Mythos Winterreifenpflicht: Was wirklich gilt
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Mythos Winterreifenpflicht: Was wirklich gilt
Der Schnee auf den Straßen kommt – aber wie war das noch mal mit der Winterreifenpflicht? Wir haben uns danach auf die Suche gemacht – aber in den Paragraphen weder Winterreifen noch Pflicht gefunden. Was Autofahrer jetzt wissen müssen.
Seit 3. Dezember 2010 gilt in Deutschland eine Änderung von §2, Absatz 3, Satz 1 und 2 der Straßenverkehrs-Ordnung. Im Volksmund heißt diese Novellierung „Winterreifenpflicht“.
Allerdings taucht in der entsprechenden Ergänzung der Straßenverkehrsordnung nicht mal das Wort „Winterreifen“ auf. Erwähnt wird lediglich die Bezeichnung „M+S-Reifen“ – was darunter zu verstehen ist, erklärt eine EU-Regelung, mehr schlecht als recht.
Zur Erklärung entstand auch der Begriff „situative Winterreifenpflicht“. Das soll beschreiben, dass in Deutschland selbst im Winter M+S-Reifen nicht immer Pflicht sind, sondern nur, wenn es die Straßenverhältnisse erfordern – die immerhin stehen auch im Gesetz. Es sagt vereinfacht:
„Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit M+S-Reifen gefahren werden“.
Die Eigenschaften von M+S-Reifen definiert die EU-Regelung 92/23/EWG: „M+S- Reifen sind Reifen, bei denen das Profil der Lauffläche und die Striktur so konzipiert sind, dass sie vor allem in Matsch und frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen.“
Auch wenn diese hemdsärmelige Definition anders als etwa das Schneeflockensymbol aus den USA ohne konkrete technischen Eigenschaften auskommt, heißt das in der Praxis dann doch: Rechtzeitig Winterreifen aufziehen!
Denn wer ohne entsprechend grobstollige Bereifung (mit M+S-Symbol) bei Schnee erwischt wird, riskiert ein Bußgeld von 40 bzw. 80 Euro (bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer).
Außerdem kann die Kaskoversicherung (nicht die Haftpflicht) die Regulierung des Schadens am eigenen Fahrzeug verweigern, wenn sich die Sommerreifen als Unfallursache herausstellen. Denn aus Sicht der Versicherer handelt man grob fahrlässig, wenn man bei winterlichen Straßenverhältnissen – eben bei Schnee, Schneematsch, Eis oder Reifglätte – mit Sommerreifen unterwegs ist.
Zwar zahlt die Haftpflichtversicherung des Unfallfverursachers immer, doch der Kaskoschutz kann verloren gehen. Die Ausnahme ist ein Komfortschutz, wie ihn einige Versicherungen anbieten: Dann zahlt die Versicherung auch bei grober Fahrlässigkeit.
Jenseits aller bürokratischen Folgen sind gute Winterreifen im eigenen Interesse – zwar belegen Umfragen hierzulande eine hohe Wechselquote von über 80 Prozent. Dennoch ereignen jährlich über 4000 Unfälle wegen „falscher Reifenwahl“. Und selbst wenn es beim Blechschaden bleibt: Der ist fast immer teurer als ein Satz Winterreifen.
Die besten Winterreifen aber nützen nichts, wenn die Profiltiefe zu gering ist. Gesetzlich sind mindestens 1,6 Millimeter vorgeschrieben. Aber Polizei und ADAC empfehlen bei Winterreifen nicht weniger als vier Millimeter. Darunter nehme die Haftung bei nasser Fahrbahn ab. Bei Breitreifen besteht dann schon hohe Aquaplaning-Gefahr.
Vor der Montage sollten Autofahrer die Winterreifen auch darüber hinaus genau prüfen. Reifen mit Rissen oder Beulen, oder die älter sind als sechs Jahre geben keine ausreichende Sicherheit. Das Alter lässt sich mit Hilfe der „DOT-Kennziffer“ auf der Seitenwand ermitteln. Die ersten beiden Ziffern stehen für die Produktionswoche, die letzten beiden für das Jahr. Außerdem ist nach der Lagerzeit eine Kontrolle des Luftdrucks unbedingt notwendig. Wer länger selbst gewechselt hat, ist besser beim Reifenfachhandel bedient, wo die Räder für wenige Euro auch gewuchtet werden.
Umsonst sollte es dort dann den Hinweis geben (und zwar mündlich), dass dass spätestens 100 Kilometer nach dem Wechsel die Radschrauben nachzuziehen sind. Unterbleibt ein solcher Hinweis oder ist er nicht ausreichend, ist die Werkstatt nämlich zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sich eines der Räder löst. Den Autofahrer trifft in so einem Fall allerdings in der Regel ein Mitverschulden, so etwa das Landgericht Heidelberg in einem Urteil (Az.: 1 S 9/10).
Übrigens: Es ist nicht verboten, die Sommerreifen im Winter auf dem zugelassenen Fahrzeug montiert zu lassen – nur „gefahren werden“ darf dann nicht bei „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“. Die „situative Winterreifenpflicht“ gilt also auch im Sommer – theoretisch.
Quelle
Seit 3. Dezember 2010 gilt in Deutschland eine Änderung von §2, Absatz 3, Satz 1 und 2 der Straßenverkehrs-Ordnung. Im Volksmund heißt diese Novellierung „Winterreifenpflicht“.
Allerdings taucht in der entsprechenden Ergänzung der Straßenverkehrsordnung nicht mal das Wort „Winterreifen“ auf. Erwähnt wird lediglich die Bezeichnung „M+S-Reifen“ – was darunter zu verstehen ist, erklärt eine EU-Regelung, mehr schlecht als recht.
Zur Erklärung entstand auch der Begriff „situative Winterreifenpflicht“. Das soll beschreiben, dass in Deutschland selbst im Winter M+S-Reifen nicht immer Pflicht sind, sondern nur, wenn es die Straßenverhältnisse erfordern – die immerhin stehen auch im Gesetz. Es sagt vereinfacht:
„Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit M+S-Reifen gefahren werden“.
Die Eigenschaften von M+S-Reifen definiert die EU-Regelung 92/23/EWG: „M+S- Reifen sind Reifen, bei denen das Profil der Lauffläche und die Striktur so konzipiert sind, dass sie vor allem in Matsch und frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen.“
Auch wenn diese hemdsärmelige Definition anders als etwa das Schneeflockensymbol aus den USA ohne konkrete technischen Eigenschaften auskommt, heißt das in der Praxis dann doch: Rechtzeitig Winterreifen aufziehen!
Denn wer ohne entsprechend grobstollige Bereifung (mit M+S-Symbol) bei Schnee erwischt wird, riskiert ein Bußgeld von 40 bzw. 80 Euro (bei Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer).
Außerdem kann die Kaskoversicherung (nicht die Haftpflicht) die Regulierung des Schadens am eigenen Fahrzeug verweigern, wenn sich die Sommerreifen als Unfallursache herausstellen. Denn aus Sicht der Versicherer handelt man grob fahrlässig, wenn man bei winterlichen Straßenverhältnissen – eben bei Schnee, Schneematsch, Eis oder Reifglätte – mit Sommerreifen unterwegs ist.
Zwar zahlt die Haftpflichtversicherung des Unfallfverursachers immer, doch der Kaskoschutz kann verloren gehen. Die Ausnahme ist ein Komfortschutz, wie ihn einige Versicherungen anbieten: Dann zahlt die Versicherung auch bei grober Fahrlässigkeit.
Jenseits aller bürokratischen Folgen sind gute Winterreifen im eigenen Interesse – zwar belegen Umfragen hierzulande eine hohe Wechselquote von über 80 Prozent. Dennoch ereignen jährlich über 4000 Unfälle wegen „falscher Reifenwahl“. Und selbst wenn es beim Blechschaden bleibt: Der ist fast immer teurer als ein Satz Winterreifen.
Die besten Winterreifen aber nützen nichts, wenn die Profiltiefe zu gering ist. Gesetzlich sind mindestens 1,6 Millimeter vorgeschrieben. Aber Polizei und ADAC empfehlen bei Winterreifen nicht weniger als vier Millimeter. Darunter nehme die Haftung bei nasser Fahrbahn ab. Bei Breitreifen besteht dann schon hohe Aquaplaning-Gefahr.
Vor der Montage sollten Autofahrer die Winterreifen auch darüber hinaus genau prüfen. Reifen mit Rissen oder Beulen, oder die älter sind als sechs Jahre geben keine ausreichende Sicherheit. Das Alter lässt sich mit Hilfe der „DOT-Kennziffer“ auf der Seitenwand ermitteln. Die ersten beiden Ziffern stehen für die Produktionswoche, die letzten beiden für das Jahr. Außerdem ist nach der Lagerzeit eine Kontrolle des Luftdrucks unbedingt notwendig. Wer länger selbst gewechselt hat, ist besser beim Reifenfachhandel bedient, wo die Räder für wenige Euro auch gewuchtet werden.
Umsonst sollte es dort dann den Hinweis geben (und zwar mündlich), dass dass spätestens 100 Kilometer nach dem Wechsel die Radschrauben nachzuziehen sind. Unterbleibt ein solcher Hinweis oder ist er nicht ausreichend, ist die Werkstatt nämlich zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sich eines der Räder löst. Den Autofahrer trifft in so einem Fall allerdings in der Regel ein Mitverschulden, so etwa das Landgericht Heidelberg in einem Urteil (Az.: 1 S 9/10).
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