Renward Brandstetter
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Renward Brandstetter
Renward Brandstetter (* 29. Juni 1860 in Beromünster; † 17. April 1942 in Lugano) war ein Schweizer Sprachwissenschafter, der grundlegende Beiträge zu den Themengebieten schweizerdeutsche Philologie und Dialektologie sowie austronesische Sprachen lieferte.
Leben
Renward Brandstetter wurde 1860 als Sohn des Arztes und Gelehrten Josef Leopold Brandstetter (1831–1924) geboren. Nach Abschluss der Grundschulen in Malters und Luzern begann er ein Studium der Sprachwissenschaften an der Universität Basel und an der Universität Leipzig, das er 1883 mit der Dissertation zum Thema Die Zischlaute von Bero-Münster abschloss. Anschliessend wirkte er bis 1927 als Professor an der Kantonsschule in Luzern.
Eine Berufung an das Schweizerische Idiotikon scheiterte 1908, da dessen Redaktoren geschlossen mit der Kündigung drohten, sollte Brandstetter mit dem ihm angeboteten Salär angestellt werden, welches das ihrige bei weitem überstieg.[1]
Werk
Zu Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit befasste er sich mit der spätmittelalterlichen Theatergeschichte und der Luzerner Dialekt- und Sprachgeschichte, insbesondere der Luzerner Kanzleisprache. Für den Schweizer Sprachraum formulierte er schon in seiner Dissertation das heute nach ihm benannte Brandstettersche Gesetz (siehe unten). Zudem verfasste er in jüngeren Jahren unter dem Pseudonym Rämmert vom Mösli einige Luzerner Mundarterzählungen. Ab 1891 entstanden seine Forschungsarbeiten zu den austronesischen Sprachen und dabei im Speziellen das Verhältnis zwischen Wort und Wurzel.
Insgesamt publizierte Brandstetter zwischen 1883 und 1920 über dreissig Untersuchungen zur schweizerischen Sprache, Theatergeschichte und Volkskunde[2] sowie zwischen 1886 und 1940 rund fünfzig Untersuchungen zur Sprache und Literatur austronesischer Sprachen. Eine grosse Auswahl seiner Werke kann man im Haus zum Dolder einsehen, und die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern besitzt die Bibliothek Brandstetters.
Leistung
Im Bereich der schweizerdeutschen Dialektologie, der Beschreibung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Luzerner Kanzleisprache sowie der Ablösung der regionalen Kanzleisprache durch die gemeindeutsche Schriftsprache hat Brandstetter Grundlegendes geleistet und bis heute Gültiges geschaffen. Auch seine Forschungen zur Luzerner Theatergeschichte müssen als Pioniertat eingestuft werden. Brandstetters methodisches Vorgehen sowohl in den dialektologischen wie philologischen Arbeiten war in vielerlei Hinsicht geradezu modern.
Im Bereich der allgemeinen Sprachwissenschaft war Brandstetter unterschiedlich erfolgreich. Sein Blick auf die «architektonische Sprachverwandtschaft», also auf die strukturellen Ähnlichkeiten nicht verwandter Sprachen, war für die damalige Zeit innovativ. Seine malayo-polynesischen Untersuchungen bildeten eine Grundlage für Otto Dempwolffs 1934 erschienene «Vergleichende Lautlehre des indonesischen Wortschatzes». Umgekehrt befremdet sein (später) Versuch, das Indonesische als mit dem Indogermanischen verwandt zu erweisen. Brandstetters Bedeutung für die austronesische Linguistik wurde ab 1900 international anerkannt, jedoch fehlte ihm als Privatgelehrter ein universitäres Umfeld, um seine Forschung angemessen zur Geltung bringen zu können. Gegen Ende seines Lebens musste er erkennen, dass nicht er, sondern Otto Dempwolff als Begründer der vergleichenden Lautlehre des austronesischen Wortschatzes anerkannt wird.
Brandstetters Arbeiten zeugen vielfach von einer humanistischen Grundüberzeugung. Sie enthalten auch deutliche Stellungnahmen gegen den Kolonialismus, nicht zuletzt in seiner Verwendung des Begriffs «Indonesien» statt des damals üblichen «Niederländisch-Indien».[3]
Brandstettersches Gesetz
Das unter anderem im Schweizerdeutschen wirksame Brandstettersche Gesetz besagt, dass in zusammengesetzten Wörtern die Vokalquantität des Bestimmungswortes (sofern sie historisch lang ist) gekürzt und der postvokalische Konsonant des Bestimmungswortes lenisiert wird. Beispiele sind Grooss+mueter > Grosmueter (Grossmutter), Braat-/Broot+wurst > Brad-/Brodwurst (Bratwurst), Schue+macher > Schumacher (Schuhmacher), Stadt+raat/-root > Stadraat/-root. Die Gültigkeit dieser Lautregel schwankt allerdings von Lexem zu Lexem und Dialekt zu Dialekt.
Ehrungen
1913 Ehrenbürger von Luzern
1921 Ehrendoktorat der Universität Genf
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Leben
Renward Brandstetter wurde 1860 als Sohn des Arztes und Gelehrten Josef Leopold Brandstetter (1831–1924) geboren. Nach Abschluss der Grundschulen in Malters und Luzern begann er ein Studium der Sprachwissenschaften an der Universität Basel und an der Universität Leipzig, das er 1883 mit der Dissertation zum Thema Die Zischlaute von Bero-Münster abschloss. Anschliessend wirkte er bis 1927 als Professor an der Kantonsschule in Luzern.
Eine Berufung an das Schweizerische Idiotikon scheiterte 1908, da dessen Redaktoren geschlossen mit der Kündigung drohten, sollte Brandstetter mit dem ihm angeboteten Salär angestellt werden, welches das ihrige bei weitem überstieg.[1]
Werk
Zu Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit befasste er sich mit der spätmittelalterlichen Theatergeschichte und der Luzerner Dialekt- und Sprachgeschichte, insbesondere der Luzerner Kanzleisprache. Für den Schweizer Sprachraum formulierte er schon in seiner Dissertation das heute nach ihm benannte Brandstettersche Gesetz (siehe unten). Zudem verfasste er in jüngeren Jahren unter dem Pseudonym Rämmert vom Mösli einige Luzerner Mundarterzählungen. Ab 1891 entstanden seine Forschungsarbeiten zu den austronesischen Sprachen und dabei im Speziellen das Verhältnis zwischen Wort und Wurzel.
Insgesamt publizierte Brandstetter zwischen 1883 und 1920 über dreissig Untersuchungen zur schweizerischen Sprache, Theatergeschichte und Volkskunde[2] sowie zwischen 1886 und 1940 rund fünfzig Untersuchungen zur Sprache und Literatur austronesischer Sprachen. Eine grosse Auswahl seiner Werke kann man im Haus zum Dolder einsehen, und die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern besitzt die Bibliothek Brandstetters.
Leistung
Im Bereich der schweizerdeutschen Dialektologie, der Beschreibung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Luzerner Kanzleisprache sowie der Ablösung der regionalen Kanzleisprache durch die gemeindeutsche Schriftsprache hat Brandstetter Grundlegendes geleistet und bis heute Gültiges geschaffen. Auch seine Forschungen zur Luzerner Theatergeschichte müssen als Pioniertat eingestuft werden. Brandstetters methodisches Vorgehen sowohl in den dialektologischen wie philologischen Arbeiten war in vielerlei Hinsicht geradezu modern.
Im Bereich der allgemeinen Sprachwissenschaft war Brandstetter unterschiedlich erfolgreich. Sein Blick auf die «architektonische Sprachverwandtschaft», also auf die strukturellen Ähnlichkeiten nicht verwandter Sprachen, war für die damalige Zeit innovativ. Seine malayo-polynesischen Untersuchungen bildeten eine Grundlage für Otto Dempwolffs 1934 erschienene «Vergleichende Lautlehre des indonesischen Wortschatzes». Umgekehrt befremdet sein (später) Versuch, das Indonesische als mit dem Indogermanischen verwandt zu erweisen. Brandstetters Bedeutung für die austronesische Linguistik wurde ab 1900 international anerkannt, jedoch fehlte ihm als Privatgelehrter ein universitäres Umfeld, um seine Forschung angemessen zur Geltung bringen zu können. Gegen Ende seines Lebens musste er erkennen, dass nicht er, sondern Otto Dempwolff als Begründer der vergleichenden Lautlehre des austronesischen Wortschatzes anerkannt wird.
Brandstetters Arbeiten zeugen vielfach von einer humanistischen Grundüberzeugung. Sie enthalten auch deutliche Stellungnahmen gegen den Kolonialismus, nicht zuletzt in seiner Verwendung des Begriffs «Indonesien» statt des damals üblichen «Niederländisch-Indien».[3]
Brandstettersches Gesetz
Das unter anderem im Schweizerdeutschen wirksame Brandstettersche Gesetz besagt, dass in zusammengesetzten Wörtern die Vokalquantität des Bestimmungswortes (sofern sie historisch lang ist) gekürzt und der postvokalische Konsonant des Bestimmungswortes lenisiert wird. Beispiele sind Grooss+mueter > Grosmueter (Grossmutter), Braat-/Broot+wurst > Brad-/Brodwurst (Bratwurst), Schue+macher > Schumacher (Schuhmacher), Stadt+raat/-root > Stadraat/-root. Die Gültigkeit dieser Lautregel schwankt allerdings von Lexem zu Lexem und Dialekt zu Dialekt.
Ehrungen
1913 Ehrenbürger von Luzern
1921 Ehrendoktorat der Universität Genf
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