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Die Hoechst AG

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Die Hoechst AG Empty Die Hoechst AG

Beitrag  Andy Mo Jun 22, 2015 8:05 pm

Die Hoechst AG – bis 1974: Farbwerke Hoechst AG, vorm. Meister Lucius & Brüning – in Frankfurt am Main war eines der drei größten Chemie- und Pharmaunternehmen Deutschlands. Es wurde 1863 im damals nassauischen Höchst am Main gegründet und wuchs bis zum Ersten Weltkrieg zu einem Weltunternehmen. 1925 fusionierte es mit anderen Unternehmen zur I.G. Farbenindustrie AG und wurde 1951 nach der Entflechtung der I.G. Farben neu gegründet.

Die Hoechst AG 250px-Hoechst_logo.svg

Durch Unternehmensübernahmen und Investitionen in neue Produkte wuchs Hoechst zu einem Großkonzern. Mitte der 1950er Jahre überschritt der Jahresumsatz erstmals eine Milliarde DM, 1969 die Marke von 10 Milliarden DM. Anfang der 1980er Jahre war Hoechst das nach Umsatz größte Pharmaunternehmen der Welt. Anfang der 1990er Jahre erreichte der Konzern mit 180.000 Beschäftigten, einem Jahresumsatz von 47 Milliarden DM und einem Gewinn von über vier Milliarden DM seine größte Ausdehnung.

1994 begann die Neuausrichtung und Umstrukturierung der Hoechst AG. Das ehemalige Stammwerk wurde 1997 zum Industriepark Höchst. Nach der Überführung in eine Holding schloss die Hoechst AG sich 1999 mit Rhône-Poulenc zur Aventis S.A. mit Sitz in Straßburg zusammen und spaltete die verbliebenen Chemieaktivitäten in der Celanese AG ab.

Aktie

Die Hoechst AG gehörte dem DAX seit seiner erstmaligen Berechnung 1988 bis zum 20. September 1999 an und blieb noch bis Ende Dezember 2004 als deutsche Zwischenholding der Aventis an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert. Nach der Fusion von Aventis mit Sanofi-Synthélabo zur Sanofi-Aventis 2004 verschwand der Name Hoechst endgültig aus der Öffentlichkeit.[1]
Name und Firmenlogo

Die Bezeichnung Farbwerke Hoechst war seit der Firmengründung umgangssprachlich immer in Gebrauch und wurde erst ab 1951 offiziell im Firmennamen aufgenommen. Er ist vom Unternehmenssitz in der ehemals selbständigen Stadt Höchst am Main abgeleitet. Die Schreibweise ohne Umlaut war im Unternehmen immer gebräuchlich, denn die Internationalisierung des Unternehmensgeschäfts war bereits weit vor dem Ersten Weltkrieg gelungen.

Kurz nach Gründung einer „Theerfarbenfabrik Meister Lucius & Co“ (1863) änderte sich der Name in „Farbwerke Meister Lucius & Brüning“ (1865). Nach der Umwandlung in eine AG mit dem Namen „Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning AG“ (1880) tauchte auf den ersten Pharmaverpackungen der stilisierte Löwe mit den Initialen ML&B auf (Antipyrin®, 1883). Dieses älteste Firmenlogo zeigt einen liegenden Löwen, das nassauische Wappentier, der in der rechten Pranke ein Wappen mit den ineinander verschlungenen Initialen MLB (Meister, Lucius & Brüning) hält. Laut Archivunterlagen soll er bereits ab 1877 verwendet worden sein.

Kurz vor dem Zusammenschluss aller Chemiekonzerne in einer „IG-Farbenindustrie AG“ 1925 verwendete Hoechst auf Pharmaverpackungen zwei vereinfachte Logos „Hoechst“ in blauem Kreis und „ML&B“ in einem zweiten Kreis (Insulin®, 1923).

Während der IG-Farbenzeit 1925-1951 trugen Pharmaverpackungen aus Höchst neben der Herstellerangabe „IG-Farbenindustrie AG, pharmazeutische Abteilung, Verkaufsstelle Höchst“ weiterhin die Initialen „ML&B“ in einem Kreis (Novocain®).

Die Hoechst AG 800px-01-_Hoechst_MLB_signet_1883
ab 1877

Nach Liquidation der IG-Farben 1952 lautete der neue Firmenname „Farbwerke Hoechst AG vorm. Meister Lucius & Brüning“ und als kreisförmiges Logo wurde erstmals die symbolische Darstellung der Brücke verwendet (Nirosan®).

Bereits 1947 gestaltete der Frankfurter Dozent Richard Lisker für den Konzern ein Logo aus Turm und Brücke, einer stilisierten Darstellung des heute denkmalgeschützten Behrens-Baus,[2] Dieser Entwurf mit mittenzentrierter Darstellung von Brücke und Turm wurde 1951 vom Frankfurter Graphiker Rober Smago überarbeitet.[3] Der Turm rückte nunmehr an die linke Seite, während die Brücke nach rechts anstieg. Dieses endgültige Symbol wurde 1952 markenrechtlich geschützt.[

1966 gelang Hoechst die „Quadratur des eigenen Kreises“, das kreisförmige Logo versank in einer quadratischen Umrandung. Die hinzu gewonnene Fläche sollte in intensivem Blau Aufmerksamkeit erwecken. Dieses endgültige Symbol wurde 1966 markenrechtlich geschützt.[5] In dieser Form war das Markenzeichen bis in das 21. Jahrhundert an zahlreichen Apotheken als Reklameschild zu sehen.

1974 verzichtete der Konzern auf die Nennung historischer Gründernamen und vereinfachte den Unternehmensnamen zu Hoechst Aktiengesellschaft. Als Signet diente der Schriftzug „Hoechst“ mit rechts stehendem Logo von 1966.[6]

1997 ließ sich die Hoechst Managementholding-Gesellschaft zur Abgrenzung von der früheren Hoechst AG vom Wuppertaler Designer Hans Günter Schmitz[7] ein neues Firmensymbol kreieren. Als Signet diente nun – nach zweieinhalbjähriger „Entwicklungsarbeit“ – der Schriftzug „Hoechst“ mit simplem rechts hochgestellten Quadrat. Kritiker bezeichneten das neue Logo in Leserbriefen scherzhaft als passend zur neuen Unternehmenskultur – kleinkariert und etwas abgehoben.[8] Nach Unternehmensdarstellung solle das neue Logo positive Assoziationen wie Ideenpotential, Qualität, Weiterentwicklung und Kreativität symbolisieren. Mit Turm und Brücke, die das Behrens-Bauwerk im Stammwerk symbolisieren, könnten nur Frankfurter etwas anfangen. Hoechst sei aber kein Frankfurter, sondern ein internationales Unternehmen.[9]

Pikanterweise beansprucht die Rechtsnachfolgerin Sanofi-Aventis noch heute die Aufrechterhaltung der alten Markenrechte von 1966 und verhindert juristisch eine Nutzung durch Dritte.[10] Zur Bekräftigung dieser Ansprüche meldete 2011 eine „Hoechst GmbH Frankfurt“ das Logo von 1966 nochmals als eigene Wort-Bildmarke an.[11]

Unternehmensgeschichte

1863 bis 1914

Die Hoechst AG 640px-Hoechst_AG_Baubewilligung_1862
Bau- und Betriebsgenehmigung für die Farbenfabrik durch die herzoglich-nassauische Verwaltung, 4. Juni 1862

Die Hoechst AG 640px-Hoechst_AG_Erstes_Rundschreiben_1863
Erstes Rundschreiben der Farbenfabrik von Januar 1863 mit den Unterschriften der Unternehmensgründer Meister, Lucius und Müller

Am 2. Januar 1863 morgens nahm die von Carl Friedrich Wilhelm Meister, Eugen Lucius und Ludwig August Müller gegründete Theerfarbenfabrik Meister, Lucius & Co. ihren Betrieb auf. Das Betriebsgelände lag direkt am Ufer des Mains in der kleinen Stadt Höchst, die seit 1928 ein Stadtteil von Frankfurt am Main ist. Obwohl die Gründer Bürger der Freien Stadt Frankfurt waren, gründeten sie ihr Unternehmen im benachbarten Herzogtum Nassau, das im Gegensatz zum industriefeindlichen Handels- und Finanzzentrum Frankfurt die Ansiedlung von Industriebetrieben förderte.

Nach Müllers Ausscheiden 1865 übernahm der bisherige Technische Direktor Adolf von Brüning dessen Anteile. Er wird deshalb oft auch als Gründungsmitglied bezeichnet. Seit Brünings Eintritt firmierte das Unternehmen als Farbwerke Meister, Lucius & Brüning.

Die Fabrik stellte zunächst die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts so bezeichneten Teerfarben her. Sie waren im Gegensatz zu anderen damaligen Farbstoffen wie Indigo oder Krapp kostengünstig aus dem Steinkohlenteer, einem Abfallstoff der Kokserzeugung, zu gewinnen. Zunächst stellte die Fabrik Fuchsin und Anilin her, ab 1864 auch das von Lucius und Brüning entwickelte Aldehydgrün (ein Derivat des Fuchsins).[12] Dies war der erste grüne Textilfarbstoff, der auch bei Gaslicht seinen Farbton behielt. Als es gelang, die französische Kaiserin Eugénie als Kundin zu gewinnen und an die Textilindustrie in Lyon große Mengen der Höchster Farbstoffe zu liefern, brachte dies den Durchbruch für das neugegründete Unternehmen.

1869 brachten die Farbwerke den roten Farbstoff Alizarin (Krapprot) auf einen hart umkämpften Markt. Dank eines neuen patentierten Verfahrens von Ferdinand Riese wurde es rasch zum erfolgreichsten Produkt.[13] Umgehend begann man mit der Verlagerung der Produktion auf ein etwa einen Kilometer flussabwärts gelegenes Gelände, das wesentlich mehr Platz für neue Fabrikanlagen bot. Das neue im Volksmund bald Rotfabrik genannte 1874 fertiggestellte Werk wurde später in mehreren Etappen erweitert und bildet heute den Industriepark Höchst.

Die Hoechst AG Colonie-frankfurt-zeilsheim_bb
Siedlung Colonie in Zeilsheim

Um die schnell wachsende Zahl von Arbeitern mit ihren Familien zu versorgen, entwickelten die Gründer eine Reihe von für die damalige Zeit vorbildlichen betrieblichen Sozialleistungen. Die 1874 gegründete Hilfskasse für erkrankte Arbeiter war eine Betriebskrankenkasse, die auch die soziale Sicherung der Arbeiter und ihrer Angehörigen bei Unfall, Invalidität, Berufskrankheiten, Alter und Tod übernahm. Der Werksärztliche Dienst war ein Pionier in der Erforschung von Berufskrankheiten. 1874 bis 1875 entstanden die ersten Arbeiterwohnungen in der Siedlung Seeacker in Höchst, später auch in Unterliederbach und in der Zeilsheimer Siedlung Colonie. 1879 richtete Brüning die Kaiser-Wilhelm-Augusta-Stiftung ein, eine Pensionskasse für Höchster Arbeiter, die auch Hypothekendarlehen für den Hausbau gewährte; sie finanziert heute als Höchster Pensionskasse VVAG auf dem freien Markt zinsgünstig Immobilien.

1880 wurden aus dem kleinen Unternehmen die Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning AG, die bald darauf ihre Wertschöpfungskette verlängerte. Seit 1881 stellte die Rotfabrik auch Vorprodukte wie anorganische Säuren her,[14] 1883 begann die Produktion von synthetischen Arzneimitteln.[15] Die ersten erfolgreichen Arzneimittel der Farbwerke waren das schmerzstillende und fiebersenkende Antipyrin sowie ein von Emil von Behring entwickeltes Immunserum gegen Diphtherie. 1897 kam das Pyramidon (Aminophenazon) hinzu, welches etwa dreimal wirksamer als das Antipyrin war.

In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg wuchs das Unternehmen zu einem Weltkonzern, der 88 Prozent seiner Produktion exportierte. Auch Produktionsanlagen entstanden im Ausland, zunächst 1878 in Moskau, 1883 in Creil bei Paris und 1908 in Ellesmere Port bei Manchester. 1900 gründeten die Farbwerke ein neues Werk in Gersthofen bei Augsburg. Die Wasserkraft des Lech wurde dabei für die energieintensive Synthese von Indigo genutzt.

1904 bildeten die Farbwerke Höchst mit den Cassella Farbwerken durch wechselseitige Kapitalverflechtungen und Lieferbeziehungen den Zweibund, der 1907 durch den Beitritt der Chemischen Fabrik Kalle in Biebrich zum Dreibund wurde.

Friedrich Stolz synthetisierte 1904 in den Labors der Farbwerke das Adrenalin. Es war das erste Hormon, dessen Struktur genau bekannt war und das in reiner Form hergestellt werden konnte. 1905 entwickelte Alfred Einhorn mit Novocain das erste nicht-süchtigmachende Lokalanästhetikum. 1910 begannen die Farbwerke in Höchst mit der Produktion des ein Jahr zuvor von Paul Ehrlich entwickelten Salvarsan®. Im Jubiläumsjahr 1913 hatte das Unternehmen, das noch immer mehrheitlich im Besitz der Gründerfamilien war, einen Weltumsatz von 100 Millionen. Es beschäftigte allein in Höchst rund 9000 Mitarbeiter.

1914 bis 1952

Die Hoechst AG 220px-Deutschland_chesapeake_bay
Das Handels-U-Boot „Deutschland“ im Dienste der Hoechst AG, 1916

Der Erste Weltkrieg bedeutete für das exportorientierte Unternehmen eine Zäsur, welche die Unternehmensentwicklung für die folgenden dreißig Jahre beeinflusste. Die Auslandsorganisation, Patente und Warenzeichen wurden enteignet, große Teile des Weltmarktes gingen für immer verloren, da die Kriegsgegner eigene Industrien aufbauten. 3237 der 9200 Mitarbeiter des Werkes Höchst wurden 1914 einberufen, 547 von ihnen fielen im Krieg. Die Entwicklung im Stammwerk wurde durch die Umstellung auf Kriegsproduktion geprägt. An die Stelle von Farbstoffen und Arzneimitteln traten Ammoniak, Salpetersäure und Ammoniumnitrat. Weil so viele Arbeiter zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, mangelte es an Fachkräften. Die Rohstoffversorgung litt unter der britischen Seeblockade. Trotzdem schaffte es das erste deutsche Handels-U-Boot Deutschland bis 1916, die USA zweimal mit Produkten der Hoechst AG (u. a. Alizarin und Salvarsan) zu versorgen.

1916 war Hoechst Gründungsmitglied der Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenfabriken, einem Kartell, das die Rohstoffversorgung, Produktionssteuerung und Absatzstrategien der beteiligten Unternehmen unter den Bedingungen der Kriegswirtschaft aufeinander abstimmen sollte. Im auf 50 Jahre abgeschlossenen Vertrag hatte Generaldirektor Adolf Haeuser durchgesetzt, dass Hoechst zusammen mit Kalle denselben Anteil am Gewinn erhielt wie BASF und Bayer, obwohl Hoechst in den letzten Friedensjahren im Wachstum zurückgeblieben war und dem technischen Vorsprung der BASF in der Hochdrucksynthese und der modernen Infrastruktur des Bayerwerkes Leverkusen nichts entgegenzusetzen hatte. Die Unternehmen der Interessengemeinschaft blieben im übrigen selbständig.

Das Kriegsende und der Versailler Vertrag brachten den Farbwerken neue Belastungen: Das Werk wurde von französischen Truppen 1918 besetzt, Kohle- und Rohstoffmangel, Zwangsabführungen sowie Devisenknappheit behinderten die Neuausrichtung und den Wiedereinstieg in den Weltmarkt. Anstelle der Kriegsproduktion von Sprengstoffen, die zuletzt 70 % des Umsatzes ausgemacht hatten, stellte man nun Arzneimittel, Düngemittel und Pflanzenschutzmittel als Reparationsleistung her.

Die traditionellen Hoechster Schmerzmittel Antipyrin und Pyramidon wurden 1922 durch Novalgin ergänzt, und 1923 produzierten die Farbwerke als erstes deutsches Unternehmen Insulin in Lizenz.[16]

Von 1920 bis 1924 baute Peter Behrens das Technische Verwaltungsgebäude, das heute als einer der bedeutendsten expressionistischen Industriebauten Deutschlands gilt. Während der Bauzeit führte die zunehmende Inflation in Deutschland zu Arbeitskämpfen über Lohn- und Arbeitszeitfragen. Im Sommer 1920 sowie im Herbst 1921 kam es deswegen zu Demonstrationen und Unruhen im Werk. Auf dem Höhepunkt der Inflation im November 1923 verdiente ein Arbeiter 10 Milliarden Mark in der Stunde; das Mittagessen in der Werksküche kostete 4,5 Milliarden Mark. Für das Geschäftsjahr 1923 konnte weder der Umsatz noch der Gewinn festgestellt und keine Dividende gezahlt werden.

1925 schlossen sich die Farbwerke der Fusion zur I.G. Farbenindustrie AG an. Aufgrund Haeusers geschickter Verhandlungsführung brachten die Farbwerke mit 27,4 Prozent den gleichen Anteil am Grundkapital der I.G. wie Bayer und BASF ein, der Rest stammte von den drei kleineren Gesellschaftern AGFA, Griesheim-Elektron und Weiler-ter Meer. Die I.G. Farben konzentrierte ihre Investitionen in neue Produkte, wie Buna, Fischer-Tropsch-Synthese und Kunstfasern, auf die neuen mitteldeutschen Werke, wo mit der Braunkohle eine günstige Rohstoffbasis verfügbar war. Das traditionelle Stammwerk der Farbwerke Höchst geriet dadurch etwas ins Abseits, der Umsatz stagnierte und die Beschäftigtenzahl ging zurück. Das Werk bildete zusammen mit den Werken Fechenheim, Griesheim, Offenbach und den Behringwerken in Marburg die Betriebsgemeinschaft Mittelrhein, später Maingau. Neuer Werksleiter wurde Paul Duden, der dafür in den Vorstand der I.G. Farben aufrückte.

1930 endete die französische Zwangsverwaltung und die Folgen der Weltwirtschaftskrise erfassten die Farbwerke. Große Teile der Farbstoffproduktion wurden in den folgenden Jahren an andere Standorte verlagert,[17] dafür entstanden neue Anlagen für die Herstellung von Lösungsmitteln und Polymeren. Der Personalabbau im Stammwerk Höchst vollzog sich teilweise durch Frühpensionierung, aber auch über Entlassungen. Um die sozialen Folgen abzumildern, sammelte eine seit 1931 bestehende Notgemeinschaft der Werksangehörigen der I.G. Farbenindustrie AG Werk Hoechst Spenden, um damit Unterstützungszahlungen an Bedürftige zu leisten. Im Frühjahr 1931 führte die Werksleitung Kurzarbeit ein. Die wöchentliche Arbeitszeit wurde auf 40 Stunden gesenkt. Erst Ende 1936 wurde wieder die Normalarbeitszeit von 48 Wochenstunden eingeführt.

Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 begann auch die Gleichschaltung der I.G. Farben, die auf wenig Widerstand im Unternehmen stieß. Der seit 1. Januar 1933 amtierende Werksleiter Ludwig Hermann entwickelte sich zum begeisterten Anhänger Hitlers. Zum 1. August 1935 durfte er, trotz der damals bestehenden Aufnahmesperre, mit Sondererlaubnis des Gauleiters in die NSDAP eintreten. Zwischen 1933 und 1938 mussten alle jüdischen Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Auch die jüdischen Aufsichtsratsmitglieder, darunter Carl von Weinberg und die Frankfurter Ehrenbürger Leo Gans und Arthur von Weinberg, wurden aus ihren Ämtern vertrieben.

Mit dem Vierjahresplan von 1936 begann die Vorbereitung auf die erneute Kriegführung unter den Bedingungen der Autarkie von kriegswichtigen Rohstoffen. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurden wiederum zahlreiche Mitarbeiter der Stammbelegschaft zum Kriegsdienst eingezogen und später durch Kriegsgefangene, Fremd- und Zwangsarbeiter ersetzt. Im Oktober 1944 zählt die Belegschaft des Werkes Höchst 11.784 Personen, davon 3021 Zwangsarbeiter (2302 Männer und 719 Frauen) und 142 Strafgefangene.[18] Insgesamt wurden während des Krieges rund 8500 Menschen aus fast allen besetzten Ländern Europas zur Zwangsarbeit im Werk Höchst gepresst, wo sie in einem eigenen Lager unter harten Bedingungen bei meist unzureichender Ernährung lebten.[19]

Die Kriegsereignisse zogen das Werk kaum in Mitleidenschaft, obwohl die Stadt Frankfurt vor allem ab Herbst 1943 regelmäßig zum Ziel der alliierter Luftangriffe auf Frankfurt am Main wurde. Nur am 29. Juni 1940 schlugen bei einem Luftangriff einige Sprengbomben auf dem Gelände ein, von denen eine den Behrensbau traf. Ansonsten blieb Höchst wie auch die BASF von Luftangriffen verschont.[20]

1937 war den Chemikern Otto Eisleb und Otto Schaumann die Synthese des Pethidin gelungen, eines Opioids, das 1939 unter dem Markennamen Dolantin eingeführt wurde. Während des Krieges wurde es in großen Mengen als Morphinersatz für die Wehrmacht hergestellt. Das 1939 von Max Bockmühl und Gustav Ehrhart in Höchst synthetisierte Methadon (2-Dimethylamino-4,4-diphenylheptanon-(5)) kam während des Krieges nicht mehr über das Stadium einer klinischen Erprobung hinaus.[21][22]

1943 lieferte das Werk Höchst Präparate für Pharmaversuche der SS im Konzentrationslager Buchenwald, bei denen Häftlinge vorsätzlich mit Fleckfieber infiziert wurden. Zahlreiche Versuchspersonen starben bei diesen Versuchen. Werksleiter Carl Lautenschläger hatte die klinischen Versuche zunächst gefordert, um die in Höchst entwickelten Wirkstoffe Akridin-Granulat und Rutenol erproben zu können, ließ die Lieferungen aber einstellen, nachdem er aus den Berichten schließen konnte, dass die Versuche gegen Gesetze und medizinische Standesregeln verstießen.[23]

1942 begannen Versuche zur Herstellung von Penicillin. Sie verliefen erfolgreich, eine daraufhin geplante Produktionsanlage konnte jedoch vor Kriegsende nicht mehr in Betrieb gehen. Im Januar 1945 kam die Produktion wegen Mangels an Kohle teilweise zum Erliegen. Am 27. März 1945 wurde die Produktion vollends eingestellt.

Am 28. März 1945 besetzten amerikanische Truppen, von Westen und Oppenheim kommend, das menschenleere und unzerstörte Werksgelände und requirierten sofort das I.G.-Farben-Haus, das Kasino und die werksärztliche Abteilung. Bereits kurz nach der Besetzung des Werkes Höchst liefen die ersten Betriebe wieder an, vor allem die für Diabetiker lebensnotwendige Insulinproduktion. Aus Mangel an Kohle mussten manche Produktionsbetriebe in den ersten Nachkriegswintern jedoch immer wieder geschlossen werden, zum Teil wurden sie für die Herstellung von Alltagsprodukten wie Bohnerwachs oder Puddingpulver zweckentfremdet.

Am 5. Juli 1945 verfügte die Militärregierung in ihrer Anordnung Nr. 2 zum Gesetz Nr. 32 die Beschlagnahme des gesamten I.G.-Farben-Vermögens. Die Werke wurden unter alliierte Militärverwaltung gestellt. Bis April 1946 wurden etwa 380 Führungskräfte, die Mitglieder der NSDAP und ihrer Organisationen gewesen waren, entlassen, darunter Werksleiter Lautenschläger, sein Stellvertreter Chefingenieur Jähne und der spätere Vorstandsvorsitzende von Hoechst, Karl Winnacker. Lautenschläger und Jähne kamen 1947 im I.G.-Farben-Prozess zusammen mit 21 weiteren leitenden Angestellten der I.G. Farben vor das Nürnberger Kriegsverbrechergericht. Das Gericht sprach am 30. Juli 1948 Lautenschläger wegen Mangels an Beweisen frei, Jähne wurde wegen Plünderung und Raub zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt.

Nach der Beschlagnahme planten die amerikanischen Behörden zunächst, das Werk Höchst in etwa fünf unabhängige Unternehmen zu zerlegen, eine Pharma-, eine Farbstoff-, eine organische und anorganische Chemikalien-, eine Pflanzenschutzmittel- sowie eine Düngemittelfabrikation. Es erwies sich jedoch als technisch unmöglich, die in siebzig Jahren gewachsene Infrastruktur und den Produktionsverbund des Werkes zu entflechten. Daher gab man diese Pläne im Frühjahr 1947 auf, ebenso wie die geplante Demontage der I.G. Farben-Werke Offenbach und Griesheim. Ab August 1947 firmierte das Werk Höchst als Farbwerke Hoechst US Administration. Der Umsatz erreichte 77 Millionen Reichsmark, davon jeweils 24 Millionen mit Arzneimitteln und Chemikalien, 17 Millionen mit Farbstoffen, 6 Millionen mit Düngemitteln und 5 Millionen mit Pflanzenschutzmitteln. Der Auslandsumsatz betrug 200.000 Reichsmark, exportiert wurden Farbstoffe und Chemikalien in fünf Nachbarländer.

Ebenfalls 1947 entstand die erste Fassung des später weltweit bekannten Firmenlogos Turm und Brücke, des von Peter Behrens entworfenen Technischen Verwaltungsgebäudes.

Durch die Währungsreform am 21. Juni 1948 und die schrittweise Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung begann das später sogenannte Wirtschaftswunder. Bereits kurz nach der Währungsreform begann der gemeinnützige Bau von Werkswohnungen, um die durch Kriegszerstörungen und die Aufnahme von Flüchtlingen entstandene Wohnungsnot zu lindern. 1949 genehmigte die amerikanische Kontrollbehörde die Einrichtung einer ersten Auslandsniederlassung in der Schweiz.

1950 ging die Penicillin-Produktion im Werk Höchst in Betrieb, deren Kapazität für die Versorgung des gesamten deutschen Marktes ausreichte. An der Einweihung nahmen neben dem amerikanischen Hochkommissar John Jay McCloy der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb sowie Vertreter der Hessischen Landesregierung und der Bundesregierung teil. Das Unternehmen firmierte nun als Farbwerke Hoechst vormals Meister Lucius & Brüning US Administration. Der Umsatz in Höchst wuchs von 163 Millionen DM (1949) auf 253 Millionen (1950).

Das Gesetz Nr. 35 der Alliierten Hohen Kommission schuf die Voraussetzung für die Entflechtung der I.G. Farben, das heißt für die Gründung von Nachfolgegesellschaften. Dabei orientierte man sich im Wesentlichen an den Besatzungszonen. Die am 7. Dezember 1951 gegründete Farbwerke Hoechst Aktiengesellschaft vormals Meister Lucius & Brüning umfasste schließlich den größten Teil der in der amerikanischen Zone gelegenen Werke der I.G. Farben; neben dem Werk Höchst waren dies die Werke Griesheim, Offenbach, Gersthofen und Gendorf sowie als Tochtergesellschaften die Knapsack-Griesheim AG, das Werk Bobingen (wo 1950 die Produktion der Chemiefaser Perlon aufgenommen worden war), die Behringwerke in Marburg, die Kalle AG in Wiesbaden und Anteile an der Wacker Chemie und der Sigri (die heutige SGL Carbon).
1952 bis 1974

Am 1. Januar 1952 trat die I.G. Farben in Liquidation und nannte sich von da an I.G. Farbenindustrie AG i.L.. Ihre einzige Aufgabe war es, alte Ansprüche zu verwalten und die rechtlichen Folgen der während der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen zu übernehmen, während sich ihre Nachfolgegesellschaften frei entwickeln sollten. Um die Entschädigung der Zwangsarbeiter in der Zeit des Nationalsozialismus wurde 1950 bis 1953 vor dem Landgericht Frankfurt am Main ein Musterprozess geführt (Norbert Wollheim gegen IG Farbenindustrie AG i.L.). Der Prozess endete in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main 1958 durch einen globalen Vergleich, der die Zahlung von insgesamt 30 Millionen DM durch die I.G. Farbenindustrie an mehrere tausend ehemalige Zwangsarbeiter vorsah.

Im ersten Geschäftsjahr 1952 beschäftigten die Farbwerke 15.000 Menschen in der Muttergesellschaft und fast 27.000 im Konzern. Der Umsatz betrug etwa 750 Millionen DM, wovon etwa 20 Prozent im Export erzielt wurden. Bereits 1952 erwarb Hoechst den Dortmunder Chemieanlagenbauer Uhde. Das Grundkapital von anfangs nur 100.000 DM war am 27. März 1953 in einer außerordentlichen Hauptversammlung rückwirkend zum 1. Januar 1952 auf 285,7 Millionen festgelegt worden. Dies entsprach der Bewertung der aus der I.G. Farben eingebrachten Sachanlagen im Einbringungsvertrag vom 26. März 1953.[24] Auf das Eigenkapital zahlte man im ersten Geschäftsjahr eine Dividende von vier Prozent. Damit waren die Farbwerke Hoechst neben BASF und Bayer der kleinste der drei großen I.G.-Farben-Nachfolger.

Trotz zäher Verhandlungen war es den Farbwerken nicht gelungen, die seit 1904 mit Hoechst verbundenen Cassella-Werke wieder in den Konzern zu integrieren. Die Farbwerke mussten sich mit einer Minderheitsbeteiligung von knapp über 25 Prozent begnügen. Den gleichen Anteil erhielten auch BASF und Bayer.

Erster Vorstandsvorsitzender der Farbwerke Hoechst (1952 bis 1969) wurde Karl Winnacker, Aufsichtsratsvorsitzender Hugo Zinßer. Jeder der 12 Vorstände erhielt anfangs ein Monatsgehalt von 6.000 DM. Alle Investitionen über 5000 Mark mussten zunächst von der Kontrollbehörde genehmigt werden. Erst am 27. März 1953 wurde das Unternehmen endgültig aus der alliierten Kontrolle entlassen. Im gleichen Jahr wurde in Somerville (New Jersey) als erste ausländische Tochtergesellschaft die American Hoechst Co. mit Hilfe deutscher Chemiker gegründet.

1955 bis 1963 übernahm Friedrich Jähne den Vorsitz im Aufsichtsrat. Er war nach seiner Verurteilung im I.G.-Farben-Prozess bereits Ende 1948 wieder aus der Haft entlassen worden.

1956 kamen Rastinon und Euglucon, die ersten oralen Antidiabetika, auf den Markt. Sie gehörten zu einer neuen Klasse von Wirkstoffen, den Sulfonylharnstoffen, deren Herstellung der Forschungsabteilung von Hoechst gemeinsam mit Boehringer Mannheim gelang. Als Geschenk zur 600-Jahr-Feier der Stadt Höchst errichteten die Farbwerke ein öffentliches Schwimmbad, das Silobad. Ebenfalls 1956 stiftete Hoechst der Universität Frankfurt anlässlich der Gründung des Instituts für Kernphysik den Forschungsreaktor Frankfurt, der 1958 als zweiter Kernreaktor in der Bundesrepublik Deutschland in Betrieb ging.

1957 installierte Hoechst als erstes europäisches Unternehmen eine Computeranlage. Der mit Tausenden von Elektronenröhren ausgestattete Großrechner vom Typ IBM 705 gehörte zur damals leistungsfähigsten Kategorie von Datenverarbeitungsanlagen für kommerzielle und wissenschaftliche Aufgaben. Sein Kernspeicher konnte 20.000 Zeichen speichern und seine Zentraleinheit 400 Multiplikationen pro Sekunde ausführen. Er blieb bis Anfang der 1960er Jahre im Einsatz.

Bis Ende der 1950er Jahre verdreifachte sich der Umsatz auf 2,7 Milliarden Mark, die Zahl der Mitarbeiter im Konzern stieg auf über 50.000. Das Wachstum wurde getrieben von einer Vielzahl neuer Produkte, vor allem Kunstfasern (Trevira) und Kunststoffen. Seit 1954 produzierte Hoechst Polyvinylchlorid, seit 1955 auch Polyethylen unter dem Markennamen Hostalen nach dem Ziegler-Natta-Verfahren. Voraussetzung für die neuen Produktionen war die Umstellung der Rohstoffversorgung von der Kohlechemie auf die Petrochemie. Hatte man früher das benötigte Acetylen aus Karbid gewonnen, für dessen Herstellung viel elektrische Energie benötigt wurde, so baute man 1955 in Höchst eine Spaltanlage für schweres Rohöl, den sogenannte Koker. Die Anlage konnte etwa 20.000 Tonnen Ethylen pro Jahr liefern, daneben Methan, Ethan und Propylen. Mit seiner 100 Meter hohen Kolonne und einer stets brennenden Fackel an der Spitze bildete er etwa 20 Jahre lang ein Wahrzeichen des Werkes Höchst. In einer weiteren Anlage, der Hochtemperaturpyrolyse, konnte man aus Leichtbenzin neben Ethylen auch Acetylen gewinnen. Damit besaßen die Farbwerke eine Rohstoffbasis, aus der sich neben den Kunststoffen auch Acetaldehyd, Essigsäure, Vinylacetat und Mowiol sowie daraus abgeleitete Produkte wie das Konservierungsmittel Sorbinsäure herstellen ließen.

Da das Werk Höchst inzwischen seine Kapazitätsgrenzen erreicht hatte und es nur südlich des Mains noch freie Flächen für eine Erweiterung gab, wurde 1960 die Werksbrücke Mitte gebaut. Ein Wasserwerk und das im September 1960 eingeweihte Hauptlabor waren die ersten Gebäude im neuen Südwerk, das rasch wuchs und seitdem einen großen Teil der Investitionen aufnahm.

1961 nahmen eine neue Produktionsstätte im wenige Kilometer von Höchst entfernten Kelsterbach den Betrieb auf. Am neuen Standort, der von der benachbarten Caltex-Raffinerie in Raunheim mit Vorprodukten versorgt wurde, produzierten die Farbwerke Höchst sowie die Ticona, ein Gemeinschaftsunternehmen von Hoechst und Celanese, unter dem Markennamen Hostaform hauptsächlich Kunststoffe für technische Anwendungsgebiete.

Zum hundertjährigen Jubiläum 1963 ließen die Farbwerke Hoechst die Jahrhunderthalle errichten. Im Jubiläumsjahr beschäftigten die Farbwerke Hoechst AG 63.000 Mitarbeiter, darunter 8000 im Ausland, und erwirtschaften einen Jahresumsatz von 3,5 Milliarden DM, davon 41 Prozent in über 70 Ländern außerhalb Deutschlands. 230.000 Aktionäre, darunter etwa 20.000 Belegschaftsaktionäre, teilten sich das Grundkapital von 770 Millionen DM. Die Dividende war auf 18 Prozent gestiegen, doch lag die Eigenkapitalbasis und die Rentabilität deutlich unter der vergleichbarer amerikanischer Unternehmen.

1964 übernahm Hoechst die Kapitalmehrheit der Chemischen Werke Albert in Mainz-Amöneburg, wo neben Arzneimitteln hauptsächlich Kunstharze hergestellt wurden. Im Werk Gendorf begann die Produktion von Hostaflon. Das erstmals ausgebrachte Diuretikum Lasix wurde für viele Jahre einer der Hauptumsatzträger des Pharmabereiches von Hoechst.

1965 investierte Hoechst zum ersten Mal in größerem Umfang in Umweltschutzanlagen. Im Stammwerk ging die erste Stufe der biologischen Abwasserreinigung in Betrieb, damals die erste biologische Kläranlage für industrielle Abwässer in Europa. Die Auslandsorganisation von Hoechst, die sich mittlerweile auf etwa 120 Staaten erstreckte, wurde in zahlreiche Landesgesellschaften gegliedert, welche die Aktivitäten aller Sparten im jeweiligen Land bündelten. Im selben Jahr wurde der Konzern Anteilseigner der Höchster Porzellanmanufaktur, die Beteiligung endete mit der Umstrukturierung des Unternehmens im Jahr 2001.

Mit der Inbetriebnahme der Faserwerke in Bad Hersfeld und Spartanburg (South Carolina), dem Werk Vlissingen für die Herstellung von Phosphor-Produkten sowie der Übernahme der Mehrheit an Spinnstoffabrik Zehlendorf AG in Berlin wuchs der Konzern 1966 weiter. 1967 übernahm Hoechst die Süddeutsche Zellwolle AG in Kelheim und die Reichhold Chemie AG in Hamburg. Im selben Jahr ging die neue Pharma-Fertigung H600 im Stammwerk in Betrieb, eines der größten Fabrikgebäude Europas. Erstmals wurde mehr als die Hälfte der Umsatzerlöse von damals 6,6 Milliarden DM im Ausland erzielt. Die wöchentliche Arbeitszeit war inzwischen auf 41,25 Stunden gesunken. Neue Elemente der betrieblichen Sozialpolitik, wie eine erfolgsabhängige Jahresprämie und die Finanzierung von Eigenheimen, ergänzten die traditionellen Instrumente, z. B. den Bau von Werkswohnungen oder die nach Dienstalter gezahlte Treueprämie. Die Gehaltszahlung erfolgte ab 1969 auch für die Arbeiter nicht mehr per Lohntüte, sondern bargeldlos und monatlich.

1968 folgten weitere Übernahmen, darunter die Mehrheitsbeteiligung an dem französischen, auf Hormone spezialisierten Pharmaunternehmen Roussel Uclaf, des Düsseldorfer Kosmetikunternehmens Marbert und der Farbwerke Schröder & Stadelmann in Lahnstein. Der Weltumsatz überschritt 1969 erstmals die Schwelle von 10 Milliarden DM. Rolf Sammet wurde Vorstandsvorsitzender als Nachfolger von Karl Winnacker.[25]

Am 1. Januar 1970 konnten die Farbwerke in einer von der Presse Flurbereinigung genannten Transaktion die Anteile der anderen Farben-Nachfolger an Cassella übernehmen. Im Gegenzug gab Hoechst seine Anteile an den Chemischen Werken Hüls an Bayer ab.[26] Auch zwischen Bayer und BASF kam es zu einem Tausch von Beteiligungen. Damit endeten die letzten Kapitalverflechtungen der Farbennachfolger untereinander.

Zum 1. Januar 1970 trat eine Neuorganisation des Unternehmens in Kraft. Das Unternehmen hatte nunmehr 14 Geschäftsbereiche. Die internen Querschnittsfunktionen wie Beschaffung, Personal und Finanz- und Rechnungswesen wurden als Ressorts bezeichnet, unter denen das Ingenieurwesen das größte war. Die Auslandsvertretungen wurden in Landes- oder Regionengesellschaften gebündelt. Jedes der etwa 14 Mitglieder des Vorstandes war für mehrere Geschäftsbereiche, Ressorts oder Regionen verantwortlich. Diese Organisationsstruktur blieb bis zum Beginn der 1990er Jahre bestehen.

1970 führten die Farbwerke Hoechst die 40-Stunden-Woche ein. Die Dividende erreichte mit 10,- DM je Aktie zu 50 DM Nennwert eine Höhe, die erst 1985 wieder erreicht wurde. Bereits 1971 kam es durch die Freigabe des Wechselkurses von DM in Dollar trotz steigender Umsätze zu einem Gewinnrückgang, so dass die Dividende auf 7,50 DM abgesenkt werden musste. 1972 waren 146.300 Mitarbeiter im Hoechst-Konzern beschäftigt und erzielten einen Jahresumsatz von 13,6 Milliarden DM. Erstmals gehörten dazu die im selben Jahr übernommene Herberts GmbH in Wuppertal, ein Hersteller von Autolacken mit weltweit rund 5000 Mitarbeitern, sowie die Faserwerke Ernst Michalke GmbH & Co. in Langweid am Lech. Das neu auf den Markt gebrachte Trental gegen Durchblutungsstörungen wurde bald zum langjährig umsatzstärksten Medikament des Pharmabereiches.
1974 bis 1990

1974 legte das Unternehmen seinen alten Namen Farbwerke Hoechst AG vormals Meister Lucius & Brüning ab und firmierte seitdem als Hoechst Aktiengesellschaft. Im selben Jahr übernahm Hoechst 56 Prozent des französischen Pharmaunternehmens Roussel-Uclaf. Die erste Ölkrise von 1973 brachte aufgrund der Verteuerung von Rohstoffen und der im Folgejahr einsetzenden Konjunkturkrise deutliche Einschnitte und zwang das Unternehmen zu Rationalisierungen. Im zweiten Halbjahr 1974 führte Hoechst erstmals Kurzarbeit für zeitweise rund 5000 Mitarbeiter der Geschäftsbereiche Faser, Farben und Lacke ein. Im selben Jahr brachte die aus der Wiesbadener Kalle hervorgegangene infotec GmbH mit dem Infotec 6000 den ersten digitalen Fernkopierer Europas auf den Markt. Die Technik der Infotec 6000 war die Basis für den heute immer noch gültigen Telefax-Standard G3.

1975 legte Hoechst seine eigenen petrochemischen Anlagen zur Äthylenversorgung still und beteiligte sich mit einem Viertel der Anteile an dem Raffinerieunternehmen UK Wesseling. Für die Rohstoffversorgung der Werke Höchst und Kelsterbach sorgte seitdem eine Pipeline, die von Rotterdam aus den Rhein entlang bis Ludwigshafen führt.

Die verschärfte Rezession des Jahres 1975 sorgte trotz Rationalisierungen und Kurzarbeit für einen Gewinneinbruch, der auch in den Folgejahren kaum aufgeholt wurde. Obwohl der Weltumsatz mittlerweile auf 20,7 Milliarden DM gestiegen war, musste die Dividende von 9 DM im Vorjahr auf 7 DM abgesenkt werden. Die Eigenkapitalrendite des Konzern betrug nur noch 5,8 Prozent, stieg aber im Folgejahr wieder auf 11,1 Prozent. 1975 beschäftigte der Konzern weltweit 182.470 Mitarbeiter.

Nach einem Anstieg von Gewinn und Dividende 1976 konnten bereits für 1977 wieder nur 6 DM ausgeschüttet werden. Der Konzerngewinn hatte sich bei annähernd konstantem Umsatz auf 304 Millionen DM halbiert. Allein der Faserbereich verzeichnete Verluste von 241 Millionen DM, aber auch Farben und Kunststoffe litten unter der Abschwächung der Weltkonjunktur. Im Faserbereich kam es zu Produktionsstilllegungen, z. B. der Anlagen zur Produktion von Perlon-Fäden bei der Tochtergesellschaft Spinnstoffwerke Zehlendorf in Berlin. 1978 und 1979 erholten sich die Geschäfte, so dass die Dividende für 1979 wieder angehoben werden konnte.

Ab 1979 wurden zur biologischen Abwasserreinigung neu entwickelte Biohoch-Reaktoren in verschiedenen deutschen Werken errichtet. Die 15 bis 30 Meter hohen Bauwerke erlaubten eine effektivere Reinigung der Abwässer, bei gleichzeitig geringerem Energie- und Platzbedarf gegenüber den früheren Betonbecken.

Das 1980 eingeführte Claforan, ein parenterales Cephalosporin, wurde zum erfolgreichen Antibiotikum und löste in den 1990er Jahren das Trental als umsatzstärkstes Medikament von Hoechst ab.

Anfang der 1980er Jahre stieg der Umsatz aufgrund der hohen Rohstoffpreise auf über 34 Milliarden DM an. Der Jahresüberschuss sank jedoch ab. Vor allem das Jahr 1982 wurde mit nur noch 317 Millionen Mark zu einem der schwächsten Geschäftsjahre. Die schwache Entwicklung war vor allem auf die Bereiche Kunststoffe und Landwirtschaft zurückzuführen.

1982 übernahm Kuwait eine Beteiligung von knapp 25 Prozent an der Hoechst AG. Bei der französischen Tochtergesellschaft Roussel-Uclaf, die nach dem Willen der linken Koalitionsregierung unter Premierminister Pierre Mauroy verstaatlicht werden sollte, kam es zu einer Einigung auf dem Verhandlungsweg. Hoechst musste seine Beteiligung von 57,9 Prozent nur auf 54,5 Prozent zurücknehmen.

Auf der Hauptversammlung 1983 traten erstmals Vertreter alternativer Gruppen als Opponenten auf. Sie hielten der Verwaltung mangelnde Umweltschutzanstrengungen vor und verlangten, auf die Ausschüttung einer Dividende zu verzichten und den „gesamten Bilanzgewinn für Zwecke des Umweltschutzes“ zu verwenden. Es kam zu Tumulten unter den Aktionären. Die Polizei nahm einen der Opponenten zeitweise in Gewahrsam.[27]

Im selben Jahr teilte das Unternehmen mit, dass der Aufwand für Forschung, Investitionen und Betriebskosten mit 1,2 Milliarden DM einen neuen Höchststand erreicht hatte. Um einen „sozialverträglichen Personalabbau“ einzuleiten, bot Hoechst älteren Arbeitnehmern ab 58 Jahren erstmals die Frühpensionierung an.

1984 trennte sich Hoechst von der Beteiligung an UK Wesseling und übernahm alle Anteile der Ruhrchemie in Oberhausen. Im Stammwerk wurde nach sechzig Jahren die Düngemittelproduktion aus Ammoniak und Salpetersäure stillgelegt. Bis dahin hatte die gelbe Rauchfahne der Salpetersäurefabrik ein Wahrzeichen des Werkes Höchst gebildet.

Ebenfalls 1984 wurde ein Antrag für den Bau einer Anlage zur Produktion von Humaninsulin nach einem biotechnischen Verfahren aus gentechnisch veränderten Coli-Bakterien im Werk Höchst gestellt. Die Fertigstellung und Genehmigung der Anlage verzögerte sich wegen der unklaren Gesetzeslage und des Widerstandes der ab 1985 amtierenden rot-grünen Landesregierung. Erst nachdem 1990 das Verwaltungsgericht Frankfurt anhängige Klagen zurückgewiesen hatte, konnte die Anlage 1998 in Betrieb genommen werden.[28] Diese mit 300 Mio DM sehr kostenträchtige Verzögerung hatte zur Folge, dass von der Konzernleitung für ähnliche Projekte fortan andere Standorte favorisiert wurden.[29]

Die bisher den Angestellten vorbehaltene Pensionskasse wurde 1984 auch für die Arbeiter geöffnet. 80 Prozent nutzen das neue Angebot.

1985 trat Wolfgang Hilger die Nachfolge des seit 1969 amtierenden Vorstandsvorsitzenden Rolf Sammet an. 1986 musste Hoechst das 1976 eingeführte Antidepressivum Alival wegen Verdacht auf schwere Nebenwirkungen aus dem Markt nehmen. Nach einem Brandunglück am 1. November 1986 im Chemiewerk Schweizerhalle bei Basel, bei dem austretendes Löschwasser in den Rhein geriet und ein schweres Fischsterben auslöste, geriet die chemische Industrie in die Kritik der Öffentlichkeit. Hoechst reagierte darauf mit der Veröffentlichung von Leitlinien für Umweltschutz und Sicherheit für die Unternehmensziele.

Anfang 1987 übernahm Hoechst für über 5 Milliarden DM das US-amerikanische Chemieunternehmen Celanese Corporation und verschmolz es mit der Landesgesellschaft American Hoechst zur Hoechst Celanese Corporation. Es handelte sich zum damaligen Zeitpunkt um die größte Auslandsinvestition eines deutschen Unternehmens. Der damals für USA verantwortliche Jürgen Dormann charakterisierte dies mit den Worten "Der Vorstoß in eine neue Dimension, quantitativ und qualitativ". Nach der Übernahme erreichte der US-Markt mit 25 Prozent des Konzernumsatzes von 37 Milliarden DM die gleiche Größenordnung wie der deutsche Markt. Mit der Übernahme erreichte Hoechst vor allem bei technischen Fasern und organischen Chemikalien eine stärkere Marktposition. Die Microfasern Trevira Finesse und Trevira Micronesse wurden in der Textilindustrie eingeführt, zunächst vor allem für Sportbekleidung. Der 1967 zufällig entdeckte Süßstoff Acesulfam (Sunett®)[30] Sunett erhielt nach Abschluss der toxikologischen Prüfungen in vielen Ländern seine Zulassung.

Aufgrund des Montreal-Protokolls vom 16. September 1987, das die Verwendung von Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffen einschränkte, die für das 1977 erstmals beobachtete Ozonloch verantwortlich gemacht wurden, bot Hoechst als größter europäischer Hersteller von FCKW die Rücknahme gebrauchter Kältemittel in einem geschlossenen Kreislauf an. Forderungen nach einer Einstellung der Produktion lehnte Hoechst ab. Erst 1990 kündigte das Unternehmen nach einer öffentlichen Kampagne gegen den Vorstandsvorsitzenden Hilger die schrittweise Produktionseinstellung bis 1995 an, fünf Jahre vor dem im Montreal-Protokoll festgelegten Zeitpunkt.

Der 1987 abgeschlossene Entgelttarifvertrag schaffte die unterschiedlichen Lohn- und Gehaltssysteme für Arbeiter und Angestellte ab und schuf ein einheitliches System aus 13 Tarifentgeltstufen. Der zwischen Hoechst und der Gewerkschaft Chemie-Papier-Keramik ausgehandelte Haustarifvertrag ergänzte den Tarifvertrag noch um eigene, über den normalen Tarifentgelten liegende und mit zunehmender Betriebszugehörigkeit ansteigende Entgeltstufen.

Am 17. Januar 1987 wurde Rudolf Cordes, Leiter der Hoechst-Niederlassung in Libanon, Syrien und Jordanien, von einer Hisbollah-Gruppe namens Kämpfer für die Freiheit verschleppt. Die Entführer wollten die Freilassung von Mohammed Ali Hamadi erzwingen, der am 13. Januar 1987 auf dem Flughafen Frankfurt verhaftet worden war. Während der kurz nach Cordes ebenfalls verschleppte Siemens-Mitarbeiter Alfred Schmidt im September 1987 freikam, wurde Cordes erst nach 605 Tagen Geiselhaft am 12. September 1988 freigelassen.

Die Geschäftsjahre 1988, in dem Hoechst sein 125-jähriges Jubiläum feierte, und 1989 werden zu den wirtschaftlich erfolgreichsten Geschäftsjahren in der Geschichte der Hoechst AG. 1989 betrug der Konzernumsatz fast 46 Milliarden DM. Der Gewinn vor Ertragssteuern stieg auf 4146 Millionen DM, zum damaligen Zeitpunkt der höchste je von einem börsennotierten deutschen Unternehmen erzielte Gewinn. Auch die Eigenkapitalrendite erreichte mit 19,1 Prozent (1988) bzw. 17,9 Prozent einen Höchstwert.

Dem am 1. Juli 1988 eingeführten DAX gehörte die Hoechst AG mit einer Gewichtung von 3,03 Prozent an.

So hier unterbrechen wir, wer sich weiter für diese durchaus interessante Geschichte interressiert,dem sei der Link empfohlen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Hoechst

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