Jeder fünfte Patient ist in der Notaufnahme falsch
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Jeder fünfte Patient ist in der Notaufnahme falsch
Ob Patienten im Akutfall beim richtigen Arzt landen, bleibt häufig dem Zufall überlassen, denn viele schätzen ihre Erkrankung falsch ein. Ärzte fordern deshalb, die Kompetenz in den Notaufnahmen der Krankenhäuser zu bündeln. Ihr Ziel: ein eigener Facharzt für Notfallmedizin.
Hamburg - In Deutschland gehört jeder fünfte Patient, der in einer Notaufnahme landet, eigentlich nicht dorthin. Die Zahl stammt aus einer Erhebung von Hamburger Kliniken, die am Freitag bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) in Hamburg vorgestellt wurde.
Die Notfallmediziner wollen weder Ärzten noch Patienten einen Vorwurf daraus machen, sie sehen den Fehler im System. Laut der Untersuchung hielten 70 Prozent der Patienten, die sich selbst als Notfall eingeschätzt hatten, die eigene Erkrankung für dringlicher, als sie war. Zudem konnten die wenigsten Betroffenen angeben, welche medizinische Fachrichtung in ihrer Situation die richtige wäre.
Jeder Patient wird behandelt
"Bei den Patienten ist subjektiv ein Leidensdruck vorhanden, und wenn sie zu uns kommen, werden sie natürlich auch behandelt", sagte Michael Wünning, Sprecher einer Arbeitsgemeinschaft Hamburger Notfallambulanzen. Gemeinsam mit Kollegen wertete er die Daten von knapp 5000 Patienten aus, die an 16 Tagen in vier Krankenhäusern behandelt wurden.
Das Problem der Notaufnahmen ist aus Sicht der Notfallmediziner nur eine Folge der jahrzehntelangen Vernachlässigung ihrer Fachrichtung. Während es in 16 EU-Mitgliedstaaten ebenso wie in den USA einen eigenen Facharzt für Notfallmedizin gibt, fühlen sich in Deutschland traditionell mehrere Fachrichtungen zur schnellen Hilfe berufen.
Schrittweise zum eigenen Facharzt
Es ist erklärtes Ziel der DGINA, das zu ändern. Schrittweise wollen die aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommenden Experten in den nächsten Jahren den Weg zum eigenen Facharzt für Notfallmedizin ebnen. DGINA-Präsident Christoph Dodt vom Städtischen Klinikum München hofft, bis 2015 eine Zusatzbezeichnung für Fachärzte mit einer zweijährigen Zusatzausbildung schaffen zu können, als Zwischenschritt zum eigenen Facharzt für Notfallmedizin.
Die Ausbildung dazu soll fünf Jahre dauern; Nachwuchsmediziner würden sich dann nach dem Studium direkt für die Karriere in der Notfallmedizin entscheiden können, statt sich wie heute auf einen anderen Facharzt zu spezialiseren und sich innerhalb dieses Fachgebiets auf die Notfallmedizin zu konzentrieren.
Experten für alle akuten Krankheiten
Der eigene Facharzt würde auch den Patienten nützen, ist sich die Präsidentin der European Society for Emergency Medicine (Eusem), Barbara Hogan, sicher. Statt im Notfall darauf angewiesen zu sein, zufällig beim richtigen Facharzt zu landen, seien die Notfallmediziner Experten für alle akuten Krankheiten und könnten entweder selbst handeln oder schnell den richtigen Spezialisten zu einem Patienten holen.
Das zweite große Problem der Ärzte in den Notaufnahmen ist die aus ihrer Sicht dramatische Unterfinanzierung. Durchschnittlichen Behandlungskosten von rund 120 Euro pro Patient steht nach Angaben der DGINA ein Erstattungsbeitrag von rund 30 Euro bei gesetzlich Krankenversicherten gegenüber. Timo Schöpke vom Vivantes Klinikum am Urban bezifferte die in deutschen Notaufnahmen entstehende Deckungslücke auf mindestens eine Milliarde Euro jährlich - bei geschätzt mindestens 20 Millionen Notfallpatienten.
Sprechstunde: So funktioniert das Gesundheitssystem in Deutschland
Um ihr Ziel vom eigenen Facharzt erreichen zu können, müssen die Notfallmediziner vor allem die Ärzte in den Ärzteparlamenten der Länder, den Ärztetagen der Ärztekammern, überzeugen. Ein Anreiz könnte sein, dass die für den Bereitschaftsdienst und die Notarztdienste zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen in vielen Bundesländern zunehmend Schwierigkeiten haben, die Stellen zu besetzen, so zum Beispiel in Bayern. Hier könnte eine zentralisierte Konzentration der Notfallversorgung an Kliniken, von der DGINA-Präsident Dodt am Freitag sprach, ein Ausweg sein.
Gleichzeitig wird die Diskussion über den Facharzt für Notfallmedizin eine zweite deutsche Besonderheit in Frage stellen: den Notarzt, der zum Patienten kommt. In vielen Ländern der Welt gilt die Regel, dass der Patient von gut ausgebildetem Rettungspersonal zum Arzt transportiert wird. Angesichts der ärztlichen Ressourcenprobleme liegt die Frage auf der Hand, wie lange der Arzt in Deutschland noch zum Patienten kommt.
Quelle
Hamburg - In Deutschland gehört jeder fünfte Patient, der in einer Notaufnahme landet, eigentlich nicht dorthin. Die Zahl stammt aus einer Erhebung von Hamburger Kliniken, die am Freitag bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) in Hamburg vorgestellt wurde.
Die Notfallmediziner wollen weder Ärzten noch Patienten einen Vorwurf daraus machen, sie sehen den Fehler im System. Laut der Untersuchung hielten 70 Prozent der Patienten, die sich selbst als Notfall eingeschätzt hatten, die eigene Erkrankung für dringlicher, als sie war. Zudem konnten die wenigsten Betroffenen angeben, welche medizinische Fachrichtung in ihrer Situation die richtige wäre.
Jeder Patient wird behandelt
"Bei den Patienten ist subjektiv ein Leidensdruck vorhanden, und wenn sie zu uns kommen, werden sie natürlich auch behandelt", sagte Michael Wünning, Sprecher einer Arbeitsgemeinschaft Hamburger Notfallambulanzen. Gemeinsam mit Kollegen wertete er die Daten von knapp 5000 Patienten aus, die an 16 Tagen in vier Krankenhäusern behandelt wurden.
Das Problem der Notaufnahmen ist aus Sicht der Notfallmediziner nur eine Folge der jahrzehntelangen Vernachlässigung ihrer Fachrichtung. Während es in 16 EU-Mitgliedstaaten ebenso wie in den USA einen eigenen Facharzt für Notfallmedizin gibt, fühlen sich in Deutschland traditionell mehrere Fachrichtungen zur schnellen Hilfe berufen.
Schrittweise zum eigenen Facharzt
Es ist erklärtes Ziel der DGINA, das zu ändern. Schrittweise wollen die aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommenden Experten in den nächsten Jahren den Weg zum eigenen Facharzt für Notfallmedizin ebnen. DGINA-Präsident Christoph Dodt vom Städtischen Klinikum München hofft, bis 2015 eine Zusatzbezeichnung für Fachärzte mit einer zweijährigen Zusatzausbildung schaffen zu können, als Zwischenschritt zum eigenen Facharzt für Notfallmedizin.
Die Ausbildung dazu soll fünf Jahre dauern; Nachwuchsmediziner würden sich dann nach dem Studium direkt für die Karriere in der Notfallmedizin entscheiden können, statt sich wie heute auf einen anderen Facharzt zu spezialiseren und sich innerhalb dieses Fachgebiets auf die Notfallmedizin zu konzentrieren.
Experten für alle akuten Krankheiten
Der eigene Facharzt würde auch den Patienten nützen, ist sich die Präsidentin der European Society for Emergency Medicine (Eusem), Barbara Hogan, sicher. Statt im Notfall darauf angewiesen zu sein, zufällig beim richtigen Facharzt zu landen, seien die Notfallmediziner Experten für alle akuten Krankheiten und könnten entweder selbst handeln oder schnell den richtigen Spezialisten zu einem Patienten holen.
Das zweite große Problem der Ärzte in den Notaufnahmen ist die aus ihrer Sicht dramatische Unterfinanzierung. Durchschnittlichen Behandlungskosten von rund 120 Euro pro Patient steht nach Angaben der DGINA ein Erstattungsbeitrag von rund 30 Euro bei gesetzlich Krankenversicherten gegenüber. Timo Schöpke vom Vivantes Klinikum am Urban bezifferte die in deutschen Notaufnahmen entstehende Deckungslücke auf mindestens eine Milliarde Euro jährlich - bei geschätzt mindestens 20 Millionen Notfallpatienten.
Sprechstunde: So funktioniert das Gesundheitssystem in Deutschland
Um ihr Ziel vom eigenen Facharzt erreichen zu können, müssen die Notfallmediziner vor allem die Ärzte in den Ärzteparlamenten der Länder, den Ärztetagen der Ärztekammern, überzeugen. Ein Anreiz könnte sein, dass die für den Bereitschaftsdienst und die Notarztdienste zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen in vielen Bundesländern zunehmend Schwierigkeiten haben, die Stellen zu besetzen, so zum Beispiel in Bayern. Hier könnte eine zentralisierte Konzentration der Notfallversorgung an Kliniken, von der DGINA-Präsident Dodt am Freitag sprach, ein Ausweg sein.
Gleichzeitig wird die Diskussion über den Facharzt für Notfallmedizin eine zweite deutsche Besonderheit in Frage stellen: den Notarzt, der zum Patienten kommt. In vielen Ländern der Welt gilt die Regel, dass der Patient von gut ausgebildetem Rettungspersonal zum Arzt transportiert wird. Angesichts der ärztlichen Ressourcenprobleme liegt die Frage auf der Hand, wie lange der Arzt in Deutschland noch zum Patienten kommt.
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