Das Jerusalem-Syndrom
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Das Jerusalem-Syndrom
Das Jerusalem-Syndrom bezeichnet eine psychische Störung, von der jährlich etwa 100 Besucher und Einwohner der Stadt Jerusalem betroffen sind. Dabei handelt es sich nicht um eine anerkannte Diagnose. Die Symptome fallen im internationalen Diagnoseschlüssel unter „Akute und vorübergehende psychotische Störung“.
Die Erkrankung besitzt den Charakter einer Psychose und äußert sich unter anderem in Wahnvorstellungen: Der oder die Betroffene identifiziert sich vollständig mit einer heiligen Person aus dem Alten oder Neuen Testament und gibt sich als diese aus.
Sehr prominente und wichtige biblische Personen werden dabei besonders häufig zum Objekt einer solchen Identifizierung, so zum Beispiel Mose und König David aus dem Alten Testament oder Paulus und Johannes der Täufer aus dem Neuen Testament. Grundsätzlich wählen Männer männliche Personen aus der Bibel und Frauen weibliche Personen. Auch richtet sich die Wahl nach der Religionszugehörigkeit: Juden wählen Personen aus dem Alten Testament, Christen solche aus dem Neuen Testament.
Die Identifizierung als biblische Person geht einher mit einer entsprechenden Selbstdarstellung und wird oft begleitet von öffentlichen Predigten oder Gebeten des Erkrankten. Auch legen diese häufig ihre Kleidung ab und hüllen sich stattdessen in weite Gewänder oder Bettlaken.
Die Bezeichnung Jerusalem-Syndrom stammt vom israelischen Arzt Yair Bar El, der Anfang der 1980er Jahre als erster dieses Krankheitsbild diagnostizierte und seitdem über 400 Betroffene in der psychiatrischen Klinik „Kfar Shaul“ behandelt hat. Grundsätzlich ist die Erkrankung nicht gefährlich und die Betroffenen sind in der Regel nach wenigen Tagen vollständig genesen. Allerdings zeigte die große Mehrzahl der erkrankten Personen bereits vor dem Jerusalem-Syndrom psychische Auffälligkeiten, so dass eine gewisse Disposition vorausgesetzt werden kann. Ein extremes Beispiel einer Tat, die wegen ihrer religiösen Motivation dem Jerusalem-Syndrom zugeordnet wurde, war jedoch der Brandanschlag auf die Al-Aqsa-Moschee durch den australischen Touristen Michael Rohan im Jahre 1969.
Mit dem Jerusalem-Syndrom verwandt sind das Stendhal-Syndrom, das bei zahlreichen Touristen in der Kulturmetropole Florenz beobachtet wurde, sowie das Paris-Syndrom, welches japanische Touristen in Paris befällt.
Medizinische Quellen (englischsprachig)
Y. Bar-el, R. Durst, G. Katz, J. Zislin, Z. Strauss, H. Y. Knobler: Jerusalem syndrome. In: British Journal of Psychiatry. 176, 2000, S. 86–90. (Volltext)
M. Kalian, E. Witztum: Comments on Jerusalem syndrome. In: British Journal of Psychiatry. 176, 2000, S. 492. (Volltext)
M. Kalian, E. Witztum: "The Jerusalem syndrome"—fantasy and reality a survey of accounts from the 19th century to the end of the second millennium. In: Isr. J. Psychiatry Relat Sci. 1999, 36(4), S. 260–271. (Abstract)
N. Fastovsky, A. Teitelbaum, J. Zislin, G. Katz, R. Durst: Jerusalem syndrome or paranoid schizophrenia? In: Psychiatric Services. 2000, 51 (11), S. 1454. (Volltext)
C. Tannock, T. Turner: Psychiatric tourism is overloading London beds. In: BMJ. 1995;311, S. 806 (Volltext) (Memento vom 20. März 2006 im Internet Archive)
A. Van der Haven: The holy fool still speaks. The Jerusalem Syndrome as a religious subculture. In: T. Mayer, S. A. Mourad (Hrsg.): Jerusalem. Idea and Reality. Routledge, 2008, S. 103–122.
Kulturelle Werke
Der israelische Autor Jehoschua Sobol schrieb 1988 ein Theaterstück gleichen Namens.
In dem ARD-Film Das Jerusalem Syndrom ist die Schwester der Hauptdarstellerin betroffen. Die Erstausstrahlung war am 11. Dezember 2013.[1]
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Die Erkrankung besitzt den Charakter einer Psychose und äußert sich unter anderem in Wahnvorstellungen: Der oder die Betroffene identifiziert sich vollständig mit einer heiligen Person aus dem Alten oder Neuen Testament und gibt sich als diese aus.
Sehr prominente und wichtige biblische Personen werden dabei besonders häufig zum Objekt einer solchen Identifizierung, so zum Beispiel Mose und König David aus dem Alten Testament oder Paulus und Johannes der Täufer aus dem Neuen Testament. Grundsätzlich wählen Männer männliche Personen aus der Bibel und Frauen weibliche Personen. Auch richtet sich die Wahl nach der Religionszugehörigkeit: Juden wählen Personen aus dem Alten Testament, Christen solche aus dem Neuen Testament.
Die Identifizierung als biblische Person geht einher mit einer entsprechenden Selbstdarstellung und wird oft begleitet von öffentlichen Predigten oder Gebeten des Erkrankten. Auch legen diese häufig ihre Kleidung ab und hüllen sich stattdessen in weite Gewänder oder Bettlaken.
Die Bezeichnung Jerusalem-Syndrom stammt vom israelischen Arzt Yair Bar El, der Anfang der 1980er Jahre als erster dieses Krankheitsbild diagnostizierte und seitdem über 400 Betroffene in der psychiatrischen Klinik „Kfar Shaul“ behandelt hat. Grundsätzlich ist die Erkrankung nicht gefährlich und die Betroffenen sind in der Regel nach wenigen Tagen vollständig genesen. Allerdings zeigte die große Mehrzahl der erkrankten Personen bereits vor dem Jerusalem-Syndrom psychische Auffälligkeiten, so dass eine gewisse Disposition vorausgesetzt werden kann. Ein extremes Beispiel einer Tat, die wegen ihrer religiösen Motivation dem Jerusalem-Syndrom zugeordnet wurde, war jedoch der Brandanschlag auf die Al-Aqsa-Moschee durch den australischen Touristen Michael Rohan im Jahre 1969.
Mit dem Jerusalem-Syndrom verwandt sind das Stendhal-Syndrom, das bei zahlreichen Touristen in der Kulturmetropole Florenz beobachtet wurde, sowie das Paris-Syndrom, welches japanische Touristen in Paris befällt.
Medizinische Quellen (englischsprachig)
Y. Bar-el, R. Durst, G. Katz, J. Zislin, Z. Strauss, H. Y. Knobler: Jerusalem syndrome. In: British Journal of Psychiatry. 176, 2000, S. 86–90. (Volltext)
M. Kalian, E. Witztum: Comments on Jerusalem syndrome. In: British Journal of Psychiatry. 176, 2000, S. 492. (Volltext)
M. Kalian, E. Witztum: "The Jerusalem syndrome"—fantasy and reality a survey of accounts from the 19th century to the end of the second millennium. In: Isr. J. Psychiatry Relat Sci. 1999, 36(4), S. 260–271. (Abstract)
N. Fastovsky, A. Teitelbaum, J. Zislin, G. Katz, R. Durst: Jerusalem syndrome or paranoid schizophrenia? In: Psychiatric Services. 2000, 51 (11), S. 1454. (Volltext)
C. Tannock, T. Turner: Psychiatric tourism is overloading London beds. In: BMJ. 1995;311, S. 806 (Volltext) (Memento vom 20. März 2006 im Internet Archive)
A. Van der Haven: The holy fool still speaks. The Jerusalem Syndrome as a religious subculture. In: T. Mayer, S. A. Mourad (Hrsg.): Jerusalem. Idea and Reality. Routledge, 2008, S. 103–122.
Kulturelle Werke
Der israelische Autor Jehoschua Sobol schrieb 1988 ein Theaterstück gleichen Namens.
In dem ARD-Film Das Jerusalem Syndrom ist die Schwester der Hauptdarstellerin betroffen. Die Erstausstrahlung war am 11. Dezember 2013.[1]
Quelle - literatur & Einzelnachweise
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