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Ökologie von rechts

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Beitrag  Luziefer-bs1 Di Jul 19, 2011 10:01 pm

Oliver Geden

Die Betrachtung der über einhundertjährigen Geschichte sowohl der wissenschaftlichen als auch der politischen Ökologie zeigt deutlich, daß die Ökologie zu keinem Zeitpunkt wertfrei betrieben wurde, daß die politisch-philosophischen Hauptströmungen ihrer Zeit einen starken Einfluß auf die jeweilige Interpretation des Mensch-Natur-Verhältnisses ausübten.

Bis in die 50er beziehungsweise 70er Jahre bewegte sich die Ökologie auf einem eindeutig rechten Kurs.1 Erst als sich vor gut 25 Jahren auch die Linke der "ökologischen Frage" annahm, konnte die Hegemonie der konservativen und rechtsextremen Ökologen vorübergehend gebrochen werden. Doch spätestens seit Mitte/Ende der 80er Jahre hat sich in Deutschland das Kräfteverhältnis zwischen emanzipatorischen und antiemanzipatorischen Ökologiekonzeptionen wieder grundlegend zu wandeln begonnen, quer durch alle Teile der Umweltbewegung. Heute ist die Verbindung der ökologischen Frage mit Forderungen nach einem Einwanderungsstopp, nach weltweiten Militäreinsätzen oder einem starken Staat bis hin zur Diktatur nicht mehr nur am rechten Rand des politischen Spektrums zu finden, sondern rückt, unterstützt durch entsprechende umweltpolitische Strategien der bürgerlichen Parteien, mehr und mehr in die Mitte von Umweltbewegung und etablierter Umweltpolitik.

Deshalb soll es im folgenden nicht primär darum gehen, bestimmte Personen und Organisationen als rechtsextrem zu "outen", sondern zunächst anhand einzelner Argumentationsstränge aufzuzeigen, wie rechtes Gedankengut im ökologischen Kontext verpackt und verbreitet wird.

Ein ausgeprägter Biologismus stellt die Basisideologie rechter Ökologiekonzeptionen dar. Wenn die konsequente Berücksichtigung ökologischer Fragestellungen in Politik und Alltag ein anstrebenswertes Ziel oder gar eine überlebensnotwendige Forderung sein soll, dann scheint es für viele Umweltschützer naheliegend, "natürliche" Gesetzmäßigkeiten zum Maßstab für menschliches Sozialverhalten zu machen.

Der biologistische Ansatz leitet seine Berechtigung aus zwei Grundannahmen ab. Zum einen reduziert er die Menschheit auf eine mehr oder weniger intelligente Tiergattung, deren Existenz somit hauptsächlich durch naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten bestimmt sei. Der andere Legitimationsschritt folgt aus der Annahme, Biologie und Ökologie verfügten über das Wissen um ewiggültige Naturgesetze, die sie auf wissenschaftlich-wertfreie Weise ermittelt hätten.

Mit Begriffen wie "Konkurrenz" oder "Kooperation" werden im ersten Schritt soziale Phänomene aus menschlichen Gesellschaften auf das Tierreich projiziert, die dann im zweiten Schritt als quasi naturgesetzliche Verhaltensnormen für den Menschen zurückübertragen werden. Ausgangspunkt der Beweiskette ist also nicht ein objektiv beschriebener Vorgang in der Natur, sondern eine Interpretation der Natur in politisch-philosophischer Hinsicht. Dies liest sich dann in Wolfgang Tischlers Einführung in die Ökologie folgendermaßen: "Die Bedeutung der Raubtiere liegt allerdings ... in ihrer Rolle als ,Gesundheitspolizei`, die vor allem kranke und geschwächte Tiere jagt."2

Tischler kann hier den eindeutig sozial bestimmten, in den Naturwissenschaften gar nicht sinvoll anwendbaren Begriff "Gesundheitspolizei" nur einführen, weil er bereits eine reaktionäre Vorstellung davon hat, was denn die Aufgabe einer in der Realität gar nicht vorhandenen "Gesundheitspolizei" sein soll - die Eliminierung der Kranken und Schwachen! Nicht die Gesundheitsgefährdung etwa durch bestimmte industrielle Produktionsprozesse und Produkte soll gestoppt werden, vielmehr sollen die Betroffenen selbst beseitigt werden. Läge der Aspekt auf der Bekämpfung der Gesundheitsgefährdung, so würde der Vergleich mit der Natur auch überhaupt keinen Sinn ergeben. Mit der Übertragung einer menschenverachtenden Interpretation einer "Gesundheitspolizei" auf Raubtiere wird letztlich die Anwendung sozialdarwinistischer Prinzipien in der menschlichen Gesellschaft propagiert, auch wenn sich der Ökologieprofessor Tischler selbst vor einer Rückübertragung hütet.

Auf der Basis eines biologistischen Welt- und Menschenbildes läßt sich auch vortrefflich gegen alles vermeintlich "Unnatürliche" argumentieren, können etwa Ausländer als ökologisches Problem definiert werden. So heißt es in der ersten Fassung des "Heidelberger Manifests" von 1981: "Völker sind (biologisch und kybernetisch) lebende Systeme höherer Ordnung mit voneinander verschiedenen Systemeigenschaften, die genetisch und durch Traditionen weitergegeben werden. Die Integration großer Massen nicht-deutscher Ausländer ist daher bei gleichzeitiger Erhaltung unseres Volkes nicht möglich und führt zu den bekannten ethnischen Katastrophen multikultureller Gesellschaften. ... Die Rückkehr der Ausländer in ihre angestammte Heimat wird für die Bundesrepublik als eines der am dichtesten besiedelten Länder nicht nur gesellschaftliche, sondern auch ökologische Entlastung bringen."3

Geradewegs zum rechtsökologischen "Renner" hat sich speziell die Verknüpfung von Ressourcenverbrauch und Ausländerpolitik entwickelt. Zu Beginn der achtziger Jahre blieb es noch, einmal abgesehen von den Autoren des "Heidelberger Manifests", Zeitschriften wie der neofaschistischen Nation Europa vorbehalten, derartige Thesen zu präsentieren. Holger Schleip, Funktionär der völkisch-rassistischen "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft" publizierte dort 1983 einen Klassiker des Ökorassismus. Schleip konzentriert sich auf die Energiepolitik, wenn er schreibt: "Geographisch handelt es sich bei der neuen Völkerwanderung meistens um eine Wanderung aus wärmeren Ländern in kühlere Länder. ... Je mehr Menschen in die kühleren Länder ziehen, desto mehr Energie wird für Heizung benötigt. ... Die Umweltbelastung wird größer, etwa bei direkter Heizung mit Öl oder Kohle durch den ,sauren Regen` oder bei elektrischer Heizung durch die Emissionen der Kohlekraftwerke oder durch die schwer abschätzbaren Risiken der Atomkraftwerke. ... Während wir Deutschen durch Kontakt mit sehr viel ärmeren Ausländern uns nicht im geringsten veranlaßt sehen, unseren Lebensstil in Frage zu stellen, nehmen die in Deutschland lebenden Ausländer unser Konsumverhalten so schnell wie möglich an. ... Ein Wachstum der Ansprüche der ausländischen Minderheit in Deutschland ist geradezu vorprogrammiert."4

Spätestens mit der Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre aufflammenden Diskussion um die spätere De-facto-Abschaffung des Grundrechts auf Asyl müssen ökologische Begründungen auch in den etablierten Parteien und Umweltverbänden, in der Justiz und in den Ausländerbehörden dafür herhalten, Stimmung gegen Immigranten zu machen. Neben dem erhöhten Energiebedarf wird nun vor allem der zunehmende Flächenverbrauch zum rechtsökologischen Hauptargument, etwa im Falle der Wiesbadener Ausländerbehörde, die einem Iraner die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung verweigerte, weil "die hohe Bevölkerungsdichte in der BRD und die hieraus resultierenden Umweltbelastungen (es gebieten), den Zuzug von Ausländern zu begrenzen."5 Wenn auch der ehemalige bayerische Umweltminister Peter Gauweiler argumentiert: "Wer unser ohnehin dichtbesiedeltes Land zum Einwanderungsland machen will, gibt das umweltpolitische Ziel, den Flächenverbrauch zu begrenzen, auf", und der langjährige Fraktionsvorsitzende der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Friedhelm Farthmann, ihm in einem taz-Interview darin ausdrücklich zustimmt,6 zeigt dies die enorme Popularität, die die Betrachtung von AusländerInnen als bedeutendem "Umweltproblem" mittlerweile erlangt hat.

Die in der Umweltbewegung am häufigsten anzutreffende rechtsökologische Argumentation ist die von der Notwendigkeit eines "starken Staates" zur Durchsetzung konsequenter ökologischer Politik. Im Vordergrund derartiger Argumentationsstränge steht zumeist die apokalyptische Furcht vor dem Zusammenbruch der globalen Ökosysteme.

In einem 1992 zur UNCED-Konferenz erschienenen Artikel in der Jungen Freiheit stellt Wolfgang Venohr von der ÖDP-Rechtsabspaltung "Unabhängige Ökologen Deutschlands" (UÖD) die Entwicklung hin zur Ökodiktatur gar als unvermeidlich dar, denn binnen zehn Jahren würden zahllose Ökokatastrophen über die Erde hereinbrechen. Er sieht die Ökodiktatur nicht erst, wie sonst meist in der öko-autoritären Debatte, als letztes Mittel zur Verhinderung von Katastrophen, sondern bereits jetzt schon als logische Folge des von den Menschen verursachten Öko-Notstands: "Vom Jahre 2002 an treten wir in einen (permanenten) Ausnahmezustand ein! Und zu Zeiten des Ausnahmezustandes ist die Demokratie, sind die Rechte des einzelnen bekanntlich außer Kraft gesetzt. ... Wenn es um das Überleben der Völker, ja ganzer Regionen und Kontinente geht, werden Demokratie und Individualismus keine Rolle mehr spielen. Ja, da sie für das Gemeinwohl direkt schädlich sind, wird man sie abschaffen oder verbieten müssen. Wenn ganze Völker von Überschwemmungen oder vom Verdursten, von Massenvergiftungen oder Massenepidemien bedroht sind, kann man weder nach dem Interesse der einzelnen fragen noch hat man Zeit, parteipolitische Beratungsgremien diskutieren zu lassen. Der nationale Notstand ist vielmehr auszurufen, und an die Stelle der parlamentarischen Demokratie tritt die Öko-Diktatur."7

Solche Hardliner-Visionen richten sich bislang lediglich an ein relativ eingeschränktes Publikum am rechten Rand. Doch auch bei prominenten Umweltschützern wie Rudolf Bahro und Herbert Gruhl finden sich ähnliche Positionen. Derlei offene Worte stoßen in großen Teilen von Umweltbewegung, etablierten Parteien und Öffentlichkeit noch nicht auf Wohlwollen. Zwar macht auch hier ab und an das Gerede vom letzten Mittel Ökodiktatur die Runde, im wesentlichen will man den Boden der parlamentarischen Demokratie aber nicht verlassen. Institutionelle Nachbesserungen der Verfassung stehen bislang im Vordergrund der Debatte.

Den Startschuß für diese Debatte gab 1995 der Biochemiker und Kandidat von Bündnis90/Die Grünen für das Bundespräsidentenamt, Jens Reich. In einem Spiegel-Interview8 leitet er aus der Sorge um einen in der Zukunft angeblich schlagartig auftretenden ökologischen Kollaps die Forderung nach einer grundlegenden Veränderung der demokratischen Strukturen ab: "Ich bin vehement dafür, daß man ein Instrument schafft, das so laut befehlen kann, daß die Politik endlich aufwacht. ... Wir brauchen neben dem Deutschen Bundestag einen Ökologischen Rat .... Dieser Rat müßte Gesetzesinitiativen im Bundestag starten und der Regierung Beschlußinitiativen vorlegen dürfen, er müßte ein Vetorecht besitzen und auch in der Lage sein, Gebote und Verbote auszusprechen."

Dieser Rat soll nach Reichs Ansicht zwar ebenfalls von der Bevölkerung gewählt werden, allerdings nur alle zehn bis fünfzehn Jahre. Obwohl sich Reich damit noch im demokratisch-parlamentarischen Rahmen bewegt, antwortet er auf den Einwurf des Interviewers "Ihr Motto lautet offenbar ,Mehr Diktatur wagen?`" mit einem offensiven "Ja. Es gibt Dinge, die muß man mit einem Klaps auf den Hinterkopf durchsetzen."

Reichs Vorschlag löste einen heftigen, aber nur kurzen Sturm der Entrüstung in der Umweltbewegung aus. Mittelfristig meldeten sich zunehmend Anhänger des Modells "Ökologischer Rat" zu Wort. Der Bündnisgrüne Hartwig Berger, mittlerweile Vorsitzender des Umweltausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, forderte vor der Wahl im Oktober 1995 die Einrichtung eines ökologischen Rats in Berlin.9 In der Wuppertal-Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" findet sich diese Forderung, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Rudolf Bahro und Jens Reich, ebenfalls.10 Auch der deutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen griff das Modell auf, nicht anders als der vom renommierten Umweltökonomen Hans-Christoph Binswanger gegründete "Arbeitskreis Europäische Umweltunion."11

Werden Öko-Räte von ihren Befürwortern zumeist als notwendige Nachbesserung des demokratischen Systems präsentiert, so ist ihre mangelnde demokratische Legitimation doch kaum zu übersehen. Einmal gewählt, sind auch die Mitglieder des Ökologischen Rats nur ihrem Gewissen verantwortlich, aber eben über einen weitaus längeren Zeitraum hinweg, als es Parlamentarier jetzt schon sind. Anstatt sich für erweiterte Partizipationsmöglichkeiten aller Bevölkerungsschichten einzutreten, setzen Befürworter des Ökologischen Rats auf eine demokratisch fragwürdige "Expertokratie".

Rechte Ideologiebausteine lassen sich immer wieder in den großen Umweltverbänden finden, nicht zuletzt im BUND. So wurde auf der Ebene des Gesamtverbands Anfang der 90er Jahre kontrovers über die Verknüpfung von Umweltschutz und Asylrecht diskutiert, mehrheitsfähig sind rechtsökologische Konzepte sowie Kontakte zu explizit rechtsextremen Organisationen allerdings nicht. Sie finden sich bei einzelnen Aktivisten oder Verbandsuntergliederungen.12 Wenn etwa in der rheinhessischen Kleinstadt Osthofen eine rege Zusammenarbeit zwischen der lokalen BUND-Gruppe und der rechtsextremen "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft" besteht oder wenn die Ortsgruppe Kirchheim/Teck in einem Stadtentwicklungskonzept aus dem Jahre 1992 detailliert ausländerrechtliche Restriktionsmöglichkeiten einfordert, so ist ein Auftreten solcher Phänomene aufgrund der Größe des Verbandes schwerlich zu vermeiden. Weitaus erschreckender ist die Tatsache, daß sich sowohl rechtsökologische Stereotype als auch aktives Engagement im rechtsextremen Lager bis in die Verbandsspitzen finden lassen.

Im Bundesarbeitskreis Gesundheit etwa wird dem Abbau des Sozialstaats mit einem biologistischen Gesellschaftsverständnis Vorschub geleistet. Der damalige Leiter des baden-württembergischen Arbeitskreises "Wirtschaft und Finanzen", Reiner Bischoff, veröffentlicht beim Holocaust-Leugner E. G. Kögel eine Broschüre mit dem Titel Geld und Asyl, in der er hemmungslos gegen Zuwanderer hetzt, weil sie nicht in sein Konzept "Naturschutz gleich Völkerschutz" passen. Der seit 1983 amtierende Bundesvorsitzende Hubert Weinzierl fällt immer wieder durch seinen menschenverachtenden Sprachgebrauch im Zusammenhang mit dem Bevölkerungswachstum auf, bezieht sich zudem ausdrücklich auf die rechtskonservativen Vordenker der Natur- und Heimatschutzbewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die problematischste Figur innerhalb des Verbands ist der renommierte Professor für Landespflege, Konrad Buchwald. Der langjährige BUND-Landesvorsitzende in Niedersachsen (1983-91) war gleichzeitig auch in rechtsextremen Organisationen wie dem "Verein für das Deutschtum im Ausland" oder den "Weißen" in führender Position tätig, publizierte in nationalrevolutionären Publikationen wie Wir selbst oder Neue Zeit. Buchwald, der nach wie vor für den BUND auftritt, bewegt sich politisch mittlerweile im Umfeld der neurechten UÖD.

Sicherlich bietet die Neue Rechte Buchwald einen überaus geeigneten Rahmen, um seine Ansichten unverhohlen publizieren zu können, etwa zur Frage "volksdeutscher" Minderheiten in Osteuropa und Südtirol. Allerdings sollte man nicht dem Irrglauben verfallen, der Landschaftspfleger und Naturschützer Buchwald habe nichts mit dem "politischen" Buchwald gemein. Die von ihm eingeforderte Orientierung menschlicher Gesellschaften an ökologischen Belangen ist keineswegs unpolitisch, denn sie soll ausdrücklich nicht der Emanzipation des Menschen dienen oder sie zur Folge haben.

Buchwald grenzt seine Vorstellungen einer ökologischen Politik ausdrücklich gegen den in der Rechten so verhaßten Liberalismus ab und betont statt dessen ihren konservativen Charakter: "Freiheit heißt, mit anderen Worten, sein Leben in eigener Verantwortung führen zu können. Freiheit kann aber immer nur eine relative sein, das heißt sich innerhalb von Grenzen bewegen, die ethische Normen setzen. Diese Grenzen werden in liberalen Phasen der Völker geweitet, in konservativen Phasen enger gezogen sein. Krisen und Notzeiten verlangen Einschränkungen der Freiheit. ... Wenn Ökologie die Lehre von den Bindungen in einer Lebensgemeinschaft und von deren Abhängigkeit von ihrer Umwelt ist, so muß Freiheit in einer ökologisch orientierten Gesellschaft etwas konträr anderes sein als in der liberalen Phase."13

Das Beispiel Konrad Buchwalds zeigt deutlich, wie fließend die Grenzen von ökologischem zu rechtem Gedankengut sein können, wie weit sich rechtsökologische Ideologiebausteine innerhalb der Umweltbewegung verbreiten lassen. Soll die derzeit steigende Attraktivität rechter Ökologiekonzeptionen gestoppt werden, so müßte sich die Umweltbewegung zunächst einmal auf die schmerzhafte Diskussion einlassen, welche Bedeutung rechtskonservative Deutungsmuster in den eigenen Reihen mittlerweile wieder haben. Neben der politischen Isolierung eindeutig "brauner Schafe" wäre es unabdingbar, die weitgehende Fixierung auf den "ökologischen Nutzen" aufzugeben. Nicht das "Überleben um jeden Preis" darf das politsche Ziel der Umweltbewegung sein, sondern die Errichtung einer lebenswerten Gesellschaft, bei deren Verwirklichung die Lösung der sozialen Frage mit der Bewältigung der ökologischen Krise eng verbunden ist. Reine Luft und klares Wasser dürfen nicht wichtiger sein als politische, soziale und ökonomische Menschenrechte.

1 Zur Geschichte der Umweltbewegung vgl.: Ulrich Linse, Ökopax und Anarchie. Eine Geschichte der ökologischen Bewegungen in Deutschland, München 1986; zur Geschichte der wissenschaftlichen Ökologie vgl.: Ludwig Trepl, Geschichte der Ökologie vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Frankfurt/M. 1994 (2. Aufl.).

2 Wolfgang Tischler, Einführung in die Ökologie, Stuttgart/New York, S. 220.

3 Heidelberger Manifest; in: Die Grünen, Zwischenbericht der Kommission "Rechtsextreme Unterwanderung der Grünen und nahestehender Vereinigungen" der Grünen Baden-Württemberg, Stuttgart 1982, S. D56.

4 Holger Schleip, Ökologie und Ausländereinwanderung; in: Nation Europa, 8/83, S. 47 f.

5 taz vom 7.5.93.

6 Vgl. taz vom 7.5.93.

7 Wolfgang Venohr, Der Ökostaat kommt bestimmt; in: Junge Freiheit, 5/92, S. 23.

8 Alle folgenden Zitate entstammen dem Interview mit Reich in: Spiegel, 14/95, S. 42 ff.

9 Hartwig Berger, Umwelträte in der Politik; in: Kommune, 9/95, S. 25-29.

10 BUND/Misereor, Zukunftsfähiges Deutschland, Basel 1996, S. 379 f.

11 Vgl. Sascha Müller-Kraenner, Geteilte Meinung; in: Politische Ökologie, 47, S. 10 f.

12 Zu rechten ÖkologInnen im BUND bzw. BN vgl.: Oliver Geden, Rechte Ökologie. Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, Berlin 1996, S. 186-212.

13 Konrad Buchwald, Ökosystemlehre und Mensch-Umwelt-Verhältnis - Wandlungen und Projektionen in die Zukunft. In: Calließ/Rüsen/Striegnitz (Hg.): Mensch und Umwelt in der Geschichte, Pfaffenweiler 1989, S. 23.

Entspannt in die Barbarei?
Daß zwischen spirituellen Strömungen und dem Rechtsextremismus starke inhaltliche und organisatorische Zusammenhänge bestanden und bis heute bestehen, wird im deutschen Sprachraum erst seit Ende der achtziger Jahre verstärkt diskutiert. War dies zunächst nur den Arbeiten der spirituell inspirierten Historiker Gugenberger/Schweidlenka zu verdanken, so nahm sich in den Neunzigern schließlich auch die Linke dieses Problems an, wesentlich gefördert durch die Publikationen von Peter Kratz - und eben Jutta Ditfurth.

"Faschismus kommt theoretisch ohne Esoterik aus, aber esoterische Ideologie enthält eine Vielzahl von Elementen, die mit faschistischer Ideologie kompatibel sind. [...] so, wie sich die Bundesrepublik heute darstellt, ist es schwer vorstellbar, daß eine faschistische Herrschaft auf die esoterische Vorarbeit in Gestalt von einigen Dutzend Millionen Menschen verzichtet. Sie würden vermutlich ein Teil ihrer Massenbasis werden", stellt Ditfurth in ihrem neuesten Buch gleich einleitend fest. Diese These versucht sie anschließend jedoch kaum durch eine differenzierte Analyse des esoterischen Lagers zu belegen. Statt dessen greift sie beispielhaft einzelne Personen und Organisationen heraus, untersucht deren ideologische Grundlagen sowie ihre politische Praxis, allerdings in relativ unstrukturierter Form.

Sie nimmt sich des Märchenzentrums Troubadour ebenso an wie des "Ernährungspapstes" Max Otto Bruker. Sie beleuchtet Silvio Gesell und die auf ihn zurückgehende Freiwirtschaftslehre, widmet sich kurz dem Mythos "Dalai-Lama" und analysiert ausführlich die Facetten biozentrischer Ideologie.

Jutta Ditfurth liegt mit ihrer Grundthese sicher nicht falsch, vieles wird von ihr aber zu oberflächlich belegt oder überbewertet. Vor allem die Bezüge zum historischen Faschismus und zur völkischen Bewegung erscheinen bisweilen nicht nachvollziehbar, inhaltliche Verweise auf die einschlägige Literatur fehlen hier fast völlig. Auch die mangelhafte Differenziertheit und die dürftigen Definitionen bei der Einordnung des spirituellen Spektrums fallen negativ auf.

Das umfangreichste Kapitel des Buches ist jedoch zugleich das interessanteste und wertvollste. Es behandelt den im deutschen Sprachraum bisher kaum fundiert kritisierten Biozentrismus. Dieser wird von Ditfurth als die bislang umfassendste Ausprägung des Biologismus verstanden. Der Biozentrismus gliedere sich in mehrere, sich auch überschneidende, Teilbereiche: Tiefenökologie, Bioregionalismus, Erdbefreiung, rechter Veganismus und die Ideologie des Speziezismus.

Ditfurth kritisiert insbesondere die Gleichsetzung von Menschen und Tieren und die daraus resultierende Verachtung legitimer menschlicher Bedürfnisse: "Das Niederträchtige an der biozentrischen Position ist, daß sie vorgibt, die gebeutelte Natur außerhalb des Menschen höher werten zu wollen, in Wirklichkeit aber den Menschen auf das Maß einer Kakerlake niederdrückt."

Die verschiedenen biozentristischen Fraktionen werden von Ditfurth ausführlich vorgestellt, die ökospirituelle Modebewegung "Bioregionalismus" ebenso wie die "ErdbefreierInnen" von Earth First!, die rechte Fraktion der VeganerInnen um Hardline und Frontline nicht anders als "TierrechtlerInnen" wie Animal Peace. Die von diesen Gruppen ausgehende Gefahr sieht Ditfurth nicht zuletzt in der schleichenden Okkupation linker Strukturen: "Das Neuartige ist, daß sich Gruppen, die die Welt objektiv rechts interpretieren und zentrale Elemente eines faschistischen Weltbilds kolportieren ... sich selbst auf verquaste Weise als Weiterentwicklung und Konsequenz des linken, mindestens aber des alternativen Milieus betrachten."

Vor allem aufgrund der Analyse des Biozentrismus ist Entspannt in die Barbarei lesenswert. Aber auch denjenigen, die Esoterik und New Age bislang nur als naive Weltflucht belächeln, dürfte dieses Buch wichtige Erkenntnisse bringen - trotz mangelnder Strukturierung und mancher voreiligen Schlüssen.

Oliver Geeden

Jutta Ditfurth, Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus, Hamburg (Konkret Literatur Verlag) 1996 (224 S., 28,00 DM)

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