Das Autochromverfahren
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Das Autochromverfahren
Als Autochromverfahren bezeichnet man ein frühes Verfahren zur Fertigung farbiger Fotografien in Form eines Diapositivs. Es wurde 1904 von den Gebrüdern Auguste und Louis Lumière in Lyon entwickelt. Mit dem auf Farbrasterung basierenden Verfahren war es erstmals möglich, ein Farbbild mit einer einzigen Aufnahme zu erzeugen. Voraussetzung für die sehr realistische Farbwiedergabe durch die Autochromes war die vorausgegangene Entwicklung panchromatischer Emulsionen, also lichtempfindlicher Substanzen, die alle Farben des Farbspektrums gleichmäßig wiedergeben. Allerdings war die Belichtungszeit für eine Aufnahme sehr lang.
Stockholms stadshus im Bau, Autochrom von Gustaf W. Cronquist aus dem Jahr 1921.
Technisches Verfahren
Autochromplatten wurden erstmals 1907 verkauft und arbeiteten nach dem sog. Kornrasterverfahren.
Verkaufsverpackung der Plaques Autochromes Lumière von Lumière et Jougla (nach dem 1. April 1911[1])
Zur Herstellung der Autochromplatten nach dem Verfahren der Brüder Lumière brachte man mit einem Dachshaarpinsel auf eine mit Kleber überzogene Glasplatte eine extrem dünne Schicht aus orangerot, grün und violett eingefärbten Kartoffelstärkekörnchen mit einem Durchmesser von zirka 15 µm bis 20 µm auf. Die Körnchen waren so gemischt, dass keine der drei Farben hervortrat und wurden so aufgetragen, dass die Schicht nur ein Korn dick war. Um den Durchtritt weißen Lichtes zu verhindern, füllte man die aufgrund der ovalen Kornform auftretenden Zwischenräume mit pulverisierter Holzkohle.
Die Stärkekörnchen-Schicht wurde mit einem Firnis mit kleinerem Brechungsindex abgedeckt und anschließend als lichtempfindliche Schicht eine panchromatische Silberbromid-Gelatine-Emulsion aufgebracht.
Schema der als Kornraster dienenden Schicht aus farbigen Stärkekörnchen einer Autochromplatte
Die Belichtung der Platte in der Kamera erfolgte von der unbeschichteten Seite der Glasplatte aus, also durch die farbigen Stärkekörnchen hindurch. Damit erhielten die hinter einem violetten Stärkekörnchen liegenden Silberbromid-Kristalle nur violettes Licht. Bei der anschließenden Entwicklung schwärzten sie sich folglich nur entsprechend dem Violettanteil des Lichtes an der betreffenden Stelle. Analoges gilt für die hinter orangerot bzw. grünen Stärkekörnchen liegende Kristalle.
Die belichtete Platte wurde in einem konventionellen Schwarzweiß-Prozess entwickelt. Betrachtete man sie anschließend in weißem Licht, sah man ein Farbnegativ: Wo das Original einen hohen Violettanteil besaß, hatten sich die hinter den violetten Stärkekörnchen liegenden Silberbromidkristalle stark geschwärzt. Durch das nach wie vor vorhandene violette Stärkekörnchen konnte damit kaum noch Licht durchtreten. Für die anderen beiden Farben gilt entsprechendes.
Um ein farbrichtiges Bild zu erhalten musste die Autochromplatte folglich auf eine weitere Autochromplatte umkopiert werden. Das heißt, mithilfe des Farbnegativs wurde eine weitere Autochromplatte belichtet und wiederum entwickelt. Durch die zweimalige Umkehrung entstand so ein farbrichtiges Positiv.
Der Farbeindruck im Auge resultierte in allen Fällen bei ausreichendem Betrachtungsabstand wie bei Farbbildschirmen oder pointillistischen Gemälden aus der additiven Farbmischung der nebeneinanderliegenden unterschiedlich farbigen Bildpunkte. [2]
Anstelle des Umkopierens war auch eine Umkehrentwicklung möglich, die in einem Arbeitsgang gleich ein Diapostiv lieferte.[3][4]
Bei dem später (1916) an den Markt gebrachten Autochrommaterial der Firma Agfa („AGFA-Farbenplatte“) dienten als Farbraster keine Kartoffelstärkekörnchen, sondern feinste Farbtröpfchen. Das AGFA-Verfahren hatte, da die Tröpfchen unmittelbar aneinanderstießen, den Vorteil, dass keine Lücken zwischen den Farbpartikeln mit Kohlestaub maskiert werden mussten. Die AGFA-Farbenplatte wirkte daher etwas heller und transparenter als die Autochromplatte der Brüder Lumière. Bei der 1923 erschienenen sogenannten „Neuen AGFA-Farbenplatte“ konnte die Empfindlichkeit gesteigert werden, aufgrund einer dünneren Farbtröpfchenschicht wirkten die mit ihr aufgenommenen Bilder brillanter bei zugleich verbesserter Farbwiedergabe.[5][6]
Verbreitung und minderwertigere Konkurrenzverfahren
Die Gebrüder Lumière stellten das Autochromverfahren am 10. Juni 1907 im Photo-Club de Paris der Öffentlichkeit vor. Zu dieser Zeit hielten sich Alfred Stieglitz und Edward Steichen in Paris auf, letzterer war bei der Präsentation zugegen.[7] Steichen, Stieglitz, Frank Eugene und Heinrich Kühn erprobten das neue Verfahren noch im Sommer 1907 intensiv während eines Aufenthalts in Tutzing, Bayern. Erste Ergebnisse wurden von Stieglitz nach Rückkehr in die USA in seiner Galerie bereits im September 1907 der Öffentlichkeit vorgestellt. Aber auch weitere anerkannte Fotografen wie Nicola Perscheid oder Emma Barton nutzten die neuen Möglichkeiten alsbald intensiv. Schon 1908 wurden erste Autochromes durch Farbdrucke reproduziert, obwohl die Drucktechnik nicht an den optischen Eindruck des projizierten Autochromdias heranreichen kann.[8] Einzelne positive Papierkopien konnten mit Utopapier, Askandruck oder nach Anfertigung von einfarbigen Teilnegativen auch dreifarbigem Bromöldruck hergestellt werden.[9][10]
In den 1930er Jahren waren autochrome Diapositive stark verbreitet, und auch schon vor dem Ersten Weltkrieg erfreuten sich mit speziellen tragbaren Holzgestellen anzusehende stereoskopische Autochromes mit plastischer, sprich dreidimensionaler Wiedergabe in natürlichen Farben großer Beliebtheit.
Bereits vor Beginn der 1920er Jahre war auch ein, obgleich extrem selten verwendetes Verfahren entdeckt, bewegte Bilder auf einem flexiblen Autochromfilm festzuhalten, wobei allerdings das farbige Bewegtbild vor 1932, sofern mit Naturfarben arbeitend und nicht von Hand nachkoloriert, hauptsächlich auf die qualitativ unterlegenen, da lediglich zwei Farben verwendenden, aber günstigeren und technisch einfacheren Verfahren Kinemacolor (ab 1908) und dem gleichnamigen Vorgänger (ab 1917) des späteren Kodachrome beschränkt blieb.
Verbreitung und Nachfolgeverfahren
Obschon die Brüder Lumière bereits 1913 täglich über 6.000 Autochromplatten herstellten,[6] konnte das Verfahren sich letztlich nicht auf Dauer und nicht in der breiten Masse durchsetzen. Die Herstellungskosten und damit auch der Anschaffungspreis waren hoch, zudem verlangten die Autochromplatten nach einer sechzig- bis achtzigfach längeren Belichtungszeit als das seinerzeit gebräuchliche Schwarz-Weiß-Trockenplattenmaterial (dieses hatte zunächst maximal 3 ASA nach neuerer Norm (ab 1960), später maximal 6 ASA (Agfa Spezialplatte, ab 1914)).[6][11][12][5]
Es wurde daher recht schnell vom dreifarbigen Agfacolor (ab 1932), im Foto- und Amateurfilmbereich vom 1936 eingeführten dreifarbigen Kodachrome, dessen anfängliche Lichtempfindlichkeit bei 20 ASA[13] lag, im Kino vom Zweifarbfilm Cinecolor (ab 1932, 1948 für drei Farben weiterentwickelt) für billigere Produktionen und dem sich schließlich im professionellen Kino durchsetzenden dreifarbigen Technicolor (hauptsächlich in den USA, ebenfalls ab 1932) oder Agfacolor (Deutschland, ab ca. 1940) verdrängt.
Zwischen 1907 und der Mitte der 1930er Jahre sind rund 20 Millionen Autochromaufnahmen angefertigt worden.
Siehe auch
Kornrasterverfahren
Farbfilm
Sensibilisierung (Fotografie)
Autotypie
Quelle - literatur & einzelnachweise
Stockholms stadshus im Bau, Autochrom von Gustaf W. Cronquist aus dem Jahr 1921.
Technisches Verfahren
Autochromplatten wurden erstmals 1907 verkauft und arbeiteten nach dem sog. Kornrasterverfahren.
Verkaufsverpackung der Plaques Autochromes Lumière von Lumière et Jougla (nach dem 1. April 1911[1])
Zur Herstellung der Autochromplatten nach dem Verfahren der Brüder Lumière brachte man mit einem Dachshaarpinsel auf eine mit Kleber überzogene Glasplatte eine extrem dünne Schicht aus orangerot, grün und violett eingefärbten Kartoffelstärkekörnchen mit einem Durchmesser von zirka 15 µm bis 20 µm auf. Die Körnchen waren so gemischt, dass keine der drei Farben hervortrat und wurden so aufgetragen, dass die Schicht nur ein Korn dick war. Um den Durchtritt weißen Lichtes zu verhindern, füllte man die aufgrund der ovalen Kornform auftretenden Zwischenräume mit pulverisierter Holzkohle.
Die Stärkekörnchen-Schicht wurde mit einem Firnis mit kleinerem Brechungsindex abgedeckt und anschließend als lichtempfindliche Schicht eine panchromatische Silberbromid-Gelatine-Emulsion aufgebracht.
Schema der als Kornraster dienenden Schicht aus farbigen Stärkekörnchen einer Autochromplatte
Die Belichtung der Platte in der Kamera erfolgte von der unbeschichteten Seite der Glasplatte aus, also durch die farbigen Stärkekörnchen hindurch. Damit erhielten die hinter einem violetten Stärkekörnchen liegenden Silberbromid-Kristalle nur violettes Licht. Bei der anschließenden Entwicklung schwärzten sie sich folglich nur entsprechend dem Violettanteil des Lichtes an der betreffenden Stelle. Analoges gilt für die hinter orangerot bzw. grünen Stärkekörnchen liegende Kristalle.
Die belichtete Platte wurde in einem konventionellen Schwarzweiß-Prozess entwickelt. Betrachtete man sie anschließend in weißem Licht, sah man ein Farbnegativ: Wo das Original einen hohen Violettanteil besaß, hatten sich die hinter den violetten Stärkekörnchen liegenden Silberbromidkristalle stark geschwärzt. Durch das nach wie vor vorhandene violette Stärkekörnchen konnte damit kaum noch Licht durchtreten. Für die anderen beiden Farben gilt entsprechendes.
Um ein farbrichtiges Bild zu erhalten musste die Autochromplatte folglich auf eine weitere Autochromplatte umkopiert werden. Das heißt, mithilfe des Farbnegativs wurde eine weitere Autochromplatte belichtet und wiederum entwickelt. Durch die zweimalige Umkehrung entstand so ein farbrichtiges Positiv.
Der Farbeindruck im Auge resultierte in allen Fällen bei ausreichendem Betrachtungsabstand wie bei Farbbildschirmen oder pointillistischen Gemälden aus der additiven Farbmischung der nebeneinanderliegenden unterschiedlich farbigen Bildpunkte. [2]
Anstelle des Umkopierens war auch eine Umkehrentwicklung möglich, die in einem Arbeitsgang gleich ein Diapostiv lieferte.[3][4]
Bei dem später (1916) an den Markt gebrachten Autochrommaterial der Firma Agfa („AGFA-Farbenplatte“) dienten als Farbraster keine Kartoffelstärkekörnchen, sondern feinste Farbtröpfchen. Das AGFA-Verfahren hatte, da die Tröpfchen unmittelbar aneinanderstießen, den Vorteil, dass keine Lücken zwischen den Farbpartikeln mit Kohlestaub maskiert werden mussten. Die AGFA-Farbenplatte wirkte daher etwas heller und transparenter als die Autochromplatte der Brüder Lumière. Bei der 1923 erschienenen sogenannten „Neuen AGFA-Farbenplatte“ konnte die Empfindlichkeit gesteigert werden, aufgrund einer dünneren Farbtröpfchenschicht wirkten die mit ihr aufgenommenen Bilder brillanter bei zugleich verbesserter Farbwiedergabe.[5][6]
Verbreitung und minderwertigere Konkurrenzverfahren
Die Gebrüder Lumière stellten das Autochromverfahren am 10. Juni 1907 im Photo-Club de Paris der Öffentlichkeit vor. Zu dieser Zeit hielten sich Alfred Stieglitz und Edward Steichen in Paris auf, letzterer war bei der Präsentation zugegen.[7] Steichen, Stieglitz, Frank Eugene und Heinrich Kühn erprobten das neue Verfahren noch im Sommer 1907 intensiv während eines Aufenthalts in Tutzing, Bayern. Erste Ergebnisse wurden von Stieglitz nach Rückkehr in die USA in seiner Galerie bereits im September 1907 der Öffentlichkeit vorgestellt. Aber auch weitere anerkannte Fotografen wie Nicola Perscheid oder Emma Barton nutzten die neuen Möglichkeiten alsbald intensiv. Schon 1908 wurden erste Autochromes durch Farbdrucke reproduziert, obwohl die Drucktechnik nicht an den optischen Eindruck des projizierten Autochromdias heranreichen kann.[8] Einzelne positive Papierkopien konnten mit Utopapier, Askandruck oder nach Anfertigung von einfarbigen Teilnegativen auch dreifarbigem Bromöldruck hergestellt werden.[9][10]
In den 1930er Jahren waren autochrome Diapositive stark verbreitet, und auch schon vor dem Ersten Weltkrieg erfreuten sich mit speziellen tragbaren Holzgestellen anzusehende stereoskopische Autochromes mit plastischer, sprich dreidimensionaler Wiedergabe in natürlichen Farben großer Beliebtheit.
Bereits vor Beginn der 1920er Jahre war auch ein, obgleich extrem selten verwendetes Verfahren entdeckt, bewegte Bilder auf einem flexiblen Autochromfilm festzuhalten, wobei allerdings das farbige Bewegtbild vor 1932, sofern mit Naturfarben arbeitend und nicht von Hand nachkoloriert, hauptsächlich auf die qualitativ unterlegenen, da lediglich zwei Farben verwendenden, aber günstigeren und technisch einfacheren Verfahren Kinemacolor (ab 1908) und dem gleichnamigen Vorgänger (ab 1917) des späteren Kodachrome beschränkt blieb.
Verbreitung und Nachfolgeverfahren
Obschon die Brüder Lumière bereits 1913 täglich über 6.000 Autochromplatten herstellten,[6] konnte das Verfahren sich letztlich nicht auf Dauer und nicht in der breiten Masse durchsetzen. Die Herstellungskosten und damit auch der Anschaffungspreis waren hoch, zudem verlangten die Autochromplatten nach einer sechzig- bis achtzigfach längeren Belichtungszeit als das seinerzeit gebräuchliche Schwarz-Weiß-Trockenplattenmaterial (dieses hatte zunächst maximal 3 ASA nach neuerer Norm (ab 1960), später maximal 6 ASA (Agfa Spezialplatte, ab 1914)).[6][11][12][5]
Es wurde daher recht schnell vom dreifarbigen Agfacolor (ab 1932), im Foto- und Amateurfilmbereich vom 1936 eingeführten dreifarbigen Kodachrome, dessen anfängliche Lichtempfindlichkeit bei 20 ASA[13] lag, im Kino vom Zweifarbfilm Cinecolor (ab 1932, 1948 für drei Farben weiterentwickelt) für billigere Produktionen und dem sich schließlich im professionellen Kino durchsetzenden dreifarbigen Technicolor (hauptsächlich in den USA, ebenfalls ab 1932) oder Agfacolor (Deutschland, ab ca. 1940) verdrängt.
Zwischen 1907 und der Mitte der 1930er Jahre sind rund 20 Millionen Autochromaufnahmen angefertigt worden.
Siehe auch
Kornrasterverfahren
Farbfilm
Sensibilisierung (Fotografie)
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