B8 Bergkristall
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B8 Bergkristall
B8 Bergkristall war die Tarnbezeichnung für ein ab Jahresbeginn 1944 in St. Georgen an der Gusen, östlich von Linz in Österreich, unter strengster Geheimhaltung durch den SS-Führungsstab B8 eingerichtetes unterirdisches Flugzeugwerk für die Großserienproduktion von Düsenjagdflugzeugen des Typs Messerschmitt Me 262. Aufgrund einer vertraglichen Übereinkunft zwischen Reichsluftfahrtministerium, Jägerstab, Messerschmitt GmbH Regensburg und dem SS-Wirtschaftsbetrieb Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH (DEST) schufen Häftlinge des Konzentrationslagers Gusen II in nur 13 Monaten Bauzeit einen der größten und modernsten unterirdischen Produktionskomplexe des Großdeutschen Reiches.
Anlage und Geschichte
Dieses Herzstück der Produktion von „Rumpfwerk“ für die Me 262 blieb weitgehend unbekannt, da es unter der Bezeichnung Betriebsabteilung III (Ba III) operativ von der DEST betrieben wurde und daher im Zusammenhang mit den Messerschmitt-Fertigungskreisen Augsburg und Regensburg offiziell stets nur als vermeintlich unbedeutender Lieferant in Erscheinung trat.
Auf einer Fläche von etwa 45.000 Quadratmetern produzierten bis zu 10.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Gusen II, koordiniert durch Jägerstab und Oberbayerische Forschungsanstalt, bis Kriegsende etwa 987 voll ausgestattete Rümpfe für den Turbinenjäger Messerschmitt Me 262. In der Endausbaustufe sollten bis 1945 monatlich bis zu 1250 Einheiten dieses Flugzeugtyps in diesem unterirdischen Produktionskomplex vom Fließband laufen.
Um offene Fragen der Serienfertigung direkt vor Ort klären zu können, wurde am 19. März 1945 in St. Georgen/Gusen noch eine „ständige Außenstelle Bergkristall“ der Oberbayerischen Forschungsanstalt eingerichtet, die durch den so genannten „Linzer Kurier“ täglich mit Oberammergau in Verbindung stand.
Die Zugänge für die Häftlinge zu B8 Bergkristall
Um Zeugen und Geheimnisträger zu vermeiden, sollten nach Plänen Himmlers alle Häftlinge der KL Gusen II und I und dem KL Mauthausen bei Kriegsende in den umfangreichen Stollenanlagen von B8 Bergkristall und Kellerbau zu Tode gesprengt werden. Am 2. Mai 1945 erfuhr der IKRK-Delegierte Louis Häfliger im Gespräch mit SS-Obersturmführer Guido Reimer, dem Leiter der Spionage- und Sabotage-Abwehr im Lager, von Himmlers mörderischen Plänen und entschied, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Sprengung der Stollen und die Ermordung der Insassen zu verhindern. Die Produktion wurde am 3. Mai 1945 eingestellt.
Amerikanische Strategen behielten sich ein Wiederanlaufen der Produktion in diesem Komplex noch bis Juli 1945 vor, mussten den Komplex aber am Ende dieses Monats der Sowjetunion (→ Besetztes Nachkriegsösterreich) überlassen. Nachdem der größte Teil der Maschinen und Vorrichtungen bis Herbst 1947 in den Osten verfrachtet wurde, versuchte eine Strafkompanie der Sowjetarmee die Sprengung des umfangreichen Stollensystems mit Fliegerbomben.
Eingang Stollenanlage B8-Bergkristall (2015)
Die Tunnelruine befindet sich noch heute in unmittelbarer Nähe des Ortszentrums von St. Georgen an der Gusen und wird seit dem Jahr 2001 unter der Bezeichnung „Luftschutzstollen OÖ 020“ von der Bundesimmobiliengesellschaft in Wien verwaltet. Ende 2013 gab der Eigentümer eine Probebohrung in Auftrag, die Aufschluss über geheime unterirdische Atomversuche während der NS-Zeit geben sollten. Erste Untersuchungen bestätigten die Annahme nicht.[1]
Anfang 2014 wurden die Bohrungen eingestellt. Die Existenz einer zweiten, tieferliegenden Etage, auf die es nach einer geoelektrischen Untersuchung und Akten aus dem Jahr 1968 Hinweise gibt, wird überprüft.[2][3] Im Dezember 2014 wurde ein bislang unbekannter Teil der Anlage entdeckt, weitere Grabungen wurden behördlich gestoppt.[4] Das Bundesdenkmalamt kündigte weitere wissenschaftliche Untersuchungen an.[5] Im Mai 2015 wurde vom Historiker Stefan Karner nach Durchsicht vorgelegter Dokumente angeraten, die Stollenanlage wissenschaftlich aufzuarbeiten.[6] Die ORF-Reportage "Am Schauplatz" widmete 45 Minuten Sendezeit rund um die neuerlichen Ereignisse. An der linken Seite des Einganges wurde auch im Mai 2015 ein Gedenkstein von der polnischen Regierung in einer würdigen Gedenkzeremonie angebracht. Im Dezember 2015 wurden an der rechten Seite des neuen Einganges schwarze Gedenktafeln angebracht. Diese Visualisieren einen kleinen Teil der Anlage für den Besucher.
Schematische Darstellung der erhaltenen Stollenanlage
Auftraggeber der Gedenktafeln
Darstellung des Lagers Gusen
Schlüsselpersonal
Betriebsführer: Flieger-Generalstabsingenieur Lucht (Messerschmitt GmbH Regensburg)
Stellvertretender Betriebsführer: Alfred Grau (DEST Werkgruppenleitung St. Georgen)
Beauftragter des Betriebsführers: Friedrich Kessler
SS-Führungsstab: SS-Obersturmführer Werner Eckermann
Verantwortliche für den Häftlingseinsatz
Bergkristall-Bau: Johannes Grimm
Bergkristall-Fertigung: Paul Wolfram
Siehe auch
U-Verlagerung
Decknamen nationalsozialistischer Geheimobjekte
Vernichtung durch Arbeit
NS-Zwangsarbeit
Quelle
Anlage und Geschichte
Dieses Herzstück der Produktion von „Rumpfwerk“ für die Me 262 blieb weitgehend unbekannt, da es unter der Bezeichnung Betriebsabteilung III (Ba III) operativ von der DEST betrieben wurde und daher im Zusammenhang mit den Messerschmitt-Fertigungskreisen Augsburg und Regensburg offiziell stets nur als vermeintlich unbedeutender Lieferant in Erscheinung trat.
Auf einer Fläche von etwa 45.000 Quadratmetern produzierten bis zu 10.000 Häftlinge des Konzentrationslagers Gusen II, koordiniert durch Jägerstab und Oberbayerische Forschungsanstalt, bis Kriegsende etwa 987 voll ausgestattete Rümpfe für den Turbinenjäger Messerschmitt Me 262. In der Endausbaustufe sollten bis 1945 monatlich bis zu 1250 Einheiten dieses Flugzeugtyps in diesem unterirdischen Produktionskomplex vom Fließband laufen.
Um offene Fragen der Serienfertigung direkt vor Ort klären zu können, wurde am 19. März 1945 in St. Georgen/Gusen noch eine „ständige Außenstelle Bergkristall“ der Oberbayerischen Forschungsanstalt eingerichtet, die durch den so genannten „Linzer Kurier“ täglich mit Oberammergau in Verbindung stand.
Die Zugänge für die Häftlinge zu B8 Bergkristall
Um Zeugen und Geheimnisträger zu vermeiden, sollten nach Plänen Himmlers alle Häftlinge der KL Gusen II und I und dem KL Mauthausen bei Kriegsende in den umfangreichen Stollenanlagen von B8 Bergkristall und Kellerbau zu Tode gesprengt werden. Am 2. Mai 1945 erfuhr der IKRK-Delegierte Louis Häfliger im Gespräch mit SS-Obersturmführer Guido Reimer, dem Leiter der Spionage- und Sabotage-Abwehr im Lager, von Himmlers mörderischen Plänen und entschied, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Sprengung der Stollen und die Ermordung der Insassen zu verhindern. Die Produktion wurde am 3. Mai 1945 eingestellt.
Amerikanische Strategen behielten sich ein Wiederanlaufen der Produktion in diesem Komplex noch bis Juli 1945 vor, mussten den Komplex aber am Ende dieses Monats der Sowjetunion (→ Besetztes Nachkriegsösterreich) überlassen. Nachdem der größte Teil der Maschinen und Vorrichtungen bis Herbst 1947 in den Osten verfrachtet wurde, versuchte eine Strafkompanie der Sowjetarmee die Sprengung des umfangreichen Stollensystems mit Fliegerbomben.
Eingang Stollenanlage B8-Bergkristall (2015)
Die Tunnelruine befindet sich noch heute in unmittelbarer Nähe des Ortszentrums von St. Georgen an der Gusen und wird seit dem Jahr 2001 unter der Bezeichnung „Luftschutzstollen OÖ 020“ von der Bundesimmobiliengesellschaft in Wien verwaltet. Ende 2013 gab der Eigentümer eine Probebohrung in Auftrag, die Aufschluss über geheime unterirdische Atomversuche während der NS-Zeit geben sollten. Erste Untersuchungen bestätigten die Annahme nicht.[1]
Anfang 2014 wurden die Bohrungen eingestellt. Die Existenz einer zweiten, tieferliegenden Etage, auf die es nach einer geoelektrischen Untersuchung und Akten aus dem Jahr 1968 Hinweise gibt, wird überprüft.[2][3] Im Dezember 2014 wurde ein bislang unbekannter Teil der Anlage entdeckt, weitere Grabungen wurden behördlich gestoppt.[4] Das Bundesdenkmalamt kündigte weitere wissenschaftliche Untersuchungen an.[5] Im Mai 2015 wurde vom Historiker Stefan Karner nach Durchsicht vorgelegter Dokumente angeraten, die Stollenanlage wissenschaftlich aufzuarbeiten.[6] Die ORF-Reportage "Am Schauplatz" widmete 45 Minuten Sendezeit rund um die neuerlichen Ereignisse. An der linken Seite des Einganges wurde auch im Mai 2015 ein Gedenkstein von der polnischen Regierung in einer würdigen Gedenkzeremonie angebracht. Im Dezember 2015 wurden an der rechten Seite des neuen Einganges schwarze Gedenktafeln angebracht. Diese Visualisieren einen kleinen Teil der Anlage für den Besucher.
Schematische Darstellung der erhaltenen Stollenanlage
Auftraggeber der Gedenktafeln
Darstellung des Lagers Gusen
Schlüsselpersonal
Betriebsführer: Flieger-Generalstabsingenieur Lucht (Messerschmitt GmbH Regensburg)
Stellvertretender Betriebsführer: Alfred Grau (DEST Werkgruppenleitung St. Georgen)
Beauftragter des Betriebsführers: Friedrich Kessler
SS-Führungsstab: SS-Obersturmführer Werner Eckermann
Verantwortliche für den Häftlingseinsatz
Bergkristall-Bau: Johannes Grimm
Bergkristall-Fertigung: Paul Wolfram
Siehe auch
U-Verlagerung
Decknamen nationalsozialistischer Geheimobjekte
Vernichtung durch Arbeit
NS-Zwangsarbeit
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