Mercedes-Benz W 100
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Mercedes-Benz W 100
Der Mercedes-Benz 600, intern als W 100 bezeichnet, war in den 1960er und 1970er Jahren das Staats- und Repräsentationsfahrzeug von Daimler-Benz.
W 100
Produktionszeitraum: 1964–1981
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine, Pullman-Limousine, Landaulet
Motoren: Ottomotor:
6,3 Liter (184 kW)
Länge: 5540–6240 mm
Breite: 1950 mm
Höhe: 1485 mm
Radstand: 3200–3900 mm
Leergewicht: 2500–3350 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz 300er-Reihe
Nachfolgemodell: keines
Geschichte und Technik
Entwicklungsgeschichte
Die Ursprünge des 600ers liegen in der Mitte der 1950er Jahre. Fritz Nallinger, führender Entwickler bei Daimler-Benz, betrieb die Entwicklung eines Wagens auf dem Stand des technisch Machbaren. So erhielt der Wagen unter anderem Luftfederung, Automatikgetriebe, Servolenkung und -bremsen. Die Entwickler zogen auch ein Modell mit verlängertem Radstand in Betracht. Bald zeigte sich, dass ein wirtschaftlicher Erfolg mit diesem Auto kaum möglich sein würde, da der Anteil der Entwicklungskosten bei den zu erwartenden geringen Stückzahlen für ein Exemplar bei 37.000 Mark läge – das fertige Automobil kostete 1964 ab 56.500 Mark. Der Mercedes 600 war dann auch über seine gesamte Bauzeit stets ein Zuschussgeschäft, das Daimler-Benz vor allem aus Imagegründen betrieb.
Mercedes-Benz 600 Pullman neben einem „Adenauer-Mercedes“
1960 war die Formfindung abgeschlossen. Mit zwölf unterschiedlichen Prototypen wurden Probefahrten unternommen, wonach die exakten Spezifikationen des Wagens festgelegt wurden.
Vorstellung in der Öffentlichkeit
Die Baureihe debütierte im September 1963 auf der IAA in Frankfurt. Knapp zwei Wochen vorher war der 600 zehn Fachjournalisten aus aller Welt vorgestellt worden. Der „Große Mercedes“ wurde sehr positiv in der Öffentlichkeit aufgenommen. Den ersten ausgelieferten Wagen erhielt der Erstbesteller, ein Architekt aus Amerika.
Karosserievarianten
Landaulet
Die viertürige Limousine ist knapp zwei Meter breit und 5,54 Meter lang, die Pullman-Limousine und die sechstürigen Versionen sind 6,24 m lang – heute noch eindrucksvolle Erscheinungen und für viele Inbegriff der repräsentativen Staatskarosse.
Die dritte Variante ist ein offenes Pullman-Landaulet. Insgesamt wurden 49 Landaulets als Linkslenker und zehn als Rechtslenker ausgeliefert. Die Entwicklung eines Cabriolets und eines Roadsters wurde erwogen, die Pläne wurden jedoch verworfen. Zwei Prototypen einer Coupé-Version wurden gefertigt. Eines wurde Fritz Nallinger zur Verfügung gestellt, das „Nallinger-Coupé“, das andere wurde nur für firmeninterne Versuche verwendet. Das 600er Coupé galt als nicht sehr wohlproportioniert.
Die lange Version wurde auch mit sechs Türen und einer mittleren Klappsitzreihe angeboten; sie war für Kunden bestimmt, die mit Personal oder Leibwächtern reisen.
Von den 2677 Wagen wurden 429 als Pullman-Variante oder als Sechstürer und 59 als Landaulets hergestellt; sie zeichnen sich durch ein festes Dach vorne über dem Chauffeur und ein Cabriolet-Faltverdeck hinten über den Passagieren aus. Es gab zwei Landaulet-Versionen, eine mit langem und eine mit kurzem hinteren Verdeck. Beim Pullman sind im Fond zwei vis-à-vis angeordnete Sitzreihen vorhanden.
Sonderanfertigungen
Eine der bekanntesten Sonderanfertigungen ist das für Papst Paul VI. gebaute Landaulet. Dieses hat vier Türen, einen einzelnen Sessel hinten, ein um 70 mm erhöhtes Dach sowie einen höheren Boden im Fond. Dieses Einzelstück kehrte nach zwanzig Jahren Dienst im Vatikan 1985 nach Deutschland zurück und ist im Mercedes-Benz Museum ausgestellt. Für den Grafen von Berckheim wurde ein Landaulet mit verkürztem Radstand gebaut. Das Werk hatte auch erwogen, einen Krankenwagen auf Basis des 600 zu fertigen; dies wurde jedoch nie realisiert.
Motor
Der M-100-Motor des W 100
Mercedes-Benz setzte bei dieser Luxuslimousine nicht nur in Größe und Gewicht (zwischen 2,5 und 3,3 Tonnen je nach Ausführung) Maßstäbe. Der V8-Einspritzmotor M 100 mit 6,3 Litern Hubraum war eine Neuentwicklung an der Spitze des damals technisch Machbaren. Die Spitzengeschwindigkeit des kürzeren Viertürers beträgt 205 km/h, die Beschleunigung auf 100 km/h dauert zehn Sekunden. Der Mercedes 600 war damals eines der schnellsten Serienfahrzeuge der Welt und wurde auch als „Größter Sportwagen aller Zeiten“ betitelt. Der M-100-Motor fand einige Jahre später Verwendung im Spitzenmodell der Baureihe W 109, dem 300 SEL 6.3 und wurde, im Hubraum erweitert – wiederum den zwischenzeitlich vergrößerten Rolls-Royce-Motor überbietend – und mit einer Bosch-K-Jetronic-Benzineinspritzung versehen, auch in den 450 SEL 6.9 eingebaut. Beide Limousinen waren in ihren Fahrleistungen zur Zeit ihres jeweiligen Erscheinens wie zeitgenössische Sportwagen motorisiert.
Technische Daten
Motor Mercedes-Benz M 100
Länge 5540 mm (6240 mm)
Breite 1950 mm
Höhe 1485 mm (1500 mm)
Radstand 3200 mm (3900 mm)
Radaufhängung vorn Doppel-Querlenker
Radaufhängung hinten Eingelenk-Pendelachse mit Niveauregulierung
Bremsen Scheiben vorn und hinten
Felgen/Reifen 6,5J x 15 H/9.00 H 15 Supersport 6 PR
Karosserieformen: Limousine kurz und lang (Pullman bzw. Sechstürer),
Landaulet
Leergewicht o. Fahrer 2440 kg (2630 kg)
Gesamtgewicht 2990 kg (3280 kg)
Tankinhalt 112 l, davon 19 l Reserve
Höchstgeschwindigkeit 205 (200) km/h
Kraftstoffverbrauch 26,8 l/100 km
Die Angaben in Klammern beziehen sich auf den sieben- bzw. achtsitzigen 600er Pullman bzw. Sechstürer.
Technische Ausstattung
Die Ausstattung der Limousine umfasste vieles, was zur damaligen Zeit technisch möglich war, und ist noch Jahrzehnte später bei heutigen Fahrzeugen nicht selbstverständlich. Beispielhaft sind zu nennen: Luftfederung, ein umfassendes hydraulisches Servosystem (so genannte „Komforthydraulik“), eine elektrisch regulierbare Heizungs- und Lüftungsanlage, Klimaanlage, hydraulisch verstellbare Sitze vorn, hydraulisch verstellbare Sitzbank hinten, hydraulische Fensterheber und ebenfalls hydraulisch betriebene Schiebedächer (bei langem Radstand war auch ein hinteres Schiebedach bestellbar). Bemerkenswert war die im Vergleich mit üblichen Elektromotoren nahezu geräuschlose Hydraulik, die bei ausgeschaltetem Motor aber schnell an Kraft verlor. Bei der Entwicklung des Autos wurden 15 Patente angemeldet.
Innenausstattung
Das Interieur
Das Interieur des 600 war schlicht. Die Ausstattungsmöglichkeiten waren zahlreich (Furnierwahl, Velours oder Leder, Kühlfach, Autotelefon, Schiebedächer vorn oder hinten).
Modellpflege
Die Modellpflege beim 600er fiel über den gesamten Produktionszeitraum sehr zurückhaltend aus, was sichtbare Aspekte betrifft. Technisch wurde der 600er immer wieder modernisiert; von deutlich sichtbarer Verjüngung des Modells sah Mercedes-Benz wohl vor allem deswegen ab, um bei der sehr langen Modellaufzeit Besitzern der frühen Jahrgänge Image- und Wertverluste zu ersparen. Die Gestaltung des Innenraums, insbesondere vorne, entsprach in etwa derjenigen der 1965er S-Klasse W 108/W 109. Als diese 1972 von der Nachfolgebaureihe W 116 abgelöst wurde, wirkte das 600er-Interieur im Vergleich altbacken, wurde aber beibehalten – wohl zu Recht vermutete Mercedes-Benz in den 600er-Käufern die konservativste aller Käufergruppen.
Blick in den Fond eines Pullman mit Trennscheibe
Es wurden nur kleine sichtbare Änderungen vorgenommen, zum Beispiel entfiel ab 1971 die Zuziehhilfe der Türen. Ab 1969 (ab 1. Januar 1970 bindend) mussten die vorher rot gefärbten Blinkergläser am Heck wegen der neuen StVZO geändert werden, die nun orangefarbene Blinkleuchten vorschrieb. Diese Vorschrift musste auch bei anderen Fahrzeugen von Daimler-Benz umgesetzt werden. Es gab noch weitere kleine Änderungen, wie die Vergrößerung des Griffstücks der Zigarettenanzünder, oder den Ersatz der „Schlummerrolle“ genannten Kopfstützen der ersten Baujahre durch die Kopfstützen der Modellreihe W 108/W 109. In den ersten Produktionsjahren waren Kopfstützen hinten serienmäßig; vorn waren sie aufpreispflichtig. Die Außenspiegel wurden ebenfalls durch die Spiegel des W 108 ersetzt; die Radzierkappen erhielten statt acht nun zwölf Belüftungsschlitze.
Weiterführung der Serie
Mitte der 1970er Jahre wurde erwogen, einen Nachfolger für den 600 zu entwickeln. Der so genannte W 100 F sollte technisch und stilistisch an die Baureihe W 116 angelehnt werden und den weiterentwickelten Motor des 450 SEL 6.9 erhalten. Der Entwurf stellte einen Kompromiss zwischen Tradition und modernem Design dar, wurde jedoch mangels ausreichender Absatzmöglichkeiten nicht weiterverfolgt.
Preise
Im August 1964 betrug der Listenpreis für einen 600er Mercedes 56.500 Mark (inflationsbereinigt nach heutiger Kaufkraft 113.866 Euro).
Gegen Ende seiner Bauzeit kostete der Wagen laut Preisliste vom 1. Februar 1979:
600 Limousine, fünf/sechs Sitze, vier Türen: 144.032 DM (entspricht 163.080 Euro)
600 lang Pullman, sieben/acht Sitze; vier Türen: 165.424 DM (187.302 Euro)
600 lang, sieben/acht Sitze, sechs Türen: 175.392 DM (198.588 Euro)
Zum Vergleich: Der 450 SEL 6.9, das teuerste Modell der damaligen S-Klasse, kostete 78.960 DM (89.403 Euro)
Bedeutung
Die Fertigung des 600er soll über alle Jahre hinweg wegen der Kundensonderwünsche und der durchgängigen Handarbeit trotz hoher Preise für Mercedes stets ein Verlustgeschäft gewesen sein, das aus Prestige-Gründen betrieben wurde. Außerdem spielte die Konkurrenz zu Rolls-Royce und Bentley eine nicht unerhebliche Rolle; so vergrößerte Rolls-Royce den eigenen Motor von 6,2 auf 6,75 Liter Hubraum, um den 600er mit seinen 6,3 Litern zu überbieten – was dann wiederum zur Vergrößerung des M100-Motors von 6,3 Litern, wie im 600er und 300 SEL 6.3 eingebaut, auf 6,9 Liter Hubraum führte, wie er im 450 SEL 6.9 zum Einsatz kam.
Ein 600er in USA-Ausführung mit Sealed-Beam-Scheinwerfern
Der 600 erreichte nicht einmal zehn Prozent der angestrebten Jahresproduktion von 3000 Stück. Damit blieb er ein sehr seltener Wagen, während von Rolls-Royce und Bentley – damals noch zwei Marken eines wirtschaftlich eigenständigen Herstellers – jährlich um 3000 Wagen abgesetzt werden konnten.
Zum wirtschaftlichen Ergebnis von Daimler-Benz hat der 600er keinen unmittelbaren positiven Beitrag geleistet. Andererseits prägten gerade die in der (damals noch beinahe konkurrenzlosen) Nachrichtensendung Tagesschau der ARD immer wieder zu sehenden Bilder von Staatsgästen der Bundesregierung, die im hinten offenen 600er Landaulet gefahren wurden, die Meinung von Generationen darüber, wie eine Staatslimousine auszusehen habe. Für die Reputation von Mercedes-Benz war der 600er wesentlich.
Trivia
Neben vielen anderen Filmauftritten ist der 600er in einer Szene von James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät von 1969 zu sehen, als die Gehilfin des Schurken Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas) aus dem Fond eines 600er die frisch mit James Bond (George Lazenby) verheiratete Teresa (Diana Rigg) erschießt. Auch im nachfolgenden Film Diamantenfieber hat der Mercedes einen Auftritt sowie in Octopussy, in dem Louis Jordan nach einer verlorenen Faberge-Auktion in einen 600er einsteigt.
Prominente Besitzer
Zum Kundenkreis gehörten unter anderem folgende berühmte Personen:
Elizabeth Taylor[1]
Manuela (die Berliner Schlagersängerin besaß einen roten 600er und fuhr damit auf die Bühne ihrer Shows im Dunes Hotel in Las Vegas)[2]
John Lennon (der den Wagen später an seinen Beatles-Kollegen George Harrison verkaufte)[1]
Rudolf Schock[2]
Ivan Rebroff[2]
Udo Jürgens[2]
Elvis Presley[2]
Herbert von Karajan[2]
Aristoteles Onassis[1]
Coco Chanel[1]
Gunter Sachs[2]
Max Grundig[2]
Schah Mohammad Reza Pahlavi[1]
Johannes von Thurn und Taxis[2]
Leonid Breschnew[1]
Kaiser Hirohito[2]
Les Humphries von den Les Humphries Singers
Kim Il-sung[1]
Gustav Schickedanz[1]
Jay Leno (ein nachträglich mit einem Kompressor ausgerüstetes Fahrzeug)[3]
Jeremy Clarkson
Jay Kay (kaufte den Wagen von Coco Chanel)
Viele Staaten hatten einen 600er im Fuhrpark, unter anderem Ägypten, Algerien, Ghana, Jordanien, Kambodscha, Kuba, Österreich und die Türkei. In Deutschland wurden die Fahrzeuge der Bundesregierung bzw. dem Bundespräsidenten von Daimler-Benz aus deren Fuhrpark zur Verfügung gestellt.
Der von Leonid Breschnew während seiner Amtszeit als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU privat gefahrene, 1966 gebaute 600er kam 2008 durch das Finanzamt Potsdam zur Zwangsversteigerung für 103.600 Euro an einen Anonymus.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
W 100
Produktionszeitraum: 1964–1981
Klasse: Oberklasse
Karosserieversionen: Limousine, Pullman-Limousine, Landaulet
Motoren: Ottomotor:
6,3 Liter (184 kW)
Länge: 5540–6240 mm
Breite: 1950 mm
Höhe: 1485 mm
Radstand: 3200–3900 mm
Leergewicht: 2500–3350 kg
Vorgängermodell: Mercedes-Benz 300er-Reihe
Nachfolgemodell: keines
Geschichte und Technik
Entwicklungsgeschichte
Die Ursprünge des 600ers liegen in der Mitte der 1950er Jahre. Fritz Nallinger, führender Entwickler bei Daimler-Benz, betrieb die Entwicklung eines Wagens auf dem Stand des technisch Machbaren. So erhielt der Wagen unter anderem Luftfederung, Automatikgetriebe, Servolenkung und -bremsen. Die Entwickler zogen auch ein Modell mit verlängertem Radstand in Betracht. Bald zeigte sich, dass ein wirtschaftlicher Erfolg mit diesem Auto kaum möglich sein würde, da der Anteil der Entwicklungskosten bei den zu erwartenden geringen Stückzahlen für ein Exemplar bei 37.000 Mark läge – das fertige Automobil kostete 1964 ab 56.500 Mark. Der Mercedes 600 war dann auch über seine gesamte Bauzeit stets ein Zuschussgeschäft, das Daimler-Benz vor allem aus Imagegründen betrieb.
Mercedes-Benz 600 Pullman neben einem „Adenauer-Mercedes“
1960 war die Formfindung abgeschlossen. Mit zwölf unterschiedlichen Prototypen wurden Probefahrten unternommen, wonach die exakten Spezifikationen des Wagens festgelegt wurden.
Vorstellung in der Öffentlichkeit
Die Baureihe debütierte im September 1963 auf der IAA in Frankfurt. Knapp zwei Wochen vorher war der 600 zehn Fachjournalisten aus aller Welt vorgestellt worden. Der „Große Mercedes“ wurde sehr positiv in der Öffentlichkeit aufgenommen. Den ersten ausgelieferten Wagen erhielt der Erstbesteller, ein Architekt aus Amerika.
Karosserievarianten
Landaulet
Die viertürige Limousine ist knapp zwei Meter breit und 5,54 Meter lang, die Pullman-Limousine und die sechstürigen Versionen sind 6,24 m lang – heute noch eindrucksvolle Erscheinungen und für viele Inbegriff der repräsentativen Staatskarosse.
Die dritte Variante ist ein offenes Pullman-Landaulet. Insgesamt wurden 49 Landaulets als Linkslenker und zehn als Rechtslenker ausgeliefert. Die Entwicklung eines Cabriolets und eines Roadsters wurde erwogen, die Pläne wurden jedoch verworfen. Zwei Prototypen einer Coupé-Version wurden gefertigt. Eines wurde Fritz Nallinger zur Verfügung gestellt, das „Nallinger-Coupé“, das andere wurde nur für firmeninterne Versuche verwendet. Das 600er Coupé galt als nicht sehr wohlproportioniert.
Die lange Version wurde auch mit sechs Türen und einer mittleren Klappsitzreihe angeboten; sie war für Kunden bestimmt, die mit Personal oder Leibwächtern reisen.
Von den 2677 Wagen wurden 429 als Pullman-Variante oder als Sechstürer und 59 als Landaulets hergestellt; sie zeichnen sich durch ein festes Dach vorne über dem Chauffeur und ein Cabriolet-Faltverdeck hinten über den Passagieren aus. Es gab zwei Landaulet-Versionen, eine mit langem und eine mit kurzem hinteren Verdeck. Beim Pullman sind im Fond zwei vis-à-vis angeordnete Sitzreihen vorhanden.
Sonderanfertigungen
Eine der bekanntesten Sonderanfertigungen ist das für Papst Paul VI. gebaute Landaulet. Dieses hat vier Türen, einen einzelnen Sessel hinten, ein um 70 mm erhöhtes Dach sowie einen höheren Boden im Fond. Dieses Einzelstück kehrte nach zwanzig Jahren Dienst im Vatikan 1985 nach Deutschland zurück und ist im Mercedes-Benz Museum ausgestellt. Für den Grafen von Berckheim wurde ein Landaulet mit verkürztem Radstand gebaut. Das Werk hatte auch erwogen, einen Krankenwagen auf Basis des 600 zu fertigen; dies wurde jedoch nie realisiert.
Motor
Der M-100-Motor des W 100
Mercedes-Benz setzte bei dieser Luxuslimousine nicht nur in Größe und Gewicht (zwischen 2,5 und 3,3 Tonnen je nach Ausführung) Maßstäbe. Der V8-Einspritzmotor M 100 mit 6,3 Litern Hubraum war eine Neuentwicklung an der Spitze des damals technisch Machbaren. Die Spitzengeschwindigkeit des kürzeren Viertürers beträgt 205 km/h, die Beschleunigung auf 100 km/h dauert zehn Sekunden. Der Mercedes 600 war damals eines der schnellsten Serienfahrzeuge der Welt und wurde auch als „Größter Sportwagen aller Zeiten“ betitelt. Der M-100-Motor fand einige Jahre später Verwendung im Spitzenmodell der Baureihe W 109, dem 300 SEL 6.3 und wurde, im Hubraum erweitert – wiederum den zwischenzeitlich vergrößerten Rolls-Royce-Motor überbietend – und mit einer Bosch-K-Jetronic-Benzineinspritzung versehen, auch in den 450 SEL 6.9 eingebaut. Beide Limousinen waren in ihren Fahrleistungen zur Zeit ihres jeweiligen Erscheinens wie zeitgenössische Sportwagen motorisiert.
Technische Daten
Motor Mercedes-Benz M 100
Länge 5540 mm (6240 mm)
Breite 1950 mm
Höhe 1485 mm (1500 mm)
Radstand 3200 mm (3900 mm)
Radaufhängung vorn Doppel-Querlenker
Radaufhängung hinten Eingelenk-Pendelachse mit Niveauregulierung
Bremsen Scheiben vorn und hinten
Felgen/Reifen 6,5J x 15 H/9.00 H 15 Supersport 6 PR
Karosserieformen: Limousine kurz und lang (Pullman bzw. Sechstürer),
Landaulet
Leergewicht o. Fahrer 2440 kg (2630 kg)
Gesamtgewicht 2990 kg (3280 kg)
Tankinhalt 112 l, davon 19 l Reserve
Höchstgeschwindigkeit 205 (200) km/h
Kraftstoffverbrauch 26,8 l/100 km
Die Angaben in Klammern beziehen sich auf den sieben- bzw. achtsitzigen 600er Pullman bzw. Sechstürer.
Technische Ausstattung
Die Ausstattung der Limousine umfasste vieles, was zur damaligen Zeit technisch möglich war, und ist noch Jahrzehnte später bei heutigen Fahrzeugen nicht selbstverständlich. Beispielhaft sind zu nennen: Luftfederung, ein umfassendes hydraulisches Servosystem (so genannte „Komforthydraulik“), eine elektrisch regulierbare Heizungs- und Lüftungsanlage, Klimaanlage, hydraulisch verstellbare Sitze vorn, hydraulisch verstellbare Sitzbank hinten, hydraulische Fensterheber und ebenfalls hydraulisch betriebene Schiebedächer (bei langem Radstand war auch ein hinteres Schiebedach bestellbar). Bemerkenswert war die im Vergleich mit üblichen Elektromotoren nahezu geräuschlose Hydraulik, die bei ausgeschaltetem Motor aber schnell an Kraft verlor. Bei der Entwicklung des Autos wurden 15 Patente angemeldet.
Innenausstattung
Das Interieur
Das Interieur des 600 war schlicht. Die Ausstattungsmöglichkeiten waren zahlreich (Furnierwahl, Velours oder Leder, Kühlfach, Autotelefon, Schiebedächer vorn oder hinten).
Modellpflege
Die Modellpflege beim 600er fiel über den gesamten Produktionszeitraum sehr zurückhaltend aus, was sichtbare Aspekte betrifft. Technisch wurde der 600er immer wieder modernisiert; von deutlich sichtbarer Verjüngung des Modells sah Mercedes-Benz wohl vor allem deswegen ab, um bei der sehr langen Modellaufzeit Besitzern der frühen Jahrgänge Image- und Wertverluste zu ersparen. Die Gestaltung des Innenraums, insbesondere vorne, entsprach in etwa derjenigen der 1965er S-Klasse W 108/W 109. Als diese 1972 von der Nachfolgebaureihe W 116 abgelöst wurde, wirkte das 600er-Interieur im Vergleich altbacken, wurde aber beibehalten – wohl zu Recht vermutete Mercedes-Benz in den 600er-Käufern die konservativste aller Käufergruppen.
Blick in den Fond eines Pullman mit Trennscheibe
Es wurden nur kleine sichtbare Änderungen vorgenommen, zum Beispiel entfiel ab 1971 die Zuziehhilfe der Türen. Ab 1969 (ab 1. Januar 1970 bindend) mussten die vorher rot gefärbten Blinkergläser am Heck wegen der neuen StVZO geändert werden, die nun orangefarbene Blinkleuchten vorschrieb. Diese Vorschrift musste auch bei anderen Fahrzeugen von Daimler-Benz umgesetzt werden. Es gab noch weitere kleine Änderungen, wie die Vergrößerung des Griffstücks der Zigarettenanzünder, oder den Ersatz der „Schlummerrolle“ genannten Kopfstützen der ersten Baujahre durch die Kopfstützen der Modellreihe W 108/W 109. In den ersten Produktionsjahren waren Kopfstützen hinten serienmäßig; vorn waren sie aufpreispflichtig. Die Außenspiegel wurden ebenfalls durch die Spiegel des W 108 ersetzt; die Radzierkappen erhielten statt acht nun zwölf Belüftungsschlitze.
Weiterführung der Serie
Mitte der 1970er Jahre wurde erwogen, einen Nachfolger für den 600 zu entwickeln. Der so genannte W 100 F sollte technisch und stilistisch an die Baureihe W 116 angelehnt werden und den weiterentwickelten Motor des 450 SEL 6.9 erhalten. Der Entwurf stellte einen Kompromiss zwischen Tradition und modernem Design dar, wurde jedoch mangels ausreichender Absatzmöglichkeiten nicht weiterverfolgt.
Preise
Im August 1964 betrug der Listenpreis für einen 600er Mercedes 56.500 Mark (inflationsbereinigt nach heutiger Kaufkraft 113.866 Euro).
Gegen Ende seiner Bauzeit kostete der Wagen laut Preisliste vom 1. Februar 1979:
600 Limousine, fünf/sechs Sitze, vier Türen: 144.032 DM (entspricht 163.080 Euro)
600 lang Pullman, sieben/acht Sitze; vier Türen: 165.424 DM (187.302 Euro)
600 lang, sieben/acht Sitze, sechs Türen: 175.392 DM (198.588 Euro)
Zum Vergleich: Der 450 SEL 6.9, das teuerste Modell der damaligen S-Klasse, kostete 78.960 DM (89.403 Euro)
Bedeutung
Die Fertigung des 600er soll über alle Jahre hinweg wegen der Kundensonderwünsche und der durchgängigen Handarbeit trotz hoher Preise für Mercedes stets ein Verlustgeschäft gewesen sein, das aus Prestige-Gründen betrieben wurde. Außerdem spielte die Konkurrenz zu Rolls-Royce und Bentley eine nicht unerhebliche Rolle; so vergrößerte Rolls-Royce den eigenen Motor von 6,2 auf 6,75 Liter Hubraum, um den 600er mit seinen 6,3 Litern zu überbieten – was dann wiederum zur Vergrößerung des M100-Motors von 6,3 Litern, wie im 600er und 300 SEL 6.3 eingebaut, auf 6,9 Liter Hubraum führte, wie er im 450 SEL 6.9 zum Einsatz kam.
Ein 600er in USA-Ausführung mit Sealed-Beam-Scheinwerfern
Der 600 erreichte nicht einmal zehn Prozent der angestrebten Jahresproduktion von 3000 Stück. Damit blieb er ein sehr seltener Wagen, während von Rolls-Royce und Bentley – damals noch zwei Marken eines wirtschaftlich eigenständigen Herstellers – jährlich um 3000 Wagen abgesetzt werden konnten.
Zum wirtschaftlichen Ergebnis von Daimler-Benz hat der 600er keinen unmittelbaren positiven Beitrag geleistet. Andererseits prägten gerade die in der (damals noch beinahe konkurrenzlosen) Nachrichtensendung Tagesschau der ARD immer wieder zu sehenden Bilder von Staatsgästen der Bundesregierung, die im hinten offenen 600er Landaulet gefahren wurden, die Meinung von Generationen darüber, wie eine Staatslimousine auszusehen habe. Für die Reputation von Mercedes-Benz war der 600er wesentlich.
Trivia
Neben vielen anderen Filmauftritten ist der 600er in einer Szene von James Bond 007 – Im Geheimdienst Ihrer Majestät von 1969 zu sehen, als die Gehilfin des Schurken Ernst Stavro Blofeld (Telly Savalas) aus dem Fond eines 600er die frisch mit James Bond (George Lazenby) verheiratete Teresa (Diana Rigg) erschießt. Auch im nachfolgenden Film Diamantenfieber hat der Mercedes einen Auftritt sowie in Octopussy, in dem Louis Jordan nach einer verlorenen Faberge-Auktion in einen 600er einsteigt.
Prominente Besitzer
Zum Kundenkreis gehörten unter anderem folgende berühmte Personen:
Elizabeth Taylor[1]
Manuela (die Berliner Schlagersängerin besaß einen roten 600er und fuhr damit auf die Bühne ihrer Shows im Dunes Hotel in Las Vegas)[2]
John Lennon (der den Wagen später an seinen Beatles-Kollegen George Harrison verkaufte)[1]
Rudolf Schock[2]
Ivan Rebroff[2]
Udo Jürgens[2]
Elvis Presley[2]
Herbert von Karajan[2]
Aristoteles Onassis[1]
Coco Chanel[1]
Gunter Sachs[2]
Max Grundig[2]
Schah Mohammad Reza Pahlavi[1]
Johannes von Thurn und Taxis[2]
Leonid Breschnew[1]
Kaiser Hirohito[2]
Les Humphries von den Les Humphries Singers
Kim Il-sung[1]
Gustav Schickedanz[1]
Jay Leno (ein nachträglich mit einem Kompressor ausgerüstetes Fahrzeug)[3]
Jeremy Clarkson
Jay Kay (kaufte den Wagen von Coco Chanel)
Viele Staaten hatten einen 600er im Fuhrpark, unter anderem Ägypten, Algerien, Ghana, Jordanien, Kambodscha, Kuba, Österreich und die Türkei. In Deutschland wurden die Fahrzeuge der Bundesregierung bzw. dem Bundespräsidenten von Daimler-Benz aus deren Fuhrpark zur Verfügung gestellt.
Der von Leonid Breschnew während seiner Amtszeit als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU privat gefahrene, 1966 gebaute 600er kam 2008 durch das Finanzamt Potsdam zur Zwangsversteigerung für 103.600 Euro an einen Anonymus.
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