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Königreich Qatna

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Königreich Qatna Empty Königreich Qatna

Beitrag  Andy Di Jul 22, 2014 9:23 pm

Qatna (akkadisch URUQa-ṭà-na, URUQàṭ-aṭ-na) war die Hauptstadt eines Stadtkönigreiches in Syrien. Sie befand sich auf dem gut einen Quadratkilometer großen Tell Mischrife in Westsyrien, ca. 18 km nordöstlich von Homs und ca. 180 km nordöstlich der syrischen Hauptstadt Damaskus. Qatna war im 2. Jahrtausend vor Christus eine wichtige Handelsmetropole, sie kontrollierte die wichtigsten Handelswege der Umgebung, vor allem zwischen Ägypten und Mesopotamien, sowie vermutlich dem Hethiterreich. Qatna wurde 1340 v. Chr. von den Hethitern zerstört. In der Eisenzeit lag hier eine kleinere Siedlung, die bis in byzantinische Zeit Bestand hatte.[1]

Königreich Qatna 200px-Syria2mil
Syrien im 2. Jahrtausend v. Chr.

Geschichte

Die Stadt ist vielleicht mit dem Ga-da-nu/niKi der Mari-Texte identisch. Das Herrscherhaus war vermutlich amurritisch. Am Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. gab es an der Stelle der Stadt nur eine unbefestigte bronzezeitliche Siedlung. Im Norden des heutigen Syriens befanden sich bereits die Stadtzentren Ebla und Emar. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts v. Chr. bildete diese nördliche Gegend den Staat Jamchad mit der Hauptstadt Aleppo. Im Osten befand sich der Stadtstaat Mari. Um Qatna, Palmyra und Byblos entstand im Süden des heutigen Syrien ein weiterer wichtiger Staat. Dabei befand sich Mari unter dem Einfluss Schamschiadads des Altassyrischen Reiches, und mit Aleppo war Qatna dauerhaft verfeindet. Ein Feldzug, den Qatna gemeinsam mit Schamschiadad von Assur durchführte, scheiterte. Zum Zeichen des Bündnisses ließ der Assyrerkönig seinen Kronprinzen Išme-Dagan I. von Ekallatum mit einer Prinzessin aus Qatna verheiraten.

Die erste Erwähnung in ägyptischen Quellen stammt aus dem 33. Regierungsjahr von Thutmosis III. (um 1446 v. Chr.). In dieser Zeit war Qatna nur noch eines von mehreren Kleinkönigreichen unter dem Einfluss Mitannis. Während der Hethitereroberungen um 1340 v. Chr. ging Qatna zugrunde, möglicherweise auch Opfer eines Kleinkrieges zwischen den Vasallenstaaten. Der Königspalast brannte nieder. Unter Assurnasirpal I. (nach 1050 v. Chr.) war Qaṭna Teil von Nuhašše. Sprachlich macht sich ein zunehmend hurritischer Einfluss bemerkbar. In neu-assyrischer Zeit (nach 911 v. Chr.) gehörte die Siedlung zum Gebiet von Hamath.
Forschungsgeschichte

Der Siedlungshügel ist über 100 Hektar groß und beinhaltet die Reste einer größeren bronzezeitlichen Stadt aus der Mitte bis Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. Die ersten Ausgrabungen in den 1920er-Jahren fanden unter Leitung von Du Mesnil du Buisson statt.[2] Sie brachten nur wenige Funde aus der Bronzezeit. In einem Schachtgrab wurden neben 40 Skeletten Kupfer- und Bronzewaffen und in großer Menge Tonwaren gefunden. Die Stadt war zur Befestigung von einem Erdwall mit Torbauten im Osten und Westen umgeben. Zu den Funden gehören die Reste einer ägyptischen Sphinx aus der Mittleren Bronzezeit (um 1900 v. Chr.), die Prinzessin Ita, einer Tochter von Amenemhet II. gewidmet war. Bei den damaligen Grabungen wurde ferner ein Palast aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. entdeckt.

Ein Archäologenteam aus Tübingen führt unter Leitung des Tübinger Professors für Vorderasiatische Archäologie Peter Pfälzner seit 1999 Grabungen in Mischrife durch. Die Ausgrabungen werden im Rahmen einer internationalen Kooperation mit der Universität Udine/Italien unter der Leitung von Daniele Morandi Bonacossi und des syrischen Antikendienstes unter der Leitung von Michel al-Maqdissi vollzogen. Das Team konzentriert seine Arbeiten auf den Palast im Zentrum der Stadt. 2002 entdeckte es die unversehrte Grabanlage seiner Könige. Auch das Tontafelarchiv von Qatna von unschätzbarem Wert wurde gefunden. Am 21. September 2009 wurde der Presse bekanntgegeben, dass die Tübinger Forscher am 8. August des Jahres eine 3500 Jahre alte Grabkammer entdeckten, die nicht von Grabräubern geplündert worden war.

Archäologen der Universität Tübingen haben 2011 wegen der politischen Unruhen die geplante Fortsetzung ihrer Ausgrabungen abgesagt. In einer Mitteilung heißt es, dass der Grund dafür die unklare Situation in dem Land im Nahen Osten sei. Auch der geplante Bau eines Grabungshauses liegt auf Eis. Eigentlich sollte die seit Jahren laufende Kampagne in der antiken Stadt Qatna fortgesetzt werden.[3]

Stadt

Königreich Qatna 1024px-Qatna_smallPalaceN
Restaurierte Grundmauern eines kleinen Palastes Richtung Norden; im Hintergrund der äußere Verteidigungswall, in der Bresche befand sich das nördliche Stadttor

Das quadratische Areal von ca. 110 ha war von Umfassungsmauern mit Seitenlängen von 1000 Metern umgeben, die noch in einer Höhe von 15–20 m stehengeblieben waren. In der Mitte jeder Seite stand einst ein Stadttor.

Palast

Königreich Qatna 800px-Qatna_SW_Palace
Ausgrabungsgelände südwestlich der Zeremonialhalle (Halle A, deren restaurierte Außenwand rechts hinten) am Ende der Saison 2009

Der Palast wurde zu Beginn des 2. Jahrtausends vor Christus errichtet und hat rund 18.000 Quadratmeter Grundfläche, damit gehört er zu den größten seiner Zeit im Alten Orient. Eine zentrale Halle mit nahezu 1296 m², deren Dach auf vier Säulen ruhte beeindrucken ebenso, wie der Thronsaal mit einer Länge von 40 Metern, was ihn zum ausgedehntesten Raum seiner Art in der vorderasiatischen Bronzezeit macht, und einem Zeremoniensaal. Sie wurden bei der Eroberung durch die Hethiter gebrandschatzt, was zu ihrer außergewöhnlich guten Erhaltung beitrug. In einem Seitenraum wurden gut erhaltene Fresken gefunden, die etwas an minoische Wandmalerei erinnern, woraus die Archäologen eine kulturelle Verbindung zur Ägäis ableiten.

Der Westflügel des Palastes wurde 2008 freigelegt und war ungewöhnlich gut erhalten. Von dem ursprünglich dreistöckigen Bauwerk stehen noch die Lehmziegelmauern der unteren beiden Stockwerke mit einer Höhe bis zu 5,30 Meter. Damit ist dieses Gebäude das erste mehrstöckige Bauwerk Vorderasiens, das bisher entdeckt wurde. Vier Türen mit Bögen aus Lehmziegeln sind in einer Fluchtlinie angeordnet. Im Vorderen Orient gehören sie zu den am besten erhaltenen Bogenkonstruktionen aus der Bronzezeit.

Im Brunnen des Palastes haben sich durch die Feuchtlagerung größere Mengen an Holz erhalten. Die Deckenbalken und Holzdielen, die bei der Zerstörung des Palastes 1340 v. Chr. in den Brunnen gefallen sind, zeigen die präzise Zimmermannstechnik der damaligen Zeit.[4]
Gruft

Eine mehrräumige Gruft war von bis zu 20 m hohen Verteidigungswällen umgeben. Die Gruft lag am Ende eines 40 m langen unterirdischen Korridors, der vom Zeremonialsaal in die Tiefe führte zu einer nicht ausgeraubten Königsgruft mit Vorraum und mehreren Grabkammern. Im Korridor selbst befand sich eine gut gesicherte Tür. Die hölzernen Türrahmen waren zusammen mit den Dachbalken verbrannt und auf den Boden gestürzt. Den Korridor bewachten zwei steinerne Skulpturen, wahrscheinlich Ahnenstandbilder in königlicher Tracht, vor denen noch Reste von Opfergaben lagen. Die Grabkammer selbst beinhaltete bis zu 2000 Artefakte der königlichen Grabausstattung: Waffen, Kleiderbesatz, Möbelverzierungen, Goldschmuck, Schmuck aus Steinen, Gefäße unterschiedlichsten Materials, zum Beispiel Bernstein, Rollsiegel und andere Kleinodien.[5]

Die 2009 neuentdeckte Grabkammer, von den Archäologen Gruft VII genannt, befand sich unter dem Nordwestflügel des Palastes. Es handelt sich dabei um eine Felskammer, die mit dem in Ziegelbauweise errichteten Kellergeschoss verbunden war. Sie enthielt ägyptische Funde, vor allem Gabbro- und Alabastergefäße, die 1000 Jahre älter sind, aber wohl erst später in die Levante verhandelt wurden, außerdem Knochenfunde von mindestens 30 Personen, Grabbeigaben von hohem Wert, Goldbleche, Schmuck, Keramik sowie figürliche Darstellungen. Die Bedeutung dieser viel kleineren Gruft wird noch diskutiert, möglicherweise handelt es sich um Umbettungen aus der größeren Königsgruft.[6]
Funde
Tontafeln

Bei den Ausgrabungen der Universität Tübingen wurden in Tell Mischrife u. a. 73 Keilschrifttafeln in dem unterirdischen Korridor des Palastes entdeckt, der vom Thronsaal abzweigt. Sie sind wohl bei der Zerstörung des Palastes aus einem höheren Stockwerk hinabgestürzt. Die Archäologen mussten sich durch mehrere Lagen verbrannten Holzes durcharbeiten, bis sie inmitten des Schutts die Keilschrifttafeln fanden.

Diese müssen zum Archiv des Königs Idanda gehört haben.[7] Er herrschte um 1400 v. Chr. über die Stadt und das Reich Qatna. Bisher war über ihn fast nichts bekannt. Die Tafeln stellen die Korrespondenz des Königs dar und berichten über die politische und wirtschaftliche Situation Syriens zu dieser Zeit. Sie stellen die ersten in Syrien gefundenen Keilschrifttafeln dar, die über die politischen Vorgänge jener Zeit Auskunft geben. Durch die Tafeln gelangte man zu der Erkenntnis, dass die Könige von Qatna, wie andere Herrscher ihrer Zeit, über einen Nachrichtendienst verfügten, durch den sie über politische Ereignisse und Entwicklungen der Zeit unterrichtet wurden.

Das syrische Gebiet lag damals im politischen Spannungsfeld zwischen Ägypten, Mesopotamien und dem Hethiterreich Kleinasiens. Die Großreiche versuchten die Kleinstaaten in diesem Gebiet zu erobern, was ihnen aber nie vollständig gelang. Wechselnde Bündnisse und Eroberungen verschoben die Machtverhältnisse im zweiten Jahrtausend v. Chr. ständig. Dabei ergänzen die Berichte der Keilschrifttafeln jene aus Mari und Tell el-Amarna.

Das königliche Archiv enthielt außer den königlichen Briefen auch Verwaltungsdokumente wie Inventarlisten und Rechtsurkunden und gibt einen Einblick in das Leben und das Handeln in einem königlichen Palast der Bronzezeit in Syrien.

Die Texte sind in einer Mischung aus Akkadisch und Hurritisch verfasst. Diese Sprachen dürften auch die Kultur des Hofes von Qatna gekennzeichnet haben.
Elefantenknochen

In zwei Räumen des Königspalastes wurden Knochen von Elefanten aufgefunden, die in den Sümpfen des Orontestals westlich von Qatna gelebt haben müssen. Dabei soll es sich um eine heute ausgestorbene Unterart des Asiatischen Elefanten, den Syrischen Elefanten (Elephas maximus asurus[8]), gehandelt haben. Darauf beziehen sich auch Berichte der ägyptischen Pharaonen Thutmosis I. und Thutmosis III. über Elefantenjagden im Bereich des heutigen Westsyrien. Mit den Knochenfunden kann die Jagd auf Elefanten erstmals auch für die Könige von Qatna belegt werden.
Herrscher

Išḫi-Addu
Amut-pî-El
Naplima
Sînaddu, Sohn des Naplima (?)
Idadda um 1400 v. Chr.
Akizzi (Amarna-Briefe, EA 52-55)

Filme

Flammen über Qatna - Ein versunkener Palast in Syrien. Dokumentation, Deutschland 2005, 45 Minuten, Regie: Jens Afflerbach, Produktion: ZDF, Erstausstrahlung: 20. November 2005, Video-Ausschnitte
Qatna - Entdeckung in der Königsgruft.[9] Dokumentation, Deutschland, 2009, 43:39 Minuten, Regie: Simone Schillinger, Produktion: ZDF, Erstausstrahlung: 7. Februar 2010


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