Wer war Julius Langbehn?
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Wer war Julius Langbehn?
Nun über Julius steht folgedes geschrieben:
August Julius Langbehn (* 26. März 1851 in Hadersleben; † 30. April 1907 in Rosenheim) war ein deutscher Schriftsteller, Kulturkritiker und Philosoph. Der Nationalist und Mitbegründer eines kulturpessimistischen Antisemitismus[1] wurde vor allem mit seinem Buch Rembrandt als Erzieher bekannt.
Julius Langbehn wuchs als drittes Kind des Lehrers und Philologen Johann Jakob Langbehn und einer Pastorentochter in Kiel auf. Ein Großvater war der Theologe Andreas Johannes Boysen. Sein Vater starb, als er 14 Jahre alt war. 1870 meldete Langbehn sich mit 19 Jahren als Freiwilliger zum Militär und wurde nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges als Leutnant der Reserve entlassen. Danach studierte er Kunstgeschichte und Archäologie. Später unternahm er Reisen nach Italien. Nachdem er 1875 aus seiner Kieler Burschenschaft dimittiert worden war, ging er nach München, wo er 1880 mit einer Arbeit über „Flügelgestalten der ältesten griechischen Kunst“ zum Dr. phil. promovierte. Für die Arbeit wurde ihm das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts 1881/82 zuerkannt, mit dem er den Mittelmeerraum bereisen konnte. Nach Ende des Stipendiums führte er ein unstetes Leben mit wechselnden Arbeitsstellen und Wohnsitzen – beispielsweise wohnte er für längere Zeit beim Maler Hans Thoma.
1889 nahm Langbehn Kontakt zur Mutter des geisteskranken Friedrich Nietzsche auf und wollte ihn durch eine Gesprächstherapie heilen. Auf einen früheren Huldigungsbrief hatte der noch gesunde Nietzsche nicht reagiert. Nach einem Anfall Nietzsches reiste Langbehn nach Dresden ab und forderte brieflich von Nietzsches Mutter, dass ihm die Vormundschaft über den Kranken übertragen werde. Dies wurde durch Eingreifen Franz Overbecks verhindert. 1891 wurde Langbehn wegen angeblicher Verbreitung pornographischer Inhalte in seinem Gedichtband „40 Lieder von einem Deutschen“ angeklagt. Daraufhin verließ er Dresden und zog nach Wien. 1900 konvertierte Langbehn zum Katholizismus. Maßgeblich beeinflusst war dieser Schritt durch den Bischof von Rottenburg Paul Wilhelm von Keppler und Langbehns Freund und späteren Biograph Benedikt Momme Nissen.
Rembrandt als Erzieher
1890 ließ Langbehn anonym („Von einem Deutschen“) in dem Leipziger Verlag C. L. Hirschfeld seine zweite Veröffentlichung Rembrandt als Erzieher erscheinen, die im Deutschen Reich innerhalb von zwei Jahren 39 Auflagen erlebte. Das Buch wurde von den beiden Kunsthistorikern Woldemar von Seidlitz und Wilhelm von Bode, mit denen Langbehn befreundet war, protegiert und dem Verleger Hirschfeld empfohlen, der es zu einem niedrigen Preis von 2 Reichsmark anbot. Als Verfasser des Rembrandtbuches wurde zunächst Paul de Lagarde angenommen, der dies jedoch bald bestritt. Obwohl die wahre Verfasserschaft Langbehns daraufhin schnell bekannt wurde, blieb sein Name den meisten Lesern unbekannt. Langbehn erhielt später den Beinamen der Rembrandtdeutsche, den er auch selbst verwendete.
In seinen kulturpessimistischen Betrachtungen begriff Langbehn Rationalität, Wissenschaftlichkeit, Materialismus, Liberalismus, Kosmopolitismus und geistig-kulturellen Uniformismus als Degenerationserscheinungen, für die er Aufklärung und Urbanisierung verantwortlich machte. Als mystisch-romantischen Gegenpol zur verhassten Moderne setzte Langbehn den Typus des „Niederdeutschen“, verkörpert durch den Maler Rembrandt. Aus seinem Geist solle eine völkische Wiedergeburt durch Kunst erfolgen.
Da Rembrandt als Erzieher gekonnt den antiliberalen und antimodernen Zeitgeist von Teilen des deutschen Bürgertums traf, verkaufte sich das Buch gut und erlebte zahlreiche Auflagen. Das Rembrandtbuch wurde allerdings auch zum Gegenstand von Persiflagen, wie zum Beispiel Höllenbreughel als Erzieher (Leipzig, 1890), die Langbehns „Möchtegernphilosophie“ als Wortklauberei entlarvten.[2] Selbst Theodor Fontane provozierte das Werk zu einer gereizten Parodie in der Figur des Berliner Originals Eckensteher Nante: Nante Strump als Erzieher. Von einem Berliner. Frei nach „Rembrandt als Erzieher“.[3] Darin verwendete er absichtlich Langbehns Rhetorik, um sie ad absurdum zu führen.
Der Titel ist eine Anspielung auf Nietzsches dritte Unzeitgemäße Betrachtung Schopenhauer als Erzieher. Langbehn übernahm Gedanken des jungen Nietzsche und integrierte sie in ein deutschnationales Weltbild. Spätere Werke Nietzsches lehnte er als blasphemische „Verirrungen“ ab. Langbehns Deutung Nietzsches, die derjenigen seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche ähnelt, war im frühen 20. Jahrhundert wirksam, wird heute in der Nietzsche-Forschung aber abgelehnt.
In dem von Auflage zu Auflage überarbeiteten Werk schlugen sich zunehmend antisemitische Tendenzen nieder, die Langbehn u. a. aus einem Briefwechsel mit Theodor Fritsch schöpfte. Unmittelbaren Einfluss auf diese Entwicklung übte Max Bewer aus, der sich als Freund und „Schüler“ Langbehns profilierte und 1892 eine Verteidigungsschrift für das Rembrandtbuch veröffentlichte.
Gegner der Moderne und Nachwirkung
Langbehn wurde ein Gegner der Moderne und insbesondere aller modernen Wissenschaften. 1891 schickte er seine Promotionsurkunde zerrissen an die Universität München zurück. Nach seiner Konversion zum Katholizismus zog er nach München und Altötting und starb 1907 in Rosenheim. Auf seinen Wunsch wurde er unter der uralten Edignalinde neben der Kirche in Puch bei Fürstenfeldbruck bestattet. Sein Privatsekretär, der Maler Benedikt Momme Nissen, gab nach seinem Tod weitere, aus dem Nachlass kompilierte Werke heraus. Ihre Authentizität gilt als unsicher, da Momme Nissen als Dominikaner ein Interesse daran hatte, die katholischen Elemente in Langbehns Denken einseitig hervorzukehren.
Langbehns Gedankengut hatte starken Einfluss auf die Ausprägung von Antiintellektualismus und Antisemitismus in der deutschen Jugendbewegung. Der Kulturkatholizismus, der nach einer Vereinbarkeit zwischen Katholizismus und Nationalismus suchte, fand in Langbehn einen wichtigen Bezugspunkt. Sein Werk wurde auch in der Kunsterziehung des Nationalsozialismus wirksam. Seine Schriften erlebten, durch die Nationalsozialisten gefördert und in ihrem Anliegen aufgegriffen, gerade in dieser Zeit eine Renaissance.
Werk (Auswahl)
Rembrandt als Erzieher. 1890[4]
40 Lieder von einem Deutschen. 1891 (Sammlung von Gedichten)
Dürer als Führer. („Vom Rembrandtdeutschen und seinem Gehilfen“ [= Benedikt Momme Nissen]), 1928
Der Geist des Ganzen. hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1930
Briefe an Bischof Keppler. hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1937
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
August Julius Langbehn (* 26. März 1851 in Hadersleben; † 30. April 1907 in Rosenheim) war ein deutscher Schriftsteller, Kulturkritiker und Philosoph. Der Nationalist und Mitbegründer eines kulturpessimistischen Antisemitismus[1] wurde vor allem mit seinem Buch Rembrandt als Erzieher bekannt.
Julius Langbehn wuchs als drittes Kind des Lehrers und Philologen Johann Jakob Langbehn und einer Pastorentochter in Kiel auf. Ein Großvater war der Theologe Andreas Johannes Boysen. Sein Vater starb, als er 14 Jahre alt war. 1870 meldete Langbehn sich mit 19 Jahren als Freiwilliger zum Militär und wurde nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges als Leutnant der Reserve entlassen. Danach studierte er Kunstgeschichte und Archäologie. Später unternahm er Reisen nach Italien. Nachdem er 1875 aus seiner Kieler Burschenschaft dimittiert worden war, ging er nach München, wo er 1880 mit einer Arbeit über „Flügelgestalten der ältesten griechischen Kunst“ zum Dr. phil. promovierte. Für die Arbeit wurde ihm das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts 1881/82 zuerkannt, mit dem er den Mittelmeerraum bereisen konnte. Nach Ende des Stipendiums führte er ein unstetes Leben mit wechselnden Arbeitsstellen und Wohnsitzen – beispielsweise wohnte er für längere Zeit beim Maler Hans Thoma.
1889 nahm Langbehn Kontakt zur Mutter des geisteskranken Friedrich Nietzsche auf und wollte ihn durch eine Gesprächstherapie heilen. Auf einen früheren Huldigungsbrief hatte der noch gesunde Nietzsche nicht reagiert. Nach einem Anfall Nietzsches reiste Langbehn nach Dresden ab und forderte brieflich von Nietzsches Mutter, dass ihm die Vormundschaft über den Kranken übertragen werde. Dies wurde durch Eingreifen Franz Overbecks verhindert. 1891 wurde Langbehn wegen angeblicher Verbreitung pornographischer Inhalte in seinem Gedichtband „40 Lieder von einem Deutschen“ angeklagt. Daraufhin verließ er Dresden und zog nach Wien. 1900 konvertierte Langbehn zum Katholizismus. Maßgeblich beeinflusst war dieser Schritt durch den Bischof von Rottenburg Paul Wilhelm von Keppler und Langbehns Freund und späteren Biograph Benedikt Momme Nissen.
Rembrandt als Erzieher
1890 ließ Langbehn anonym („Von einem Deutschen“) in dem Leipziger Verlag C. L. Hirschfeld seine zweite Veröffentlichung Rembrandt als Erzieher erscheinen, die im Deutschen Reich innerhalb von zwei Jahren 39 Auflagen erlebte. Das Buch wurde von den beiden Kunsthistorikern Woldemar von Seidlitz und Wilhelm von Bode, mit denen Langbehn befreundet war, protegiert und dem Verleger Hirschfeld empfohlen, der es zu einem niedrigen Preis von 2 Reichsmark anbot. Als Verfasser des Rembrandtbuches wurde zunächst Paul de Lagarde angenommen, der dies jedoch bald bestritt. Obwohl die wahre Verfasserschaft Langbehns daraufhin schnell bekannt wurde, blieb sein Name den meisten Lesern unbekannt. Langbehn erhielt später den Beinamen der Rembrandtdeutsche, den er auch selbst verwendete.
In seinen kulturpessimistischen Betrachtungen begriff Langbehn Rationalität, Wissenschaftlichkeit, Materialismus, Liberalismus, Kosmopolitismus und geistig-kulturellen Uniformismus als Degenerationserscheinungen, für die er Aufklärung und Urbanisierung verantwortlich machte. Als mystisch-romantischen Gegenpol zur verhassten Moderne setzte Langbehn den Typus des „Niederdeutschen“, verkörpert durch den Maler Rembrandt. Aus seinem Geist solle eine völkische Wiedergeburt durch Kunst erfolgen.
Da Rembrandt als Erzieher gekonnt den antiliberalen und antimodernen Zeitgeist von Teilen des deutschen Bürgertums traf, verkaufte sich das Buch gut und erlebte zahlreiche Auflagen. Das Rembrandtbuch wurde allerdings auch zum Gegenstand von Persiflagen, wie zum Beispiel Höllenbreughel als Erzieher (Leipzig, 1890), die Langbehns „Möchtegernphilosophie“ als Wortklauberei entlarvten.[2] Selbst Theodor Fontane provozierte das Werk zu einer gereizten Parodie in der Figur des Berliner Originals Eckensteher Nante: Nante Strump als Erzieher. Von einem Berliner. Frei nach „Rembrandt als Erzieher“.[3] Darin verwendete er absichtlich Langbehns Rhetorik, um sie ad absurdum zu führen.
Der Titel ist eine Anspielung auf Nietzsches dritte Unzeitgemäße Betrachtung Schopenhauer als Erzieher. Langbehn übernahm Gedanken des jungen Nietzsche und integrierte sie in ein deutschnationales Weltbild. Spätere Werke Nietzsches lehnte er als blasphemische „Verirrungen“ ab. Langbehns Deutung Nietzsches, die derjenigen seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche ähnelt, war im frühen 20. Jahrhundert wirksam, wird heute in der Nietzsche-Forschung aber abgelehnt.
In dem von Auflage zu Auflage überarbeiteten Werk schlugen sich zunehmend antisemitische Tendenzen nieder, die Langbehn u. a. aus einem Briefwechsel mit Theodor Fritsch schöpfte. Unmittelbaren Einfluss auf diese Entwicklung übte Max Bewer aus, der sich als Freund und „Schüler“ Langbehns profilierte und 1892 eine Verteidigungsschrift für das Rembrandtbuch veröffentlichte.
Gegner der Moderne und Nachwirkung
Langbehn wurde ein Gegner der Moderne und insbesondere aller modernen Wissenschaften. 1891 schickte er seine Promotionsurkunde zerrissen an die Universität München zurück. Nach seiner Konversion zum Katholizismus zog er nach München und Altötting und starb 1907 in Rosenheim. Auf seinen Wunsch wurde er unter der uralten Edignalinde neben der Kirche in Puch bei Fürstenfeldbruck bestattet. Sein Privatsekretär, der Maler Benedikt Momme Nissen, gab nach seinem Tod weitere, aus dem Nachlass kompilierte Werke heraus. Ihre Authentizität gilt als unsicher, da Momme Nissen als Dominikaner ein Interesse daran hatte, die katholischen Elemente in Langbehns Denken einseitig hervorzukehren.
Langbehns Gedankengut hatte starken Einfluss auf die Ausprägung von Antiintellektualismus und Antisemitismus in der deutschen Jugendbewegung. Der Kulturkatholizismus, der nach einer Vereinbarkeit zwischen Katholizismus und Nationalismus suchte, fand in Langbehn einen wichtigen Bezugspunkt. Sein Werk wurde auch in der Kunsterziehung des Nationalsozialismus wirksam. Seine Schriften erlebten, durch die Nationalsozialisten gefördert und in ihrem Anliegen aufgegriffen, gerade in dieser Zeit eine Renaissance.
Werk (Auswahl)
Rembrandt als Erzieher. 1890[4]
40 Lieder von einem Deutschen. 1891 (Sammlung von Gedichten)
Dürer als Führer. („Vom Rembrandtdeutschen und seinem Gehilfen“ [= Benedikt Momme Nissen]), 1928
Der Geist des Ganzen. hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1930
Briefe an Bischof Keppler. hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1937
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