Warum manche Röntgenuntersuchung unnütz ist
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Warum manche Röntgenuntersuchung unnütz ist
Jedes Jahr wird jeder Deutsche mindestens einmal von einem Arzt durchleuchtet. Meist ist das sinnvoll, doch manchmal ist der Grund eher finanzieller Natur. Außerdem lassen häufige Aufnahmen bei jungen Menschen das Krebsrisiko steigen.
Mehr als 100 Millionen Röntgenuntersuchungen werden in Deutschland jedes Jahr gemacht. Rein statistisch wird also jeder Deutsche mindestens einmal im Jahr von einem Arzt durchleuchtet. Röntgenbilder und Computertomographien (CT) sind medizinischer Alltag und werden von Patienten nur selten hinterfragt. Kein Wunder, führen die Untersuchungen doch nie zu direkten körperlichen Reaktionen.
"Die kommen eigentlich nur bei sehr hohen Strahlendosen vor", versichert Professor Norbert Hosten von der Deutschen Röntgengesellschaft in Berlin. Strahlenwerte, die zu Hautrötungen oder gar der Zerstörung von Hautgewebe und Haarausfall führen können, seien nur üblich, wenn die Bestrahlung in der Therapie eingesetzt wird. "Bei gewöhnlichen Untersuchungen des Skeletts oder der Zähne ist das nicht zu erwarten."
Gleichwohl können häufige Röntgenuntersuchungen der Zähne dramatische Folgen haben. Eine aktuelle Studie in den USA hat jetzt gezeigt, dass dadurch das Risiko für einen gutartigen Hirntumor steigt. Menschen, die einmal oder mehrmals jährlich beim Zahnarzt geröntgt werden, haben eine dreifach höhere Wahrscheinlichkeit, an einem sogenannten Meningiom zu erkranken.
Frühes Röntgen erhöht Risiko
Bei häufig geröntgten Kindern unter zehn Jahren ist das Risiko sogar bis zu fünffach höher, wie die US-Forscher in einer Studie mit rund 2800 Teilnehmern feststellten. Dentale Röntgenaufnahmen seien klar mit einem erhöhten Risiko für ein Meningiom verbunden – vor allem wenn sie häufig und in einem jungen Alter verabreicht würden.
Das Röntgen beim Zahnarzt sei eine der häufigsten Quellen der Strahlenbelastung für Menschen in den USA und anderen Industrieländern, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Cancer".
"Unseres Wissens nach ist dies die bisher umfangreichste Studie, die den Zusammenhang zwischen dentalen Röntgenaufnahmen und dem Risiko für ein Meningiom untersucht hat", schreiben Elizabeth Claus von der Yale University und ihre Kollegen. Das Ergebnis spreche dafür, dass man zukünftig die Röntgenaufnahmen bei Zahnarztpatienten auf ein absolut notwendiges Mindestmaß beschränken sollte. "Obwohl diese Aufnahmen ein wichtiges Werkzeug der Diagnose sein können, kommt mehr Zurückhaltung den meisten Patienten zugute", sagen die Forscher.
Auf die Form kommt es an
Nach Angaben der Wissenschaftler war bereits seit einiger Zeit bekannt, dass Röntgen- oder radioaktive Strahlung Meningiome auslösen können. Unklar sei aber bisher gewesen, inwieweit gängige Verfahren des Röntgens beim Zahnarzt dazu beitragen. Meningiome entstehen durch eine Entartung von Zellen der Hirnhaut und gelten als häufigste Geschwulsterkrankung im Schädel. Frauen sind von diesen gutartigen Tumoren häufiger betroffen als Männer.
Für ihre Studie hatten die Forscher 1433 Patienten mit einem Meningiom und 1350 gesunde Kontrollpersonen untersucht. Die Patienten hatten zwischen April 2006 und April 2011 ihre Diagnose erhalten und waren zwischen 20 und 79 Jahre alt.
Alle Studienteilnehmer wurden gefragt, wie häufig von ihnen in der Vergangenheit drei verschiedene Formen von Röntgenaufnahmen beim Zahnarzt gemacht worden waren: sogenannte Mundfilme, bei denen der Patient auf ein Stückchen Film beißt, seitliche Aufnahmen des Kiefers sowie die sogenannten Panorex-Aufnahmen. Bei diesen rotiert die Röntgenkanone einmal um den Kopf.
Indirekter Effekt
Teilnehmer, bei denen jährlich oder häufiger eine Mundfilm-Aufnahme gemacht wurde, seien 1,4- bis 1,9-mal häufiger an einem Meningiom erkrankt als selten oder gar nicht geröntgte, berichten die Forscher. Bei Panorex-Aufnahmen sei das Risiko sogar drei- bis fünfmal höher. Eine ähnliche Tendenz habe man für seitliche Aufnahmen gefunden.
Auch Röntgenexperte Norbert Hosten kennt die Gefahren des indirekten Effekts der Strahlen: "Sie können Krebserkrankungen auslösen, und das ist von der Dosis unabhängig." Schon ein einzelner Treffer durch einen Röntgenstrahl könne das Erbgut einer Körperzelle angreifen. Besonders gefährdet sind Organe, in denen sich die Zellen schnell teilen. "Zum Beispiel in der Darmschleimhaut, dem Zahnfleisch oder dem Knochenmark, wo sich die weißen Blutzellen in kurzer Zeit regelmäßig erneuern."
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine einfache Röntgenuntersuchung einen Tumor hervorruft, sei relativ gering, da die Strahlendosis bei modernen Geräten sehr niedrig liegt. Doch das Krebsrisiko steigt, wenn sich Bestrahlungen häufen. "Deshalb ist es wichtig, dass Untersuchungen nicht unnötig wiederholt werden. Darauf können auch Patienten selbst achten", sagt Professor Gunnar Brix vom Bundesamt für Strahlenschutz.
Keine zweite Meinung
Dass Diagnosen mit Hilfe von Röntgenbildern und CT in Deutschland so häufig zum Einsatz kommen, hat laut der Röntgengesellschaft vor allem mit der sogenannten Selbstüberweisung zu tun. Denn neben den Radiologen dürfen hierzulande auch andere Ärzte röntgen. "Zum Beispiel Fachärzte, die sich mit Knochenerkrankungen befassen, können die Berechtigung erwerben, bestimmte Körperpartien zu röntgen. Sie sind dann Teilgebietsradiologen", erklärt Hosten.
Ein Problem dieser Regelung sei, dass meist keine zweite Meinung eingeholt wird. "Wenn sonst eine Röntgenuntersuchung angesetzt wird, gibt es das Vier-Augen-Prinzip", sagt Hosten. Der zuweisende Arzt, der die Untersuchung für erforderlich hält, und der röntgende Radiologe müssen sich abstimmen. So sei besser gesichert, dass der Nutzen mit dem Risiko abgewogen wird. Es müsse eindeutig sein, dass nur durch Röntgen eine zielführende Diagnose gestellt werden kann. Andernfalls seien schonendere Verfahren zu wählen, Ultraschall etwa.
Bei Selbstüberweisungen sei nicht immer klar, ob die Untersuchung nötig ist. Besonders Privatversicherte sollten auf der Hut sein. "Da wird das schneller mal gemacht", weiß Kai Vogel von der Verbraucherzentrale. Es könne vorkommen, dass der Grund einer Röntgenuntersuchung rein finanziell ist. "Das Gerät ist angeschafft worden, dann soll es auch genutzt werden."
Besonders kritisch bewertet das BfS den steigenden Gebrauch der Computertomographie zur Vorsorge. Das gelte für Untersuchungen des Herzens, bei denen es zur ganz erheblichen Strahlenbelastung kommt. Brix warnt: "Bei vielen Untersuchungen, die oft als ,Managercheck’ angeboten werden, ist der Nutzen nicht nachgewiesen. So etwas sollte man nicht machen lassen."
Quelle
Mehr als 100 Millionen Röntgenuntersuchungen werden in Deutschland jedes Jahr gemacht. Rein statistisch wird also jeder Deutsche mindestens einmal im Jahr von einem Arzt durchleuchtet. Röntgenbilder und Computertomographien (CT) sind medizinischer Alltag und werden von Patienten nur selten hinterfragt. Kein Wunder, führen die Untersuchungen doch nie zu direkten körperlichen Reaktionen.
"Die kommen eigentlich nur bei sehr hohen Strahlendosen vor", versichert Professor Norbert Hosten von der Deutschen Röntgengesellschaft in Berlin. Strahlenwerte, die zu Hautrötungen oder gar der Zerstörung von Hautgewebe und Haarausfall führen können, seien nur üblich, wenn die Bestrahlung in der Therapie eingesetzt wird. "Bei gewöhnlichen Untersuchungen des Skeletts oder der Zähne ist das nicht zu erwarten."
Gleichwohl können häufige Röntgenuntersuchungen der Zähne dramatische Folgen haben. Eine aktuelle Studie in den USA hat jetzt gezeigt, dass dadurch das Risiko für einen gutartigen Hirntumor steigt. Menschen, die einmal oder mehrmals jährlich beim Zahnarzt geröntgt werden, haben eine dreifach höhere Wahrscheinlichkeit, an einem sogenannten Meningiom zu erkranken.
Frühes Röntgen erhöht Risiko
Bei häufig geröntgten Kindern unter zehn Jahren ist das Risiko sogar bis zu fünffach höher, wie die US-Forscher in einer Studie mit rund 2800 Teilnehmern feststellten. Dentale Röntgenaufnahmen seien klar mit einem erhöhten Risiko für ein Meningiom verbunden – vor allem wenn sie häufig und in einem jungen Alter verabreicht würden.
Das Röntgen beim Zahnarzt sei eine der häufigsten Quellen der Strahlenbelastung für Menschen in den USA und anderen Industrieländern, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Cancer".
"Unseres Wissens nach ist dies die bisher umfangreichste Studie, die den Zusammenhang zwischen dentalen Röntgenaufnahmen und dem Risiko für ein Meningiom untersucht hat", schreiben Elizabeth Claus von der Yale University und ihre Kollegen. Das Ergebnis spreche dafür, dass man zukünftig die Röntgenaufnahmen bei Zahnarztpatienten auf ein absolut notwendiges Mindestmaß beschränken sollte. "Obwohl diese Aufnahmen ein wichtiges Werkzeug der Diagnose sein können, kommt mehr Zurückhaltung den meisten Patienten zugute", sagen die Forscher.
Auf die Form kommt es an
Nach Angaben der Wissenschaftler war bereits seit einiger Zeit bekannt, dass Röntgen- oder radioaktive Strahlung Meningiome auslösen können. Unklar sei aber bisher gewesen, inwieweit gängige Verfahren des Röntgens beim Zahnarzt dazu beitragen. Meningiome entstehen durch eine Entartung von Zellen der Hirnhaut und gelten als häufigste Geschwulsterkrankung im Schädel. Frauen sind von diesen gutartigen Tumoren häufiger betroffen als Männer.
Für ihre Studie hatten die Forscher 1433 Patienten mit einem Meningiom und 1350 gesunde Kontrollpersonen untersucht. Die Patienten hatten zwischen April 2006 und April 2011 ihre Diagnose erhalten und waren zwischen 20 und 79 Jahre alt.
Alle Studienteilnehmer wurden gefragt, wie häufig von ihnen in der Vergangenheit drei verschiedene Formen von Röntgenaufnahmen beim Zahnarzt gemacht worden waren: sogenannte Mundfilme, bei denen der Patient auf ein Stückchen Film beißt, seitliche Aufnahmen des Kiefers sowie die sogenannten Panorex-Aufnahmen. Bei diesen rotiert die Röntgenkanone einmal um den Kopf.
Indirekter Effekt
Teilnehmer, bei denen jährlich oder häufiger eine Mundfilm-Aufnahme gemacht wurde, seien 1,4- bis 1,9-mal häufiger an einem Meningiom erkrankt als selten oder gar nicht geröntgte, berichten die Forscher. Bei Panorex-Aufnahmen sei das Risiko sogar drei- bis fünfmal höher. Eine ähnliche Tendenz habe man für seitliche Aufnahmen gefunden.
Auch Röntgenexperte Norbert Hosten kennt die Gefahren des indirekten Effekts der Strahlen: "Sie können Krebserkrankungen auslösen, und das ist von der Dosis unabhängig." Schon ein einzelner Treffer durch einen Röntgenstrahl könne das Erbgut einer Körperzelle angreifen. Besonders gefährdet sind Organe, in denen sich die Zellen schnell teilen. "Zum Beispiel in der Darmschleimhaut, dem Zahnfleisch oder dem Knochenmark, wo sich die weißen Blutzellen in kurzer Zeit regelmäßig erneuern."
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine einfache Röntgenuntersuchung einen Tumor hervorruft, sei relativ gering, da die Strahlendosis bei modernen Geräten sehr niedrig liegt. Doch das Krebsrisiko steigt, wenn sich Bestrahlungen häufen. "Deshalb ist es wichtig, dass Untersuchungen nicht unnötig wiederholt werden. Darauf können auch Patienten selbst achten", sagt Professor Gunnar Brix vom Bundesamt für Strahlenschutz.
Keine zweite Meinung
Dass Diagnosen mit Hilfe von Röntgenbildern und CT in Deutschland so häufig zum Einsatz kommen, hat laut der Röntgengesellschaft vor allem mit der sogenannten Selbstüberweisung zu tun. Denn neben den Radiologen dürfen hierzulande auch andere Ärzte röntgen. "Zum Beispiel Fachärzte, die sich mit Knochenerkrankungen befassen, können die Berechtigung erwerben, bestimmte Körperpartien zu röntgen. Sie sind dann Teilgebietsradiologen", erklärt Hosten.
Ein Problem dieser Regelung sei, dass meist keine zweite Meinung eingeholt wird. "Wenn sonst eine Röntgenuntersuchung angesetzt wird, gibt es das Vier-Augen-Prinzip", sagt Hosten. Der zuweisende Arzt, der die Untersuchung für erforderlich hält, und der röntgende Radiologe müssen sich abstimmen. So sei besser gesichert, dass der Nutzen mit dem Risiko abgewogen wird. Es müsse eindeutig sein, dass nur durch Röntgen eine zielführende Diagnose gestellt werden kann. Andernfalls seien schonendere Verfahren zu wählen, Ultraschall etwa.
Bei Selbstüberweisungen sei nicht immer klar, ob die Untersuchung nötig ist. Besonders Privatversicherte sollten auf der Hut sein. "Da wird das schneller mal gemacht", weiß Kai Vogel von der Verbraucherzentrale. Es könne vorkommen, dass der Grund einer Röntgenuntersuchung rein finanziell ist. "Das Gerät ist angeschafft worden, dann soll es auch genutzt werden."
Besonders kritisch bewertet das BfS den steigenden Gebrauch der Computertomographie zur Vorsorge. Das gelte für Untersuchungen des Herzens, bei denen es zur ganz erheblichen Strahlenbelastung kommt. Brix warnt: "Bei vielen Untersuchungen, die oft als ,Managercheck’ angeboten werden, ist der Nutzen nicht nachgewiesen. So etwas sollte man nicht machen lassen."
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