Ein Wasserrad oder Mühlrad
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Ein Wasserrad oder Mühlrad
Ein Wasserrad, oft auch Mühlrad genannt, ist eine Wasserkraftmaschine, die die potentielle oder kinetische Energie des Wassers nutzt, um Wassermühlen aller Art, Generatoren von kleinen Wasserkraftwerken oder Wasserschöpfwerke anzutreiben.
Oberschlächtiges Wasserrad im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck
Unterschlächtiges Wasserrad beim Rheinfall in Neuhausen (Schweiz)
Sägemühle (links) und Getreidemühle (rechts) jeweils mit eigenem oberschlächtigem Wasserrad. Luttermühle am Weesener Bach, Hermannsburg, um 1960
Bedeutung
Ein altes Wasserrad am Stiglbach
In den industrialisierten Regionen haben Wasserräder heute kaum noch wirtschaftliche Bedeutung. Die meisten stehen in den zahlreichen zu Museen umgebauten Mühlen, einige treiben kleinere Generatoren an und dienen der Stromerzeugung. Teilweise laufen Wasserräder zu dekorativen Zwecken ohne Energienutzung. Im Schlosspark Nymphenburg in München betreiben Wasserräder allerdings seit über 200 Jahren bis heute die Pumpwerke für die beiden Fontänen vor dem Schloss. Ein wichtiger Unterschied zwischen Wasserrädern und Turbinen: Wasserräder können ohne Regelung und mit stark schwankenden Wassermengen ohne nennenswerte Einbußen beim Wirkungsgrad laufen.
Neben den reinen Wassermühlen gab und gibt es Mühlen, die ihre Antriebskraft aus Wasser und Wind zugleich beziehen. Eine der wenigen heute noch komplett erhaltenen derartigen Mühlen ist die Hüvener Mühle im nördlichen Emsland.
Die meisten Wasserräder stehen in den Entwicklungsländern Afrikas und Asiens als unerlässliche Hilfsmittel vor allem der Landwirtschaft zur Verfügung. Das weltweit zur Verfügung stehende Leistungspotenzial von Wasserrädern dürfte nach seriösen Schätzungen im Bereich einiger Terawatt liegen. Typischerweise liefert ein Wasserrad eine Antriebsleistung im ein- bis zweistelligen Kilowatt-Bereich. Es stellt einen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Wasserkraft dar, da es durch seine geringe Leistung und dezentrale Anordnung nur einen kleinen Eingriff in die Natur erfordert.
Geschichte
Darstellung der römischen Sägemühle von Hierapolis in Kleinasien.
Die aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. stammende Mühle ist die erste bekannte Maschine, die mit einem Mechanismus aus Kurbelwelle und Pleuelstange arbeitete.[1]
Das „Great Laxey Wheel“, Europas größtes Wasserrad mit 22 m Durchmesser
Wirkungsgrad des oberschlächtigen Turaswasserrades
Die Erfindung des Wasserrades durch griechische Ingenieure im 4./3. Jahrhundert v. Chr. stellte einen Meilenstein in der Entwicklung der Technik dar, da durch die Nutzung der Wasserkraft mechanische Energie nutzbar gemacht werden konnte.[2][3] Zu Anfang dienten Wasserräder der Bewässerung in der Landwirtschaft, als Schöpfrad zum Heben von Wasser. Solche Schöpfräder sind seit vor der Zeitenwende in den hellenistischen Staaten und im Römischen Reich, später auch in Indien und China verbreitet.
Bereits in römischer Zeit wurden Wasserräder auch für den Antrieb von Mahlmühlen genutzt. Der römische Baumeister und Ingenieur Vitruv beschreibt in seiner „architectura“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. sowohl das Prinzip des Wasserschöpfrads als auch das der -mühle ausführlich. Der früheste Nachweis einer Wassermühle in Deutschland gelang den Archäologen durch die Ausgrabung einer Mühle aus der Zeit um Christi Geburt an der Inde (siehe Inde (Fluss) Geschichte). Funde in der alemannischen Siedlung Mittelhofen bei Lauchheim datieren aus dem 6. Jahrhundert. Bereits im 9. Jahrhundert gab es viele Mühlen in Zentralfrankreich. Seit dem 12. Jahrhundert waren Wassermühlen in Mitteleuropa verbreitet. Später kam die Nutzung von Ölmühlen, Walkmühlen, Sägemühlen, Hammerwerken, Papiermühlen und Schleifmühlen hinzu. Der beginnenden Industrialisierung diente das Wasserrad zum Antreiben von Maschinen über die ersten Transmissionen. Auch im Bergwesen wurden sie zum Materialtransport und zur Entwässerung eingesetzt. So wurde im Oberharzer Bergbau mit Beginn des 16. Jahrhunderts der durch die Pest von 1348 zum Erliegen gekommene Bergbau auf Blei, Kupfer und Silber wieder aufgenommen. Im Jahr 1868 veröffentlichte Alfred Dumreicher eine detaillierte Beschreibung des Oberharzer Wasserkraft-Systems.[4] Er zählt darin 190 Wasserräder in der Größe von 6 Fuß (=1,7 m) bis 40 Fuß (=11,5 m) Durchmesser auf. Dazu kommen noch drei – für die damalige Zeit ganz moderne – Wassersäulenmaschinen hinzu. 18 Wasserräder haben einen Durchmesser von mehr als 10 Metern und 10 Wasserräder mit 11 Meter Durchmesser und mehr. Dumreicher beziffert die in diesem Wasserkraftsystem erbrachte Leistung auf 1870 Pferdekräfte netto. Dabei ist anzumerken, dass hier die Wasserkraft für die besonderen Anforderungen im Erz-Bergbau eingesetzt wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben war die Förderung des Erzes von dem unter Tage liegenden Abbaustollen über Höhen von teilweise mehr als 500 Meter zu Tage. Ein mit Erz gefüllter Förderkorb hatte damals ein Gewicht von 300–350 Kilogramm. Weitere Aufgaben waren die Beförderung der Bergleute mit Hilfe der Fahrkunst und das Herausheben des in die Gruben eingesickerten Wassers in Form der bergmännisch genutzten Wasserkunst.
Video: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/c/cf/NSlateMuseumWaterWheel.ogg/NSlateMuseumWaterWheel.ogg.480p.ogv
Das große Wasserrad im National Slate Museums in Wales
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/3/37/Rammelsberg-oberes-rad-hr2013-2.webm/Rammelsberg-oberes-rad-hr2013-2.webm.480p.webm
Ein weiteres Beispiel sind die in Möhrendorf an der Regnitz noch vorhandenen neun historischen Wasserschöpfräder, die bereits für den Anfang des 15. Jahrhunderts belegt sind. Eines der größten historischen Wasserräder Deutschlands ist mit 9,6 m Durchmesser, das 1745–1748 erbaute „Große Rad“ in Schwalheim bei Bad Nauheim. Es trieb die mechanischen Pumpen einer frühindustriellen Salinenanlage an. Das größte Wasserrad überhaupt steht auf der Isle of Man. Das „Great Laxey Wheel“ hat etwa 22 m Durchmesser und diente der Entwässerung eines Bergwerks.
Eine ausreichende Wasserversorgung war ein wichtiger Punkt in der Standortbewertung der entstehenden Fabriken, im Gegensatz zu anderen Standortkriterien in der heutigen Zeit. Wesentlicher Punkt, um ein Wasserrad betreiben zu können, waren die Wasserrechte. So findet man heute noch Eigentumsrechte von alten Industriebetrieben im Quellgebiet von Flüssen oder größeren Bächen, die von den Eigentümern nicht mehr genutzt werden. Die zur Verbesserung und Sicherung der Mühlenleistung angelegten Mühlenstauen sind an kleinen Gewässern oft noch als Mühlenteiche erhalten. An größeren Gewässern hatten sie weitreichende Auswirkungen und waren darum im Mittelalter ein Politikum.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts machten es die aufkommenden Wasserturbinen möglich, viel größere Wassermengen und höhere Gefälle zu nutzen. Durch die Einführung der Elektrizität musste die Energie nicht mehr vor Ort mechanisch übertragen werden, sondern konnte in elektrischen Strom umgewandelt werden. Es entstanden Wasserkraftwerke, welche auf Grund ihrer Größe kostengünstiger produzieren konnten und die kleinen Kraftwerke mit Wasserrad allmählich verdrängten. Versuche, die vergleichsweise kleinen Wasserräder durch Turbinen zu ersetzen, schlugen vielfach fehl, da beide Antriebe völlig unterschiedliche Eigenschaften haben. Moderne Turbinenentwicklungen eröffnen inzwischen neue Möglichkeiten der Nutzung.
Bauformen von Wasserrädern
Diagramm Einsatzbereiche der Bauformen
Wasserräder können nach Art des Wasserzulaufs klassifiziert werden. Je nach Gefälle sowie der Höhendifferenz zwischen Zu- und Ablauf werden verschiedene Wasserräder eingesetzt.
Unabhängig davon unterscheidet man zwischen Zellen- und Schaufelrad.
Zellenräder bestehen aus seitlich und nach unten abgeschlossenen Behältern (Zellen), die das Wasser maximal eine halbe Umdrehung festhalten. Diese Bauform wird auch als Staber- oder Kranzrad bezeichnet.[5] Eine Sonderform stellt das Pansterrad dar, das nach demselben Prinzip aufgebaut, jedoch wesentlich größer und breiter und daher für den Einsatz in Flüssen geeignet ist.[5]
Schaufelräder besitzen keine Zellen, sondern nur radial angeordnete Bleche oder Bretter (Schaufeln), die zu allen Seiten offen sind. Um das Wasser in den Schaufeln zu halten, laufen die meisten Schaufelräder in einem Kropfgerinne. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen, muss das Kropfgerinne möglichst eng an der Schaufel anliegen (sh. Abb. „mittelschlächtiges Wasserrad“). Diese Bauform wird auch als Strauber- oder Stelzenrad bezeichnet.[5]
Die Abbildungen „oberschlächtiges Wasserrad“ und „mittelschlächtiges Wasserrad“ zeigen ein Zellenrad, die Abbildung „unterschlächtiges Wasserrad“ ein Schaufelrad.
Oberschlächtiges Wasserrad
Gerinne und Oberschlächtiges Wasserrad der Zschonermühle in Dresden
Oberschlächtiges Wasserrad
Video: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/5/59/Oberschlaechtiges_Wasserrad.OGG/Oberschlaechtiges_Wasserrad.OGG.480p.ogv
Oberschlächtiges Wasserrad in Betrieb
Oberschlächtiges Wasserrad einer Lesachtaler Mühle (Kärnten, A)
Im Gegensatz zur Wasserturbine benötigt ein oberschlächtiges Wasserrad keinen Rechen, um Treibgut herauszufiltern, und der Wirkungsgrad ist weniger abhängig von Schwankungen der Wassermenge. Das Einsatzgebiet liegt bei Gefällen von 2,5 m bis 10 m und Wassermengen bis zu 2 m³/s (typisch sind Gefälle von 3 bis 6 m und Wassermengen von 0,1 bis 0,5 m³/s). Für Mühlen liegen die typischen Wasserradleistungen zwischen 2 und 10 kW. Oberschlächtige Wasserräder werden bei Umfangsgeschwindigkeiten von ca. 1,5 m/s betrieben.
Das Wasser wird bei einem kleinen Wehr, einige 100 m oberhalb des Wasserrades vom Mutterbach abgezweigt und in einem künstlichen Kanal mit wenig Gefälle zum Rad geleitet. Dieser Kanal wird oft als Obergraben, Mühlbach oder oberer Mühlgraben bezeichnet. Das Wehr dient der Regulierung der zuströmenden Wassermenge. Der letzte Teil des Kanals vor dem Rad wird Gerinne genannt. Es besteht häufig aus Holzbrettern oder Metall. Am Gerinne ist ein Freifluter, auch Leerschuss genannt, angebracht, welcher bei Stillstand des Wasserrades das Wasser am Rad vorbeileitet. Eine weitere Anlagenform besteht darin, dass der Obergraben zu einem Stauteich erweitert wird. Das Wasserrad steht in unmittelbarer Nähe hinter dem Teichdamm. Der Wasserzufluss zum Rad wird bei dieser Anlagenform über ein Radschütz gesteuert, welches sich am Ende des Gerinnes befindet.
Unter optimalen Bedingungen (insbesondere mit Schaufeln aus Stahlblech) werden beim oberschlächtigen Wasserrad Wirkungsgrade von über 80 % realisiert. Allerdings ist ein Wasserrad im Winter mit Vereisungsproblemen konfrontiert. Enteisungsarbeit am Wasserrad ist anstrengend und nicht ungefährlich. Daher wurden viele Wasserräder mit einem Radhaus umbaut. Das Radhaus schützt nicht nur vor Eis, sondern verhindert auch ein Austrocknen bei Stillstand, wodurch es bei hölzernen Bauteilen zu unregelmäßigem Gang des Rades kommt. Turbinen haben diese Probleme nicht.
Die Leistung eines oberschlächtigen Wasserrades errechnet sich zu: P = \eta _\mathrm{ges.}\cdot \rho\cdot \dot V \cdot g \cdot h
mit Leistung P in Watt, Wirkungsgrad: \eta_\mathrm{ges.}= \eta_{T}\cdot \eta_\mathrm{Getr.}, Dichte des Wassers: \rho in kg/m³, Volumenstrom \dot V in m³/s, Fallbeschleunigung: g in m/s² und der Fallhöhe, bzw. dem Raddurchmesser h in m.
Kehrrad
Rekonstruktion eines Kehrrades mit 9,5 m Durchmesser in Clausthal-Zellerfeld
Eine besondere Bauform ist das Kehrrad. Es wird ausschließlich oberschlächtig beaufschlagt und hat zwei gegenläufig angeordnete Schaufelkränze, so dass es je nach Beaufschlagung seine Drehrichtung ändern kann. Kehrräder fanden im Bergbau Verwendung, um mit Wasserkraft Fördermittel anzutreiben. Durch die Umkehr der Richtung konnten die Tonnen oder Körbe gehoben und gesenkt werden. In der Regel befand sich eine Seiltrommel oder ein Kettenkorb mit auf der Welle des Rades. Unabdingbar war darüber hinaus eine Bremsvorrichtung, um das Kehrrad abbremsen zu können (Bremsrad). Die älteste heute bekannte Darstellung eines Kehrrades stammt von Georgius Agricola aus dem Jahre 1556.
Mittelschlächtiges und rückschlächtiges Wasserrad
Mittelschlächtiges Wasserrad
Mittelschlächtiges Wasserrad – Stütings Mühle in Belecke
Mittelschlächtige Wasserräder werden etwa auf Nabenhöhe beaufschlagt („vom Wasser getroffen“) und nutzen Strömung und Gewicht des Wassers, also Stoß und Druck gleichermaßen.[5] Sie können als Zellenrad oder als Schaufelrad gebaut werden. Mittelschlächtige Zellenräder werden auch rückschlächtig genannt, sie werden ähnlich wie oberschlächtige Räder gebaut, drehen aber in die entgegengesetzte Richtung. Der Übergang zu unterschlächtigen Rädern ist fließend, auch Zuppinger-Räder (Siehe: unterschlächtiges Wasserrad) können fast auf Nabenhöhe beaufschlagt werden.
Manche mittelschlächtige Räder haben einen Kulisseneinlauf ('a' in der Schemaskizze). Das ist eine meist verstellbare Leitvorrichtung, welche das Wasser in mehrere Teilstrahlen (meist drei) aufteilt und dem Rad in einer bestimmten Richtung zuführt.
Moderne mittelschlächtige Wasserräder können bei entsprechender Konstruktion von Zulauf und Ablauf sowie Kammern und Schaufelform Wirkungsgrade von bis zu 85 % erreichen, was sie nahe an den Wirkungsgrad von herkömmlichen Turbinen heranbringt.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Oberschlächtiges Wasserrad im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck
Unterschlächtiges Wasserrad beim Rheinfall in Neuhausen (Schweiz)
Sägemühle (links) und Getreidemühle (rechts) jeweils mit eigenem oberschlächtigem Wasserrad. Luttermühle am Weesener Bach, Hermannsburg, um 1960
Bedeutung
Ein altes Wasserrad am Stiglbach
In den industrialisierten Regionen haben Wasserräder heute kaum noch wirtschaftliche Bedeutung. Die meisten stehen in den zahlreichen zu Museen umgebauten Mühlen, einige treiben kleinere Generatoren an und dienen der Stromerzeugung. Teilweise laufen Wasserräder zu dekorativen Zwecken ohne Energienutzung. Im Schlosspark Nymphenburg in München betreiben Wasserräder allerdings seit über 200 Jahren bis heute die Pumpwerke für die beiden Fontänen vor dem Schloss. Ein wichtiger Unterschied zwischen Wasserrädern und Turbinen: Wasserräder können ohne Regelung und mit stark schwankenden Wassermengen ohne nennenswerte Einbußen beim Wirkungsgrad laufen.
Neben den reinen Wassermühlen gab und gibt es Mühlen, die ihre Antriebskraft aus Wasser und Wind zugleich beziehen. Eine der wenigen heute noch komplett erhaltenen derartigen Mühlen ist die Hüvener Mühle im nördlichen Emsland.
Die meisten Wasserräder stehen in den Entwicklungsländern Afrikas und Asiens als unerlässliche Hilfsmittel vor allem der Landwirtschaft zur Verfügung. Das weltweit zur Verfügung stehende Leistungspotenzial von Wasserrädern dürfte nach seriösen Schätzungen im Bereich einiger Terawatt liegen. Typischerweise liefert ein Wasserrad eine Antriebsleistung im ein- bis zweistelligen Kilowatt-Bereich. Es stellt einen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Wasserkraft dar, da es durch seine geringe Leistung und dezentrale Anordnung nur einen kleinen Eingriff in die Natur erfordert.
Geschichte
Darstellung der römischen Sägemühle von Hierapolis in Kleinasien.
Die aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. stammende Mühle ist die erste bekannte Maschine, die mit einem Mechanismus aus Kurbelwelle und Pleuelstange arbeitete.[1]
Das „Great Laxey Wheel“, Europas größtes Wasserrad mit 22 m Durchmesser
Wirkungsgrad des oberschlächtigen Turaswasserrades
Die Erfindung des Wasserrades durch griechische Ingenieure im 4./3. Jahrhundert v. Chr. stellte einen Meilenstein in der Entwicklung der Technik dar, da durch die Nutzung der Wasserkraft mechanische Energie nutzbar gemacht werden konnte.[2][3] Zu Anfang dienten Wasserräder der Bewässerung in der Landwirtschaft, als Schöpfrad zum Heben von Wasser. Solche Schöpfräder sind seit vor der Zeitenwende in den hellenistischen Staaten und im Römischen Reich, später auch in Indien und China verbreitet.
Bereits in römischer Zeit wurden Wasserräder auch für den Antrieb von Mahlmühlen genutzt. Der römische Baumeister und Ingenieur Vitruv beschreibt in seiner „architectura“ aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. sowohl das Prinzip des Wasserschöpfrads als auch das der -mühle ausführlich. Der früheste Nachweis einer Wassermühle in Deutschland gelang den Archäologen durch die Ausgrabung einer Mühle aus der Zeit um Christi Geburt an der Inde (siehe Inde (Fluss) Geschichte). Funde in der alemannischen Siedlung Mittelhofen bei Lauchheim datieren aus dem 6. Jahrhundert. Bereits im 9. Jahrhundert gab es viele Mühlen in Zentralfrankreich. Seit dem 12. Jahrhundert waren Wassermühlen in Mitteleuropa verbreitet. Später kam die Nutzung von Ölmühlen, Walkmühlen, Sägemühlen, Hammerwerken, Papiermühlen und Schleifmühlen hinzu. Der beginnenden Industrialisierung diente das Wasserrad zum Antreiben von Maschinen über die ersten Transmissionen. Auch im Bergwesen wurden sie zum Materialtransport und zur Entwässerung eingesetzt. So wurde im Oberharzer Bergbau mit Beginn des 16. Jahrhunderts der durch die Pest von 1348 zum Erliegen gekommene Bergbau auf Blei, Kupfer und Silber wieder aufgenommen. Im Jahr 1868 veröffentlichte Alfred Dumreicher eine detaillierte Beschreibung des Oberharzer Wasserkraft-Systems.[4] Er zählt darin 190 Wasserräder in der Größe von 6 Fuß (=1,7 m) bis 40 Fuß (=11,5 m) Durchmesser auf. Dazu kommen noch drei – für die damalige Zeit ganz moderne – Wassersäulenmaschinen hinzu. 18 Wasserräder haben einen Durchmesser von mehr als 10 Metern und 10 Wasserräder mit 11 Meter Durchmesser und mehr. Dumreicher beziffert die in diesem Wasserkraftsystem erbrachte Leistung auf 1870 Pferdekräfte netto. Dabei ist anzumerken, dass hier die Wasserkraft für die besonderen Anforderungen im Erz-Bergbau eingesetzt wurde. Eine der wichtigsten Aufgaben war die Förderung des Erzes von dem unter Tage liegenden Abbaustollen über Höhen von teilweise mehr als 500 Meter zu Tage. Ein mit Erz gefüllter Förderkorb hatte damals ein Gewicht von 300–350 Kilogramm. Weitere Aufgaben waren die Beförderung der Bergleute mit Hilfe der Fahrkunst und das Herausheben des in die Gruben eingesickerten Wassers in Form der bergmännisch genutzten Wasserkunst.
Video: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/c/cf/NSlateMuseumWaterWheel.ogg/NSlateMuseumWaterWheel.ogg.480p.ogv
Das große Wasserrad im National Slate Museums in Wales
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/3/37/Rammelsberg-oberes-rad-hr2013-2.webm/Rammelsberg-oberes-rad-hr2013-2.webm.480p.webm
Ein weiteres Beispiel sind die in Möhrendorf an der Regnitz noch vorhandenen neun historischen Wasserschöpfräder, die bereits für den Anfang des 15. Jahrhunderts belegt sind. Eines der größten historischen Wasserräder Deutschlands ist mit 9,6 m Durchmesser, das 1745–1748 erbaute „Große Rad“ in Schwalheim bei Bad Nauheim. Es trieb die mechanischen Pumpen einer frühindustriellen Salinenanlage an. Das größte Wasserrad überhaupt steht auf der Isle of Man. Das „Great Laxey Wheel“ hat etwa 22 m Durchmesser und diente der Entwässerung eines Bergwerks.
Eine ausreichende Wasserversorgung war ein wichtiger Punkt in der Standortbewertung der entstehenden Fabriken, im Gegensatz zu anderen Standortkriterien in der heutigen Zeit. Wesentlicher Punkt, um ein Wasserrad betreiben zu können, waren die Wasserrechte. So findet man heute noch Eigentumsrechte von alten Industriebetrieben im Quellgebiet von Flüssen oder größeren Bächen, die von den Eigentümern nicht mehr genutzt werden. Die zur Verbesserung und Sicherung der Mühlenleistung angelegten Mühlenstauen sind an kleinen Gewässern oft noch als Mühlenteiche erhalten. An größeren Gewässern hatten sie weitreichende Auswirkungen und waren darum im Mittelalter ein Politikum.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts machten es die aufkommenden Wasserturbinen möglich, viel größere Wassermengen und höhere Gefälle zu nutzen. Durch die Einführung der Elektrizität musste die Energie nicht mehr vor Ort mechanisch übertragen werden, sondern konnte in elektrischen Strom umgewandelt werden. Es entstanden Wasserkraftwerke, welche auf Grund ihrer Größe kostengünstiger produzieren konnten und die kleinen Kraftwerke mit Wasserrad allmählich verdrängten. Versuche, die vergleichsweise kleinen Wasserräder durch Turbinen zu ersetzen, schlugen vielfach fehl, da beide Antriebe völlig unterschiedliche Eigenschaften haben. Moderne Turbinenentwicklungen eröffnen inzwischen neue Möglichkeiten der Nutzung.
Bauformen von Wasserrädern
Diagramm Einsatzbereiche der Bauformen
Wasserräder können nach Art des Wasserzulaufs klassifiziert werden. Je nach Gefälle sowie der Höhendifferenz zwischen Zu- und Ablauf werden verschiedene Wasserräder eingesetzt.
Unabhängig davon unterscheidet man zwischen Zellen- und Schaufelrad.
Zellenräder bestehen aus seitlich und nach unten abgeschlossenen Behältern (Zellen), die das Wasser maximal eine halbe Umdrehung festhalten. Diese Bauform wird auch als Staber- oder Kranzrad bezeichnet.[5] Eine Sonderform stellt das Pansterrad dar, das nach demselben Prinzip aufgebaut, jedoch wesentlich größer und breiter und daher für den Einsatz in Flüssen geeignet ist.[5]
Schaufelräder besitzen keine Zellen, sondern nur radial angeordnete Bleche oder Bretter (Schaufeln), die zu allen Seiten offen sind. Um das Wasser in den Schaufeln zu halten, laufen die meisten Schaufelräder in einem Kropfgerinne. Um einen hohen Wirkungsgrad zu erzielen, muss das Kropfgerinne möglichst eng an der Schaufel anliegen (sh. Abb. „mittelschlächtiges Wasserrad“). Diese Bauform wird auch als Strauber- oder Stelzenrad bezeichnet.[5]
Die Abbildungen „oberschlächtiges Wasserrad“ und „mittelschlächtiges Wasserrad“ zeigen ein Zellenrad, die Abbildung „unterschlächtiges Wasserrad“ ein Schaufelrad.
Oberschlächtiges Wasserrad
Gerinne und Oberschlächtiges Wasserrad der Zschonermühle in Dresden
Oberschlächtiges Wasserrad
Video: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/transcoded/5/59/Oberschlaechtiges_Wasserrad.OGG/Oberschlaechtiges_Wasserrad.OGG.480p.ogv
Oberschlächtiges Wasserrad in Betrieb
Oberschlächtiges Wasserrad einer Lesachtaler Mühle (Kärnten, A)
Im Gegensatz zur Wasserturbine benötigt ein oberschlächtiges Wasserrad keinen Rechen, um Treibgut herauszufiltern, und der Wirkungsgrad ist weniger abhängig von Schwankungen der Wassermenge. Das Einsatzgebiet liegt bei Gefällen von 2,5 m bis 10 m und Wassermengen bis zu 2 m³/s (typisch sind Gefälle von 3 bis 6 m und Wassermengen von 0,1 bis 0,5 m³/s). Für Mühlen liegen die typischen Wasserradleistungen zwischen 2 und 10 kW. Oberschlächtige Wasserräder werden bei Umfangsgeschwindigkeiten von ca. 1,5 m/s betrieben.
Das Wasser wird bei einem kleinen Wehr, einige 100 m oberhalb des Wasserrades vom Mutterbach abgezweigt und in einem künstlichen Kanal mit wenig Gefälle zum Rad geleitet. Dieser Kanal wird oft als Obergraben, Mühlbach oder oberer Mühlgraben bezeichnet. Das Wehr dient der Regulierung der zuströmenden Wassermenge. Der letzte Teil des Kanals vor dem Rad wird Gerinne genannt. Es besteht häufig aus Holzbrettern oder Metall. Am Gerinne ist ein Freifluter, auch Leerschuss genannt, angebracht, welcher bei Stillstand des Wasserrades das Wasser am Rad vorbeileitet. Eine weitere Anlagenform besteht darin, dass der Obergraben zu einem Stauteich erweitert wird. Das Wasserrad steht in unmittelbarer Nähe hinter dem Teichdamm. Der Wasserzufluss zum Rad wird bei dieser Anlagenform über ein Radschütz gesteuert, welches sich am Ende des Gerinnes befindet.
Unter optimalen Bedingungen (insbesondere mit Schaufeln aus Stahlblech) werden beim oberschlächtigen Wasserrad Wirkungsgrade von über 80 % realisiert. Allerdings ist ein Wasserrad im Winter mit Vereisungsproblemen konfrontiert. Enteisungsarbeit am Wasserrad ist anstrengend und nicht ungefährlich. Daher wurden viele Wasserräder mit einem Radhaus umbaut. Das Radhaus schützt nicht nur vor Eis, sondern verhindert auch ein Austrocknen bei Stillstand, wodurch es bei hölzernen Bauteilen zu unregelmäßigem Gang des Rades kommt. Turbinen haben diese Probleme nicht.
Die Leistung eines oberschlächtigen Wasserrades errechnet sich zu: P = \eta _\mathrm{ges.}\cdot \rho\cdot \dot V \cdot g \cdot h
mit Leistung P in Watt, Wirkungsgrad: \eta_\mathrm{ges.}= \eta_{T}\cdot \eta_\mathrm{Getr.}, Dichte des Wassers: \rho in kg/m³, Volumenstrom \dot V in m³/s, Fallbeschleunigung: g in m/s² und der Fallhöhe, bzw. dem Raddurchmesser h in m.
Kehrrad
Rekonstruktion eines Kehrrades mit 9,5 m Durchmesser in Clausthal-Zellerfeld
Eine besondere Bauform ist das Kehrrad. Es wird ausschließlich oberschlächtig beaufschlagt und hat zwei gegenläufig angeordnete Schaufelkränze, so dass es je nach Beaufschlagung seine Drehrichtung ändern kann. Kehrräder fanden im Bergbau Verwendung, um mit Wasserkraft Fördermittel anzutreiben. Durch die Umkehr der Richtung konnten die Tonnen oder Körbe gehoben und gesenkt werden. In der Regel befand sich eine Seiltrommel oder ein Kettenkorb mit auf der Welle des Rades. Unabdingbar war darüber hinaus eine Bremsvorrichtung, um das Kehrrad abbremsen zu können (Bremsrad). Die älteste heute bekannte Darstellung eines Kehrrades stammt von Georgius Agricola aus dem Jahre 1556.
Mittelschlächtiges und rückschlächtiges Wasserrad
Mittelschlächtiges Wasserrad
Mittelschlächtiges Wasserrad – Stütings Mühle in Belecke
Mittelschlächtige Wasserräder werden etwa auf Nabenhöhe beaufschlagt („vom Wasser getroffen“) und nutzen Strömung und Gewicht des Wassers, also Stoß und Druck gleichermaßen.[5] Sie können als Zellenrad oder als Schaufelrad gebaut werden. Mittelschlächtige Zellenräder werden auch rückschlächtig genannt, sie werden ähnlich wie oberschlächtige Räder gebaut, drehen aber in die entgegengesetzte Richtung. Der Übergang zu unterschlächtigen Rädern ist fließend, auch Zuppinger-Räder (Siehe: unterschlächtiges Wasserrad) können fast auf Nabenhöhe beaufschlagt werden.
Manche mittelschlächtige Räder haben einen Kulisseneinlauf ('a' in der Schemaskizze). Das ist eine meist verstellbare Leitvorrichtung, welche das Wasser in mehrere Teilstrahlen (meist drei) aufteilt und dem Rad in einer bestimmten Richtung zuführt.
Moderne mittelschlächtige Wasserräder können bei entsprechender Konstruktion von Zulauf und Ablauf sowie Kammern und Schaufelform Wirkungsgrade von bis zu 85 % erreichen, was sie nahe an den Wirkungsgrad von herkömmlichen Turbinen heranbringt.
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