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79 Angehörige verklagen die Bundesrepublik:Wer haftet für die Kundus-Toten?

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Beitrag  checker Di März 19, 2013 6:23 am

Den Befehl gibt ein Deutscher. Über 130 Menschen werden im September 2009 beim Luftangriff von Kundus verletzt oder getötet. Die Hinterbliebenen verklagen die Bundesrepublik auf insgesamt 3,3 Millionen Euro Schadensersatz. Die Hauptrolle im Prozess spielt der Vertreter der Kläger: ein Deutsch-Afghane.

Mit Baronen hat er's nicht so. Sobald die Rede auf Karl-Theodor zu Guttenberg kommt, wird die Stimme von Karim Popal lauter, die Antworten ausschweifender. "So ein arroganter Typ. Er litt unter Egoismus", sagt der Anwalt n-tv.de. Nein, auf "diesen jungen unerfahrenen Verteidigungsminister" mit dem gegelten Haar ist der Deutsch-Afghane gar nicht gut zu sprechen.

Popal hat sich oft aufgeregt über Guttenberg: Bevor der CSU-Minister 2009 eben jenen Angriff auf zwei Nato-Tanklaster in der Nähe von Kundus als Fehler bezeichnete, hatte er das Bombardement und den verantwortlichen Oberst Georg Klein wochenlang verteidigt. Noch viel mehr stört Popal aber, dass Guttenberg aus seiner Sicht eine rasche Einigung in der Entschädigungsfrage blockierte.

Wie viele Zivilisten unter den Opfern waren, ist bis heute unklar. Die Bundeswehr selbst spricht von 91 Toten und 11 Verletzten, laut Popal waren es 139 Tote und 40 Verletzte und Verschollene. Anfang 2010 zahlte die Bundesregierung den Hinterbliebenen des Bombardements Soforthilfen in Höhe von 3900 Euro pro Familie. Aus Sicht vieler Hinterbliebenen ist das aber nicht genug. "Das reicht nicht für Witwen, die jetzt alleine fünf Kinder großziehen müssen", sagt Popal. Dass die Angehörigen inzwischen schon dreieinhalb Jahre auf eine "angemessene" Wiedergutmachung warten müssen, ist für ihn "eine Schande".
Die Laster, die Sandbank, die Katastrophe

Guttenberg und Klein haben mit dem Fall Kundus längst nichts mehr zu tun. Popal dagegen spielt heute eine Hauptrolle in der Aufklärung der Ereignisse. In dem an diesem Mittwoch beginnenden Prozess vor dem Landgericht Bonn vertritt er die Interessen von 79 Hinterbliebenen. Wegen des tödlichen Bombardements verklagen sie die Bundesrepublik auf Schadensersatz. Dabei wollte Popal den Fall eigentlich außergerichtlich lösen. Anfang 2010 schlug er einen Entschädigungsfonds für die Opfer vor. Für eine Million Euro sollten eine Milchproduktionsfabrik, ein Waisenheim und eine Teppichknüpferei finanziert werden. Von irgendetwas sollten die Frauen und Kinder ja leben können.

Doch Guttenberg lehnte ab. "Bei Herrn Popal ist die Mandatslange ungeklärt", hieß es zur Begründung. Denn im Verteidigungsministerium gab es Zweifel an der Echtheit der Vollmachten von Popals Mandanten. So habe dieser zwar angegeben, knapp 80 Angehörige von Opfern zu vertreten. Für teilweise dieselben Mandanten sprach aber auch eine Menschenrechtsorganisation, die später auf das Ministerium zukam. Als die Verhandlungen platzen, reichte Popal die Klage ein.

Die Tanklaster, um die es in dieser Geschichte eigentlich geht, sollten an jenem 3. September 2009 für die Nato-Truppen Benzin von Nordafghanistan nach Kabul bringen. Doch am Abend entführten Taliban die beiden Fahrzeuge, südlich von Kundus, in der Nähe vom Feldlager der Bundeswehr. Weit kamen sie nicht. Auf einer Sandbank fuhren sie die Laster fest.
"Troops in contact"

Laut einem Protokoll des "Spiegel" verfolgte Oberst Klein in der deutschen Kommandozentrale gegen Mitternacht die ersten Videobilder, die ein Bomber aufgenommen hatte. Der befehlshabende Offizier sah darauf die gestrandeten Fahrzeuge. Um sie herum versammelten sich Menschen, die er in einem Bericht später als Aufständische bezeichnen würde. Eine Bedrohung? Feindkontakt? Die Voraussetzungen für ein Eingreifen waren eigentlich nicht gegeben. Aber der Oberst, im Funkverkehr unter dem Decknamen "Red Baron" aktiv, sah das anders und bestätigte "Troops in contact". Eine halbe Stunde später trafen zwei F15-Jets ein. Bevor die US-Piloten zuschlugen, funkten sie Klein noch einmal an und warnten: Es gebe weder eigene Truppen im Umfeld der Sandbank noch Bewaffnete, dafür jedoch viele Zivilsten. Der Deutsche blieb bei seinem Befehl: Angriff!

"Am 4. September um 01.51 Uhr entschloss ich mich, zwei am Abend des 3. September entführte Tanklastwagen sowie an den Fahrzeugen befindliche Aufständische durch den Einsatz von Luftstreitkräften zu vernichten", schrieb Klein später an den Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan. Auch die Bundesregierung bestand zunächst auf ihrer Version des Tathergangs: Der Angriff habe im Moment der Entführung des Tanklasters begonnen. Bei der Bombardement seien zudem keine Zivilisten ums Leben gekommen.

Doch diese Interpretation hielt sich nicht lange. In den Reihen der Nato-Partner wuchs die Kritik. Der Tenor: Auf den Bildern sei eindeutig zu sehen gewesen, wie sich Dorfbewohner mit Benzinkanistern den Lastern näherten. Die Bundesregierung machte nicht viel Aufsehens um die Nacht von Kundus. Schneiderhan wurde einige Wochen später von Verteidigungsminister Guttenberg entlassen. Klein kam glimpflich davon. Im April 2010 stellte die Generalbundesanwaltschaft ein Verfahren gegen den General ein.

"Wir sehen uns als Sieger"

Karim Popal hält das für falsch. Er sieht Verstöße gegen das Völkerrecht und gegen die Vorschriften der Nato. Wenn schon nicht der Oberst, dann müsse nun die Bundesrepublik haften. In der Sammelklage fordert Popal für seine Mandanten deshalb Schadensersatz in Höhe von 3,3 Millionen Euro. Popal rechnet mit 20.000 bis 75.000 Euro pro Familie. Je nach Bedürftigkeit.

Die Bundesrepublik kündigte bereits an, die Klagen zurückzuweisen. Das Verteidigungsministerium beruft sich auf die bereits gezahlten Soforthilfen in Höhe von insgesamt 350.000 Euro. Ein Urteil ist am ersten Verhandlungstag daher nicht zu erwarten. Popal rechnet mit einer Beweisaufnahme von mehreren Tagen. Er hat eine Reihe von Zeugen in der Hinterhand, amerikanische Offiziere, Vertretungen von internationalen Organisationen, Journalisten. Sein Ass im Ärmel: ein ehemalige Nato-General, dessen Namen er vor Prozessbeginn nicht sagen will. Weniger zurückhaltend ist er, was die Aussichten der Klage angeht. "Wir sehen uns als Sieger", sagt Popal.
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Es steht viel auf dem Spiel, für die Bundesrepublik und auch für Popal. Der sagt: "Was in Kundus passiert ist, war das schlimmste Blutbad einer Zivilbevölkerung seit 1945, das auf einen deutschen Befehl zurückgeht. Es hieß immer, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von deutscher Seite keine Menschen mehr getötet. Wenn man sich nun angemessen entschuldigt, würde es zeigen: Wir haben aus der Geschichte gelernt."

Popal wurde in Afghanistan geboren. Er wanderte nach Deutschland aus, als die Russen nach Afghanistan kamen. In Bremen studierte er Jura, später unterrichtete er im Auftrag des Auswärtigen Amtes Richter und Staatsanwälte in Kundus. Jetzt klagt er gegen das Land, in dem er einst Zuflucht suchte. "Das ist nicht überall möglich, deswegen ist Deutschland eine der besten Demokratien der Welt", sagt er.

Der Kampf für die Entschädigung der Opfer von Kundus ist für ihn eine "persönliche Sache". Er macht es auch für die vielen Frauen in Afghanistan. "Sie haben keine Rechte, können sich kaum aus dem Haus trauen, werden verkauft und zwangsverheiratet." Popal gibt an, honorarfrei zu arbeiten. Die 10.000 Euro Gerichtskosten würden durch Spenden finanziert. Warum er das alles macht seit dreieinhalb Jahren? "Ich will eines Tages sagen können, dass ich mit dieser Klage beiden Ländern gedient habe." Aber Popal weiß auch um die öffentliche Aufmerksamkeit, die dem Kundus-Luftangriff sicher ist. Egal, wie das Urteil lautet - spätestens, wenn der Prozess endet, ist er weltweit ein bekannter Mann.

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