Hermetic Order of the Golden Dawn
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Hermetic Order of the Golden Dawn
Der Hermetic Order of the Golden Dawn (hermetischer Orden der goldenen Morgendämmerung, kurz: Golden Dawn) war eine magische diskrete Gesellschaft. Er wurde am 12. Februar 1888 von William Robert Woodman, Samuel Liddell MacGregor Mathers und William Wynn Westcott in England gegründet[1]. Am 1. März 1888 erfolgte die offizielle Eröffnung des Isis- Urania Tempels No. 3 in London[1]. Der Orden bestand bis 1900/1903 und zerfiel dann wegen innerer Streitigkeiten in diverse Nachfolgeorganisationen.
Das hermetische Rosenkreuz des Golden Dawn
erühmte Mitglieder des Ordens waren unter anderem Aleister Crowley, Arthur Machen, Arthur Edward Waite und William Butler Yeats.[2]
Im Gegensatz zur Theosophischen Gesellschaft, die sich zunehmend an östlichen Weisheitslehren orientierte, verstand sich der Golden Dawn als Fortführung der westlichen Mysterien, insbesondere der Tradition der Rosenkreuzer. Als esoterisch arbeitender Orden wurde er zum Prototyp ähnlicher Organisationen. Viele der modernen magischen oder esoterischen Strömungen wie Wicca und Thelema können bis zu diesem Orden zurückverfolgt werden.
Alle drei Gründer – Westcott, Woodman und Mathers – waren sowohl Freimaurer als auch Rosenkreuzer der Societas Rosicruciana in Anglia. Westcott und Mathers gehörten außerdem der von Anna Kingsford gegründeten Hermetic Society in London an.
Cipher Manuscript fol. 47
Die Grundlagen der Lehren des Golden Dawn entnahm man dem sogenannten Cipher Manuskript, das der Ordenslegende nach unter obskuren Umständen von A.F.A Woodford[3] entdeckt worden sein soll. Es war in einem Alphabet verfasst, das einer überlieferten Geheimschrift von Abt Trithemius ähnlich ist, und konnte daher von Westcott entschlüsselt werden. Das Manuskript enthält in skizzierter Form fünf Initiationsrituale, sowie entsprechendes Lehrmaterial, u.a. die bisher geheimen Zuordnungen des Tarots zu den hebräischen Buchstaben.[4] Ferner soll sich auf einer der Seiten die Kontaktadresse einer gewissen Soror Sapiens Dominabitur Astris (Anna Sprengel), einer hohen Adeptin der Rosenkreuzer aus Deutschland, befunden haben. William Wynn Westcott will von ihr die Erlaubnis zur Gründung des Golden Dawn in the Outer (des äußeren Ordens der Goldenen Dämmerung) erhalten haben. Schließlich beauftragte Westcott Mathers, die Ritualskizzen zu arbeitsfähigen Ritualen auszuarbeiten.[5]
Wachstum
Der Eröffnung des Isis- Urania Tempels No.3 in London im März 1888, folgten noch in selben Jahr die Gründung des Osiris Tempels No.4 in Weston-super-Mare (Somerset) und des Horus Tempel No.5 in Bradford (Yorkshire). Erst 1893 erfolgte auf Antrag einiger schottischer Mitglieder die Eröffnung des Amen-Ra Tempels No.6 in Edinburgh, gefolgt von der Einweihung des Ahathoor Tempels No.7 in Paris im Januar 1894[6].
Zunächst wurden nur fünf Grade rituell bearbeitet, die in ihrer Gesamtheit den äußeren oder ersten Orden bildeten. Neben der rituellen Arbeit wurde nur theoretisches Grundlagenwissen über die Kabbala, Astrologie, Tarot und Alchemie vermittelt. Einzige Ausnahme war das Kleine Pentagrammritual, das gelehrt wurde, damit sich der Schüler ein erstes Bild von den unsichtbaren Kräften und deren Lenkung machen konnte.
Bis Dezember 1891 existierte der zweite oder innere Orden, der die Adeptengrade umfassen sollte, nur administrativ, da es noch keine entsprechenden Initiationsrituale gab. Es wurde lediglich der sogenannte Portalgrad geschaffen, der als Bindeglied zwischen äußeren und inneren Orden fungierte.
Rote Rose und goldenes Kreuz
Es war Samuel Liddell MacGregor Mathers vorbehalten, diesen zweiten oder inneren Orden, den eigentlichen magischen Orden zu schaffen, den Ordo Rosae Rubeae et Aureae Crucis (Orden der Roten Rose und des goldenen Kreuzes), auch kurz R.R. et A.C. genannt. Im Herbst 1891 erklärte Mathers, in Paris den Kontakt zu den geheimen Oberen, den Mitgliedern des innersten oder dritten Ordens, hergestellt zu haben. Von einem Frater L.E.T (Lux e tenebris) will er weitere Instruktionen für den Aufbau des zweiten Ordens erhalten haben. Er schuf daraufhin das zentrale Initiationsritual des Ordens, das des Adeptus Minor Grades. Dafür wird die in der Fama Fraternitatis geschilderte Wiederauffindung des verborgenen Grabes von Christian Rosencreutz rituell umgesetzt. Es wird eigens das Gewölbe der Adepten konstruiert, eine begehbare siebenseitige Initiationskammer. Dieses Gewölbe gilt als Widerspiegelung des Universums, unter anderem entsprechen seine farbig bemalten Seiten den sieben Planeten. Darin steht der sogenannte Pastos, ein Sarkophag, in dem der Chefadept während des Rituals liegen wird, um den Ordensgründer Christian Rosencreutz zu verkörpern. Es war Annie Horniman, die im Dezember 1891 als Erste das neue Adeptus Minor Ritual durchlief.
War Westcott vorwiegend für Lehrinhalte des äußeren Ordens verantwortlich, verfasste Mathers fast alle wichtigen Instruktionen und Lehrschriften des zweiten Ordens. Gleich nach der Initiation hatte sich der der Neophyt Adeptus Minor durch einen Katalog von Instruktionen und Lehrschriften zu arbeiten. Er hatte verschiedene magische Gegenstände herzustellen und zu weihen, unter anderem die vier „Elementarwaffen“ Stab, Kelch, Dolch und Pantakel [7]. Eine andere häufig geübte Technik war das sogenannte Reisen in der Geistvision (Travelling in the Spirit Vision), einer der aktiven Imagination vergleichbaren Methode. Weiter fortgeschrittene Dokumente beschäftigen sich unter anderem mit dem frühneuzeitlichen System der henochischen Engelmagie von John Dee. Neben den offiziellen Lehrschriften zirkulierten zwischen den Mitgliedern des inneren Ordens auch noch die sogenannten Flying Rolls[8], Abhandlungen und Erfahrungsberichte von fortgeschritteneren Mitgliedern geschrieben wurden.
Innere Auseinandersetzungen
Nach dem Tod von William Robert Woodman im Dezember 1891, dessen Funktion jedoch nicht ersetzt wurde, kam es zu einer unterschwelligen Rivalität zwischen Mathers und Westcott, der sich 1897 schließlich ganz von allen administrativen Führungspositionen im Orden zurückzog. Mathers, der seit Mai 1892 überwiegend in Paris lebte und den Orden aus der Distanz leitete, ernannte daraufhin Florence Farr zu seiner Repräsentantin in England. Dies provozierte einige Auseinandersetzungen, da sich einige männliche Mitglieder weigerten, sich einer weiblichen Führung unterzuordnen. Darüber hinaus führte der autoritäre und zugleich inkonsistente Führungsstil von Mathers zu vielfältigen Streitigkeiten. So wurde u.a. Annie Hornimann wegen ihrer anhaltenden Kritik von ihm im Dezember 1886 wegen mangelnder Unterordnung aus dem Orden ausgeschlossen.
Rebellion und Unabhängigkeit
Einen Höhepunkt erreichten die Streitigkeiten Anfang 1900, als sich die Londoner Adepten weigerten, den exzentrischen Aleister Crowley in den inneren Orden aufzunehmen[9]. Daraufhin reiste Crowley nach Paris, um sich von Mathers selbst in den Grad des Adeptus Minor einweihen zu lassen. Obwohl Florence Farr Mathers ihren Rücktritt anbot, wollte dieser nicht darauf eingehen, da er dahinter eine Intrige von Westcott vermutete. In einem als privat und vertraulich gekennzeichneten Brief an Farr behauptete er:
Alles Ordensmaterial, sowohl des inneren als auch des äußeren Ordens würde allein von ihm stammen.
Es gäbe keine Anna Sprengel und Westcott habe den gesamten Briefwechsel mit ihr gefälscht, auch hätte er niemals irgendein Cipher Manuskript gesehen.
Ausschließlich er allein stände mit den geheimen Oberen des Dritten Ordens in Kontakt.
Dies führte zum offenen Aufruhr der Londoner Adepten, die ein siebenköpfiges Komitee einsetzten, um diese Aussagen ihrem Wahrheitsgehalt nach zu untersuchen. Nachdem Mathers sich jedoch weigerte, in London zu erscheinen und zu seinen Aussagen offen Stellung zu nehmen, wurden er und seine Frau Moina aus dem Orden ausgeschlossen, was einer offenen Rebellion gleichkam. In der Folge brach Crowley, im Auftrag von Mathers, gewaltsam in Räumlichkeiten des zweiten Ordens ein, um das Gewölbe der Adepten und weiteres Material in seinen Besitz zu bringen, was jedoch von William Butler Yeats und andern Mitgliedern des inneren Ordens verhindert werden konnte, aber die Spaltung endgültig werden lies. Dr. Edward Berridge versammelte daraufhin die wenigen Mathers noch loyal gebliebenen Adepten und gründete den Isis Tempel No.11 in London, den späteren Alpha et Omega Tempel No.1.
Ende des Ordens
In der Folgezeit wurde Yeats zum Oberhaupt gewählt. Hornimann wurde rehabilitiert und zur Sekretärin ernannt, um das gesamte Material des Ordens neu zu ordnen. Jedoch scheiterte der Versuch, die Leitung auf eine demokratische Basis zu stellen, an den unterschiedlichen Interessen der Mitglieder. 1903 versuchte John William Brodie- Innes den alleinigen Führungsanspruch durchzusetzen, scheiterte jedoch an Waite und seiner Fraktion, wodurch es schließlich zum endgültigen Ende des Isis Urania Tempels No.3 kam. Der ursprüngliche Golden Dawn hatte damit aufgehört zu existieren.
Das gesamte Inventar und die Tempeleinrichtung wurden aufgeteilt. Arthur Edward Waite und die eher mystisch ausgerichteten Mitglieder übernahmen das Gewölbe der Adepten und begründeten den Independent and Rectified Rite of the Golden Dawn, aus dem 1916 das Fellowship of the Rosy Cross hervorging. Gleichzeitig gründeten Dr. Robert William Felkin, Brodie- Innes und die eher magisch orientierten Mitglieder den Amon Tempel, der zum Haupttempel der Stella Matutina wurde. In der Folgezeit bemühte sich Brodie- Innes darum, den eingeschlafenen Amen Ra Tempel No.6 in Edinburgh wiederzubeleben. Er nahm heimlich Kontakt zu Mathers auf, mit dem er sich wieder versöhnte, und wechselte schließlich zum Alpha et Omega.
Lehrinhalte
Die Lehrinhalte des Golden Dawn bestanden aus zahlreichen okkulten und mystischen Traditionen, wie Kabbala und Tarot, Astrologie, Alchemie und der henochischen Magie Dees sowie aus magischen Arbeiten mit den Göttern Altägyptens und Griechenlands. Elemente des Christentums und Judentums wurden synkretistisch integriert. Das Gradsystem gliederte sich anfangs in neun, später in elf Grade, die in Zusammenhang mit den kabbalistischen zehn Sephiroth stehen. Viele heutige okkulte Organisationen bedienen sich des Studienmaterials des Golden Dawn. Zum Beispiel in einigen Wicca-Kult-Gruppen werden seine Pentagrammrituale verwendet, die unverändert dem Golden Dawn entstammen.
Nachfolgeorganisationen des Golden Dawn
Independent and Rectifide Rite of the Golden Dawn (von 1903 bis 1914, Waite)
Alpha et Omega (ab 1903 bis ca. 1940, Mathers)
Stella Matutina (von 1903 bis 1978, Felkin)
Von Golden-Dawn-Mitgliedern neu gegründete Organisationen
Builders of the Adytum
Society of the Inner Light; ehemals Fraternity of the Inner Light
In der Tradition des Golden Dawn arbeitende Gruppen
Tempel Licht, Liebe und Leben (EOGD-Großtempel des EOGD von Europa, Zürich)
Hermetic Order of the Temple of Starlight, Niederlande
Hermetischer Orden des Goldenen Lichts, Berlin (vormals deutsche Sektion des "Hermetic Order of the Golden Dawn (HOGD)")
Fraternity of the Hidden Light, Fraternitas L.V.X Occulta (FLO)
Hermetic Order of the Golden Dawn (HOGD), Äußerer Orden des Alpha et Omega; mit Markenschutz für den Namen Hermetic Order of the Golden Dawn in der Europäischen Union und Kanada
Servants of the Light (SOL)
Society of the Inner Light; ehemals Fraternity of the Inner Light
Splendor Lucis, ein in der Tradition des Golden Dawn arbeitender Orden mit Sitz in der Schweiz
Referenzen
Für das genaue Gründungs- und Eröffnungsdatum siehe: Henrik Bogdan, Western Esotericism and Rituals of Initiation, Albany 2007, S. 125.
Die kompletten Mitgliederlisten wurden 1986 von R. A. Gilbert in The Golden Dawn Companion veröffentlicht.
Adolphus Frederick Alexander Woodford (1821–1887) war Mitglied der Quatuor Coronati Lodge, einer freimaurerischen Forschungsloge, und Freund von Westcott. Obwohl er bereits 1887 starb, wird er wegen seiner Namensähnlichkeit öfter mit Woodman verwechselt und fälschlicherweise als einer der drei Gründer bezeichnet. So vertauscht z.B. Hans-Dieter Leuenberger in seiner Einführung zur deutschen Ausgabe von Regardies Das magische System des Golden Dawn Woodfords Vornamen, dem er die Initialen von Woodman zuordnet; S.42.
Das Cipher Manuskript wurde von Darcy Küntz veröffentlicht in: The Complete Golden Dawn Cipher Manuscript 1996. Eine Online- Version findet sich hier.
From Cipher to Enigma: The Role of William Wynn Westcott in the Creation of the Hermetic Order of the Golden Dawn in: Carroll Runyon, Secrets of the Golden Dawn Cipher Manuscript, 1997, S. 209- 211.
The Structure and Administration of the Order, S.30ff in: The Golden Dawn Companion von R. A. Gilbert.
Ein Beispiel für diese Gegenstände, u.a. Dolch, Stab und Pantakel, wie sie von William Butler Yeats hergestellt wurden, kann in der Online Ausstellung der National Library of Ireland in der Vitrine „The Celic Mystic“ betrachtet werden.
Onlineversionen der Flying Rolls sind u.a.unter und hier zu finden.
In einem persönlichen Brief an seine Freundin Lady Gregory erwähnte Yeats die Gründe für Crowleys Ablehnung und meinte, eine mystische Gesellschaft sei schließlich keine Besserungsanstalt. Siehe: George Mills Harper, Yeats‘ Golden Dawn, 1987, S.29.
Quelle - Literatur & einzelnachweise
Das hermetische Rosenkreuz des Golden Dawn
erühmte Mitglieder des Ordens waren unter anderem Aleister Crowley, Arthur Machen, Arthur Edward Waite und William Butler Yeats.[2]
Im Gegensatz zur Theosophischen Gesellschaft, die sich zunehmend an östlichen Weisheitslehren orientierte, verstand sich der Golden Dawn als Fortführung der westlichen Mysterien, insbesondere der Tradition der Rosenkreuzer. Als esoterisch arbeitender Orden wurde er zum Prototyp ähnlicher Organisationen. Viele der modernen magischen oder esoterischen Strömungen wie Wicca und Thelema können bis zu diesem Orden zurückverfolgt werden.
Alle drei Gründer – Westcott, Woodman und Mathers – waren sowohl Freimaurer als auch Rosenkreuzer der Societas Rosicruciana in Anglia. Westcott und Mathers gehörten außerdem der von Anna Kingsford gegründeten Hermetic Society in London an.
Cipher Manuscript fol. 47
Die Grundlagen der Lehren des Golden Dawn entnahm man dem sogenannten Cipher Manuskript, das der Ordenslegende nach unter obskuren Umständen von A.F.A Woodford[3] entdeckt worden sein soll. Es war in einem Alphabet verfasst, das einer überlieferten Geheimschrift von Abt Trithemius ähnlich ist, und konnte daher von Westcott entschlüsselt werden. Das Manuskript enthält in skizzierter Form fünf Initiationsrituale, sowie entsprechendes Lehrmaterial, u.a. die bisher geheimen Zuordnungen des Tarots zu den hebräischen Buchstaben.[4] Ferner soll sich auf einer der Seiten die Kontaktadresse einer gewissen Soror Sapiens Dominabitur Astris (Anna Sprengel), einer hohen Adeptin der Rosenkreuzer aus Deutschland, befunden haben. William Wynn Westcott will von ihr die Erlaubnis zur Gründung des Golden Dawn in the Outer (des äußeren Ordens der Goldenen Dämmerung) erhalten haben. Schließlich beauftragte Westcott Mathers, die Ritualskizzen zu arbeitsfähigen Ritualen auszuarbeiten.[5]
Wachstum
Der Eröffnung des Isis- Urania Tempels No.3 in London im März 1888, folgten noch in selben Jahr die Gründung des Osiris Tempels No.4 in Weston-super-Mare (Somerset) und des Horus Tempel No.5 in Bradford (Yorkshire). Erst 1893 erfolgte auf Antrag einiger schottischer Mitglieder die Eröffnung des Amen-Ra Tempels No.6 in Edinburgh, gefolgt von der Einweihung des Ahathoor Tempels No.7 in Paris im Januar 1894[6].
Zunächst wurden nur fünf Grade rituell bearbeitet, die in ihrer Gesamtheit den äußeren oder ersten Orden bildeten. Neben der rituellen Arbeit wurde nur theoretisches Grundlagenwissen über die Kabbala, Astrologie, Tarot und Alchemie vermittelt. Einzige Ausnahme war das Kleine Pentagrammritual, das gelehrt wurde, damit sich der Schüler ein erstes Bild von den unsichtbaren Kräften und deren Lenkung machen konnte.
Bis Dezember 1891 existierte der zweite oder innere Orden, der die Adeptengrade umfassen sollte, nur administrativ, da es noch keine entsprechenden Initiationsrituale gab. Es wurde lediglich der sogenannte Portalgrad geschaffen, der als Bindeglied zwischen äußeren und inneren Orden fungierte.
Rote Rose und goldenes Kreuz
Es war Samuel Liddell MacGregor Mathers vorbehalten, diesen zweiten oder inneren Orden, den eigentlichen magischen Orden zu schaffen, den Ordo Rosae Rubeae et Aureae Crucis (Orden der Roten Rose und des goldenen Kreuzes), auch kurz R.R. et A.C. genannt. Im Herbst 1891 erklärte Mathers, in Paris den Kontakt zu den geheimen Oberen, den Mitgliedern des innersten oder dritten Ordens, hergestellt zu haben. Von einem Frater L.E.T (Lux e tenebris) will er weitere Instruktionen für den Aufbau des zweiten Ordens erhalten haben. Er schuf daraufhin das zentrale Initiationsritual des Ordens, das des Adeptus Minor Grades. Dafür wird die in der Fama Fraternitatis geschilderte Wiederauffindung des verborgenen Grabes von Christian Rosencreutz rituell umgesetzt. Es wird eigens das Gewölbe der Adepten konstruiert, eine begehbare siebenseitige Initiationskammer. Dieses Gewölbe gilt als Widerspiegelung des Universums, unter anderem entsprechen seine farbig bemalten Seiten den sieben Planeten. Darin steht der sogenannte Pastos, ein Sarkophag, in dem der Chefadept während des Rituals liegen wird, um den Ordensgründer Christian Rosencreutz zu verkörpern. Es war Annie Horniman, die im Dezember 1891 als Erste das neue Adeptus Minor Ritual durchlief.
War Westcott vorwiegend für Lehrinhalte des äußeren Ordens verantwortlich, verfasste Mathers fast alle wichtigen Instruktionen und Lehrschriften des zweiten Ordens. Gleich nach der Initiation hatte sich der der Neophyt Adeptus Minor durch einen Katalog von Instruktionen und Lehrschriften zu arbeiten. Er hatte verschiedene magische Gegenstände herzustellen und zu weihen, unter anderem die vier „Elementarwaffen“ Stab, Kelch, Dolch und Pantakel [7]. Eine andere häufig geübte Technik war das sogenannte Reisen in der Geistvision (Travelling in the Spirit Vision), einer der aktiven Imagination vergleichbaren Methode. Weiter fortgeschrittene Dokumente beschäftigen sich unter anderem mit dem frühneuzeitlichen System der henochischen Engelmagie von John Dee. Neben den offiziellen Lehrschriften zirkulierten zwischen den Mitgliedern des inneren Ordens auch noch die sogenannten Flying Rolls[8], Abhandlungen und Erfahrungsberichte von fortgeschritteneren Mitgliedern geschrieben wurden.
Innere Auseinandersetzungen
Nach dem Tod von William Robert Woodman im Dezember 1891, dessen Funktion jedoch nicht ersetzt wurde, kam es zu einer unterschwelligen Rivalität zwischen Mathers und Westcott, der sich 1897 schließlich ganz von allen administrativen Führungspositionen im Orden zurückzog. Mathers, der seit Mai 1892 überwiegend in Paris lebte und den Orden aus der Distanz leitete, ernannte daraufhin Florence Farr zu seiner Repräsentantin in England. Dies provozierte einige Auseinandersetzungen, da sich einige männliche Mitglieder weigerten, sich einer weiblichen Führung unterzuordnen. Darüber hinaus führte der autoritäre und zugleich inkonsistente Führungsstil von Mathers zu vielfältigen Streitigkeiten. So wurde u.a. Annie Hornimann wegen ihrer anhaltenden Kritik von ihm im Dezember 1886 wegen mangelnder Unterordnung aus dem Orden ausgeschlossen.
Rebellion und Unabhängigkeit
Einen Höhepunkt erreichten die Streitigkeiten Anfang 1900, als sich die Londoner Adepten weigerten, den exzentrischen Aleister Crowley in den inneren Orden aufzunehmen[9]. Daraufhin reiste Crowley nach Paris, um sich von Mathers selbst in den Grad des Adeptus Minor einweihen zu lassen. Obwohl Florence Farr Mathers ihren Rücktritt anbot, wollte dieser nicht darauf eingehen, da er dahinter eine Intrige von Westcott vermutete. In einem als privat und vertraulich gekennzeichneten Brief an Farr behauptete er:
Alles Ordensmaterial, sowohl des inneren als auch des äußeren Ordens würde allein von ihm stammen.
Es gäbe keine Anna Sprengel und Westcott habe den gesamten Briefwechsel mit ihr gefälscht, auch hätte er niemals irgendein Cipher Manuskript gesehen.
Ausschließlich er allein stände mit den geheimen Oberen des Dritten Ordens in Kontakt.
Dies führte zum offenen Aufruhr der Londoner Adepten, die ein siebenköpfiges Komitee einsetzten, um diese Aussagen ihrem Wahrheitsgehalt nach zu untersuchen. Nachdem Mathers sich jedoch weigerte, in London zu erscheinen und zu seinen Aussagen offen Stellung zu nehmen, wurden er und seine Frau Moina aus dem Orden ausgeschlossen, was einer offenen Rebellion gleichkam. In der Folge brach Crowley, im Auftrag von Mathers, gewaltsam in Räumlichkeiten des zweiten Ordens ein, um das Gewölbe der Adepten und weiteres Material in seinen Besitz zu bringen, was jedoch von William Butler Yeats und andern Mitgliedern des inneren Ordens verhindert werden konnte, aber die Spaltung endgültig werden lies. Dr. Edward Berridge versammelte daraufhin die wenigen Mathers noch loyal gebliebenen Adepten und gründete den Isis Tempel No.11 in London, den späteren Alpha et Omega Tempel No.1.
Ende des Ordens
In der Folgezeit wurde Yeats zum Oberhaupt gewählt. Hornimann wurde rehabilitiert und zur Sekretärin ernannt, um das gesamte Material des Ordens neu zu ordnen. Jedoch scheiterte der Versuch, die Leitung auf eine demokratische Basis zu stellen, an den unterschiedlichen Interessen der Mitglieder. 1903 versuchte John William Brodie- Innes den alleinigen Führungsanspruch durchzusetzen, scheiterte jedoch an Waite und seiner Fraktion, wodurch es schließlich zum endgültigen Ende des Isis Urania Tempels No.3 kam. Der ursprüngliche Golden Dawn hatte damit aufgehört zu existieren.
Das gesamte Inventar und die Tempeleinrichtung wurden aufgeteilt. Arthur Edward Waite und die eher mystisch ausgerichteten Mitglieder übernahmen das Gewölbe der Adepten und begründeten den Independent and Rectified Rite of the Golden Dawn, aus dem 1916 das Fellowship of the Rosy Cross hervorging. Gleichzeitig gründeten Dr. Robert William Felkin, Brodie- Innes und die eher magisch orientierten Mitglieder den Amon Tempel, der zum Haupttempel der Stella Matutina wurde. In der Folgezeit bemühte sich Brodie- Innes darum, den eingeschlafenen Amen Ra Tempel No.6 in Edinburgh wiederzubeleben. Er nahm heimlich Kontakt zu Mathers auf, mit dem er sich wieder versöhnte, und wechselte schließlich zum Alpha et Omega.
Lehrinhalte
Die Lehrinhalte des Golden Dawn bestanden aus zahlreichen okkulten und mystischen Traditionen, wie Kabbala und Tarot, Astrologie, Alchemie und der henochischen Magie Dees sowie aus magischen Arbeiten mit den Göttern Altägyptens und Griechenlands. Elemente des Christentums und Judentums wurden synkretistisch integriert. Das Gradsystem gliederte sich anfangs in neun, später in elf Grade, die in Zusammenhang mit den kabbalistischen zehn Sephiroth stehen. Viele heutige okkulte Organisationen bedienen sich des Studienmaterials des Golden Dawn. Zum Beispiel in einigen Wicca-Kult-Gruppen werden seine Pentagrammrituale verwendet, die unverändert dem Golden Dawn entstammen.
Nachfolgeorganisationen des Golden Dawn
Independent and Rectifide Rite of the Golden Dawn (von 1903 bis 1914, Waite)
Alpha et Omega (ab 1903 bis ca. 1940, Mathers)
Stella Matutina (von 1903 bis 1978, Felkin)
Von Golden-Dawn-Mitgliedern neu gegründete Organisationen
Builders of the Adytum
Society of the Inner Light; ehemals Fraternity of the Inner Light
In der Tradition des Golden Dawn arbeitende Gruppen
Tempel Licht, Liebe und Leben (EOGD-Großtempel des EOGD von Europa, Zürich)
Hermetic Order of the Temple of Starlight, Niederlande
Hermetischer Orden des Goldenen Lichts, Berlin (vormals deutsche Sektion des "Hermetic Order of the Golden Dawn (HOGD)")
Fraternity of the Hidden Light, Fraternitas L.V.X Occulta (FLO)
Hermetic Order of the Golden Dawn (HOGD), Äußerer Orden des Alpha et Omega; mit Markenschutz für den Namen Hermetic Order of the Golden Dawn in der Europäischen Union und Kanada
Servants of the Light (SOL)
Society of the Inner Light; ehemals Fraternity of the Inner Light
Splendor Lucis, ein in der Tradition des Golden Dawn arbeitender Orden mit Sitz in der Schweiz
Referenzen
Für das genaue Gründungs- und Eröffnungsdatum siehe: Henrik Bogdan, Western Esotericism and Rituals of Initiation, Albany 2007, S. 125.
Die kompletten Mitgliederlisten wurden 1986 von R. A. Gilbert in The Golden Dawn Companion veröffentlicht.
Adolphus Frederick Alexander Woodford (1821–1887) war Mitglied der Quatuor Coronati Lodge, einer freimaurerischen Forschungsloge, und Freund von Westcott. Obwohl er bereits 1887 starb, wird er wegen seiner Namensähnlichkeit öfter mit Woodman verwechselt und fälschlicherweise als einer der drei Gründer bezeichnet. So vertauscht z.B. Hans-Dieter Leuenberger in seiner Einführung zur deutschen Ausgabe von Regardies Das magische System des Golden Dawn Woodfords Vornamen, dem er die Initialen von Woodman zuordnet; S.42.
Das Cipher Manuskript wurde von Darcy Küntz veröffentlicht in: The Complete Golden Dawn Cipher Manuscript 1996. Eine Online- Version findet sich hier.
From Cipher to Enigma: The Role of William Wynn Westcott in the Creation of the Hermetic Order of the Golden Dawn in: Carroll Runyon, Secrets of the Golden Dawn Cipher Manuscript, 1997, S. 209- 211.
The Structure and Administration of the Order, S.30ff in: The Golden Dawn Companion von R. A. Gilbert.
Ein Beispiel für diese Gegenstände, u.a. Dolch, Stab und Pantakel, wie sie von William Butler Yeats hergestellt wurden, kann in der Online Ausstellung der National Library of Ireland in der Vitrine „The Celic Mystic“ betrachtet werden.
Onlineversionen der Flying Rolls sind u.a.unter und hier zu finden.
In einem persönlichen Brief an seine Freundin Lady Gregory erwähnte Yeats die Gründe für Crowleys Ablehnung und meinte, eine mystische Gesellschaft sei schließlich keine Besserungsanstalt. Siehe: George Mills Harper, Yeats‘ Golden Dawn, 1987, S.29.
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