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Die 68er-Bewegung

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Die 68er-Bewegung Empty Die 68er-Bewegung

Beitrag  Andy Mo Feb 13, 2017 11:14 pm

Unter dem Schlagwort 68er-Bewegung werden internationale und politisch linksgerichtete Bürgerrechtsbewegungen zusammengefasst, die Mitte der 1960er Jahre aktiv geworden sind. Sie begannen mit den Protesten US-amerikanischer Bürgerrechtler. In Deutschland, ebenso wie in anderen Ländern Europas, gab es intensive zivile Konflikte. Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 verlagerte sich der Fokus des Ost-West-Konflikts. Die sowjetisch-chinesischen Spannungen und die Stellvertreterkriege, wie sie in Vietnam geführt wurden, gerieten in den Vordergrund. Die kubanische Revolution, die erste Eskalation des amerikanischen Krieges in Vietnam, die Klassenkämpfe im Kongo und die Revolution in Algerien gaben dem Denken eine neue Richtung. 1968 uferten die von diesen Bewegungen thematisierten Konflikte aus. In den USA kam es zu Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, sowie gegen die Folgen der Ermordung des Theologen und Bürgerrechtlers Martin Luther King. Die Intensivierung des Vietnamkrieges bot der Neuen Linken einen zentralen Bezugspunkt, der sie zu einem globalen Phänomen machte.

Die 68er-Bewegung 220px-Napalm
US-amerikanischer Napalm-Angriff im Vietnamkrieg

Transnationale Dimension

Vom Prager Frühling abgesehen wird die 68er-Bewegung häufig als westliches Phänomen wahrgenommen. 1968 sei sogar „zum Synonym für die kulturelle Verwestlichung geworden“.[1] Dagegen deutet Immanuel Wallerstein die Bürgerrechtsbewegungen der 1960er-Jahre als ein gegen den Kapitalismus gerichtetes globales Ereignis. Er verwendet den Begriff der „Weltrevolution“. Wallerstein geht von der Annahme aus, dass der Kapitalismus als Weltsystem existiere, sodass es auf nationaler Ebene keine Revolution geben könne. In der Gleichzeitigkeit vieler Aufstände – sowohl 1848 als auch 1968 – erkennt er echte Weltrevolutionen. 1968 sei die Hegemonie der USA die wichtigste gemeinsame Angriffsfläche gewesen.[2]

Marcel van der Linden versuchte zu erklären, warum innerhalb eines kurzen Zeitraums Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre viele verschiedene Prozesse abliefen. Zum einen nennt er drei strukturelle Faktoren:

Das starke Wirtschaftswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg, das in der Krise von 1966/67 stockte.
Die weltweit stärkere Beteiligung an Bildung, einschließlich der universitären Ausbildung.
Die Dekolonisierung, die nach dem Zweiten Weltkrieg begann und sich Anfang der 1960er Jahre beschleunigte.

Neben diesen strukturellen Einflüssen nennt er mehrere Ereignisse, die zu anderen Formen der Politik inspirierten: Die kubanische Revolution, die chinesische Große Proletarische Kulturrevolution und der Prager Frühling 1968. Ebenso wichtig war die Tet-Offensive im Vietnamkrieg. Als weiteres Argument führt van der Linden wechselseitige Lernprozesse und internationale Kontakte an. Kontakte sowohl zwischen Arbeitern, die im Zuge des Aufstiegs multinationaler Unternehmen eine globale Vertretung ihrer Interessen zu organisieren suchten, als auch zwischen radikalen Studenten und Arbeitern.[3] Damit lenkt van der Linden die Aufmerksamkeit auf nichtstudentische Bewegungen, insbesondere auf die Arbeiteraufstände in Frankreich, Italien und Spanien.

Die transnationale Dimension der 68er-Bewegung ist durch Dekolonisierung, Antiimperialismus und durch den Widerstand gegen verschiedene Formen des Neokolonialismus gefördert worden. Besonders der Antikolonialismus stellte eine große Verbundenheit zwischen Akteuren auf der ganzen Welt her. Die Fokustheorie des Ernesto Che Guevara und die Schriften des algerischen Befreiungskämpfers Frantz Fanon bildeten einen gemeinsamen Integrationsrahmen und führten zu konkreten Organisationsformen im Sinne einer Guerillamentalität. Die kubanische Revolution (1959) und der Algerienkrieg (1954–1962) können als Wegbereiter der 68er-Bewegung betrachtet werden.[4]

Im Zeitgeist der 68er begünstigte die transnationale Struktur der katholischen Kirche die Entstehung der Befreiungstheologie. Das Zweite Vatikanische Konzil von 1962 bis 1965 forderte eine umfassende Erneuerung der Kirche. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der von Armut, Unterdrückung und Ungerechtigkeit geprägten Lebenssituation in Lateinamerika akzeptierte 1968 die Bischofskonferenz von Medellín die Idee von der Theologie der Armen.[5] Ähnliche Konzepte entwickelten sich in Südafrika und in Asien. Die aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung hervorgegangene „schwarze Theologie“ verstand sich als eine radikale Form der Befreiungstheologie.[6]
68er-Generation

Ihrer internationalen Bedeutung ungeachtet, bezeichnet der deutsche Sprachgebrauch die Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland, die von der Studentenbewegung der 1960er Jahre ausgingen, als 68er-Bewegung.[7][8] Sie hat einer ganzen Generation ihren Namen gegeben. Für diese Menschen waren die späten 1960er Jahre eine prägende Phase. Wer dieser Generation angehörte und sich aktiv an den Protesten beteiligte, wurde als 68er oder Alt-68er bezeichnet. Der Publizist Rainer Böhme definiert die acht Millionen Deutschen der Jahrgänge 1940 bis 1950 als 68er. Ab 2005 erreichte diese Generation ihr Renteneintrittsalter.[9] Aufgrund alltäglicher Wahrnehmungen kategorisieren einige Länder die Auflehnung der 68er als Generationenkonflikt oder als Jugendbewegung. Diese Sichtweise lässt unbeachtet, dass unterschiedliche Generationen an den Konflikten beteiligt waren. Auf der Basis eines differenzierten theoretischen Konzepts lässt sich die soziale Bewegung von 1967/68 als generationale Protestbewegung begreifen, die internationale Bedeutung erlangte.[10][11]
Ausgangssituation und Ursachen der 68er-Bewegung
Bundesrepublik Deutschland

Der 1930 geborene Verleger Klaus Wagenbach beschreibt die Ursachen der 68er-Bewegung aus seiner eigenen Erfahrung: „1954, als sie in Bern Fußballweltmeister wurden, habe ich in Frankfurt gehört, wie nach der Deutschlandhymne wie früher das Horst-Wessel-Lied gebrüllt wurde. Das Gebrüll des Dritten Reichs konnte man in den Wochenschauen hören, und im Rundfunk wurde wie früher gebellt. Wenn einer laut Gitarre spielte, kam sofort der Polizeiknüppel. Das waren die Schwabinger Krawalle. Sie machten sich strafbar, wenn Sie Geschlechtsverkehr hatten, ohne verheiratet zu sein. Wenn Hildegard Knef eine halbe Brust heraushängen ließ, wurde die Aktion Saubere Leinwand aktiv.“[12]

Die antikommunistisch geprägte Westorientierung der Politik Konrad Adenauers[13] und die 1949 erfolgte Gründung des sozialistischen Staates der DDR bewirkte schnelle gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen. Das in den 1950er Jahren einsetzende Wirtschaftswunder verstärkte diesen Wandel. In dieser Zeit entwickelten sich zwischen der Generation, die den Krieg erlebt hatte, und den Nachgeborenen Spannungen. Hinzu kam die gesellschaftliche Aufgabe der Eingliederung von acht Millionen Vertriebenen, sowie von eineinhalb Millionen Zuwanderern aus der sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise der DDR.[14]
DDR

1945 gab es in der sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 in der DDR Widerstand gegen die SED. Am stärksten lehnten sich die ostdeutschen Sozialdemokraten auf. Sie sprachen sich zu Tausenden gegen die Vereinigung ihrer Partei mit der KPD aus. Die sowjetische Militäradministration inhaftierte 6000 ihrer Mitglieder. 1949 wurde der Student Wolfgang Natonek wegen seines Engagements für die Meinungsfreiheit zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er verbüßte sieben Jahre. 1950 verurteilten die Gerichte der DDR 78.000 Angeklagte wegen politischer Delikte. Unter diesen Bedingungen war politischer Widerstand nur verdeckt möglich.[15] Nach Stalins Tod im März 1953 stand die reformorientierte Kritik am Sozialismus der DDR im Mittelpunkt der politischen Opposition. Allerdings war klar, dass sich in der SED kein neuer Kurs durchsetzen würde. Am 17. Juni 1953 eskalierte die Situation in einem Volksaufstand, den sowjetische Truppen blutig niederschlugen.[16] Die anschließend einsetzende Abwanderung von DDR-Bürgern, vor allem in die Bundesrepublik, führte in der DDR zu ökonomischen Problemen. Zwischen 1949 und dem Bau der Mauer 1961 waren knapp 2,7 Millionen Menschen nach Westdeutschland geflohen.[17]
Tschechoslowakei

1946 kam die kommunistische Partei der Tschechoslowakei aus eigener Kraft an die Regierung.[18] Die Partei genoss wegen ihres aktiven Widerstands gegen die deutsche Besatzung unter Nichtkommunisten Anerkennung. Sie versprach einen sozialistischen Weg, der den demokratischen Traditionen des Landes gerecht werden sollte. Aber nach Stalins Tod 1953 gab es innerhalb der Partei keine nennenswerten Kräfte, die eine Entstalinisierung unterstützt hätten. 1954 wurden slowakische Kommunisten wegen „bourgeoisem Nationalismus“ zu lebenslanger Haft verurteilt. Zwischen 1948 und 1954 soll es in der Tschechoslowakei bei einer Bevölkerung von 14 Millionen Menschen 150 000 politische Häftlinge gegeben haben. Vor allem Jugendliche und Intellektuelle protestierten gegen die fehlende Aufarbeitung des Stalinismus.[19]

Polen

Die 68er-Bewegung 220px-Gomulka_speech
24. Oktober 1956: Gomulkas Rede.

Die seit dem Tod Josef Stalins im März 1953 eingetretene Lockerung des politischen Klimas erreichte im polnischen Oktober 1956 ihren Höhepunkt. Der Stalinismus galt als überwunden. Die Bevölkerung hoffte, dass die Regierung von Władysław Gomułka den Kommunismus liberalisieren würde. Politische und ökonomische Probleme konnten öffentlich thematisiert werden. Kardinal Wyszyński kehrte aus der Verbannung zurück.[20] In den folgenden Jahren rückte Gomulka von einem demokratisch verfassten Sozialismus ab. Die Erwartungen der Bevölkerung wurden enttäuscht. Die Regierung schränkte die Errungenschaften des Oktober 1956 wieder ein. Als Westeuropa ein Wirtschaftswunder erlebte, ging es in Polen wirtschaftlich bergab.[21]
Frankreich
→ Hauptartikel: Mai 1968

Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Parti communiste français (PCF) stärkste Partei. In der Zeit nach dem Krieg waren die französischen Arbeiter vorwiegend in der PCF organisiert.[22] Anschließend zersplitterte sich die französische Linke, es entstand die Parti Socialiste (PS). Gleichwohl waren die kommunistischen Parteien, die in der Resistance gegen den Faschismus kämpften, wichtige Elemente der Demokratie.[23] Die politisch Rechte war ebenso stark, weil es dem späteren Präsidenten Charles de Gaulle gelang, die Resistance für sich zu gewinnen. Die 1958 unter de Gaulle gegründete Fünfte Französische Republik profitierte von einem starken wirtschaftlichen Aufschwung. Diese Konjunktur veränderte die soziale Struktur der französischen Gesellschaft. Viele Bauern zog es in die Städte. Dort erweiterten sie „gemeinsam mit Immigranten die Arbeiterklasse um eine junge, militante und von der Bürokratie der Gewerkschaft schwer zu kontrollierende Schicht“.[24]
Italien

Die konservative Democrazia Cristiana regierte das Land seit 1948. Ihr stand mit der Partito Comunista Italiano (PCI) die stärkste kommunistische Partei Westeuropas gegenüber. Bis Anfang der 1960er Jahre gelang es, die PCI systematisch von der Macht fernzuhalten.[25] Ökonomisch betrachtet entwickelte Italien sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom Agrar- zum Industrieland. Die Migration von Arbeitern aus Süditalien in den Norden ließ dort anonyme Trabantenstädte entstehen. Das aufkommende Unbehagen in Kreisen der Bevölkerung, die vom wirtschaftlichen Aufschwung ausgeschlossen waren, fing der Staat nicht durch sozialpolitische Maßnahmen auf. Das italienische Wirtschaftswunder der 1950er Jahre verlief gespalten.

Außerdem war das Bildungssystem zu reformieren. Die Lehrinhalte an den Universitäten waren noch faschistisch geprägt.[26]

Für Italiens Intellektuelle ging es um die Fortsetzung der Resistenza von 1940. Es ging um die Frage, warum die Widerstandskämpfer keine Revolution wagten. Diese Idee des "verratenen Widerstands", den die PCI nach 1945 nicht weitergeführt hatte, spielte 1968 eine große Rolle.[27]

1960 demonstrierten in Genua Hafenarbeiter, frühere Widerstandskämpfer, Studenten und Jugendliche gegen einen Kongress des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano. Das harte Eingreifen der Polizei löste landesweit eine Welle des Protests aus.[27]
Vereinigte Staaten

In den 1950er Jahren begannen Afroamerikaner unter der Führung von Martin Luther King mit Boykotts, Märschen und gewaltfreien Protesten. Sie strebten ein Ende der Rassendiskriminierung an.[28] Als Earl Warren, ein ehemaliger Gouverneur von Kalifornien, Richter am Obersten Gerichtshof wurde, gelang es ihm, das Gericht in dem Verfahren Brown vs. Board of Education at Topeka dazu zu bewegen, gegen die bis dahin geltende Doktrin separate but equal zu stimmen. Damit war dieser Grundsatz ab dem 17. Mai 1954 verfassungswidrig.[29] Diese Entscheidung war der erste Wandel im Leben der Afroamerikaner seit der Reconstruction.

Martin Luther King beteiligte sich 1955 maßgeblich an dem sogenannten Busboykott von Montgomery. Im Dezember 1956 entschied das Oberste Gericht der USA, dass jede Form der Rassentrennung in Bussen verfassungswidrig ist.[30] Trotz allem setzten sich die Schikanen gegen Farbige fort. Diese Übergriffe werden unter dem Begriff „raffinierter amerikanischer Rassismus“ zusammengefasst. Schwarze tendierten dazu, in die Großstädte des Nordens zu ziehen. Dort versprachen sie sich Arbeit und eine bessere gesellschaftliche Position als in den Südstaaten. Im Laufe der Zeit bildeten sich dadurch Ghettos. Diese wirtschaftlichen, politischen, sozialen und rechtlichen Probleme bereiteten den Boden für die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.[31]
Mexiko

Ab 1929 regierte die Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI). Die PRI schaffte ein politisches Gebilde, das große Teile der erwerbsfähigen Bevölkerung formell beschäftigte. Als Arbeitgeber fungierten Gewerkschaften, Bauernorganisationen und städtische Institutionen. Soziale Leistungen von oben wurden mit politischer Loyalität von unten bezahlt. Die PRI integrierte systematisch soziale Interessen. Sie wirkte wie eine Brücke zwischen den lokalen Machtblöcken. „Lange Zeit wurde in ihren Reihen und in Symbiose mit dem jeweiligen Präsidenten die Machtbalance zwischen einer das Land modernisierenden metropolitanen Koalition (Unternehmer, städtische Arbeitnehmer und technokratische Politiker) und peripheren Machtcliquen (Caudillos und Caciquen) erfolgreich ausgehandelt“.[32]

Ab 1940 prosperierte die Wirtschaft. Industrialisierung und moderne Elemente eines Sozialstaats prägten das Land. Zu dieser Zeit entstand eine wohlhabende urbane Mittelschicht. Aber die soziale und ökonomische Ungleichheit verschärfte sich, besonders auf dem Lande. Bei größeren Konflikten ging es um regionale Landkämpfe. 1958/59 wurde ein Streik der Eisenbahner gewaltsam aufgelöst. Die Behörden verhafteten 6000 Demonstranten. Trotzdem wurde das politische System erst in den 1960er Jahren hinterfragt.[33]
Die 1960er Jahre als politischer Wendepunkt

Roman Rosdolskys 1968 veröffentlichtes Standardwerk Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen Kapital war für die Neue Linke eine maßgebende Interpretation der Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx. Es bestärkte die bundesdeutsche 68er-Bewegung in ihrer Forderung nach einem Ausstieg aus dem kapitalistischen System.[34] Dieses Motiv der „großen Verweigerung“ stammt von dem deutsch-amerikanischen Soziologen und Philosophen Herbert Marcuse. In seinem 1964 veröffentlichten Werk Der eindimensionale Mensch versuchte er, die befreite Gesellschaft vernunfttheoretisch und triebtheoretisch zu begründen. 1967 führte Marcuse in seinem an der Freien Universität Berlin gehaltenen Vortrag Das Ende der Utopie diesen theoretischen Ansatz aus. Nach Ansicht des US-amerikanischen Sozialwissenschaftlers Immanuel Wallerstein ist die aufbegehrende Mittelschicht das Charakteristikum der internationalen 68er-Bewegung. Diese Mittelschicht und mit ihr das kapitalistische Weltsystem sieht Wallerstein untergehen.

In den weltweiten Protesten der 1968er Jahre erlebte die von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno entwickelte Kritische Theorie ihre Blütezeit. Sie will gesellschaftliche Mechanismen der Beherrschung und Unterdrückung aufdecken. Ihr Ziel ist eine vernünftige Gesellschaft mündiger Bürger.

Bundesrepublik Deutschland

Die 68er-Bewegung 220px-Enteignet_Springer_1969
Pflasterstein mit Anstecker „Enteignet Springer“, 1969
Sammlung Kindheit und Jugend (Stiftung Stadtmuseum Berlin), Wallstraße, Berlin-Mitte

Am 10. Oktober 1962 erschien ein Artikel im Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Er trug den Titel Bedingt abwehrbereit. Die Autoren zogen den Schluss, dass die Verteidigung der Bundesrepublik im Falle eines Angriffs der Warschauer Pakt-Staaten nicht gesichert sei. Außerdem würde das von Franz-Josef Strauß verfolgte Konzept des vorbeugenden Schlags den Frieden eher gefährden als sichern. Nach dem Erscheinen dieses kritischen Artikels verhaftete die Polizei den Herausgeber Rudolf Augstein, den Direktor des Verlags und mehrere leitende Redakteure. Diese und andere Maßnahmen begründete die Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf des Landesverrats. Die Verletzung von Grundrechten durch Strafverfolgungsbehörden führte zu Protesten und veränderte die politische Streitkultur.[35] Auch die 1963 geplanten Notstandsgesetze, die Einschränkungen der Grundrechte vorsahen, stießen auf eine außerparlamentarische Opposition. Die große Koalition (1966–1969) setzte sie gegen diesen Widerstand durch.[36] 1965 bis 1969 kämpften die Studierenden der Freien Universität Berlin für eine bundesweite Studien- und Hochschulreform.[37]

Eines der wichtigsten Publikationsorgane der außerparlamentarischen Opposition war das Kursbuch (Zeitschrift). Es wurde 1965 von Hans Magnus Enzensberger und Karl Markus Michel gegründet. Das Kursbuch erschien im Suhrkamp Verlag, ab 1970 im Verlag Klaus Wagenbach.[38]

Am 1. Januar 1967 gründeten neun Männer und Frauen gemeinsam mit einem Kind in West-Berlin die politisch motivierte Wohngemeinschaft Kommune I als Gegenmodell zur bürgerlichen Kleinfamilie. Begründung: Aus der Kleinfamilie entstehe der Faschismus. Im November 1969 löste sich die Kommune auf.[39]

Am 9. November 1967 entrollte Detlev Albers gemeinsam mit einem Kommilitonen bei der Rektoratsübergabe an der Universität Hamburg ein Transparent mit der Aufschrift Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren. Albers setzte sich als Vorsitzender des Hamburger AStA für die Drittelparität zwischen Professoren, dem akademischen Mittelbau und den Studierenden ein.

Am 17. und 18. Februar 1968 fand an der TU Berlin ein Internationaler Vietnamkongress statt. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund und die Brüsseler Konferenz riefen zum Widerstand gegen den westlichen Imperialismus, sowie gegen den Vietnamkrieg auf. Nach Angaben der Veranstalter nahmen 44 Delegationen aus 14 Ländern teil.[40]

Zwischen 1968 und 1975 gründeten sich linksalternative kulturelle Einrichtungen, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzten. Sie nannten sich Club Voltaire. Aus dem Club in Frankfurt am Main ist folgender Ausspruch verbürgt:

„Daniel Cohn-Bendit schüttet den Inhalt seines Weinglases an meinem Gesicht vorbei gegen die Wand des Club Voltaire.“

– Bernward Vesper: Die Reise[41]

1968 entstand in West-Berlin der zur außerparlamentarischen Opposition gehörende Aktionsrat zur Befreiung der Frauen. Maßgebliche Initiatorin war die feministische Filmemacherin und Autorin Helke Sander. Der Aktionsrat zur Befreiung der Frauen protestierte gegen die patriarchalen Strukturen der maskulin dominierten 68er-Bewegung.[42] In Deutschland gilt dieses Ereignis als Beginn der Frauenbewegung. In verschiedenen Universitätsstädten entstanden studentisch-feministische Weiberräte.[43]

Als Stimme der 68er-Bewegung galt der Liedermacher Franz Josef Degenhardt. Er war in der Ostermarschbewegung aktiv, gehörte zur westdeutschen Friedensbewegung und protestierte gegen den Radikalenerlass. In seinem 1968 erschienenen Livealbum thematisiert er die griechische Militärdiktatur, den Prager Frühling und mit seinem Lied Der Gott der Pille die Empfängnisverhütung.

Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein waren für die politisch motivierten Kaufhaus-Brandstiftungen am 2. April 1968 in Frankfurt am Main verantwortlich. Kaufhäuser galten als Symbol des Kapitalismus. Über den Prozess gegen die Brandstifter schrieb Ulrike Meinhof. Eine Journalistin und Publizistin, die sich später als Terroristin radikalisierte. Sie war Gründungsmitglied der Rote Armee Fraktion (RAF).[44]

Am 11. April 1968 schoss der Hilfsarbeiter Josef Bachmann dreimal auf den marxistischen Soziologen und politischen Aktivisten Rudi Dutschke. Dutschke erlitt schwere Hirnschäden. Er verstarb 1979 an den Spätfolgen dieses Attentats. Bachmann trug einen Artikel aus der Deutschen National-Zeitung bei sich. Die Titelzeile lautete: „Stoppt den roten Rudi jetzt“. Bei einer Demonstration nach diesem Attentat am 17. April 1968 starb der Pressefotograf Klaus Frings durch einen Steinwurf.[45]

Im Februar 1969 erschien die erste Ausgabe der anarchistisch-libertären Zeitschrift Agit 883. Sie war nach der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg durch die Polizei als linke Gegenöffentlichkeit konzipiert. An dieser Untergrundzeitung arbeitete Holger Meins mit. Kurz darauf war er Gründungsmitglied der RAF. Agit 883 wurde von Peter-Paul Zahl gedruckt. Er war Verleger und Autor anderer subkultureller Schriften der radikalen Linken.[46]

Am 1. Mai 1969 gründeten Klaus Eschen, Horst Mahler und Hans-Christian Ströbele in Berlin das Sozialistische Anwaltskollektiv. Diese Sozietät vertrat Aktivisten der 68er-Bewegung. Später wurde sie durch ihre Verteidigung von Mitgliedern der RAF im Stammheim-Prozess bekannt.[47]

Ab Herbst 1969 verübte die linksgerichtete Terrorgruppe Tupamaros München einige Brand- und Sprengstoffanschläge. Ein führendes Mitglied war der Berliner Kommunarde Fritz Teufel. Er wurde am 2. Juni 1967 durch seine Festnahme bei der Demonstration gegen den Schah-Besuch 1967 bekannt. Er soll einen Stein gegen Reza Pahlavi geworfen haben. Bei der Gerichtsverhandlung kam er der Aufforderung des Richters, sich zu erheben, mit der Bemerkung nach: „Wenn’s denn der Wahrheitsfindung dient“.[48] Die Tupamaros West-Berlin bekannten sich dazu, am 31. Jahrestag der Novemberpogrome einen Bombenanschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin versucht zu haben. Als deren Kopf galt Dieter Kunzelmann. 2005 wurde bekannt, dass ein V-Mann und Agent Provocateur des Berliner Verfassungsschutzes, Peter Urbach, die Bombe geliefert hat. Wegen einer überalterten Zündkapsel explodierte der Sprengstoff nicht.[49]
DDR
→ Hauptartikel: Opposition und Widerstand in der DDR

1961 wurde die Berliner Mauer gebaut und 1962 in der DDR die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Zunächst gab es keine Regelung, die eine Verweigerung des Wehrdienstes erlaubt hätte.[50] Als Kompromiss führte die DDR den Bausoldatendienst in der Nationalen Volksarmee ein. Wer diese Form der Ableistung seiner Wehrpflicht antrat, musste noch nach der Dienstzeit mit persönlichen Nachteilen rechnen.[51] Die Bausoldatenbewegung war ein wichtiger Ausgangspunkt der Oppositionsgeschichte der DDR.[52]

Besonders im Kontext zum Prager Frühling und zunehmender Proteste von Heranwachsenden wurde die Protestjugend ein wichtiges politisches Thema. Die Jugendlichen gewannen Einfluss auf die Demokratiebewegung.[53] Laut Bernd Gehrke entstanden „1967/68 neue oppositionelle Milieus, deren Kontinuität trotz mancherlei Veränderungen bis 1989 reichte“ und zum „Träger immer wieder neuer und sich verändernder politischer Aktivitäten oder Gruppenbildungen“ führten. Diese Opposition ging aus der „Vernetzung und partiellen Überlappung von Milieus der kritisch-marxistischen und christlichen Intelligenz sowie der subkulturellen Jugendbewegung hervor“.[53] In der DDR hofften viele Menschen auf ein Gelingen des Prager Frühlings. Nach seinem Scheitern kam es zu Protesten und Verhaftungen. Der Glaube an die Reformierbarkeit des realen Sozialismus schwand.[54]
Tschechoslowakei

1960 erhielt das Land eine neue Verfassung. Aus der Tschechoslowakischen Republik wurde die Tschechoslowakische Sozialistische Republik.[55] Die neue Verfassung sollte den Sieg des Sozialismus verkünden. Die ideologischen Konsequenzen wirkten sich auf das reale Leben aus. Es gab jetzt weder Klassenkampf noch eine Diktatur des Proletariats. Staat und Partei wollten die Bedürfnisse der Bevölkerung erkennen und befriedigen. Allerdings wurde die kommunistische Partei von denselben Leuten geführt, die für das harte Vorgehen gegen Oppositionelle in den 1950er Jahren verantwortlich waren. Die vom 22. Parteitag der KPdSU im Oktober 1961 ausgehende Entstalinisierung geschah also halbherzig.[19]

Die neue Verfassung reduzierte die ohnehin geringen Kompetenzen der slowakischen Staatsorgane. Dies verschärfte die slowakisch-tschechischen Konflikte. Der tschechoslowakische Regierungschef Antonín Novotný wurde für nationalbewusste Slowaken in der Zeit bis zu seiner Entmachtung 1968 zu einer Reizfigur.[19]

Das größte politische Problem bestand darin, dass die Staatsführung rhetorisch Reformen zusicherte, obwohl sie stalinistische Strukturen konservierte. In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre stand Novotnýs Macht auf tönernen Füßen. Dennoch wandte er sich gegen die seit 1964 von Wissenschaftlern geforderten Reformen des wirtschaftlichen und politischen Systems. Alexander Dubček stellte sich an die Spitze der Reformbewegung und wurde später zur Leitfigur des Prager Frühlings. In der osteuropäischen Region waren der Prager Frühling und seine Niederschlagung durch die Rote Armee der UdSSR Schlüsselereignisse, die auf Polen, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien ausstrahlten. Im sowjetischen Machtbereich, dem Ostblock, fanden unter sehr verschiedenen Vorzeichen tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen statt.[56]
Polen
→ Hauptartikel: Geschichte Polens

Durch die unterbliebene Liberalisierung der kommunistischen Herrschaft und den konjunkturellen Abschwung breitete sich in den 1960er Jahren in der polnischen Gesellschaft Unzufriedenheit aus. Namhafte Intellektuelle zeigten sich besorgt. Ihren im März 1964 veröffentlichten Brief der 34 unterschrieben bedeutende Persönlichkeiten, wie die Schriftstellerin Maria Dąbrowska, sowie der Dichter und Feuilletonist Antoni Słonimski.[57] Der Staat reagierte durch Konfrontation. Je mehr Missmut in der Bevölkerung aufkam, desto mehr Menschen galten als Revisionisten, Antikommunisten und bürgerlich-liberale Opportunisten, die mit dem Westen gemeinsame Sache machten. General Mieczysław Moczar, Chef der polnischen Sicherheitsbehörden, war eine Symbolfigur der dogmatischen Kommunisten. Das Jahr 1968 begann mit einem politischen Richtungskampf und einer allgemeinen Krise.[21]

Am 30. Januar 1968 verboten die Behörden weitere Aufführungen der Totenfeier (Drama), die mit ihren antisowjetischen Anklängen unter Studierenden beliebt war. Im Gegenzug begannen die ersten Proteste und namhafte Schriftsteller verabschiedeten eine Resolution. Wo es möglich war, stellten die Behörden die jüdische Herkunft der Protestierenden heraus.[58] Der seit dem Sechstagekrieg im Juni 1967 spürbar gewordene staatlich gelenkte Antisemitismus verstärkte sich.[59] Es kam zu regelrechten Säuberungsaktionen.[60] „Systemfeinde“ wurden ausgebürgert.[61] Gomulka sprach in aller Öffentlichkeit von der Fünften Kolonne.[62] Bei den März-Unruhen 1968 in Polen gab es wochenlang Demonstrationen und Proteste. Die Arbeiterbrigaden der polnischen Armee schlugen diese Proteste nieder.[63]

Weitres dazu im Link:

https://de.wikipedia.org/wiki/68er-Bewegung
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