Alexander von Humboldt
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Alexander von Humboldt
Nah liebe Bildungsbürger,kennt Ihr ihn?
Sicherlich werden einige sagen,nach ihm ist die Humbold Universität benannt.
Falsch ist sie nicht,denn die ist nach seinen Bruder benannt.
So schnell kann man sich täuschen,was.
Wie auch immer zu Alexander steht folgendes geschrieben:
Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (* 14. September 1769 in Berlin; † 6. Mai 1859 ebenda) war ein deutscher Naturforscher mit weit über Europa hinausreichendem Wirkungsfeld. In seinem sich über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahrzehnten entfaltenden Gesamtwerk schuf er „einen neuen Wissens- und Reflexionsstand des Wissens von der Welt“[1] und wurde zum Mitbegründer der Geographie als empirischer Wissenschaft. Er war der jüngere Bruder Wilhelm von Humboldts.
Seine mehrjährigen Forschungsreisen führten ihn nach Lateinamerika, in die USA sowie nach Zentralasien. Wissenschaftliche Feldstudien betrieb er unter anderem in den Bereichen Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Vegetationsgeographie, Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie und Astronomie, aber auch zu Fragen der Wirtschaftsgeographie, der Ethnologie und der Demographie. Zudem korrespondierte er bei der Erstellung seines publizistischen Werkes mit zahlreichen international bedeutenden Spezialisten der verschiedenen Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk eigener Prägung.
In Deutschland erlangte er vor allem mit den Ansichten der Natur und dem Kosmos außerordentliche Popularität. Sein bereits bei Lebzeiten hohes Ansehen spiegelt sich in Bezeichnungen wie „der zweite Kolumbus“, „wissenschaftlicher Wiederentdecker Amerikas“, „Wissenschaftsfürst“ und „der neue Aristoteles“ (Gedenkmünze der Pariser Akademie der Wissenschaften). Er wurde in zahlreiche Akademien aufgenommen, unter anderem in die Leopoldinisch-Karolinische Akademie der Naturforscher, in die Preußische Akademie der Wissenschaften, in die Bayerische Akademie der Wissenschaften und in die Akademie gemeinnütziger
Wissenschaften.
Anfänge (1769–1790)
Berliner Gedenktafel für den Standort des nicht mehr vorhandenen Geburtshauses von Alexander von Humboldt in Berlin-Mitte
Alexander von Humboldts aus Pommern stammender Vater Alexander Georg war preußischer Offizier und wurde wegen seiner Verdienste im Siebenjährigen Krieg zum Kammerherrn der Kronprinzessin ernannt. Als solcher heiratete er 1766 die Witwe Marie Elizabeth von Holwede, geb. Colomb, Tochter einer wohlhabenden Hugenottenfamilie. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, Wilhelm (* 1767 in Potsdam) und Alexander, der am 14. September 1769 in Berlin geboren wurde.
Die Stellung des Vaters begründete ein spezifisches Verhältnis der Humboldt-Brüder zum preußischen Königshaus, zumal der Kronprinz, der nachmalige Friedrich Wilhelm II., einer der Taufpaten Alexanders war. Die Ehe des Thronfolgers aber wurde 1769 geschieden, sodass der nun seiner bisherigen Aufgaben ledige Kammerherr von Humboldt sich ins Privatleben auf Gut und Schloss Tegel zurückziehen konnte. Sein Hauptaugenmerk galt nun der bestmöglichen Erziehung und Ausbildung der Söhne, für die er sich um Hauslehrer bemühte, die aufklärerischem Denken nahestanden. So hat in zwei Phasen von 1769 bis 1773 und im Jahr 1775 in Tegel der von Rousseau pädagogisch inspirierte Joachim Heinrich Campe als Hauslehrer und Erzieher wesentlichen Einfluss auf die Brüder ausgeübt, ab 1777 dann Gottlob Johann Christian Kunth, der bald zum engsten Vertrauten des Hausherrn und nach dessen plötzlichem Tod 1779 auch seiner Witwe wurde.
Alexander erschien seinen Erziehern lange Zeit als eher wenig befähigter, lernunwilliger Kopf. Dennoch mutete man ihm zu, denselben in zeittypischer Weise großteils abstrakt aufbereiteten Lernstoff zu verarbeiten, den sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm vergleichsweise mühelos erfasste. Früh schon zeigte Alexander jedoch besonderes Interesse an Naturgegenständen, und da er gern Insekten, Steine und Pflanzen sammelte, galt er bald als „der kleine Apotheker“ (Scurla).
Der Jüngling Alexander, einen Barometer haltend, mit seiner verwitweten Mutter.
Diesen Interessen ging er zusätzlich zum Unterricht der Hauslehrer nach, sodass er sogar ein noch größeres Stoffpensum absolvierte als Wilhelm und sich so einen in eigener Weise profilierten Horizont ausbildete. Dazu gehörte auch sein Zeichen- und Maltalent, das unter Anleitung Chodowieckis im Kupferstechen und Radieren geschult wurde und mit dem er sich bereits 1786 in der ersten Kunstausstellung der Berliner Akademie der Öffentlichkeit vorstellte. Die erstaunliche Qualität der Illustrationen seines späteren Reisewerks mag hier ihren Ursprung haben.
Auf die optimale Ausbildung der Söhne für bedeutende Posten im Staatsdienst war der ganze Erziehungsplan der nun zweifach verwitweten Frau von Humboldt ausgerichtet, die bei verhältnismäßig bescheidener eigener Lebensführung zu diesem Zweck bedeutende Mittel aufwandte. So haben die Brüder nicht allein eine gründliche Unterweisung in alten und neuen Sprachen – mit oft quälenden Vokabel- und Grammatikpensen – erhalten, sondern wurden unter Kunths umsichtiger Führung von einer ganzen Reihe Spezialisten auf universitätsähnlichem Niveau unterrichtet. Dazu gehörten unter anderem Geheimrat Wilhelm von Dohm, der Nationalökonomie mit geographischem Schwerpunkt lehrte, Kammergerichtsrat Ernst Ferdinand Klein für Naturrecht und Professor Engel für Philosophie. Auch zu den experimentell gestützten philosophisch-physikalischen Vorträgen des von Kant beeinflussten Arztes Marcus Herz schickte Kunth seine Schützlinge. Infolgedessen gelangten diese auch in den Salon von Henriette Herz und traten so mit der von Moses Mendelssohn geprägten jüdischen Berliner Aufklärung in engen Kontakt.
Mit Blick auf die vorgesehenen Karrieren im Staatsdienst schickte die Mutter 1787 ihre Söhne zum Studium nach Frankfurt (Oder) an die Viadrina. Wilhelm sollte dort Jura studieren, Alexander die weniger renommierte Kameralwissenschaft (Staatswirtschaftslehre). Nebenbei hörte Alexander Altertumswissenschaften, Medizin, Physik und Mathematik.
Mit dem Theologiestudenten Wilhelm Gabriel Wegener schloss er im Februar 1788 einen „ewigen Freundschaftsbund“. Unter anderem deswegen und weil Humboldt bis zu seinem Lebensende Junggeselle blieb, wird in einem Teil der Forschungsliteratur die Ansicht vertreten, dass Alexander von Humboldt latent homosexuell gewesen sei. So sieht zum Beispiel Bernd-Ulrich Hergemöller Anhaltspunkte für homoerotische Beziehungen nicht nur mit Wegener, sondern auch mit Israel (Johannes) Stieglitz, Johann Carl Freiesleben, dem Offizier Reinhard von Haeften sowie in Paris mit dem Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac, mit dem er vier Jahre in einer Wohnung lebte, und mit dem Maler Carl von Steuben.[2]
Sowohl Alexander als auch sein Bruder Wilhelm waren in Frankfurt offenbar akademisch unterfordert und verließen die Universität nach einem Semester wieder. Alexander ging anschließend in Berlin hauptsächlich seinen botanischen Interessen nach. Am 25. April 1789 immatrikulierte er sich, seinem Bruder folgend, an der Universität Göttingen, dem damaligen Zentrum aufklärerischer Wissenschaft in Deutschland. Neben dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg war hier für Alexander vor allem der Anatom und Zoologe Johann Friedrich Blumenbach wegweisend, der die Forschungsreise als bedeutende Erkenntnisquelle für Anthropologie und Biologie schätzte und einen interdisziplinären Kreis ambitionierter Nachwuchswissenschaftler um sich scharte. Humboldt aber drängte es nun vor allem, die Bekanntschaft Georg Forsters zu machen, der als Naturforscher mit Weltumsegelungserfahrung wohl den von ihm selbst angestrebten Typus verkörperte. Geologische Forschungsfragen stellten den Kontakt zwischen beiden her, der dann, nachdem Humboldt im Februar 1790 das Manuskript seiner ersten größeren Publikation Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein abgeschlossen hatte, in das Projekt einer gemeinsamen Forschungsreise von Ende März bis Juli 1790 mündete. Sie führte von Mainz über den Niederrhein nach England und über Paris zurück. Anders als Forster, der als glühender Anhänger der Französischen Revolution in Paris blieb, setzte der ebenfalls für die revolutionären Ideale und die allgemeinen Menschenrechte eintretende Humboldt seine kameralistische Ausbildung in Handelswissenschaften sowie in Volks- und Weltwirtschaft an der Hamburger Büsch-Akademie fort, die ihm auch zu Geographie und Reiseliteratur vielerlei Vertiefungsmöglichkeiten bot.
Blitzkarriere im Staatsdienst und früher Abschied (1791–1798)
Büste von Alexander von Humboldt im Kurpark Bad Steben
Im Mai 1791 schlug Humboldt mit dem Anstellungsgesuch beim preußischen Oberberghauptmann von Heinitz den Weg in den Staatsdienst ein, dem zunächst ein Studium an der Bergakademie Freiberg vorangehen sollte. Seinem Betätigungsdrang entgegen kam der praktische Bergmannsdienst, zu dem täglich um sechs Uhr das Einfahren mit den anderen Bergleuten in die Gruben gehörte; nachmittags nahm er an bis zu sechs Studienkollegs (u. a. bei Abraham Gottlob Werner) teil. Nebenbei befasste er sich mit der Pflanzenwelt untertage (daraus entstand später seine viel beachtete Publikation Florae Fribergensis Specimen) sowie mit aktuellen chemischen Problemen der Verbrennung. Das für den Regelstudenten in drei Jahren zu absolvierende Pensum nahm er in acht Monaten auf. Am 6. März 1792 erhielt er ein Assessor-Patent und wurde wenig später mit der Untersuchung des gerade zu Preußen gekommenen fränkischen Bergbaus betraut. Auf seinem Weg dorthin inspizierte er den Kamsdorf-Könitzer Bergbau und revolutionierte die Abbauverfahren von Alaunschiefergestein im Schmiedefelder „Vitriolwerk“ am Schwefelloch (das heutige Schaubergwerk Morassina). Aufgrund seines beispielhaft erhellenden Berichtes erfolgte bereits nach einem halben Dienstjahr die Beförderung zum Oberbergmeister mit dem Auftrag der Sanierung des Bergbaues im Fichtelgebirge und Frankenwald. Binnen kurzem gelang es ihm, die jährlichen Erträge um ein Vielfaches zu steigern – nicht zum Schaden der Bergarbeiter, im Gegenteil: Auf der Basis seiner chemischen Analysen der Grubenwetter entwickelte er einen Vorläufer der Atemschutzmaske für die Bergleute. Humboldts Wohnorte waren 1792 bis 1795 Steben, Arzberg und Goldkronach. Aus eigenen Mitteln gründete er ohne Rücksprache mit den vorgesetzten Behörden zuerst in Steben eine Bergschule, die erste Arbeiter-Berufsschule in Deutschland, offen für die Altersstufen von 12 bis 30 Jahren. Gelehrt wurden nach der Schicht und bis 23 Uhr unter anderem Mineralienkunde, bergmännisches Rechnen und Bergrecht, Maschinen- und Kompasskunde. Die Lehrbücher dafür schrieb Humboldt selbst.
Schiller, Wilhelm und Alexander von Humboldt sowie Goethe in Jena
Bei der Erprobung einer von ihm entwickelten verbesserten Grubenlampe im Selbstversuch fiel er wegen giftiger Grubengase in Ohnmacht, die Lampe aber half ihn zu retten. Auch seine parallel zur Diensttätigkeit fortgeführten wissenschaftlichen Experimente führte er bei Bedarf als Selbstversuche durch. So machte er auf der – letztlich vergeblichen – Suche nach einer besonderen „Lebenskraft“ (in diesen Zusammenhang gehört auch seine philosophische Allegorie Die Lebenskraft, oder der rhodische Genius, 1795 für Friedrich Schillers Zeitschrift Die Horen verfasst) zahlreiche galvanische Experimente für seine Studie Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, bei denen er künstlich erzeugte Wunden auf seinem Rücken mit Metallen wie Zink und Silber in Berührung brachte. Sein Wissensdrang war ebenso universell wie unermüdlich; für Forschung, Aufzeichnungen und Korrespondenz machte er die Nacht zum Tage und schlief selten länger als vier Stunden.
Während seiner Tätigkeit im Staatsdienst kam er in Kontakt mit gleichfalls in der Bergverwaltung hochrangig beschäftigten und bei den späteren preußischen Reformen führenden Persönlichkeiten: dem Freiherrn vom Stein und Hardenberg, die seine Fähigkeiten ebenso erkannten und für ihre Zwecke dienstbar zu machen suchten sowie sein Ressortminister von Heinitz, der ihn 1794 zum Bergrat und 1795 zum Oberbergrat (die höchstmögliche Position unterhalb des Ministeriums) beförderte. Doch weder dies noch ungewöhnliche Gehalts- und Freistellungsangebote vermochten Humboldt im Amt zu halten.
„Jeder Mann hat die Pflicht, in seinem Leben den Platz zu suchen, von dem aus er seiner Generation am besten dienen kann“, heißt es in einem Schreiben Humboldts an den französischen Astronomen Delambre. Sobald Alexander von Humboldt durch den Tod der Mutter 1796 zum vermögenden Erben geworden war, schied er aus dem Staatsdienst aus, um sich als Naturforscher und Wissenschaftler unabhängig zu machen. Als Ziel schwebte ihm eine „physique du monde“ vor, eine Darstellung des gesamten physisch-geographischen Wissens der Zeit, zu dem er auf Forschungsreisen selbst entscheidend beitragen wollte. Bereits Ende 1796 entwickelte er brieflich seine trotz mancher Widrigkeiten, mehrfacher Anläufe und Umwege konsequent verfolgten Pläne: „Meine Reise ist unerschütterlich gewiß. Ich präpariere mich noch einige Jahre und sammle Instrumente, ein bis anderthalb Jahr bleibe ich in Italien, um mich mit Vulkanen genau bekannt zu machen, dann geht es über Paris nach England, wo ich leicht auch wieder ein Jahr bleiben könnte [...], und dann mit englischen Schiffen nach Westindien“, das im damaligen Verständnis den ganzen Raum von Mexiko bis zum Amazonas umfasste.
Schon durch Campe war Alexander die Faszination der Welt in Übersee vermittelt worden. Johann Gottfried von Herder hatte auf die kontrastierend miteinander verbundenen Naturräume der Anden und des Amazonasbeckens hingewiesen und zu deren Erforschung aufgerufen, indem unter anderem die Höhen der (damals als höchste der Welt geltenden) Berge ermittelt, die Bodenbeschaffenheit bestimmt sowie die örtlichen Abweichungen der Magnetnadel und die je lokalen Temperaturen gemessen werden sollten – alles Bestandteile des dann von Humboldt noch ausgeweiteten Forschungsprogramms. In den Jahren der Vorbereitung nutzte er jede Möglichkeit zur systematischen Vertiefung seiner Kenntnisse, nicht nur durch das Studium der einschlägigen Reiseberichte und neuesten Forschungsergebnisse, sondern auch durch seinen persönlichen Kontakt mit den führenden Zoologen, Botanikern und Astronomen der Zeit sowie durch die ständige praktische Erprobung von Messinstrumenten in den verschiedenen Landschaften und Naturräumen (z. B. in den Alpen). Zudem entwickelte er ein spezifisches Aufzeichnungsverfahren zur Erfassung seiner jeweiligen Forschungsergebnisse, die „Pasigraphie“, eine Schriftzeichensprache, die die geographischen Erscheinungen durch Buchstaben, Richtungspfeile, Symbole und Abkürzungen für Formationen und Gesteine festhielt. (Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Humb.“)
Im Mai 1798 begab sich Alexander von Humboldt in die seinerzeitige Weltwissenschaftsmetropole Paris, wo er in Vorträgen und Debatten sein bereits beachtliches Renommee als Wissenschaftler festigte und seine Ausstattung mit Messinstrumenten vervollständigte. Hier fand er in dem Botaniker Aimé Bonpland schließlich auch jenen fachkundigen Reisegefährten, dessen Mitarbeit ihm die Durchführung seiner komplexen Forschungsvorhaben erst ermöglichen sollte.
Amerikanische Forschungsreise (1799–1804)
Mehrfach hatte Humboldt während der Vorbereitungszeit seine Pläne wegen politischer und kriegerischer Verwicklungen im Zeichen des aufstrebenden Generals Napoleon Bonaparte ändern und bereits begonnene Reiseaktivitäten abbrechen müssen, zuletzt (im Dezember 1798) auch den Versuch, von Südfrankreich aus auf ein Schiff zu gelangen, das Bonpland und ihm den Anschluss an die ägyptische Expedition Napoleons hätte ermöglichen sollen. Stattdessen machten sich nun beide mit sämtlichen für die Forschungsreise vorgesehenen Instrumenten auf den Weg nach Madrid – meist zu Fuß neben dem Wagen einhergehend –, um für das amerikanische Forschungsunternehmen womöglich die Unterstützung der spanischen Krone zu erlangen. Die Vielzahl der unterwegs erhobenen Messdaten brachte erstmals geographischen Aufschluss über die Gestalt der innerspanischen Hochebene.
Sein Ruf als Wissenschaftler und Bergminenexperte (diese Privatexpedition konnte sich für Spanien unter Umständen lohnen; tatsächlich führten später seine Beschreibungen der mexikanischen Silberminen in dem „Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien“ zu massiven ausländischen Investitionen), sein diplomatisches Geschick und sein von der exzellenten Beherrschung des Spanischen unterstütztes Auftreten bei Hofe verschafften Alexander von Humboldt schon bald Empfehlungen und einen so privilegierten Forscher-Reisepass, wie ihn nach seiner eigenen Einschätzung kein Ausländer je erhalten hatte. Er sicherte ihm volle Handlungsfreiheit und das Entgegenkommen aller Gouverneure und Beamten im ganzen spanischen Kolonialgebiet. Abreisedatum mit der spanischen Fregatte Pizarro von La Coruña war der 5. Juni 1799. Humboldt schreibt in einem Brief vom selben Tag: „Ich werde Pflanzen und Fossilien sammeln, mit vortrefflichen Instrumenten astronomische Beobachtungen machen können [...] Das alles ist aber nicht Hauptzweck meiner Reise. Und auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzenwelt, auf diese Harmonie sollen stets meine Augen gerichtet sein!“
Die Überquerung des Atlantik verlief insgesamt problemlos.[3] Mit an Bord nahm Humboldt rund 50 der modernsten Instrumente, darunter Sextanten, Quadranten, Teleskope, diverse Fernrohre, eine Längenuhr, ein Inklinatorium, ein Deklinatorium, ein Cyanometer, Eudiometer, Aräometer, ein Hyetometer, Elektrometer, Hygrometer, Barometer und Thermometer. Bereits den Zwischenaufenthalt auf der Kanareninsel Teneriffa nutzten Humboldt und Bonpland zu Aktivitäten, die sie dann in der Neuen Welt vielfach wiederholen sollten: Sie bestiegen den Pico del Teide, registrierten die Vegetationszonen, übernachteten in einer Höhle unterhalb des Gipfels und untersuchten tags darauf den Krater des Vulkans. Nach der anschließenden 22-tägigen Überfahrt landeten sie am 16. Juli 1799 in Cumaná (Venezuela). Dort beobachtete Humboldt in der Nacht vom 11. auf den 12. November 1799 einen Meteorschauer der Leoniden – seine Beschreibung legte später den Grundstein für die Erkenntnis, dass solche Himmelsereignisse periodisch auftreten. Von Cumaná aus reisten Humboldt und Bonpland nach gründlicher Erforschung der Umgebung und einer Reihe von Exkursionen weiter nach Caracas.
Abbildung aus Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer, Paris 1805
Humboldts amerikanische Forschungsreise lässt im Ganzen drei Phasen dynamisch vorwärts gerichteter Geländeexploration unterscheiden, die jeweils eingebettet waren in eher stationäre Phasen der Materialsichtung, -auswertung und -sicherung. Die erste große Expedition führte im Februar 1800 von Caracas zum Fluss Apure und auf diesem in das Strombett des Orinoco, das stromaufwärts so weit wie möglich in südlicher Richtung befahren, dann aber verlassen wurde, um über den Rio Atabapo weiter südlich zum Rio Negro, dem Amazonaszufluss, vorzustoßen. Man befuhr die Flüsse auf einer Piroge, einem mit Axt und Feuer ausgehöhlten Baumstamm von etwa 13 Metern Länge und knapp einem Meter Breite. Sie wurde von einem Steuermann und vier indianischen Ruderern betrieben. Im Bereich des Hecks war ein niedriges Blätterdach installiert, an dessen tragfähigen Teilen Käfige mit eingefangenen Vögeln und Affen hingen. Die mitgeführten größeren Messinstrumente schränkten die Bewegungsfreiheit zusätzlich ein.
Auf dem Rio Negro konnte dann die Einmündung des nordöstlich vom Orinoco direkt zufließenden Rio Casiquiare erreicht und mit dessen Befahrung in ganzer Länge flussaufwärts der Nachweis geführt werden, dass entgegen der verbreiteten Lehrmeinung, wonach zwischen den großen Stromgebieten der Erde nirgendwo natürliche Verbindungen existierten, eine solche zwischen Orinoco und Amazonas eben doch vorhanden ist. Am 20. Mai 1800 erreichte die Piroge wie erwartet die Stelle, an der sich der Orinoco in zwei Arme gabelt. Damit war das wichtigste Forschungsziel dieser Expedition erreicht und die Reisenden konnten sich für den Rückweg nun flussabwärts auf dem Orinoco fortbewegen. Sie folgten seinem Lauf bis Angostura (Ciudad Bolívar) und schlugen sich dann in der quälenden Hitze der Llanos nordwärts zur Küstenstadt Nueva Barcelona durch, die sie am 23. Juli 1800 erreichten.
Alexander von Humboldt, Gemälde von Friedrich Georg Weitsch, 1806
Dass sie dieses 2.775 Kilometer lange Unternehmen heil überstanden (Bonpland war allerdings noch zuletzt in Angostura dem Fiebertod nahegekommen), war erstaunlich genug. Dazu trugen außer der glücklichen Wendung mancher Gefahrensituation ihre Entschlossenheit und strapazierfähige Physis bei. Der in jungen Jahren oft kränkelnde Alexander meldete nach Hause: „Die Tropenwelt ist mein Element, und ich bin nie so ununterbrochen gesund gewesen als in den letzten zwei Jahren. [...] Am Atabapo, wo die Wilden stets am Faulfieber leiden, widerstand meine Gesundheit unbegreiflich gut.“ Den Gesamterfolg der amerikanischen Reise ermöglichte zudem ein unerschütterliches Durchhaltevermögen – ständig war Humboldt mit Ortsbestimmungen und Messungen aller Art beschäftigt, Bonpland mit dem Botanisieren, beide zusammen mit Skizzen und Aufzeichnungen – auch unter widrigsten Bedingungen: „Vier Monate hindurch schliefen wir in Wäldern, umgeben von Krokodilen, Boas und Jaguaren [...], nichts genießend als Reis, Ameisen, Manioc, Pisang, Orenocowasser und bisweilen Affen. [...] In Guayana, wo man wegen der Mosquiten, die die Luft verfinstern, Kopf und Hände stets verdeckt haben muß, ist es fast unmöglich am Tageslicht zu schreiben; man kann die Feder nicht ruhig halten, so wütend schmerzt das Gift der Insekten. Alle unsere Arbeit mußte daher beim Feuer, in einer indianischen Hütte, vorgenommen werden, wo kein Sonnenstrahl eindringt, und in welcher man auf dem Bauche kriechen muß. Hier aber erstickt man wieder von Rauch, wenn man auch weniger von den Mosquiten leidet.“
Die zweite große Südamerika-Expedition begann nach einem Zwischenaufenthalt in Havanna (wo Humboldt das Material für seinen geographischen Essai politique sur l′île de Cuba erarbeitete) am 30. März 1801 in Cartagena an der kolumbianischen Karibik-Küste. Humboldt hatte erfahren, dass er sich der französischen Weltumsegelungsexpedition unter Kapitän Nicolas Baudin an der peruanischen Küste würde anschließen können. Auf dem Wege dahin drängte sich die Umsetzung des lang erwogenen Anden-Forschungsprojekts geradezu auf. Von Barancas Nuevas ab befuhren Humboldt und Bonpland den Rio Magdalena flussaufwärts: „Unsere Magdalena-Reise bildete eine schreckliche Tragödie; von den zwanzig dunklen Ruderknechten ließen wir acht auf dem Wege zurück, ebensoviel langten gleich und mit stinkenden Geschwüren in Honda an.“ Nach viertägigem steilen Aufstieg erreichten sie die Anden-Hochebene und konnten in Bogotá in regen wissenschaftlichen Austausch mit dem sie aufwendig empfangenden Botaniker Jose Celestino Mutis treten. Für den spanischen Vizekönig erstellte Humboldt unter anderem ein Gutachten über die Silbergruben und die Goldproduktion Kolumbiens. Die Fortsetzung des Weges über die Anden gestaltete sich äußerst beschwerlich: „Dicke Wälder liegen zwischen Morästen; die Maultiere sinken bis auf den halben Leib ein; und man muß durch so tiefe und enge Schlüchte, daß man in Stollen eines Bergwerks zu kommen glaubt. Auch sind die Wege mit den Knochen der Maultiere bepflastert, die hier vor Kälte oder Mattigkeit umfielen.“ Um von Bogotá nach Quito zu gelangen, benötigten die Reisenden vom 19. September 1801 – mit einem Zwischenaufenthalt in Popayán – bis zum 6. Januar 1802. In Quito kamen sie im Hause des Herzogs Juan Pío Montúfar y Larrea unter; dessen Sohn Carlos Montúfar sollte fortan an der amerikanischen Expedition Humboldts teilnehmen, um danach in Spanien die Offiziersausbildung zu vollenden. Sowohl er als auch Simón Bolívar, den Humboldt nach seiner Rückkehr 1804 in Paris und 1805 in Rom traf, dürften Humboldts kritische Haltung zu Kolonialregimen aller Art eingehend kennengelernt haben, die er offiziellen Stellen gegenüber nach Lage der Dinge nicht äußern konnte.
Humboldt und Aimé Bonpland am Fuß des Vulkans Chimborazo, Gemälde von Friedrich Georg Weitsch (1810)
Zum Forschungsschwerpunkt wurden nun neuerlich Vulkane in einem Gebiet Ecuadors, das Humboldt wegen deren Vielzahl als „Allee der Vulkane“ bezeichnete. Der Nachweis der vulkanischen Herkunft von Gestein (Plutonismus), das bislang für eine Unterwasserablagerung gehalten worden war, widerlegte die Hypothese des sogenannten Neptunismus. Den Pichincha bestieg Humboldt nach einem ersten abgebrochenen Versuch gleich zweimal, zuletzt begleitet von einem heftigen Erdbeben, dessen Stöße er sorgfältig protokollierte. Nicht ganz bis zum Gipfel gelangten Humboldt, Bonpland und Montúfar am 23. Juni 1802 bei der Besteigung des Chimborazo (6.310 Meter) wegen einer unpassierbaren Felsspalte 400 bis 800 Meter unterhalb des Kraters. Gleichwohl blieb dies auf 30 Jahre ein Höhenweltrekord für Bergsteiger, eine in Anbetracht der Unzulänglichkeiten von Schuhwerk, Bekleidung und Ausrüstung nach wie vor kaum glaubliche Leistung. Dabei litten sie unter den Symptomen der Höhenkrankheit: Schwindel und Brechreiz, Blutungen aus Lippen und Zahnfleisch.
Bald darauf erforschte die Expedition nach rasantem Abstieg den Oberlauf des Marañón im Quellgebiet des Amazonas und nach neuerlichem Aufstieg in die Anden die Überreste der Inkastätten in der Umgebung von Cajamarca. Wie die Messungen ergaben, entdeckten und überquerten sie dabei den magnetischen Äquator. Als sie nach ihrer vierten Andenüberquerung am 23. Oktober 1802 in Lima ankamen, war auch dieses zweite große Forschungsunternehmen erfolgreich beendet. Zwischen zehn Grad nördlicher und zehn Grad südlicher Breite waren die Klima- und Vegetationsstufen des tropischen Hochgebirges in mannigfaltiger Weise durchmessen und erfasst worden. Indem Humboldt in Limas Hafen Callao am 9. November 1802 den Durchgang des Merkur observierte, gelang es ihm, den Längengrad, auf dem Lima sich befindet, genauer als bis dahin zu bestimmen, in der Folge ein Richtwert für den ganzen südwestlichen Teil des neuen Kontinents. Auch studierte er die Düngeeigenschaften von Guano und leitete auf diese Weise die Einfuhr von Guano nach Europa ein.
Bronzebüste von Alexander von Humboldt auf dem Campus der Universität von Havanna. Das Original schuf der Erfurter Theaterbildhauer Christian Paschold. Eine Kopie dieser Büste schenkte er dem Bergbaumuseum vom Schaubergwerk „Morassina“ in Schmiedefeld (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt).
Bereits vor dem Aufbruch von Quito war die Information eingetroffen, dass der geplante Anschluss an die französische Weltumsegelungsexpedition von Kapitän Baudin wegen dessen Routenänderung nicht mehr möglich sei. Erneut musste also umdisponiert werden. Nach einem Zwischenaufenthalt in Guayaquil, bei dem Humboldt durch Temperaturmessungen die nach ihm benannte Meeresströmung nachwies, begann am 23. März 1803 in Acapulco der letzte große Abschnitt von Humboldts amerikanischer Forschungsreise, während der er mit Bonpland und Montúfar ein Jahr in Mexiko verbrachte. Dabei wurde der Reiseweg von Acapulco über Mexiko-Stadt (mit gut neunmonatigem Erkundungsaufenthalt) bis Veracruz an der Atlantikküste barometrisch vermessen und so ein Höhenquerschnittsprofil Mexikos für diesen wichtigen Bereich angelegt. In Mexiko-Stadt sammelte Humboldt Material für sein landeskundliches Werk über das Königreich Neu-Spanien (mit Beschreibungen der politischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen sowie weitreichenden Bevölkerungsstatistiken), das dann ebenso zu einem Grundstein der modernen wissenschaftlichen Geographie werden sollte wie das über Kuba, für das die Vorstudien im März/April 1804 in Havanna zu Ende geführt wurden.
Abgeschlossen wurde die große Amerika-Expedition mit einem Besuch in den USA, wo Humboldt, auch aufgrund seiner intensiven Reisekorrespondenz, bereits höchste Anerkennung als Forscher und Wissenschaftler genoss und unter anderem drei Wochen als Gast des Präsidenten Thomas Jefferson in Washington, D.C. und Philadelphia verbrachte.
So liebe Leute,hier brechen wir ab.
Wer sich weiter führ die spannende Geschichte von Alexander interessiert,dem sei der Link hier empfohlen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldt
Sicherlich werden einige sagen,nach ihm ist die Humbold Universität benannt.
Falsch ist sie nicht,denn die ist nach seinen Bruder benannt.
So schnell kann man sich täuschen,was.
Wie auch immer zu Alexander steht folgendes geschrieben:
Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (* 14. September 1769 in Berlin; † 6. Mai 1859 ebenda) war ein deutscher Naturforscher mit weit über Europa hinausreichendem Wirkungsfeld. In seinem sich über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahrzehnten entfaltenden Gesamtwerk schuf er „einen neuen Wissens- und Reflexionsstand des Wissens von der Welt“[1] und wurde zum Mitbegründer der Geographie als empirischer Wissenschaft. Er war der jüngere Bruder Wilhelm von Humboldts.
Seine mehrjährigen Forschungsreisen führten ihn nach Lateinamerika, in die USA sowie nach Zentralasien. Wissenschaftliche Feldstudien betrieb er unter anderem in den Bereichen Physik, Chemie, Geologie, Mineralogie, Vulkanologie, Botanik, Vegetationsgeographie, Zoologie, Klimatologie, Ozeanographie und Astronomie, aber auch zu Fragen der Wirtschaftsgeographie, der Ethnologie und der Demographie. Zudem korrespondierte er bei der Erstellung seines publizistischen Werkes mit zahlreichen international bedeutenden Spezialisten der verschiedenen Fachrichtungen und schuf so ein wissenschaftliches Netzwerk eigener Prägung.
In Deutschland erlangte er vor allem mit den Ansichten der Natur und dem Kosmos außerordentliche Popularität. Sein bereits bei Lebzeiten hohes Ansehen spiegelt sich in Bezeichnungen wie „der zweite Kolumbus“, „wissenschaftlicher Wiederentdecker Amerikas“, „Wissenschaftsfürst“ und „der neue Aristoteles“ (Gedenkmünze der Pariser Akademie der Wissenschaften). Er wurde in zahlreiche Akademien aufgenommen, unter anderem in die Leopoldinisch-Karolinische Akademie der Naturforscher, in die Preußische Akademie der Wissenschaften, in die Bayerische Akademie der Wissenschaften und in die Akademie gemeinnütziger
Wissenschaften.
Anfänge (1769–1790)
Berliner Gedenktafel für den Standort des nicht mehr vorhandenen Geburtshauses von Alexander von Humboldt in Berlin-Mitte
Alexander von Humboldts aus Pommern stammender Vater Alexander Georg war preußischer Offizier und wurde wegen seiner Verdienste im Siebenjährigen Krieg zum Kammerherrn der Kronprinzessin ernannt. Als solcher heiratete er 1766 die Witwe Marie Elizabeth von Holwede, geb. Colomb, Tochter einer wohlhabenden Hugenottenfamilie. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor, Wilhelm (* 1767 in Potsdam) und Alexander, der am 14. September 1769 in Berlin geboren wurde.
Die Stellung des Vaters begründete ein spezifisches Verhältnis der Humboldt-Brüder zum preußischen Königshaus, zumal der Kronprinz, der nachmalige Friedrich Wilhelm II., einer der Taufpaten Alexanders war. Die Ehe des Thronfolgers aber wurde 1769 geschieden, sodass der nun seiner bisherigen Aufgaben ledige Kammerherr von Humboldt sich ins Privatleben auf Gut und Schloss Tegel zurückziehen konnte. Sein Hauptaugenmerk galt nun der bestmöglichen Erziehung und Ausbildung der Söhne, für die er sich um Hauslehrer bemühte, die aufklärerischem Denken nahestanden. So hat in zwei Phasen von 1769 bis 1773 und im Jahr 1775 in Tegel der von Rousseau pädagogisch inspirierte Joachim Heinrich Campe als Hauslehrer und Erzieher wesentlichen Einfluss auf die Brüder ausgeübt, ab 1777 dann Gottlob Johann Christian Kunth, der bald zum engsten Vertrauten des Hausherrn und nach dessen plötzlichem Tod 1779 auch seiner Witwe wurde.
Alexander erschien seinen Erziehern lange Zeit als eher wenig befähigter, lernunwilliger Kopf. Dennoch mutete man ihm zu, denselben in zeittypischer Weise großteils abstrakt aufbereiteten Lernstoff zu verarbeiten, den sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm vergleichsweise mühelos erfasste. Früh schon zeigte Alexander jedoch besonderes Interesse an Naturgegenständen, und da er gern Insekten, Steine und Pflanzen sammelte, galt er bald als „der kleine Apotheker“ (Scurla).
Der Jüngling Alexander, einen Barometer haltend, mit seiner verwitweten Mutter.
Diesen Interessen ging er zusätzlich zum Unterricht der Hauslehrer nach, sodass er sogar ein noch größeres Stoffpensum absolvierte als Wilhelm und sich so einen in eigener Weise profilierten Horizont ausbildete. Dazu gehörte auch sein Zeichen- und Maltalent, das unter Anleitung Chodowieckis im Kupferstechen und Radieren geschult wurde und mit dem er sich bereits 1786 in der ersten Kunstausstellung der Berliner Akademie der Öffentlichkeit vorstellte. Die erstaunliche Qualität der Illustrationen seines späteren Reisewerks mag hier ihren Ursprung haben.
Auf die optimale Ausbildung der Söhne für bedeutende Posten im Staatsdienst war der ganze Erziehungsplan der nun zweifach verwitweten Frau von Humboldt ausgerichtet, die bei verhältnismäßig bescheidener eigener Lebensführung zu diesem Zweck bedeutende Mittel aufwandte. So haben die Brüder nicht allein eine gründliche Unterweisung in alten und neuen Sprachen – mit oft quälenden Vokabel- und Grammatikpensen – erhalten, sondern wurden unter Kunths umsichtiger Führung von einer ganzen Reihe Spezialisten auf universitätsähnlichem Niveau unterrichtet. Dazu gehörten unter anderem Geheimrat Wilhelm von Dohm, der Nationalökonomie mit geographischem Schwerpunkt lehrte, Kammergerichtsrat Ernst Ferdinand Klein für Naturrecht und Professor Engel für Philosophie. Auch zu den experimentell gestützten philosophisch-physikalischen Vorträgen des von Kant beeinflussten Arztes Marcus Herz schickte Kunth seine Schützlinge. Infolgedessen gelangten diese auch in den Salon von Henriette Herz und traten so mit der von Moses Mendelssohn geprägten jüdischen Berliner Aufklärung in engen Kontakt.
Mit Blick auf die vorgesehenen Karrieren im Staatsdienst schickte die Mutter 1787 ihre Söhne zum Studium nach Frankfurt (Oder) an die Viadrina. Wilhelm sollte dort Jura studieren, Alexander die weniger renommierte Kameralwissenschaft (Staatswirtschaftslehre). Nebenbei hörte Alexander Altertumswissenschaften, Medizin, Physik und Mathematik.
Mit dem Theologiestudenten Wilhelm Gabriel Wegener schloss er im Februar 1788 einen „ewigen Freundschaftsbund“. Unter anderem deswegen und weil Humboldt bis zu seinem Lebensende Junggeselle blieb, wird in einem Teil der Forschungsliteratur die Ansicht vertreten, dass Alexander von Humboldt latent homosexuell gewesen sei. So sieht zum Beispiel Bernd-Ulrich Hergemöller Anhaltspunkte für homoerotische Beziehungen nicht nur mit Wegener, sondern auch mit Israel (Johannes) Stieglitz, Johann Carl Freiesleben, dem Offizier Reinhard von Haeften sowie in Paris mit dem Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac, mit dem er vier Jahre in einer Wohnung lebte, und mit dem Maler Carl von Steuben.[2]
Sowohl Alexander als auch sein Bruder Wilhelm waren in Frankfurt offenbar akademisch unterfordert und verließen die Universität nach einem Semester wieder. Alexander ging anschließend in Berlin hauptsächlich seinen botanischen Interessen nach. Am 25. April 1789 immatrikulierte er sich, seinem Bruder folgend, an der Universität Göttingen, dem damaligen Zentrum aufklärerischer Wissenschaft in Deutschland. Neben dem Physiker Georg Christoph Lichtenberg war hier für Alexander vor allem der Anatom und Zoologe Johann Friedrich Blumenbach wegweisend, der die Forschungsreise als bedeutende Erkenntnisquelle für Anthropologie und Biologie schätzte und einen interdisziplinären Kreis ambitionierter Nachwuchswissenschaftler um sich scharte. Humboldt aber drängte es nun vor allem, die Bekanntschaft Georg Forsters zu machen, der als Naturforscher mit Weltumsegelungserfahrung wohl den von ihm selbst angestrebten Typus verkörperte. Geologische Forschungsfragen stellten den Kontakt zwischen beiden her, der dann, nachdem Humboldt im Februar 1790 das Manuskript seiner ersten größeren Publikation Mineralogische Beobachtungen über einige Basalte am Rhein abgeschlossen hatte, in das Projekt einer gemeinsamen Forschungsreise von Ende März bis Juli 1790 mündete. Sie führte von Mainz über den Niederrhein nach England und über Paris zurück. Anders als Forster, der als glühender Anhänger der Französischen Revolution in Paris blieb, setzte der ebenfalls für die revolutionären Ideale und die allgemeinen Menschenrechte eintretende Humboldt seine kameralistische Ausbildung in Handelswissenschaften sowie in Volks- und Weltwirtschaft an der Hamburger Büsch-Akademie fort, die ihm auch zu Geographie und Reiseliteratur vielerlei Vertiefungsmöglichkeiten bot.
Blitzkarriere im Staatsdienst und früher Abschied (1791–1798)
Büste von Alexander von Humboldt im Kurpark Bad Steben
Im Mai 1791 schlug Humboldt mit dem Anstellungsgesuch beim preußischen Oberberghauptmann von Heinitz den Weg in den Staatsdienst ein, dem zunächst ein Studium an der Bergakademie Freiberg vorangehen sollte. Seinem Betätigungsdrang entgegen kam der praktische Bergmannsdienst, zu dem täglich um sechs Uhr das Einfahren mit den anderen Bergleuten in die Gruben gehörte; nachmittags nahm er an bis zu sechs Studienkollegs (u. a. bei Abraham Gottlob Werner) teil. Nebenbei befasste er sich mit der Pflanzenwelt untertage (daraus entstand später seine viel beachtete Publikation Florae Fribergensis Specimen) sowie mit aktuellen chemischen Problemen der Verbrennung. Das für den Regelstudenten in drei Jahren zu absolvierende Pensum nahm er in acht Monaten auf. Am 6. März 1792 erhielt er ein Assessor-Patent und wurde wenig später mit der Untersuchung des gerade zu Preußen gekommenen fränkischen Bergbaus betraut. Auf seinem Weg dorthin inspizierte er den Kamsdorf-Könitzer Bergbau und revolutionierte die Abbauverfahren von Alaunschiefergestein im Schmiedefelder „Vitriolwerk“ am Schwefelloch (das heutige Schaubergwerk Morassina). Aufgrund seines beispielhaft erhellenden Berichtes erfolgte bereits nach einem halben Dienstjahr die Beförderung zum Oberbergmeister mit dem Auftrag der Sanierung des Bergbaues im Fichtelgebirge und Frankenwald. Binnen kurzem gelang es ihm, die jährlichen Erträge um ein Vielfaches zu steigern – nicht zum Schaden der Bergarbeiter, im Gegenteil: Auf der Basis seiner chemischen Analysen der Grubenwetter entwickelte er einen Vorläufer der Atemschutzmaske für die Bergleute. Humboldts Wohnorte waren 1792 bis 1795 Steben, Arzberg und Goldkronach. Aus eigenen Mitteln gründete er ohne Rücksprache mit den vorgesetzten Behörden zuerst in Steben eine Bergschule, die erste Arbeiter-Berufsschule in Deutschland, offen für die Altersstufen von 12 bis 30 Jahren. Gelehrt wurden nach der Schicht und bis 23 Uhr unter anderem Mineralienkunde, bergmännisches Rechnen und Bergrecht, Maschinen- und Kompasskunde. Die Lehrbücher dafür schrieb Humboldt selbst.
Schiller, Wilhelm und Alexander von Humboldt sowie Goethe in Jena
Bei der Erprobung einer von ihm entwickelten verbesserten Grubenlampe im Selbstversuch fiel er wegen giftiger Grubengase in Ohnmacht, die Lampe aber half ihn zu retten. Auch seine parallel zur Diensttätigkeit fortgeführten wissenschaftlichen Experimente führte er bei Bedarf als Selbstversuche durch. So machte er auf der – letztlich vergeblichen – Suche nach einer besonderen „Lebenskraft“ (in diesen Zusammenhang gehört auch seine philosophische Allegorie Die Lebenskraft, oder der rhodische Genius, 1795 für Friedrich Schillers Zeitschrift Die Horen verfasst) zahlreiche galvanische Experimente für seine Studie Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser, bei denen er künstlich erzeugte Wunden auf seinem Rücken mit Metallen wie Zink und Silber in Berührung brachte. Sein Wissensdrang war ebenso universell wie unermüdlich; für Forschung, Aufzeichnungen und Korrespondenz machte er die Nacht zum Tage und schlief selten länger als vier Stunden.
Während seiner Tätigkeit im Staatsdienst kam er in Kontakt mit gleichfalls in der Bergverwaltung hochrangig beschäftigten und bei den späteren preußischen Reformen führenden Persönlichkeiten: dem Freiherrn vom Stein und Hardenberg, die seine Fähigkeiten ebenso erkannten und für ihre Zwecke dienstbar zu machen suchten sowie sein Ressortminister von Heinitz, der ihn 1794 zum Bergrat und 1795 zum Oberbergrat (die höchstmögliche Position unterhalb des Ministeriums) beförderte. Doch weder dies noch ungewöhnliche Gehalts- und Freistellungsangebote vermochten Humboldt im Amt zu halten.
„Jeder Mann hat die Pflicht, in seinem Leben den Platz zu suchen, von dem aus er seiner Generation am besten dienen kann“, heißt es in einem Schreiben Humboldts an den französischen Astronomen Delambre. Sobald Alexander von Humboldt durch den Tod der Mutter 1796 zum vermögenden Erben geworden war, schied er aus dem Staatsdienst aus, um sich als Naturforscher und Wissenschaftler unabhängig zu machen. Als Ziel schwebte ihm eine „physique du monde“ vor, eine Darstellung des gesamten physisch-geographischen Wissens der Zeit, zu dem er auf Forschungsreisen selbst entscheidend beitragen wollte. Bereits Ende 1796 entwickelte er brieflich seine trotz mancher Widrigkeiten, mehrfacher Anläufe und Umwege konsequent verfolgten Pläne: „Meine Reise ist unerschütterlich gewiß. Ich präpariere mich noch einige Jahre und sammle Instrumente, ein bis anderthalb Jahr bleibe ich in Italien, um mich mit Vulkanen genau bekannt zu machen, dann geht es über Paris nach England, wo ich leicht auch wieder ein Jahr bleiben könnte [...], und dann mit englischen Schiffen nach Westindien“, das im damaligen Verständnis den ganzen Raum von Mexiko bis zum Amazonas umfasste.
Schon durch Campe war Alexander die Faszination der Welt in Übersee vermittelt worden. Johann Gottfried von Herder hatte auf die kontrastierend miteinander verbundenen Naturräume der Anden und des Amazonasbeckens hingewiesen und zu deren Erforschung aufgerufen, indem unter anderem die Höhen der (damals als höchste der Welt geltenden) Berge ermittelt, die Bodenbeschaffenheit bestimmt sowie die örtlichen Abweichungen der Magnetnadel und die je lokalen Temperaturen gemessen werden sollten – alles Bestandteile des dann von Humboldt noch ausgeweiteten Forschungsprogramms. In den Jahren der Vorbereitung nutzte er jede Möglichkeit zur systematischen Vertiefung seiner Kenntnisse, nicht nur durch das Studium der einschlägigen Reiseberichte und neuesten Forschungsergebnisse, sondern auch durch seinen persönlichen Kontakt mit den führenden Zoologen, Botanikern und Astronomen der Zeit sowie durch die ständige praktische Erprobung von Messinstrumenten in den verschiedenen Landschaften und Naturräumen (z. B. in den Alpen). Zudem entwickelte er ein spezifisches Aufzeichnungsverfahren zur Erfassung seiner jeweiligen Forschungsergebnisse, die „Pasigraphie“, eine Schriftzeichensprache, die die geographischen Erscheinungen durch Buchstaben, Richtungspfeile, Symbole und Abkürzungen für Formationen und Gesteine festhielt. (Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Humb.“)
Im Mai 1798 begab sich Alexander von Humboldt in die seinerzeitige Weltwissenschaftsmetropole Paris, wo er in Vorträgen und Debatten sein bereits beachtliches Renommee als Wissenschaftler festigte und seine Ausstattung mit Messinstrumenten vervollständigte. Hier fand er in dem Botaniker Aimé Bonpland schließlich auch jenen fachkundigen Reisegefährten, dessen Mitarbeit ihm die Durchführung seiner komplexen Forschungsvorhaben erst ermöglichen sollte.
Amerikanische Forschungsreise (1799–1804)
Mehrfach hatte Humboldt während der Vorbereitungszeit seine Pläne wegen politischer und kriegerischer Verwicklungen im Zeichen des aufstrebenden Generals Napoleon Bonaparte ändern und bereits begonnene Reiseaktivitäten abbrechen müssen, zuletzt (im Dezember 1798) auch den Versuch, von Südfrankreich aus auf ein Schiff zu gelangen, das Bonpland und ihm den Anschluss an die ägyptische Expedition Napoleons hätte ermöglichen sollen. Stattdessen machten sich nun beide mit sämtlichen für die Forschungsreise vorgesehenen Instrumenten auf den Weg nach Madrid – meist zu Fuß neben dem Wagen einhergehend –, um für das amerikanische Forschungsunternehmen womöglich die Unterstützung der spanischen Krone zu erlangen. Die Vielzahl der unterwegs erhobenen Messdaten brachte erstmals geographischen Aufschluss über die Gestalt der innerspanischen Hochebene.
Sein Ruf als Wissenschaftler und Bergminenexperte (diese Privatexpedition konnte sich für Spanien unter Umständen lohnen; tatsächlich führten später seine Beschreibungen der mexikanischen Silberminen in dem „Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien“ zu massiven ausländischen Investitionen), sein diplomatisches Geschick und sein von der exzellenten Beherrschung des Spanischen unterstütztes Auftreten bei Hofe verschafften Alexander von Humboldt schon bald Empfehlungen und einen so privilegierten Forscher-Reisepass, wie ihn nach seiner eigenen Einschätzung kein Ausländer je erhalten hatte. Er sicherte ihm volle Handlungsfreiheit und das Entgegenkommen aller Gouverneure und Beamten im ganzen spanischen Kolonialgebiet. Abreisedatum mit der spanischen Fregatte Pizarro von La Coruña war der 5. Juni 1799. Humboldt schreibt in einem Brief vom selben Tag: „Ich werde Pflanzen und Fossilien sammeln, mit vortrefflichen Instrumenten astronomische Beobachtungen machen können [...] Das alles ist aber nicht Hauptzweck meiner Reise. Und auf das Zusammenwirken der Kräfte, den Einfluß der unbelebten Schöpfung auf die belebte Tier- und Pflanzenwelt, auf diese Harmonie sollen stets meine Augen gerichtet sein!“
Die Überquerung des Atlantik verlief insgesamt problemlos.[3] Mit an Bord nahm Humboldt rund 50 der modernsten Instrumente, darunter Sextanten, Quadranten, Teleskope, diverse Fernrohre, eine Längenuhr, ein Inklinatorium, ein Deklinatorium, ein Cyanometer, Eudiometer, Aräometer, ein Hyetometer, Elektrometer, Hygrometer, Barometer und Thermometer. Bereits den Zwischenaufenthalt auf der Kanareninsel Teneriffa nutzten Humboldt und Bonpland zu Aktivitäten, die sie dann in der Neuen Welt vielfach wiederholen sollten: Sie bestiegen den Pico del Teide, registrierten die Vegetationszonen, übernachteten in einer Höhle unterhalb des Gipfels und untersuchten tags darauf den Krater des Vulkans. Nach der anschließenden 22-tägigen Überfahrt landeten sie am 16. Juli 1799 in Cumaná (Venezuela). Dort beobachtete Humboldt in der Nacht vom 11. auf den 12. November 1799 einen Meteorschauer der Leoniden – seine Beschreibung legte später den Grundstein für die Erkenntnis, dass solche Himmelsereignisse periodisch auftreten. Von Cumaná aus reisten Humboldt und Bonpland nach gründlicher Erforschung der Umgebung und einer Reihe von Exkursionen weiter nach Caracas.
Abbildung aus Ideen zu einer Geographie der Pflanzen nebst einem Naturgemälde der Tropenländer, Paris 1805
Humboldts amerikanische Forschungsreise lässt im Ganzen drei Phasen dynamisch vorwärts gerichteter Geländeexploration unterscheiden, die jeweils eingebettet waren in eher stationäre Phasen der Materialsichtung, -auswertung und -sicherung. Die erste große Expedition führte im Februar 1800 von Caracas zum Fluss Apure und auf diesem in das Strombett des Orinoco, das stromaufwärts so weit wie möglich in südlicher Richtung befahren, dann aber verlassen wurde, um über den Rio Atabapo weiter südlich zum Rio Negro, dem Amazonaszufluss, vorzustoßen. Man befuhr die Flüsse auf einer Piroge, einem mit Axt und Feuer ausgehöhlten Baumstamm von etwa 13 Metern Länge und knapp einem Meter Breite. Sie wurde von einem Steuermann und vier indianischen Ruderern betrieben. Im Bereich des Hecks war ein niedriges Blätterdach installiert, an dessen tragfähigen Teilen Käfige mit eingefangenen Vögeln und Affen hingen. Die mitgeführten größeren Messinstrumente schränkten die Bewegungsfreiheit zusätzlich ein.
Auf dem Rio Negro konnte dann die Einmündung des nordöstlich vom Orinoco direkt zufließenden Rio Casiquiare erreicht und mit dessen Befahrung in ganzer Länge flussaufwärts der Nachweis geführt werden, dass entgegen der verbreiteten Lehrmeinung, wonach zwischen den großen Stromgebieten der Erde nirgendwo natürliche Verbindungen existierten, eine solche zwischen Orinoco und Amazonas eben doch vorhanden ist. Am 20. Mai 1800 erreichte die Piroge wie erwartet die Stelle, an der sich der Orinoco in zwei Arme gabelt. Damit war das wichtigste Forschungsziel dieser Expedition erreicht und die Reisenden konnten sich für den Rückweg nun flussabwärts auf dem Orinoco fortbewegen. Sie folgten seinem Lauf bis Angostura (Ciudad Bolívar) und schlugen sich dann in der quälenden Hitze der Llanos nordwärts zur Küstenstadt Nueva Barcelona durch, die sie am 23. Juli 1800 erreichten.
Alexander von Humboldt, Gemälde von Friedrich Georg Weitsch, 1806
Dass sie dieses 2.775 Kilometer lange Unternehmen heil überstanden (Bonpland war allerdings noch zuletzt in Angostura dem Fiebertod nahegekommen), war erstaunlich genug. Dazu trugen außer der glücklichen Wendung mancher Gefahrensituation ihre Entschlossenheit und strapazierfähige Physis bei. Der in jungen Jahren oft kränkelnde Alexander meldete nach Hause: „Die Tropenwelt ist mein Element, und ich bin nie so ununterbrochen gesund gewesen als in den letzten zwei Jahren. [...] Am Atabapo, wo die Wilden stets am Faulfieber leiden, widerstand meine Gesundheit unbegreiflich gut.“ Den Gesamterfolg der amerikanischen Reise ermöglichte zudem ein unerschütterliches Durchhaltevermögen – ständig war Humboldt mit Ortsbestimmungen und Messungen aller Art beschäftigt, Bonpland mit dem Botanisieren, beide zusammen mit Skizzen und Aufzeichnungen – auch unter widrigsten Bedingungen: „Vier Monate hindurch schliefen wir in Wäldern, umgeben von Krokodilen, Boas und Jaguaren [...], nichts genießend als Reis, Ameisen, Manioc, Pisang, Orenocowasser und bisweilen Affen. [...] In Guayana, wo man wegen der Mosquiten, die die Luft verfinstern, Kopf und Hände stets verdeckt haben muß, ist es fast unmöglich am Tageslicht zu schreiben; man kann die Feder nicht ruhig halten, so wütend schmerzt das Gift der Insekten. Alle unsere Arbeit mußte daher beim Feuer, in einer indianischen Hütte, vorgenommen werden, wo kein Sonnenstrahl eindringt, und in welcher man auf dem Bauche kriechen muß. Hier aber erstickt man wieder von Rauch, wenn man auch weniger von den Mosquiten leidet.“
Die zweite große Südamerika-Expedition begann nach einem Zwischenaufenthalt in Havanna (wo Humboldt das Material für seinen geographischen Essai politique sur l′île de Cuba erarbeitete) am 30. März 1801 in Cartagena an der kolumbianischen Karibik-Küste. Humboldt hatte erfahren, dass er sich der französischen Weltumsegelungsexpedition unter Kapitän Nicolas Baudin an der peruanischen Küste würde anschließen können. Auf dem Wege dahin drängte sich die Umsetzung des lang erwogenen Anden-Forschungsprojekts geradezu auf. Von Barancas Nuevas ab befuhren Humboldt und Bonpland den Rio Magdalena flussaufwärts: „Unsere Magdalena-Reise bildete eine schreckliche Tragödie; von den zwanzig dunklen Ruderknechten ließen wir acht auf dem Wege zurück, ebensoviel langten gleich und mit stinkenden Geschwüren in Honda an.“ Nach viertägigem steilen Aufstieg erreichten sie die Anden-Hochebene und konnten in Bogotá in regen wissenschaftlichen Austausch mit dem sie aufwendig empfangenden Botaniker Jose Celestino Mutis treten. Für den spanischen Vizekönig erstellte Humboldt unter anderem ein Gutachten über die Silbergruben und die Goldproduktion Kolumbiens. Die Fortsetzung des Weges über die Anden gestaltete sich äußerst beschwerlich: „Dicke Wälder liegen zwischen Morästen; die Maultiere sinken bis auf den halben Leib ein; und man muß durch so tiefe und enge Schlüchte, daß man in Stollen eines Bergwerks zu kommen glaubt. Auch sind die Wege mit den Knochen der Maultiere bepflastert, die hier vor Kälte oder Mattigkeit umfielen.“ Um von Bogotá nach Quito zu gelangen, benötigten die Reisenden vom 19. September 1801 – mit einem Zwischenaufenthalt in Popayán – bis zum 6. Januar 1802. In Quito kamen sie im Hause des Herzogs Juan Pío Montúfar y Larrea unter; dessen Sohn Carlos Montúfar sollte fortan an der amerikanischen Expedition Humboldts teilnehmen, um danach in Spanien die Offiziersausbildung zu vollenden. Sowohl er als auch Simón Bolívar, den Humboldt nach seiner Rückkehr 1804 in Paris und 1805 in Rom traf, dürften Humboldts kritische Haltung zu Kolonialregimen aller Art eingehend kennengelernt haben, die er offiziellen Stellen gegenüber nach Lage der Dinge nicht äußern konnte.
Humboldt und Aimé Bonpland am Fuß des Vulkans Chimborazo, Gemälde von Friedrich Georg Weitsch (1810)
Zum Forschungsschwerpunkt wurden nun neuerlich Vulkane in einem Gebiet Ecuadors, das Humboldt wegen deren Vielzahl als „Allee der Vulkane“ bezeichnete. Der Nachweis der vulkanischen Herkunft von Gestein (Plutonismus), das bislang für eine Unterwasserablagerung gehalten worden war, widerlegte die Hypothese des sogenannten Neptunismus. Den Pichincha bestieg Humboldt nach einem ersten abgebrochenen Versuch gleich zweimal, zuletzt begleitet von einem heftigen Erdbeben, dessen Stöße er sorgfältig protokollierte. Nicht ganz bis zum Gipfel gelangten Humboldt, Bonpland und Montúfar am 23. Juni 1802 bei der Besteigung des Chimborazo (6.310 Meter) wegen einer unpassierbaren Felsspalte 400 bis 800 Meter unterhalb des Kraters. Gleichwohl blieb dies auf 30 Jahre ein Höhenweltrekord für Bergsteiger, eine in Anbetracht der Unzulänglichkeiten von Schuhwerk, Bekleidung und Ausrüstung nach wie vor kaum glaubliche Leistung. Dabei litten sie unter den Symptomen der Höhenkrankheit: Schwindel und Brechreiz, Blutungen aus Lippen und Zahnfleisch.
Bald darauf erforschte die Expedition nach rasantem Abstieg den Oberlauf des Marañón im Quellgebiet des Amazonas und nach neuerlichem Aufstieg in die Anden die Überreste der Inkastätten in der Umgebung von Cajamarca. Wie die Messungen ergaben, entdeckten und überquerten sie dabei den magnetischen Äquator. Als sie nach ihrer vierten Andenüberquerung am 23. Oktober 1802 in Lima ankamen, war auch dieses zweite große Forschungsunternehmen erfolgreich beendet. Zwischen zehn Grad nördlicher und zehn Grad südlicher Breite waren die Klima- und Vegetationsstufen des tropischen Hochgebirges in mannigfaltiger Weise durchmessen und erfasst worden. Indem Humboldt in Limas Hafen Callao am 9. November 1802 den Durchgang des Merkur observierte, gelang es ihm, den Längengrad, auf dem Lima sich befindet, genauer als bis dahin zu bestimmen, in der Folge ein Richtwert für den ganzen südwestlichen Teil des neuen Kontinents. Auch studierte er die Düngeeigenschaften von Guano und leitete auf diese Weise die Einfuhr von Guano nach Europa ein.
Bronzebüste von Alexander von Humboldt auf dem Campus der Universität von Havanna. Das Original schuf der Erfurter Theaterbildhauer Christian Paschold. Eine Kopie dieser Büste schenkte er dem Bergbaumuseum vom Schaubergwerk „Morassina“ in Schmiedefeld (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt).
Bereits vor dem Aufbruch von Quito war die Information eingetroffen, dass der geplante Anschluss an die französische Weltumsegelungsexpedition von Kapitän Baudin wegen dessen Routenänderung nicht mehr möglich sei. Erneut musste also umdisponiert werden. Nach einem Zwischenaufenthalt in Guayaquil, bei dem Humboldt durch Temperaturmessungen die nach ihm benannte Meeresströmung nachwies, begann am 23. März 1803 in Acapulco der letzte große Abschnitt von Humboldts amerikanischer Forschungsreise, während der er mit Bonpland und Montúfar ein Jahr in Mexiko verbrachte. Dabei wurde der Reiseweg von Acapulco über Mexiko-Stadt (mit gut neunmonatigem Erkundungsaufenthalt) bis Veracruz an der Atlantikküste barometrisch vermessen und so ein Höhenquerschnittsprofil Mexikos für diesen wichtigen Bereich angelegt. In Mexiko-Stadt sammelte Humboldt Material für sein landeskundliches Werk über das Königreich Neu-Spanien (mit Beschreibungen der politischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen sowie weitreichenden Bevölkerungsstatistiken), das dann ebenso zu einem Grundstein der modernen wissenschaftlichen Geographie werden sollte wie das über Kuba, für das die Vorstudien im März/April 1804 in Havanna zu Ende geführt wurden.
Abgeschlossen wurde die große Amerika-Expedition mit einem Besuch in den USA, wo Humboldt, auch aufgrund seiner intensiven Reisekorrespondenz, bereits höchste Anerkennung als Forscher und Wissenschaftler genoss und unter anderem drei Wochen als Gast des Präsidenten Thomas Jefferson in Washington, D.C. und Philadelphia verbrachte.
So liebe Leute,hier brechen wir ab.
Wer sich weiter führ die spannende Geschichte von Alexander interessiert,dem sei der Link hier empfohlen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_von_Humboldt
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