschichte: Dieser Preis wurde 1997 Eugen Seibold gestiftet und ist mit 2000 Euro dotiert. Alle zwei Jahre wird seit 1999 die Dissertation oder die Habilitation eines Wissenschaftlers der Fächer Wissenschaft-, Medizin- oder Technikgeschichte ausgezeichnet.
Preis der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina: Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird von der Commerzbank-Stiftung ausgelobt. Zum ersten Mal wurde er 2001 verliehen.
Ehrensenator der Leopoldina: Auf der Jahresversammlung am 24. April 1993 wurde Hans-Dietrich Genscher wegen seiner außen- und innenpolitischen Verdienste bei der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands dieser Ehrentitel verliehen. Am 7. Dezember 2005 wurde Berthold Beitz diese Auszeichnung in Anerkennung seiner richtungsweisenden erfolgreichen Förderung der Zusammenführung von wissenschaftlich-akademischer Kompetenz auf nationaler und internationaler Ebene ebenfalls zuteil.
Ehrenförderer: Die Leopoldina ehrt mit diesem Titel Nichtmitglieder, die sich um das Wohl der Akademie entscheidend verdient gemacht haben.
Kaiser-Leopold-I.-Medaille: Die Kaiser-Leopold-I.-Medaille wurde anlässlich der 325. Wiederkehr der Privilegierung der Akademie durch Kaiser Leopold I. im Jahre 1687 gestiftet und 2012 zum ersten Mal verliehen. Mit ihr werden Personen des öffentlichen Lebens geehrt, die sich um die Leopoldina und die Wissenschaft als Ganzes verdient gemacht haben.

Öffentliche Veranstaltungen

Um die interdisziplinäre Diskussion zwischen Wissenschaftlern zu fördern und ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verbreiten, führt die Leopoldina gemeinsam mit Universitäten, Forschungsinstituten und anderen Akademien Symposien und Meetings durch. An die breite Öffentlichkeit richten sich die Leopoldina-Lectures und die Leopoldina-Gespräche.
Wissenschaftliche Publikationen

Die Leopoldina macht ihre wissenschaftlichen Diskussionen der Öffentlichkeit zugänglich. Die Zeitschrift Nova Acta Leopoldina spiegelt dabei das Spektrum der Vorträge, Meetings und Symposien der Akademie wider. Sie bildet die Fortsetzung der ersten medizinisch-naturwissenschaftlichen Zeitschrift der Welt und geht auf das Jahr 1670 zurück. Die Zeitschrift Acta Historica Leopoldina widmet sich der Wissenschaftsgeschichte, insbesondere der Akademiegeschichte. Das seit 1990 erscheinende Jahrbuch der Akademie dokumentiert die Aktivitäten der Leopoldina des jeweiligen Kalenderjahres. Die historisch-kritische LA-Ausgabe Goethe. Die Schriften zur Naturwissenschaft war ein Akademienvorhaben der Leopoldina und wurde 2011 abgeschlossen. Die Edition enthält sämtliche Texte Goethes zur Naturforschung und zeigt die Verbindungen auf, die zwischen diesen und dem literarischen Werk sowie den geistigen und wissenschaftlichen Strömungen seiner Zeit bestehen. Die Ausgabe umfasst 11 Text- und 18 Erläuterungsbände.
Junge Akademie

Gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gründete die Leopoldina im Juni 2000 die Junge Akademie. Ihre Mitgliederzahl ist auf maximal 50 begrenzt. Zu Mitgliedern für fünf Jahre werden herausragende Vertreter aus dem promovierten wissenschaftlichen Nachwuchs gewählt. Die Junge Akademie hat vorrangig die Aufgaben, den insbesondere interdisziplinär ausgerichteten wissenschaftlichen Diskurs unter herausragenden Nachwuchswissenschaftlern zu pflegen und Initiativen an den Schnittstellen von Wissenschaft und Gesellschaft zu fördern.
Arbeitsfelder

Die Mitglieder der Leopoldina engagieren sich in Akademien- und Themengruppen. Eine Auswahl der Themen der Leopoldina:

Biodiversität
Demographie
Energie
Gentechnik
Gesundheit
Innovation und Technik
Klima
Schutz von Versuchstieren
Stammzellen
Synthetische Biologie

Organisation

Die Leopoldina wird durch drei Organe repräsentiert: die Mitgliederversammlung, das Präsidium und den Senat. Die Geschäftsstelle der Akademie befindet sich in Halle; das Hauptstadtbüro der Akademie in der Reinhardtstraße in Berlin.

Die Akademie ist als gemeinnützig tätiger eingetragener Verein organisiert und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (80 %) und dem Sitzland Sachsen-Anhalt (20 %) finanziert.
Struktur, Aufbau und Organe

Die Leopoldina ist eine übernationale Wissenschaftlervereinigung. Mehr als ein Viertel der Mitglieder kommt aus dem Ausland. Die Mitglieder werden auf Vorschlag von Akademiemitgliedern in einem mehrstufigen Auswahlverfahren durch das Präsidium in die Akademie gewählt. Jedes Mitglied gehört entsprechend seiner wissenschaftlichen Disziplin einer Sektion an. Jede Sektion wählt aus ihrer Mitte einen Vertreter für den Senat. Der Senat, dem weitere Persönlichkeiten aus Wissenschaftsorganisationen und der Öffentlichkeit angehören, wählt die Mitglieder des Präsidiums, prüft die Rechenschaftsberichte und bestimmt die Wissenschaftsstrategie der Akademie. Den Vorstand im Sinne des Gesetzes bilden der Präsident und vier Vizepräsidenten. Das durch weitere Mitglieder ergänzte Präsidium verantwortet die Aktivitäten der Leopoldina.
Das Präsidium

Die Akademie wird durch ein Präsidium geleitet. Die Mitglieder des Präsidiums werden vom Senat gewählt. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Das Präsidium trifft sich in der Regel einmal im Monat und bereitet alle wichtigen Entscheidungen der Akademie vor.

Das Präsidium der Leopoldina setzt sich wie folgt zusammen (Stand: Juli 2015):

Präsident

Jörg Hacker, Mikrobiologe, Halle (Saale)/Berlin

Vize-Präsidenten

Gunnar Berg, Physiker, Halle (Saale)
Bärbel Friedrich, Mikrobiologin, Berlin
Martin Lohse, Pharmakologe, Würzburg
Ursula M. Staudinger, Psychologin, New York (USA)

Sekretäre Klasse I: Mathematik, Natur- und Technikwissenschaften

Sigmar Wittig, Technikwissenschaftler, Karlsruhe

Klasse II: Lebenswissenschaften

Peter Propping, Humangenetiker, Bonn

Klasse III: Medizin

Hans-Peter Zenner, HNO-Spezialist, Onkologe, Tübingen

Klasse IV: Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften

Frank Rösler, Psychologe, Potsdam

Weitere Präsidiumsmitglieder

Helmut Schwarz, Chemiker, Berlin
Georg Stingl, Dermatologe, Wien
Martin Quack, Chemiker, Zürich

Beauftragter des Präsidiums für Archiv, Bibliothek und Langzeitvorhaben (mit beratender Stimme)

Heinz Schott, Medizinhistoriker, Bonn

Generalsekretärin (mit beratender Stimme)

Jutta Schnitzer-Ungefug, Neurowissenschaftlerin, Halle (Saale)

Altpräsidialmitglieder (mit beratender Stimme)

Volker ter Meulen, Virologe, Würzburg
Benno Parthier, Pflanzenbiochemiker, Halle (Saale)
Harald zur Hausen, Virologe, Heidelberg
Gunter S. Fischer, Chemiker, Halle (Saale)

Mitglieder, Sektionen und Klassen

Seit ihrer Gründung förderte die Leopoldina zahlreiche Wissenschaftler, darunter Nobelpreisträger wie Marie Curie und Albert Einstein. Die Wahl zum Mitglied in der Leopoldina gilt als eine der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnungen, die eine deutsche Institution vergibt. Die Zahl der Mitglieder unter 75 Jahren ist auf 1000 begrenzt. Zu Mitgliedern werden hervorragende Gelehrte aus aller Welt gewählt. Neben Naturwissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stammt ein Drittel ihrer Mitglieder aus 27 weiteren Ländern weltweit. Mit den gegenwärtig rund 1470 Mitgliedern (Stand Juni 2013) in mehr als 30 Ländern ist die Leopoldina die mitgliederstärkste Akademie in Deutschland. Die Mitglieder sind in Fachsektionen organisiert, die wiederum vier Klassen zugeordnet sind. Die im Jahr 2009 neu eingeführten Klassen sollen die Mitglieder stärker als zuvor in die Erarbeitung von Stellungnahmen und Empfehlungen einbinden und den interdisziplinären Austausch verstärken. Die Klassen haben ihre Schwerpunkte in den Naturwissenschaften, den Lebenswissenschaften, der Medizin und den Verhaltens-, Sozial- und Geisteswissenschaften. Sie bilden außerdem die Plattform für den internationalen Austausch und für die Wahl neuer Mitglieder.
Geschichte
Von der Gründung bis zur Sesshaftwerdung in Halle

Die Leopoldina wurde am 1. Januar 1652 in der Freien Reichsstadt Schweinfurt von den Ärzten Johann Laurentius Bausch (1605–1665), Johann Michael Fehr (1610–1688), Georg Balthasar Metzger (1623–1687) und Georg Balthasar Wohlfahrt (1607–1674) als private Gesellschaft Academia Naturae Curiosorum gegründet,[9] vielleicht im Amtslokal des Stadtphysikus Bausch im Zwinger des Brückentores. Letzteres ist nicht belegt, aber seit Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen emblematischen Kupferstich suggestiv illustriert.[10] Die Gründungsversammlung, kaum zufällig im Zeitalter „des galanten Europa“ zeremoniell auf den Neujahrstag gelegt,[11] könnte auch in Bauschs Wohnhaus abgehalten worden sein, im würdigen Rahmen der schon vom Vater Leonhard Bausch (1574–1636) angelegten repräsentativen Mediziner-Bibliothek,[12] die Johann Laurentius Bausch 1636 ungeteilt geerbt hatte (also offenkundig auch im Einverständnis seines Bruders, des Apothekers Johann Heinrich Bausch (1608–1670), ganz im selben Modus, den später J. L. Bausch in seinem eigenen Testament für die Zukunft festschrieb, sie immer geschlossen einem Arzt in der Familie weiterzugeben). In dieser Bibliothek standen auch die medizinisch-pharmazeutischen Monographien, die in den leges der jungen Naturforscher-Akademie als Vorbilder für die zukünftige Arbeit genannt sind.[13]

Die Gründung einer Akademie nach italienischen Vorbildern, die J. L. Bausch – wie schon sein Vater Leonhard, der als Sohn eines aus der Rhön eingewanderten mittellosen Hufschmiedes eine beispiellose Karriere bis zum Stadtphysikus und Ratsherrn von Schweinfurt vorgelegt hatte – auf seiner peregrinatio academica kennenlernte, hatte die Vertiefung medizinisch-naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Naturforschern jener Zeit zum Ziel. Ähnliche Gelehrtengesellschaften entstanden nach dem Dreißigjährigen Krieg auch in England (Royal Society, 1660) und Frankreich (Académie des sciences, 1666).[14] Die Leopoldina ist die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Akademie; später öffnete sie sich auch für die empirischen Geistes-, Sozial- und Verhaltenswissenschaften. „Nunquam otiosus“ = „Niemals müßig“ ist ihr Wahlspruch.[15]

In einem ersten ehrgeizigen Arbeitsprogramm wollte sie die um die vorangegangene Jahrhundertwende bis etwa 1630 kulminierende literarische Tradition vollenden, für alle Gegenstände aus dem Mineral-, Pflanzen- und Tierreich umfassende enzyklopädische Monographien zu erarbeiten, die dem Arzt das gesamte Wissen seit der Antike zur Verfügung stellen sollten, und unter einheitlich wissenschaftlichen Gesichtspunkten „ad normam et formam Academiae Naturae Curiosorum“ veröffentlichen, mit anderen Worten, eine „Enzyklopädie der Heilmittel“[16] schaffen.

Diesen enormen Arbeitsaufwand, in den ersten leges halbjährlich (!) für ein Objekt ihrer Wahl gefordert, vermochten nur wenige Mitglieder überhaupt zu leisten. Die erste derartige Monographie erschien neun Jahre nach Gründung der Akademie; es war die Ampelographia von Philipp Jacob Sachs von Lewenhaimb (1627–1672), der 1658 der Akademie beigetreten war, ein Oktavband von 670 Seiten über den Weinstock.[17] Sachs wurde dafür mit dem akademischen Beinamen (in der Tradition Gelehrter Gesellschaften als agnomen, später cognomen bezeichnet) „Phosphorus“ geehrt, „als einen wahren Morgenstern, der mit diesem seinem Buche allen anderen Kollegen vorangeleuchtet habe“, wie in der zeitgenössischen Chronik vermerkt ist.[18] Bedeutsamer für die weitere Entwicklung der Akademie war, dass Sachs die Zeichen der Zeit erkannte und nach dem Vorbild der englischen und französischen Akademien eine Zeitschrift ins Leben rief, die seit 1670 jährlich erscheinenden Miscellanea curiosa medico-physica Academiae Naturae Curiosorum sive Ephemeridum medico-physicarum germanicarum curiosarum, und gleichzeitig die kaiserliche Anerkennung der jungen Akademie anstrebte, nicht zuletzt mit der Widmung der Zeitschrift an Leopold I. (1640–1705).[19]

In der Zeitschrift konnten die Mitglieder ihren Pflichten durch Mitteilung medizinisch-naturwissenschaftlicher Beobachtungen (observationes) nachkommen und der Anschluss an die zeitgenössische Wissenschaftskommunikation war hergestellt, durch regen Austausch gerade mit der Londoner Royal Society. Bahnbrechende Publikationen aus den Philosophical Transactions wurden in umfangreichen Anhängen der Miscellanea, übersetzt in die internationale Gelehrtensprache Latein, auch auf dem Kontinent verbreitet. Die akademischen Beinamen, anfangs den Gründern und Mitgliedern mit erfüllter Arbeitsaufgabe vorbehalten, wurden seit 1668 gelegentlich und seit 1681 regelmäßig bei Eintritt in die Gesellschaft verliehen.[20]

1677 wurde die unabhängige Akademie von Kaiser Leopold I., bekannt für sein lebhaftes Interesse an Künsten und Wissenschaften seiner Zeit, offiziell bestätigt und am 7. August 1687 per Dekret mit den Privilegien einer Reichsakademie ausgestattet.[20] Präsident und Director ephemeridum, verantwortlich für die Herausgabe der Zeitschrift, sowie ihre Nachfolger wurden zu kaiserlichen Leibärzten und in den Adelsstand erhoben. Das Palatinat der kleinen Comitive umfasste zahlreiche Rechte, darunter das Promotions- und Wappenrecht. Wichtiger für das weitere Wirken der Akademie war aber die gewährte Zensurfreiheit. Seitdem trägt sie die Bezeichnung Sacri Romani Imperii Academia Caesareo-Leopoldina Naturae Curiosorum, von der sich die heutige Kurzform Leopoldina ableitet. Durch Kaiser Karl VI. (1712) und Kaiser Karl VII. (1742) wurde der Name in Sacri Romani Imperii Academia Caesarea Leopoldino-Carolina Naturae Curiosorum bzw. in Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher geändert.

Frühzeitig erlangte die Akademie internationale Ausstrahlung und wirkte auch über konfessionelle Grenzen hinweg. Im 19. Jahrhundert entfaltete sie unter dem Präsidenten Christian Gottfried Nees von Esenbeck (1776–1858) mit ihrer reformierten und durch vorzügliche Kupferstiche ausgestatteten Zeitschrift, nun als Nova Acta Leopoldina, beachtliche wissenschaftliche Wirkung, blieb aber bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts der späten Goethezeit verhaftet.[21]

Erst Wilhelm Friedrich Georg Behn (1808–1878) verschaffte ihr mit einer „Großen Reform“[22] wieder den Anschluss an die neuzeitliche Wissenschaftsorganisation. Mit einer neuen, demokratisch beschlossenen Satzung von 1872[23] wurde der Spezialisierung der Wissenschaften mit der Einführung von Sektionen Rechnung getragen, die Organisation mit einem Senat aus Obmännern der Fachsektionen und den Vorständen der regionalen Adjunktenkreise als Legislative und dem Präsidium als Exekutive auf breitere Schultern verteilt und beiläufig die Gepflogenheit aufgegeben, den Mitgliedern einen Gesellschaftsnamen zu geben.
1878–1932

Seit 1878 hat die Akademie unter dem damaligen Präsidenten Hermann Knoblauch (1820–1895) ihren Sitz in Halle an der Saale,[24] was aufgrund einer Initiative des hallischen Universitätsbibliothekars Oscar Grulich (1844–1913), der die Bibliothek der Leopoldina im Nebenamt betreute, zum Bibliotheksneubau und damit zum festen Sitz der Akademie in der Saalestadt führte.[25] Zuvor war der Sitz durch den Wohnort des jeweiligen Präsidenten bestimmt; somit befand sich die Leopoldina während der ersten 200 Jahre in Schweinfurt, Nürnberg, Augsburg, Altdorf, Erfurt, Halle, dann wieder in Nürnberg, Erlangen, Bonn, Breslau, Jena, Dresden und schließlich wieder in Halle, wo sie fortan blieb. Die 1731 in Nürnberg errichtete Bibliothek musste allerdings nur in fünf Städte mit umziehen bis in ihr heutiges Domizil, wo die „Leiden einer wandernden Bibliothek“, wie das Oscar Grulich eindrücklich beschwor,[26] endlich ein Ende hatten. Ausschlaggebend für Halle war auch das Renommee der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts prosperierenden Universität, der heutigen Martin-Luther-Universität.

In den ursprünglich nur 15 Paragraphen umfassenden Statuten der Leopoldina war unter anderem festgelegt, dass der Wohnort des jeweiligen Präsidenten immer auch die Geschäftsstelle der Akademie sein sollte. Dies wurde erst mit der Einweihung der Bibliothek der Akademie am 23. April 1904 faktisch abgeschafft, ohne das in den Statuten zu verankern. Trotzdem wurden nach Knoblauch nur hallische Universitätsprofessoren zu Präsidenten gewählt. Eine gewisse Provinzialisierung der Akademie war in der Folge nicht zu verkennen. Der weltweit anerkannte Geologe Johannes Walther (1860–1937) führte zwar 1924 erstmals monatliche Sitzungen ein, verlagerte aber auch die Entscheidungen vom Senat der Akademie zunehmend auf den Kreis der hallischen Mitglieder. Zerrüttete finanzielle Verhältnisse und zusätzlich Veruntreuungen eines Bibliothekars führten 1931 zu seinem vorzeitigen Rücktritt.[27]

Sein Nachfolger, der Physiologe Emil Abderhalden (1877–1950), trat sein Amt 1932 an und wollte der Akademie wieder internationales Profil verschaffen,[28] war aber bald mit einem ganz anderen Zeitgeist konfrontiert.
Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg

→ Siehe auch Akademien der Wissenschaften in der NS-Zeit

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 setzte die Akademieleitung unter Emil Abderhalden das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (vom 7. April 1933) insofern konsequent um, als keine jüdischen Mitglieder mehr aufgenommen wurden, während noch im Jahr zuvor Abderhalden nach seinem Amtsantritt zahlreiche jüdische Gelehrte, darunter Albert Einstein, selbst vorgeschlagen hatte. Mitglieder aus politischen Gründen auszuschließen, lehnte Abderhalden anfangs dem nationalsozialistisch gesinnten Vizepräsidenten Johannes Weigelt gegenüber noch ab (notiert von Abderhalden nach dem 5. Juni 1933).[29] Es handelte sich um Julius Tandler, er sei „politisch anrüchig (Kommunist)“ und der Anatom Hermann Stieve wolle ansonsten austreten und „den Grund seines Austritts dem Herrn Innenminister Dr. Frick und dem Kultusminister Dr. Rust mitteilen“. Kraft seiner Autorität konnte Abderhalden sowohl den Austritt Stieves als auch den dann von Weigelt vorgebrachten Antrag zur Streichung von Tandler abwehren, „weil nach den Satzungen unserer Akademie ein Ausschluss gar nicht möglich ist“. Diesen Standpunkt konnte er aber schon nicht mehr aufrechterhalten, als im selben Jahr – von welcher Seite, ist nicht mehr zu klären, ebenso wenig der genaue Zeitpunkt[30] – der Antrag kam, Einstein auszuschließen. Im Matrikelbuch steht unter Einsteins Namen „gestrichen!“, ohne Zeitangabe, aber bereits im Mitgliederverzeichnis von 1933 fehlt sein Name, vermutlich als Reaktion auf den Abbruch aller seiner Kontakte zu Deutschland.[31]

Die Gründe für einige weitere Streichungen 1936 und 1937 sind nicht belegt. Nur zu Henry E. Sigerist (gestrichen 1937, ohne genaues Datum bei dem betr. Eintrag im Matrikelbuch) ist „ein Briefwechsel Abderhaldens mit dem Reichs- und Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung überliefert und zeigt, dass Sigerist wegen seiner ‚Einstellung gegen das jetzige Deutschland‘, also gegen die NS-Machthaber, und somit aus politischen Gründen aus der Akademie ausgeschlossen wurde“.[32] Diese Mitgliederstreichungen können nicht als vorauseilender Gehorsam interpretiert werden, wie gelegentlich unterstellt,[33] weil zur internationalen Festsitzung 1937 noch einmal ein vollständiges Mitgliederverzeichnis gedruckt wurde, in dem die meisten jüdischen Mitglieder der Öffentlichkeit und damit der zahlreich erschienenen Nazi-Prominenz präsentiert wurden,[34] ein Affront, der jeden vorauseilenden Gehorsam vermissen lässt, vorerst sogar ohne nachweisliche Folgen.

Erst nach dem ausdrücklichen Befehl an die Wissenschaftsakademien im Kartell der Akademien, dem die Leopoldina nicht angehörte, wurde in der Vorstandssitzung am 23. November 1938 darauf Bezug genommen und beschlossen, „den Rest der jüdischen Mitglieder auszumerzen. Es soll nicht zugewartet werden, bis ein entsprechender Befehl kommt. Eine Mitteilung ergeht an die betreffenden Mitglieder nicht.“[35] Die Streichung der meisten jüdischen Mitglieder erfolgte am 30. November 1938 mit genauer Datumsangabe. Sie sollten aber die Hefte des laufenden Jahrgangs der Nova Acta Leopoldina weiter erhalten,[36] konnten also angesichts der Ereignisse an anderen Akademien keinen Verdacht schöpfen.

Dass die Streichungen mit Bleistift erfolgten, liegt vermutlich daran, dass in der Satzung der Leopoldina keine Möglichkeit zum Ausschluss vorgesehen war, denn die wenigen Austritte von Mitgliedern auf eigenen Wunsch wurden in derselben Zeit, wenn überhaupt, mit Tinte eingetragen.[37] Wichtiger ist, dass die Karteikarten der so gestrichenen Mitglieder aus der Mitgliederkartei aussortiert und (zum größeren Teil ohne jeden Vermerk zum Ausschluss) in einer separaten Kartei hinter einem Vorhang versteckt wurden,[38] was denn auch am 9. Mai 1945, einen Tag nach der Kapitulation Deutschlands, einfach wieder rückgängig gemacht wurde. In den dickleibigen Matrikelbüchern, die ohnehin nur die Archivare zu Gesicht bekamen, wurde jedenfalls nichts radiert oder erneut eingetragen. Noch wichtiger war, dass auch die Öffentlichkeit nichts von diesen stillschweigenden Ausschlüssen erfuhr, weil während der Zeit des Nationalsozialismus dann keine vollständigen Mitgliederverzeichnisse mehr veröffentlicht wurden. Wie Abderhalden 1947 in einem Brief an den Vizepräsidenten Otto Schlüter erklärte, war das ebendiese Absicht und sollte ggf. mit Papiermangel begründet werden.[39][40]

In einem Brief vom 7. Dezember 1938, der danach in einem Präsidiumsbeschluss fast wörtlich protokolliert wurde, schrieb Abderhalden an Gauleiter und Minister, „dass unserer Akademie nur Persönlichkeiten angehören, die keine Juden sind. Seit dem Jahre 1933 sind sämtliche Vorschläge von Forschern peinlich genau auf ihre Abstammung geprüft worden. Ferner sind in früheren Zeiten gewählte Mitglieder jüdischer Abstammung ausgemerzt worden, sodass schon seit einiger Zeit die Zusammensetzung des Mitgliederbestandes unserer Akademie in vollem Einklang mit den Erfordernissen der Zeit steht“,[41] womit ein derartiger Befehl definitiv abgewendet werden konnte. Dieser Brief sollte zweifellos von den Empfängern wie vorauseilender Gehorsam gelesen werden, war aber in Wirklichkeit eine Schutzbehauptung, da er nachweislich Unwahrheiten enthält.[42] Bezeichnenderweise fehlte im Protokoll der Vorstandssitzung der Einschub „schon seit einiger Zeit“.[43] Zweifellos war Abderhalden bewusst, dass gegen diese Unwahrheit Vorstandsmitdlieder hätten protestieren können, weil sie wussten, dass die Streichungen (bzw. das Aussortieren der Karteikarten) erst drei Wochen vorher vorgenommen wurden.

Einerseits wurden nicht alle jüdischen Mitglieder gestrichen, andererseits war dieser angebliche Zustand erst eine Woche vorher stillschweigend hergestellt worden, was Abderhalden durch die genaue Datierung in den Matrikelbüchern (im auffälligen Unterschied zu allen früheren gelegentlichen Streichungen) festhalten ließ, statt sie rückzudatieren oder nur mit Jahr zu vermerken, als sollte wenigstens die Nachwelt diese Diskrepanz schlussfolgern können, wenn sie den beschämenden Brief in die Hände bekommt, denn damals waren diese Archivalien für Außenstehende nicht einzusehen.

Warum einige jüdische Mitglieder nicht gestrichen wurden, bleibt ungeklärt. Bei Ausländern mag es Unkenntnis gewesen sein, nicht aber bei dem Zuckerchemiker und Wissenschaftshistoriker Edmund Oskar von Lippmann, der 1935 wegen seiner jüdischen Herkunft an der hallischen Universität ausgeschlossen wurde und dennoch in der Leopoldina unangetastet blieb. Dass die Aussage im Brief Abderhaldens an Gauleiter und Minister wissentlich falsch war, belegt ein Brief von Lippmanns, der schon zur Festsitzung 1937 keine Einladung mehr erhielt, dafür aber mit dem Einschub „(ich hatte sie derzeit auch nicht erwartet)“ Verständnis zeigte und nur um eine Festschrift bat, was Abderhalden sofort veranlasste.[44]

Die Streichungen behandelte die Akademie nach Abderhaldens brieflicher Mitteilung 1947 an Schlüter wie ruhende Mitgliedschaften: „Wir haben ja in der Nazizeit nie offiziell die jued. Mitglieder gestrichen, vielmehr ordnete ich an, dass sie nicht mehr verwendet werden sollten.“[45] Die vorangehenden Sätze in diesem Brief („Nie dachte ich auch nur im Traum daran, Aenderungen unter Bekanntgabe zu vollziehen. Im kleinen Gremium des Vorstandes sollte eine neue Mitgliederliste aufgestellt werden. Niemals sollten die in- und auslaendischen Mitglieder von dieser erfahren.“) sind von Schlüter, Vizepräsident der Akademie seit 1942, mit Bleistift angestrichen und er notierte am Rand, „das ist beinahe noch schlimmer“, ein Indiz, dass nicht einmal alle Vorstandsmitglieder eingeweiht waren, wenn überhaupt jemand außer Abderhaldens Sekretärin.

Dass dies keine nachträgliche Beschönigung ist, bestätigen die Tatsachen: Die betreffenden Karteikarten wurden nachweislich nicht vernichtet, sondern ans Ende der Karteien gestellt. Am 9. Mai 1945, einen Tag nach der Kapitulation Deutschlands, wurden sie wieder einsortiert, um maschinenschriftlich ein neues vollständiges Mitgliederverzeichnis zu erstellen,[46][45] und zwar mit den ursprünglichen Matrikelnummern, da sie nicht als freigeworden an andere vergeben waren wie bei definitiven Tilgungen. Letzteres ist belegt bei J. B. S. Haldane, der 1933 aus Protest gegen die Entlassungen und Verfolgungen jüdischer Wissenschaftler in Deutschland seinen Austritt erklärte, ein bemerkenswertes, wenn auch singuläres Beispiel, woraufhin ein neues Mitglied seine Matrikelnummer erhielt.[47]

Dennoch bleibt die Bestandsaufnahme beschämend. Nach neuesten Forschungen wurden insgesamt 94 Mitglieder aus politischen oder rassischen Gründen ausgeschlossen.[45] Auch der nichtjüdische Pädiater Ernst Freudenberg wurde gestrichen, der 1938 in die Schweiz emigrierte, da er sich nicht von seiner jüdischen Ehefrau trennen wollte. Neun Mitglieder der Leopoldina verloren durch die NS-Gewaltherrschaft ihr Leben:

Otto Blumenthal (1876–1944), Mathematiker,
Max Flesch (1852–1943), Anatom
Hans Leopold Meyer (1871–1942), Chemiker
Georg Pick (1859–1942), Mathematiker
Hans Leo Przibram (1874–1944), Zoologe
Peter Rona (1871–1945), Biochemiker
Emil Starkenstein (1884–1942), Pharmakologe
Leon Wachholz (1867–1942), Gerichtsmediziner
Arthur von Weinberg (1860–1943), Chemiker

Mit Ausnahme von Wachholz waren alle jüdischer Herkunft.[48] In seiner Präsidentenrede zur Jahresversammlung 1991 machte Benno Parthier sich die Aufarbeitung der Geschichte der Akademie zum Anliegen und richtete Abbitte an die Kinder und Enkel der Opfer des Holocaust.[49] Im Oktober 2009 stellte die Leopoldina eine öffentlich zugängliche Gedenkstele für die NS-Opfer auf, die vom Freundeskreis der Leopoldina finanziert wurde.[50]

Die Leopoldina war – allein wegen fehlender Forschungsinstitute – zwar nicht direkt involviert in die nationalsozialistische Rassenhygiene, aber deren wichtigste Vertreter wurden, wie auch in anderen Akademien, zu Mitgliedern gewählt, zumal sie anerkanntermaßen die damalige wissenschaftliche Genetik und Anthropologie vertraten. Als Präsident hatte Abderhalden das mitzuverantworten, auch wenn nur einige, soweit nachweisbar, von ihm selber mit vorgeschlagen wurden.[51]

1939 veröffentlichte Abderhalden in der Akademiepublikation Nova Acta Leopoldina einen Beitrag zur Rasse und Vererbung vom Standpunkt der Feinstruktur von blut- und zelleigenen Eiweißstoffen aus betrachtet, in dem er unter anderem behauptete, dass die Eiweißstoffe des Gewebes und Blutes Rassenmerkmale enthielten: „Es zeigte sich, daß die einzelnen Rassen mittels der A. R. [Abderhalden-Reaktion, bezogen auf die sog. Abwehrfermente von Emil Abderhalden] scharf unterschieden werden konnten. Es kam in keinem einzigen Fall zu einer Fehldiagnose bei der Frage der Zugehörigkeit eines bestimmten Tieres zu einer bestimmten Rasse [untersucht wurden Schweine- und Schafrassen (daneben auch Varietäten von genetischen Versuchspflanzen)].“[52] Obwohl in der ganzen Abhandlung nichts über Menschenrassen ausgesagt ist, wurde sie später mit der NS-Rassenforschung indirekt in Verbindung gebracht,[53] da seine biochemische Methode auch in der NS-Rassenforschung aufgegriffen wurde (→ siehe ausführlicher Emil Abderhalden, Kritik 2. Fehlende Abgrenzung zur nationalsozialistischen Rassentheorie).

1943 lagerte die Leopoldina ihre wertvollen Bibliotheksbestände zum Schutz vor Bombenangriffen in ein stillgelegtes Salzbergwerk in Wansleben am See aus[54] – über 20.000 Bände, darunter einzigartige Handschriften, Goethe-Briefe, wissenschaftliche Tagebücher und mehrere Privatarchive von Gelehrten.[55] Die Benutzung erfolgte nur noch stark eingeschränkt, weil die SS im Juni 1944 dort ein Außenlager des KZ Buchenwald zur unterirdischen Rüstungsproduktion errichtete. Der nachhaltigste Schaden entstand aber dadurch, dass der Großteil dieser Schätze von der sowjetischen Besatzungsmacht in die SU abtransportiert wurde, von wo nach jahrzehntelangen Bemühungen nur ein Bruchteil wieder zurück gelangte.[56]
Sowjetische Besatzung und Deutsche Demokratische Republik

Trotz sofortiger Bemühungen, nach Kriegsende das Auslagerungsgut aus dem Salzbergwerkschacht bei Wanzleben zu bergen, wurde die wertvolle Bibliothek nach dem im Juli 1945 vollzogenen Wechsel der Besatzungsmacht in die Sowjetunion verbracht. Sowjetgeneral Kotikow kündigte deren Rückgabe anlässlich der Wiedereröffnung der Universität Halle am 1. Februar 1946 an;[57] 1958 kam ein Teil (rund 12.000 Bücher) zurück, ein Großteil der wertvollsten Bücher blieb verschwunden, darunter Schriften von Avicenna, Giordano Bruno und Johannes Kepler. „Eine abschließende Übersicht über die Rückführung des Bergungsgutes vom Januar/Februar 1958 ergibt, daß das geschichtliche und biographische Archiv ziemlich vollständig zurückgekommen ist, das Nachlaßarchiv etwa zur Hälfte und die Schriften des Mitgliederarchivs zu einem Viertel (es fehlen die Monographien des Mitgliederarchivs). Die Handschriften sind zur Hälfte zurückgeführt. Die Bibliothek mit ihren ca. 7000 Bänden fehlt.“[58] Seit den 1980er Jahren tauchten vereinzelt Exemplare in Auktionshäusern in New York und Hamburg auf, die vermutlich schon vor der sowjetischen Übernahme des Schachts von Amerikanern im Alleingang entwendet wurden.[59]

Zugleich wurde um die Wiederzulassung der auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone bzw. DDR de facto weiterbestehenden Akademie gerungen. Die von anderer Seite geforderte Anbindung an die staatliche Akademie der Wissenschaften der DDR (damals „Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin“) – oder auch an die Sächsische Akademie der Wissenschaften in Leipzig, an den Kulturbund oder als Institut der Universität (!) – konnte verhindert werden; die Leopoldina blieb als gesamtdeutsche Vereinigung bestehen.[60] Die Geschäfte der Akademie führte Vizepräsident Otto Schlüter (1872–1959) für den abwesenden Präsidenten Abderhalden, der beim Abzug der Amerikaner im Juni 1945 mit zahlreichen Wissenschaftlern der Region zwangsweise nach dem Westen evakuiert wurde, um sie nicht den nachrückenden Sowjets zu überlassen (da Abderhalden mit der Leitung beauftragt wurde, firmiert diese Zwangsevakuierung in der Literatur als Abderhalden-Transport).[61]

In zähen Verhandlungen mit den ostdeutschen Behörden und der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) erreichte Schlüter die Wiederzulassung der Leopoldina, die 1952 anlässlich des 300-jährigen Bestehens der Akademie mit einem Festakt unter Teilnahme hoher Regierungsvertreter und einem offiziellen Fackelzug von Studenten der Universität Halle – auf den überlieferten Bildern im Blauhemd der Freien Deutschen Jugend (FDJ)[62] – gefeiert wurde.[63] Eine im selben Jahr folgende Jubiläumsveranstaltung in Schweinfurt[64] fand im Einvernehmen und mit einem Grußwort von Schlüter, vorgetragen vom hallischen Wissenschaftshistoriker Rudolph Zaunick (1893–1967), statt. Vorherige Bestrebungen von westdeutscher Seite,[65] gefördert durch briefliche Missverständnisse zwischen Abderhalden und Schlüter, dort die Leopoldina als West-Akademie wiederzueröffnen, waren glimpflich abgewendet worden.[66]

In das nach dem Tod Abderhaldens (1950) vakante Präsidentenamt wurde nach der Wiederzulassung der Akademie der Geograph Otto Schlüter gewählt, der sich aber aus Altersgründen intensiv um einen jüngeren Nachfolger bemühte, sodass schon 1954 der Botaniker und Pflanzenphysiologe Kurt Mothes (1900–1983) dieses Amt übernahm.[67] Das 1872 abgeschaffte Amt des Director Ephemeridum wurde 1954 für Rudolph Zaunick wieder eingeführt, der damit für alle Schriften der Akademie verantwortlich zeichnete.

Wie Abderhalden bemühte sich Mothes um die internationale Reputation der Akademie mit gezielten Mitgliederzuwahlen aus dem Ausland, ohne im aufziehenden Kalten Krieg Unterschiede zwischen Ost und West zu machen, versuchte aber gleichzeitig, früher aus politischen Gründen unterlassene Zuwahlen nachzuholen. Die Kontakte mit den im ‚Dritten Reich‘ stillschweigend ausgeschlossenen und 1945 wieder eingesetzten Mitgliedern wurden anlässlich runder Geburtstage sorgfältig gepflegt und auch die Gratulation zu Einsteins 75. Geburtstag wurde vom Jubilar bedankt, womit andere deutsche Akademien kein Glück hatten.[68]

Die Akademie intensivierte den wissenschaftlichen Austausch – nun auch insbesondere zwischen Ost und West – durch wissenschaftliche Symposien und die alle zwei Jahre abgehaltenen Jahresversammlungen, diese im Wechsel mit den Versammlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ). Die wissenschaftlichen Erträge wurden in den Bänden der Nova Acta Leopoldina N.F. dokumentiert, unter demselben Namen, unter dem die Akademiezeitschrift von Abderhalden wiederbelebt worden war. Neben der neuen jährlichen Zeitschrift Leopoldina (R. 3), heute fortgeführt als Jahrbuch, mit den Berichten über die monatlichen wissenschaftlichen Sitzungen wurde 1961 mit den Acta Historica Leopoldina eine wissenschaftshistorische Zeitschrift ins Leben gerufen, in der bis heute Monographien und Tagungsberichte publiziert werden.

Der gesamtdeutsche Charakter der Akademie wurde durch den Wechsel der Jahresversammlungen zwischen Halle und Schweinfurt betont, was allerdings nur bis zum Mauerbau möglich war. Aus Protest sagte Mothes die für Oktober 1961 in Schweinfurt geplante Jahresversammlung ersatzlos ab, weil nicht mehr alle Mitglieder aus dem Osten hätten daran teilnehmen dürfen. Mit dem gleichen Affront konterte er 1970 auch das Verbot der Einreise von Wissenschaftlern aus Israel zu einem geplanten Amyloid-Symposium, obwohl 1961 seitens des Ministeriums schwere Vorwürfe wegen der eigenmächtigen Absage erhoben wurden.

Offiziell gültige Statuten hatte die Leopoldina während der gesamten DDR-Zeit nicht. Vom Senat Ende der 1960er Jahre beschlossene Neufassungen blieben ministeriell unbestätigt und wurden nur akademieintern angewandt, da keine Einigung mit dem zuständigen Ministerium erzielt werden konnte. Als Druckmittel kamen gelegentlich – beispielsweise nach der Absage der Jahresversammlung 1961 in Schweinfurt, „um die Leopoldina mit allen Mitteln lahmzulegen“ – Kürzungen der staatlichen finanziellen Unterstützung zum Einsatz,[69] vonseiten der Akademie die unterschwellige Drohung, durch den von westdeutschen Mitgliedern dominierten Senat den Sitz der Leopoldina in die Bundesrepublik zu verlagern.[70] Ein deutliches Signal war schon die dauerhafte Etablierung eines westdeutschen Mitglieds als „auswärtigen“ Vizepräsidenten, zuerst 1955 bis 1960 wahrgenommen von Nobelpreisträger Adolf Butenandt (1903–1995).

Der Prestigegewinn durch die Teilnahme internationaler wissenschaftlicher Prominenz an den Jahresversammlungen der Leopoldina in Halle und die internationale Resonanz zählten aber für die DDR-Führung schließlich doch mehr als ihre Lahmlegung, sodass die Akademie weitgehend frei von staatlicher Einflussnahme ihrem gesamtdeutschen Charakter treu bleiben konnte, sowohl in der zweimal zehnjährigen Amtszeit (statutengemäß seit 1872) von Mothes als auch unter seinem Nachfolger seit 1974, dem Physiker Heinz Bethge (1919–2001).[71]

Mit dem Biologiehistoriker Georg Uschmann (1913–1986) als Direktor des Archivs seit 1967 konnte in der Folge sukzessive die akademieeigene wissenschaftshistorische Arbeit in bescheidenem institutionellem Rahmen ausgebaut werden, während ein ähnliches Ansinnen von ministerieller Seite nach der Wiedereröffnung 1952, „der Leopoldina ein wissenschaftshistorisches Institut anzugliedern“, durch die Akademie abgewehrt wurde,[72] um das Archiv nicht dem Zugriff von außen zu öffnen.

Bethge konnte auf den schon im Zusammenhang mit dem Bibliotheksbau 1903/04 von der Akademie weitsichtig erworbenen Grundstücken mit Geldern der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung unter Beteiligung der Volkswagenstiftung ein modernes Hörsaalgebäude errichten lassen, das 1988 eingeweiht wurde. Zugunsten eines jüngeren Nachfolgers wurde 1989 der Pflanzenbiochemiker Benno Parthier (* 1932) gewählt, noch ohne jede Ahnung, dass der Amtswechsel im Juni 1990 mit der Währungsunion und mit dem Jahr der deutschen Wiedervereinigung zusammenfallen würde.[73]
Nach der Wiedervereinigung: Erhebung zur Nationalen Akademie der Wissenschaften

Seit 1991 hat die Leopoldina den privatrechtlichen Status eines eingetragenen Vereins (Statut vom 5. April 1991, amtlich registriert seit Januar 1992, mit der Verringerung der Amtszeit des Präsidenten von zehn auf sieben, seit 1998 auf fünf Jahre bei einmaliger Wiederwahl).[74] Mit dem Wegfall der deutsch-deutschen Grenze wurde die Rolle der Akademie als einer wirkungsvollen Klammerfunktion für die Wissenschaften aus beiden deutschen Staaten überflüssig, aber zugleich entstanden ihr neue Wirkungsfelder, international und interdisziplinär, sowie mit einem Leopoldina-Förderprogramm für junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, im Jahre 2000 auch mit der Gründung der Jungen Akademie für den Nachwuchs, gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.[75]

Unter den 1996 von Georgien zurückgegebenen 100.000 Beutebüchern befanden sich auch einige aus dem Besitz der Leopoldina, die aber noch 6.902 Exemplare vermisst.[76] Am 11. Juli 2008 fanden deutsche Journalisten in Tiflis weitere 100.000 Bücher, darunter auch Exemplare der Leopoldina.[77] Diese sollten im Herbst 2009 zurückgegeben werden.[78] Eine Rückgabe hat jedoch bislang nicht stattgefunden.

2008 wurde die Leopoldina zur Nationalen Akademie der Wissenschaft erhoben. Als solche soll sie die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft fördern und dabei je nach Themenbereich vor allem mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) zusammenarbeiten.[2] Die Leopoldina ist Mitglied in der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen.

Benno Parthier hatte sich als Präsident der Leopoldina zwar wiederholt für die Verstrickungen von Mitgliedern der Akademie „in das inhumane Vernichtungswerk des nationalsozialistischen Regimes“ entschuldigt,[48] dennoch attestierte man Abderhalden, dass es ihm „weitgehend [gelungen sei], die Leopoldina vor dem totalitären staatlichen Zugriff im Nationalsozialismus, soweit das in der damaligen Zeit überhaupt möglich war, zu bewahren“.[79] Akademiepräsident Volker ter Meulen weihte am 1. Oktober 2009 eine Gedenkstele für die NS-Opfer aus der Leopoldina in Anwesenheit des Landesrabbiners Flonemann ein und legte in seiner Ansprache dabei auch das Ausmaß von Abderhaldens Verstrickung offen.[48]

Am 22. September 2009 erwarb die Leopoldina das ehemalige Logenhaus Zu den drei Degen, das bis Ende 2011 saniert, im Mai 2012 im Rahmen eines Festaktes feierlich eingeweiht wurde und seitdem als Hauptsitz der Akademie genutzt wird. Am 9. November 2010 hatte die „Grundsteinlegung“ stattgefunden. Seit Juli 2009 ist die Leopoldina mit einem Hauptstadtbüro in der Reinhardtstraße in Berlin vertreten.

Am 1. Oktober 2009 wählte der Senat der Leopoldina Jörg Hacker in geheimer Abstimmung zum hauptamtlichen Präsidenten. Am 26. Februar 2010 wurde ihm feierlich das Amt übergeben, das er zum 1. März 2010 antrat. 2014 wurde er wiedergewählt.
Personen
Präsidenten

Mit Amtszeit und Gesellschaftsnamen

1652–1665 Johann Lorenz Bausch – Jason I. (Schweinfurt)
1666–1686 Johann Michael Fehr – Argonautoa I. (Schweinfurt)
1686–1693 Johann Georg Volckamer – Helianthus I. (Nürnberg)
1693–1730 Lukas Schröck – Celsus I. (Augsburg)
1730–1735 Johann Jakob Baier – Eugenianus I. (Altdorf bei Nürnberg)
1735–1769 Andreas Elias Büchner – Bacchius (Erfurt, Halle)
1770–1788 Ferdinand Jakob Baier – Eugenianus II. (Nürnberg)
1788–1791 Heinrich Friedrich Delius – Democedes II. (Erlangen)
1791–1810 Johann Christian Daniel von Schreber – Theophrastus Eresius IV. (Erlangen)
1811–1818 Friedrich von Wendt – Diocles Carystius IV. (Erlangen)
1818–1858 Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck – Aristoteles III. (Erlangen, Bonn, Breslau)
1858–1862 Dietrich Georg Kieser – Scheuchzer I. (Jena)
1862–1869 Carl Gustav Carus – Cajus II. (Dresden)
1870–1878 Wilhelm Behn – Marco Polo I. (Dresden)
1878–1895 Hermann Knoblauch – Thomas Johann Seebeck (Halle)
1895–1906 Karl von Fritsch (Halle)
1906–1921 Albert Wangerin
1921–1924 August Gutzmer
1924–1931 Johannes Walther
1932–1950 Emil Abderhalden
1952–1953 Otto Schlüter
1954–1974 Kurt Mothes
1974–1990 Heinz Bethge
1990–2003 Benno Parthier
2003–2010 Volker ter Meulen
seit 1. März 2010 Jörg Hacker

Bekannte Mitglieder

Insgesamt erhielten bisher 172 Mitglieder der Leopoldina einen Nobelpreis.[80]

Berühmte Mitglieder der Leopoldina waren unter vielen anderen:

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), Sektion Botanik
Adelbert von Chamisso (1781–1838), Sektion Botanik
Charles Darwin (1809–1882), Sektion Naturforscher
Werner von Siemens (1816–1892), Sektion Physik
Marie Curie (1867–1934), Sektion Physik
Otto Hahn (1879–1968), Sektion Chemie
Albert Einstein (1879–1955), Sektion Physik, 1933 als erstes Mitglied während der NS-Zeit gestrichen
Niels Bohr (1885–1962), Sektion Physik
Werner Heisenberg (1901–1976), Sektion Physik
Carl Friedrich von Weizsäcker (1912–2007), Sektion Physik

Siehe auch:

Kategorie:Mitglied der Leopoldina (mit Untergliederung nach dem Jahrhundert der Aufnahme in die Akademie)


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