Die Bajuwaren
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Die Bajuwaren
Bajuwaren (auch Baiuwaren) ist die ursprüngliche Namensform der Baiern, eines gegen Ende der Völkerwanderung entstandenen Volkes, das den Großteil Altbayerns, Österreichs und Südtirols besiedelte.
Kriegergrab von Kemathen, ein früher Bajuware
Bajuwarische Bügelfibel
Bajuwarische Gürtelschnalle aus Aubing, (1. Drittel 7. Jahrhundert, Schnalle mit Gesichtern, Eisen mit Silbertauschierung)
Etymologie
Der volle Name der Bajuwaren lautete ursprünglich germanische Kompositum *Bajowarjōz (Plur.). Überliefert ist dieser als althochdeutsch Beiara, Peigira, latinisiert Baiovarii.[1] Es wird angenommen, dass es sich dabei um ein Endonym handelt. Hinter dem Erstglied Baio steckt das Ethnikon des zuvorbewohnenden keltischen Stammes der Boier, der auch im althochdeutschen Landschaftsnamen Bēheima ‚Böhmen‘ (germanisch *Bajohaimaz ‚Heim der Boier‘, spätlateinisch dann Boiohaemum) und im onomastischen Anknüpfungspunkte (Baias, Bainaib, usw.)[2] erhalten ist.
Das Zweitglied -ware bzw. -varii der Bewohnerbezeichnung Bajuwaren entstammt aus *warjaz ‚Bewohner‘ (vgl. altnordisch Rómverjar ‚Römer‘, altenglisch burhware ‚Stadtbewohner‘),[3] die noch aus indogermanischer Zeit stammt (vgl. walisisch gwerin ‚Menschenmenge‘). Der Baiernname wird deshalb als ‚Männer aus Böhmen‘ gedeutet.
Die Namensdeutung ist allerdings weiterhin umstritten.
Rekonstruiertes Bajuwarendorf der Merowingerzeit in Kirchheim
Im Mittelalter betrachtete man die Baiern als Nachfahren der antiken Boier. Die ältere Forschung ging von Markomannen als jenen „Männern aus Böhmen“ aus, die zum namensgebenden Teil der Baiern geworden seien.
In der aktuellen Diskussion werden die Bajuwaren von manchen mit einer elbgermanischen Fundgruppe identifiziert, die nach den bedeutendsten Fundorten ihrer Brandgräberfelder und der besonderen Keramik als Friedenhain-Prestovice bezeichnet wird. Das Siedlungsgebiet dieser Gruppe erstreckte sich von Neuburg an der Donau bis nach Passau. Neben den elbgermanischen und romanischen Siedlern, deren Einfluss sich im Salzburger Land und in Tirol bis ins 7. Jahrhundert nachweisen lässt, gilt diese Gruppe als eine weitere Keimzelle der späteren Baiovarii.[4]
Im Süden des heutigen Bayern hingegen ergibt sich ein sehr gemischtes Bild. Vermutlich waren die Bajuwaren ein Volk von verschiedenen Völkern. Nicht in einer großen Wanderung, sondern in einzelnen Schüben besiedelten sie das Land zwischen Donau und Alpen. Dort wuchsen die verschiedenen Zuwanderer zu jenen Bajuwaren zusammen, die Jordanis 551 in seiner Gotengeschichte und kurz darauf der Dichter Venantius Fortunatus beschrieb. Beide Quellen berichten übereinstimmend, dass östlich der Sueben bzw. östlich des Lechs das Land Baiuaria liegt. Die Einwohner von Baiuaria werden Baibari bzw. Baiovarii genannt.[5]
Vermutlich haben sich die Bajuwaren aus verschiedenen Volksgruppen gebildet:
aus Resten der keltischen Bevölkerung
aus einheimischen Römern
aus alemannischen, fränkischen bzw. thüringischen, ostgotischen und langobardischen Volkssplittern
aus germanischen Söldnern der römischen Grenztruppen
In der modernen Forschung ist von einer geschlossenen Einwanderung und Landeinnahme eines fertig ausgebildeten Volkes keine Rede mehr. Es wird von einer Stammesbildung der Bajuwaren im eigenen Land, also dem Land zwischen Donau und Alpen ausgegangen.[6]
Schreibweise
Die Schreibweisen mit y gehen auf den philhellenischen bayerischen König Ludwig I. zurück. In der Sprachwissenschaft wird streng unterschieden zwischen bairischer Sprache und Bevölkerung, welche mit i geschrieben werden, und dem Namen der politischen Territorialeinheit Bayern, der mit y geschrieben wird. Dies betrifft sowohl des Königreich Bayern mit seinen Nachfolgern bis zum heutigen Freistaat Bayern, als auch (in heutiger Schreibweise und insoweit historisch nicht ganz korrekt) das frühere Herzogtum und Kurfürstentum.
Die Sprache
Die bayerische Sprache wird im Osten des sogenannten oberdeutschen Sprachraums gesprochen – sie wird daher auch als Ostoberdeutsch bezeichnet. Innerhalb des Bairischen wird zwischen Nordbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch unterschieden. Das bekannteste Merkmal, welches das Oberdeutsche von anderen westgermanischen Sprachen unterscheidet, ist die vollständige Durchführung der althochdeutschen Lautverschiebung.
Die bairischen Dialekte:
Nordbairisch
Mittel- oder Donaubairisch
Südbairisch
Der bairische Sprachraum umfasst im Freistaat Bayern die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz, das Staatsgebiet Österreichs mit Ausnahme Vorarlbergs, ferner Südtirol, die zimbrischen und karnischen Sprachinseln in Oberitalien und das südliche Vogtland im Freistaat Sachsen. Die UNESCO hat 2009 die bairische Sprache als gefährdet und damit schützenswert eingestuft.
Im spezifisch bairischen Wortschatz finden sich auch griechische Einflüsse, die durch die gotische Mission vermittelt werden:
Ertag ‚Dienstag‘, aus dem altgriechischen Wochentagname Árēos hēméra ‚Tag des Ares‘;
Pfinztag ‚Donnerstag‘, aus gotisch *paíntē dags, aus dem altgriechischen Wochentagname pémptē hēméra ‚fünften Tag‘ (von Sonntag aus gezählt); vgl. vom selben Stamm neugriechisch Pentikosti (Πεντηκοστή) ‚Pfingsten‘.
Religion
Zur Zeit der Ethnogenese der Bajuwaren gab es bereits ein Nebeneinander diverser Glaubensvorstellungen. Von den Goten verbreitete sich die arianische Variante des Christentums rasch auf benachbarte Stämme und auf die Gruppen, aus denen im 6. Jahrhundert die Bajuwaren entstanden waren.
Bajuwarische Perlenkette
Etwa nach 530 änderte sich die Tradition der Grabbeigaben in bairischen Reihengräbern. Durch zahlreiche Ausgrabungen konnte nachgewiesen werden, wie die Bajuwaren ihre Toten bestatteten:
Die Frauen wurden nach der Tradition der Bajuwaren mit ihrem Schmuck bestattet.[7]
Den Männern wurde ab dem 5. Jh. plötzlich Waffen als Beigaben in die Gräber gelegt – ein Brauch den es bei Bajuwaren, Alemannen und in anderen Gebieten spätrömischer Kulturkontinuität gab. Im Altsiedlungsgebiet der Germanen, der Germania Magna, war dieser Brauch zur gleichen Zeit unbekannt.[8]
Ab 615 begann die Missionierung durch iro-schottische Mönche zur katholischen Variante des Christentums. Dabei waren vor allem die Heiligen Eustasius, Agilus und Emmeram von Regensburg von Bedeutung. Um das Jahr 700 wurden katholische Bistümer im bajuwarischen Herzogtum eingerichtet, das älteste davon Salzburg (696), später Regensburg (um 700), Freising (716), Passau (739) und Eichstätt (Mitte/2.Hälfte 8.Jh.). Endgültig wurden die letzten Anhänger des Arianismus aber wahrscheinlich erst nach dem Sieg der Franken über die mit den Bajuwaren eng verbundenen Langobarden im Jahr 774 zur Konversion bewegt. Die Niederwerfung der ebenfalls arianischen Langobarden durch die bereits katholischen Franken bedeutete das endgültige Ende des Arianismus in Europa. Das katholische Christentum hat sich bei den Bajuwaren also langsam durchgesetzt, durch kulturellen Austausch mit den Romanen seit der Endphase des Weströmisches Reiches bis zur endgültigen Integration Baierns in das Frankenreich im Jahr 788. Daneben konnten sich möglicherweise unter einem christlichen Kontext auch Reste außerchristlicher Traditionen erhalten.
Eine synodale Tätigkeit seit den Bistumsgründungen im Jahr 739 geht mit bajuwarischen Landessynoden unter Herzog Tassilo in Dingolfing um 770 n. Chr. und Neuching 772 einher. Bischof Arn von Salzburg lädt zu einem Konzil ein, welches im Jahr 799 in Reisbach gehalten wird, einem im Frühmittelalter bedeutenden Ort der Bajuwaren.[9] Dies war die erste zeitlich und örtlich überlieferte bairische Metropoliten-Bischofssynode. Bischöfe, Äbte, Priester, Erzpriester und Diakone aus ganz Baiern waren auf frühmittelalterlichen Strassen und Wegen unterwegs in das heutige Niederbayern.
Geschichte
Frühgeschichte
Im Jahr 15 v. Chr. eroberten die Legionen Roms das nördliche Alpenvorland bis zur Donau. Die Kontinuität der Flur- und Ortsnamen beweist, dass noch keltische Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt im Lande gewesen sein muss, wie auch das Oppidum von Manching bei Ingolstadt zeigt, die Germanen dort jedoch noch nicht heimisch geworden waren. Der archäologische Befund verweist in weiten Teilen des heutigen Bayerns auf ein „fast menschenleeres Ödland“ für jene Zeit (S. Rieckhof, Das Keltische Jahrtausend.). Lediglich in den unzugänglicheren Hügel- und Bergregionen war offenbar eine keltische und auch vorkeltische alteuropäische Bevölkerung ansässig geblieben. Strabon benennt westlich des Bodensees die Helvetier, östlich desselben die Vindeliker als Bewohner von Berghalden, während Räter und Noriker die eigentliche Alpenregion bewohnten (Strabon, Geographica, VII).
Römische Provinzen
Während der mehrhundertjährigen Herrschaft der Römer ergab sich durch Zuzug und Ansiedelung ein starkes Bevölkerungswachstum, wobei durch die Constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla aus dem Jahr 212 allen freien Bewohnern der römischen Provinzen das römische Bürgerrecht zuerkannt wurde – auch in Rätien und Noricum. Diese romanisierten Provinzbürger werden als Provinziale bezeichnet. Aus der römischen Zeit stammen auch jene beiden Relikte, welche auf Boier im Land verweisen: ein römisches Militärdiplom, das 107 an den Soldaten einer spanischen Reitereinheit (einer sog. Ala) in Rätien verliehen wurde, dessen Vater Comatullus ein Boio war, und eine Keramikscherbe, in die Boio eingeritzt wurde.
Bajuwaren im Fränkischen Reich
Literarische Beziehungen zu den keltischen Boiern wurden durch Strabon und Tacitus formuliert. Strabon erwähnt die verlassene Einöde der Bojer am Bodensee sowie Bujaemum im herkynischen Wald (Strabon, Geographica, VII,1), woraus bei Tacitus dann Boii und Boihaemum werden. Bei der Wiederentdeckung des Tacitus am Hof Karls des Großen wurden diese Begriffe dann zum Vorbild für das Land Beheim und dessen slawische Bewohner als „Beheimi“ = Böhmen (siehe Einhard).
Die provinzialrömischen Bewohner verließen 488 auf Befehl des Odoaker die nördlich der Alpen liegenden römischen Provinzen. Im östlichen Rätien wie auch dem Donau-Noricum kam dieser Abzug der Romanen einer teilweisen Entvölkerung des Landes gleich, denn mit den originär römischen Herren zogen auch deren Knechte, Mägde und Sklaven mit in die neue Heimat Italien um. Andere Teile der Herrschaftsschicht aus dem gesamten römischen Herrschaftsraum blieben im Land und vermischten sich mit der dort ansässigen Bevölkerung. Karl Bosl spricht deshalb vom "mediterranen Substrat", das die Basis für die Bevölkerung des späteren Bayerns bildete. Überwölbt und durchdrungen wurde es jedoch von germanischen Stammesgruppen, wie die heutige Präsenz des Deutschen zeigt. Die Forschung konnte sich jedoch angesichts der vielfältigen und geringen Hinweise auf Markomannen, Goten oder Langobarden nicht auf eine einzige Herleitung der Bajuwaren einigen. So ist eine Durchsiedelung mit Angehörigen verschiedener Stämme anzunehmen, bis hin zu Sachsen und Schwaben, wie in vereinzelten Ortsnamen zu erkennen ist (Sachsenkam, Schwabing).
Nachbarvölker der Bajuwaren waren:
Thüringer im Norden
Franken im Nordwesten
Alemannen im Westen
Romanen im Süden
Langobarden im Süden
Awaren im Südosten
Slawen im Osten
Heute erstreckt sich das Gebiet, in welchem bairische Dialekte gesprochen werden, auf
die bayerischen Regierungsbezirke Niederbayern, Oberbayern, Oberpfalz, den nordöstlichen Teil Schwabens, sowie die südöstlichen Teile Mittelfrankens und Oberfrankens[10]
die österreichischen Bundesländer Burgenland (ohne kroatischsprachige Gebiete), Kärnten (ohne slowenischsprachiges Gebiet), Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark , Tirol (ohne Tannheimer Tal), und Wien,
die autonome italienische Provinz Südtirol (ohne ladinisches Gebiet)
die Schweizer Gemeinde Samnaun im Inntal.
Bis zu den Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte dazu auch der benachbarte Teil des Sudetenlandes (vom Egerland bis Südmähren), Ungarns (bei Györ/Raab und Sopron/Ödenburg) und Sloweniens (Abstaller Tal). Daneben gab und gibt es zahlreiche bairische Sprachinseln in Italien, Ost- und Südosteuropa, aber auch in Übersee.
Weiter geht es in Teil 2
Kriegergrab von Kemathen, ein früher Bajuware
Bajuwarische Bügelfibel
Bajuwarische Gürtelschnalle aus Aubing, (1. Drittel 7. Jahrhundert, Schnalle mit Gesichtern, Eisen mit Silbertauschierung)
Etymologie
Der volle Name der Bajuwaren lautete ursprünglich germanische Kompositum *Bajowarjōz (Plur.). Überliefert ist dieser als althochdeutsch Beiara, Peigira, latinisiert Baiovarii.[1] Es wird angenommen, dass es sich dabei um ein Endonym handelt. Hinter dem Erstglied Baio steckt das Ethnikon des zuvorbewohnenden keltischen Stammes der Boier, der auch im althochdeutschen Landschaftsnamen Bēheima ‚Böhmen‘ (germanisch *Bajohaimaz ‚Heim der Boier‘, spätlateinisch dann Boiohaemum) und im onomastischen Anknüpfungspunkte (Baias, Bainaib, usw.)[2] erhalten ist.
Das Zweitglied -ware bzw. -varii der Bewohnerbezeichnung Bajuwaren entstammt aus *warjaz ‚Bewohner‘ (vgl. altnordisch Rómverjar ‚Römer‘, altenglisch burhware ‚Stadtbewohner‘),[3] die noch aus indogermanischer Zeit stammt (vgl. walisisch gwerin ‚Menschenmenge‘). Der Baiernname wird deshalb als ‚Männer aus Böhmen‘ gedeutet.
Die Namensdeutung ist allerdings weiterhin umstritten.
Rekonstruiertes Bajuwarendorf der Merowingerzeit in Kirchheim
Im Mittelalter betrachtete man die Baiern als Nachfahren der antiken Boier. Die ältere Forschung ging von Markomannen als jenen „Männern aus Böhmen“ aus, die zum namensgebenden Teil der Baiern geworden seien.
In der aktuellen Diskussion werden die Bajuwaren von manchen mit einer elbgermanischen Fundgruppe identifiziert, die nach den bedeutendsten Fundorten ihrer Brandgräberfelder und der besonderen Keramik als Friedenhain-Prestovice bezeichnet wird. Das Siedlungsgebiet dieser Gruppe erstreckte sich von Neuburg an der Donau bis nach Passau. Neben den elbgermanischen und romanischen Siedlern, deren Einfluss sich im Salzburger Land und in Tirol bis ins 7. Jahrhundert nachweisen lässt, gilt diese Gruppe als eine weitere Keimzelle der späteren Baiovarii.[4]
Im Süden des heutigen Bayern hingegen ergibt sich ein sehr gemischtes Bild. Vermutlich waren die Bajuwaren ein Volk von verschiedenen Völkern. Nicht in einer großen Wanderung, sondern in einzelnen Schüben besiedelten sie das Land zwischen Donau und Alpen. Dort wuchsen die verschiedenen Zuwanderer zu jenen Bajuwaren zusammen, die Jordanis 551 in seiner Gotengeschichte und kurz darauf der Dichter Venantius Fortunatus beschrieb. Beide Quellen berichten übereinstimmend, dass östlich der Sueben bzw. östlich des Lechs das Land Baiuaria liegt. Die Einwohner von Baiuaria werden Baibari bzw. Baiovarii genannt.[5]
Vermutlich haben sich die Bajuwaren aus verschiedenen Volksgruppen gebildet:
aus Resten der keltischen Bevölkerung
aus einheimischen Römern
aus alemannischen, fränkischen bzw. thüringischen, ostgotischen und langobardischen Volkssplittern
aus germanischen Söldnern der römischen Grenztruppen
In der modernen Forschung ist von einer geschlossenen Einwanderung und Landeinnahme eines fertig ausgebildeten Volkes keine Rede mehr. Es wird von einer Stammesbildung der Bajuwaren im eigenen Land, also dem Land zwischen Donau und Alpen ausgegangen.[6]
Schreibweise
Die Schreibweisen mit y gehen auf den philhellenischen bayerischen König Ludwig I. zurück. In der Sprachwissenschaft wird streng unterschieden zwischen bairischer Sprache und Bevölkerung, welche mit i geschrieben werden, und dem Namen der politischen Territorialeinheit Bayern, der mit y geschrieben wird. Dies betrifft sowohl des Königreich Bayern mit seinen Nachfolgern bis zum heutigen Freistaat Bayern, als auch (in heutiger Schreibweise und insoweit historisch nicht ganz korrekt) das frühere Herzogtum und Kurfürstentum.
Die Sprache
Die bayerische Sprache wird im Osten des sogenannten oberdeutschen Sprachraums gesprochen – sie wird daher auch als Ostoberdeutsch bezeichnet. Innerhalb des Bairischen wird zwischen Nordbairisch, Mittelbairisch und Südbairisch unterschieden. Das bekannteste Merkmal, welches das Oberdeutsche von anderen westgermanischen Sprachen unterscheidet, ist die vollständige Durchführung der althochdeutschen Lautverschiebung.
Die bairischen Dialekte:
Nordbairisch
Mittel- oder Donaubairisch
Südbairisch
Der bairische Sprachraum umfasst im Freistaat Bayern die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz, das Staatsgebiet Österreichs mit Ausnahme Vorarlbergs, ferner Südtirol, die zimbrischen und karnischen Sprachinseln in Oberitalien und das südliche Vogtland im Freistaat Sachsen. Die UNESCO hat 2009 die bairische Sprache als gefährdet und damit schützenswert eingestuft.
Im spezifisch bairischen Wortschatz finden sich auch griechische Einflüsse, die durch die gotische Mission vermittelt werden:
Ertag ‚Dienstag‘, aus dem altgriechischen Wochentagname Árēos hēméra ‚Tag des Ares‘;
Pfinztag ‚Donnerstag‘, aus gotisch *paíntē dags, aus dem altgriechischen Wochentagname pémptē hēméra ‚fünften Tag‘ (von Sonntag aus gezählt); vgl. vom selben Stamm neugriechisch Pentikosti (Πεντηκοστή) ‚Pfingsten‘.
Religion
Zur Zeit der Ethnogenese der Bajuwaren gab es bereits ein Nebeneinander diverser Glaubensvorstellungen. Von den Goten verbreitete sich die arianische Variante des Christentums rasch auf benachbarte Stämme und auf die Gruppen, aus denen im 6. Jahrhundert die Bajuwaren entstanden waren.
Bajuwarische Perlenkette
Etwa nach 530 änderte sich die Tradition der Grabbeigaben in bairischen Reihengräbern. Durch zahlreiche Ausgrabungen konnte nachgewiesen werden, wie die Bajuwaren ihre Toten bestatteten:
Die Frauen wurden nach der Tradition der Bajuwaren mit ihrem Schmuck bestattet.[7]
Den Männern wurde ab dem 5. Jh. plötzlich Waffen als Beigaben in die Gräber gelegt – ein Brauch den es bei Bajuwaren, Alemannen und in anderen Gebieten spätrömischer Kulturkontinuität gab. Im Altsiedlungsgebiet der Germanen, der Germania Magna, war dieser Brauch zur gleichen Zeit unbekannt.[8]
Ab 615 begann die Missionierung durch iro-schottische Mönche zur katholischen Variante des Christentums. Dabei waren vor allem die Heiligen Eustasius, Agilus und Emmeram von Regensburg von Bedeutung. Um das Jahr 700 wurden katholische Bistümer im bajuwarischen Herzogtum eingerichtet, das älteste davon Salzburg (696), später Regensburg (um 700), Freising (716), Passau (739) und Eichstätt (Mitte/2.Hälfte 8.Jh.). Endgültig wurden die letzten Anhänger des Arianismus aber wahrscheinlich erst nach dem Sieg der Franken über die mit den Bajuwaren eng verbundenen Langobarden im Jahr 774 zur Konversion bewegt. Die Niederwerfung der ebenfalls arianischen Langobarden durch die bereits katholischen Franken bedeutete das endgültige Ende des Arianismus in Europa. Das katholische Christentum hat sich bei den Bajuwaren also langsam durchgesetzt, durch kulturellen Austausch mit den Romanen seit der Endphase des Weströmisches Reiches bis zur endgültigen Integration Baierns in das Frankenreich im Jahr 788. Daneben konnten sich möglicherweise unter einem christlichen Kontext auch Reste außerchristlicher Traditionen erhalten.
Eine synodale Tätigkeit seit den Bistumsgründungen im Jahr 739 geht mit bajuwarischen Landessynoden unter Herzog Tassilo in Dingolfing um 770 n. Chr. und Neuching 772 einher. Bischof Arn von Salzburg lädt zu einem Konzil ein, welches im Jahr 799 in Reisbach gehalten wird, einem im Frühmittelalter bedeutenden Ort der Bajuwaren.[9] Dies war die erste zeitlich und örtlich überlieferte bairische Metropoliten-Bischofssynode. Bischöfe, Äbte, Priester, Erzpriester und Diakone aus ganz Baiern waren auf frühmittelalterlichen Strassen und Wegen unterwegs in das heutige Niederbayern.
Geschichte
Frühgeschichte
Im Jahr 15 v. Chr. eroberten die Legionen Roms das nördliche Alpenvorland bis zur Donau. Die Kontinuität der Flur- und Ortsnamen beweist, dass noch keltische Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt im Lande gewesen sein muss, wie auch das Oppidum von Manching bei Ingolstadt zeigt, die Germanen dort jedoch noch nicht heimisch geworden waren. Der archäologische Befund verweist in weiten Teilen des heutigen Bayerns auf ein „fast menschenleeres Ödland“ für jene Zeit (S. Rieckhof, Das Keltische Jahrtausend.). Lediglich in den unzugänglicheren Hügel- und Bergregionen war offenbar eine keltische und auch vorkeltische alteuropäische Bevölkerung ansässig geblieben. Strabon benennt westlich des Bodensees die Helvetier, östlich desselben die Vindeliker als Bewohner von Berghalden, während Räter und Noriker die eigentliche Alpenregion bewohnten (Strabon, Geographica, VII).
Römische Provinzen
Während der mehrhundertjährigen Herrschaft der Römer ergab sich durch Zuzug und Ansiedelung ein starkes Bevölkerungswachstum, wobei durch die Constitutio Antoniniana des Kaisers Caracalla aus dem Jahr 212 allen freien Bewohnern der römischen Provinzen das römische Bürgerrecht zuerkannt wurde – auch in Rätien und Noricum. Diese romanisierten Provinzbürger werden als Provinziale bezeichnet. Aus der römischen Zeit stammen auch jene beiden Relikte, welche auf Boier im Land verweisen: ein römisches Militärdiplom, das 107 an den Soldaten einer spanischen Reitereinheit (einer sog. Ala) in Rätien verliehen wurde, dessen Vater Comatullus ein Boio war, und eine Keramikscherbe, in die Boio eingeritzt wurde.
Bajuwaren im Fränkischen Reich
Literarische Beziehungen zu den keltischen Boiern wurden durch Strabon und Tacitus formuliert. Strabon erwähnt die verlassene Einöde der Bojer am Bodensee sowie Bujaemum im herkynischen Wald (Strabon, Geographica, VII,1), woraus bei Tacitus dann Boii und Boihaemum werden. Bei der Wiederentdeckung des Tacitus am Hof Karls des Großen wurden diese Begriffe dann zum Vorbild für das Land Beheim und dessen slawische Bewohner als „Beheimi“ = Böhmen (siehe Einhard).
Die provinzialrömischen Bewohner verließen 488 auf Befehl des Odoaker die nördlich der Alpen liegenden römischen Provinzen. Im östlichen Rätien wie auch dem Donau-Noricum kam dieser Abzug der Romanen einer teilweisen Entvölkerung des Landes gleich, denn mit den originär römischen Herren zogen auch deren Knechte, Mägde und Sklaven mit in die neue Heimat Italien um. Andere Teile der Herrschaftsschicht aus dem gesamten römischen Herrschaftsraum blieben im Land und vermischten sich mit der dort ansässigen Bevölkerung. Karl Bosl spricht deshalb vom "mediterranen Substrat", das die Basis für die Bevölkerung des späteren Bayerns bildete. Überwölbt und durchdrungen wurde es jedoch von germanischen Stammesgruppen, wie die heutige Präsenz des Deutschen zeigt. Die Forschung konnte sich jedoch angesichts der vielfältigen und geringen Hinweise auf Markomannen, Goten oder Langobarden nicht auf eine einzige Herleitung der Bajuwaren einigen. So ist eine Durchsiedelung mit Angehörigen verschiedener Stämme anzunehmen, bis hin zu Sachsen und Schwaben, wie in vereinzelten Ortsnamen zu erkennen ist (Sachsenkam, Schwabing).
Nachbarvölker der Bajuwaren waren:
Thüringer im Norden
Franken im Nordwesten
Alemannen im Westen
Romanen im Süden
Langobarden im Süden
Awaren im Südosten
Slawen im Osten
Heute erstreckt sich das Gebiet, in welchem bairische Dialekte gesprochen werden, auf
die bayerischen Regierungsbezirke Niederbayern, Oberbayern, Oberpfalz, den nordöstlichen Teil Schwabens, sowie die südöstlichen Teile Mittelfrankens und Oberfrankens[10]
die österreichischen Bundesländer Burgenland (ohne kroatischsprachige Gebiete), Kärnten (ohne slowenischsprachiges Gebiet), Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark , Tirol (ohne Tannheimer Tal), und Wien,
die autonome italienische Provinz Südtirol (ohne ladinisches Gebiet)
die Schweizer Gemeinde Samnaun im Inntal.
Bis zu den Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte dazu auch der benachbarte Teil des Sudetenlandes (vom Egerland bis Südmähren), Ungarns (bei Györ/Raab und Sopron/Ödenburg) und Sloweniens (Abstaller Tal). Daneben gab und gibt es zahlreiche bairische Sprachinseln in Italien, Ost- und Südosteuropa, aber auch in Übersee.
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Teil 2
Frühe schriftliche Zeugnisse
Bajuwarische Funde
Als ältestes Zeugnis für den Namen der Baiern gilt eine Textstelle in der 551 veröffentlichten Gotengeschichte, der „Getica“ (De origine actibusque Getarum) von Jordanes. Sie benennt Baioras oder Baibaros als östliche Nachbarn des „schwäbischen Landes“ (regio Svavorum). Diese Quelle ist jedoch unsicher. Lediglich sehr späte Abschriften dieses Werks sind überliefert. Allerdings wird vermutet, Jordanes habe ein mehrbändiges Werk über die Geschichte der Goten von Cassiodor benützt, welches jedoch nicht erhalten ist. Andere Autoren, die etwa gleichzeitig schreiben (Prokop, Agathias, Ennodius von Pavia), erwähnen nichts über Baiern. Gregor von Tours kannte um 595 ebenfalls noch keine Baiern. Auch nicht Eugippius, der vier Jahrzehnte vor Jordanes seine Vita Sancti Severini verfasste, und als Gefährte dieses Heiligen ebenfalls an der „norischen Donau“ gelebt hatte. Er benennt jedoch einen verfallenden Ort namens Poytro oder Boiotro vor den Toren der Stadt Passau (in loco nomine Poytro, Codex 1064 der Österreichischen Staatsbibliothek).
Die erste Baiovaria des Venantius Fortunatus am Lech
Der erste sichere Beleg stammt von Venantius Fortunatus, einem aus Italien stammenden Poeta doctus. Er berichtet um 576 von seiner Reise über die Alpen im Jahre 565, und beschreibt dabei, wie er vom Inn im Land der Breonen heraufkommend die Baivaria am Lech (Liccam Baivaria/Liccam Bojoaria) durchquerte. An anderer Stelle benennt er einen Bajoarius oder Baiovarius, der bei St. Afra nahe Augsburg die Straßen nach Süden und weiter über die Alpen kontrollierte und dabei dem Reisenden „hindernd“ in den Weg treten konnte. Venantius Fortunatus liefert mit seiner Beschreibung die erste konkrete Lokalisierung der Baiern.
Eine weitere schriftliche Erwähnung der Baiern als Baioarii findet sich dann bei Fredegar, einem fränkischen Chronisten, der für die Jahre um 631/35 Baioarier als angebliche Vollstrecker eines vom fränkischen König Dagobert I. befohlenen Massenmordes an 9000 Bulgaren samt deren „Weibern und Kindern“ benennt.[11]
Die vierte namentliche Benennung der Baiern erfolgte um 640 durch Abt Jonas von Bobbio, der in einer Biographie des Columban von Luxeuil notierte, dass die Boiae jetzt Baioarii genannt würden. Diese sprachliche Gleichsetzung von keltischen Boiern mit den Bajuwaren bildete die literarische Grundlage der lange gültigen Annahme Boier=Baiern.
Ethnogenese
Das bayerische Stammesherzogtum um 788
Die Ethnogenese (= Stammesbildung) der Bajuwaren fand erst nach den Bevölkerungsverschiebungen der Völkerwanderung statt.
Als entscheidende Zeitspanne wird die Regierungszeit des Gotenkönigs Theoderich des Großen (493–526) in Italien angenommen. Bayern war Bestandteil des ostgotischen Reiches. Im Jahr 506 öffnete Theoderich die nördlichen Grenzen seiner goto-römischen Präfektur Italia den von den Franken an Rhein und Neckar besiegten Alemannen. Gemeinsam mit nördlich der Donau heimischen Thüringern hatten sie danach die „nasse Grenze“ der Italia im Norden (= Hochrhein-Bodensee-Argen-Iller-Donau) gegen die Franken zu schützen (so Ennodius von Pavia). Die Alemannen besiedelten nun die Provinzen Rätien und Noricum, bis zu den beiden Alemannenstürmen zunächst nur bis zur Iller, deren Grenze die Alemannen später überrannten und bis zum Lech verschoben. Wie archäologische Ausgrabungen zeigen, wurden mit der Zeit aber auch Alemannen zu einer ethnischen Komponente der Baiern. Der Lech wurde erst später zu der noch heute ausgeprägten Sprach- und Kulturgrenze. Neben den Alemannen werden in der Forschung weitere Stämme genannt, vor allem die Goten und die Markomannen. Die letzteren, so wird häufig argumentiert, wären schon um Christi Geburt aus dem Böhmerwald nach Süden vorgestoßen. Eine alleinige alemannische Besiedelung wird jedenfalls durch die Mundartgrenze ausgeschlossen. Auch ist das Vorkommen einer schwäbischen Siedlung rechts des Lechs durchaus bemerkenswert gewesen, wie die Ortsnamen "Schwabing" oder "Schwabhausen" zeigen.
Während ihres Verteidigungskampfes gegen Byzanz überließen die Goten Italiens im Jahr 536 alle von ihnen beherrschten Gebiete nördlich der Alpen den Königen der Franken, um dadurch von diesen zumindest Neutralität zu erlangen. So wurden auch Rätien und Norikum fränkisch. Ein nennenswerter Bevölkerungszustrom fand dabei jedoch nicht statt. Die Franken begnügten sich mit der militärischen Sicherung des Gebiets. Drei Jahre später eroberten sie die nördlichen Ebenen Italiens sowie des Inneren Norikum (Noricum Mediterraneum) bis an die Grenzen der römischen Provinz Pannonien. Ein Briefwechsel jener Zeit, in welchem sich der Franke Theudebert I. gegenüber seinem Rivalen von Ostrom, Justinian, der eigenen Machtfülle rühmt (sogenannter „Theudebertbrief“ aus dem Jahr 539/40), ist auch für die Frühgeschichte der Baiern bedeutsam. Der fränkische König benennt darin Norsavorum gentes (norisch-schwäbische Geschlechter), welche sich mit seiner Herrschaft versöhnt hätten.
Die Baiern waren einer allmählichen Christianisierung unterworfen. Im Benediktinerkloster Niederaltaich (gegründet 731 oder 741 n. Chr.) wurde als Gesetzeswerk die so genannte Lex Baiuvariorum auf 150 Pergamentseiten in lateinischer Sprache niedergeschrieben.
Regensburg galt lange Zeit als die Hauptstadt der Baiern und wurde in karolingischer Zeit zum Zentrum des ostfränkischen Reiches.
Noch um 870 bezeichnete Erzbischof Adalwin von Salzburg die Baiern als bagoari in seinem Schreiben De Conversione Bagoariorum et Carantaniorum.
Auch wenn der genaue Hergang des politischen Prozesses im Dunkeln liegt, stabilisierte er die verschiedenen elbgermanischen und ostgermanischen Volksgruppen, und führte schließlich zu jener ethnokulturellen Gemeinsamkeit, welche als Ethnogenese zu bewerten ist.
Tassilokelch
Die Regenten der Baiern wurden vom Herzogsgeschlecht der Agilolfinger gestellt:
Herzog Garibald I. (555–ca. 591), erster nachgewiesener Herzog von Baiern
Herzog Tassilo I. (591–610) 591 wurde Tassilo I. vom Frankenkönig Childebert über Bayern als rex (König) eingesetzt[12].
Herzog Garibald II. (ca. 610–630)
Herzog Fara (ca. 630–640)
Herzog Theodo I. (ca. 640–680)
Herzog Lantpert (680)
Herzog Theodo II. (680–725?). Papst Gregor II. schrieb seinem Legaten von der Baiwaria (in Baioaria), nannte Theoto als „Ersten“ des Stammes dort (Primus de gente eadem) und auch als „Herzog des Stammes der Baiern“ (dux gentis Baioariorum). Als Herrn eines zu begründenden Erzbistums für Bayern bezeichnete er ihn als dux Provincae (Liber Pontificalis, zitiert nach Alois Schmid).
Herzog Theudebald (ca. 711–719)
Herzog Grimoald II. (ca. 715–725)
Herzog Tassilo II. (716–719)
Herzog Theudebert (Theodo III.) (ca. 719–725)
Herzog Hugbert (ca. 725–737)
Herzog Odilo (739), legte Bistümer fest.
Herzog Grifo (ca. 748) 741 wurde Grifo im letzten Testament Karl Martells ein Teil des Frankenreiches zugesprochen
Herzog Tassilo III. (748–788), Tassilo III. erreichte eine Machtstellung, die vor ihm kein anderer Agilolfinger besessen hatte. Danach gewaltsame Einverleibung in das Frankenreich Karls des Großen.
Baiuaria in Europa um 486 zum Ende der Römischen Herrschaft und am Beginn des Frankenreiches unter den Merowingern
Das Volksrecht der Bajuwaren
Kapitel 2 und 3 in der Handschrift Cim. 7
Die Lex Baiuvariorum (auch Lex Baiuwariorum, Lex Bajuvariorum oder Lex Baivariorum) ist die in der Zeit des 6. bis 8. Jahrhunderts entstandene Kodifikation des Volksrechtes der Bajuwaren, das heißt die älteste Sammlung von Rechtssätzen des frühen bairischen Stammesherzogtums. Der Text ist auf Latein verfasst, enthält jedoch bajuwarische Fragmente. Es ist das älteste und wichtigste Denkmal der Bajuwaren.[13]
Die Lex Baiuvariorum enthält in 23 Artikeln Rechtssätze und Verfahrensregeln zu Straf-, Prozess- und Privatrecht teilweise getrennt für die einzelnen Stände (Kleriker, Adlige, Freie, Freigelassene, Unfreie) sowie Grundsätze zur Verwaltung des Kirchengutes.
Museen und Ausstellungen
Niederbayerisches Archäologiemuseum Landau: Geschichte der Bajuwaren
Bajuwarenhof Kirchheim (Ziel des Projektes Münchner ArchäologInnen ist es, das Leben der Menschen des 6. und 7. Jahrhunderts praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert erfahrbar zu machen.)
Archäologie Bayern(Gemeinsame Landesausstellung des Freistaates Bayern und des Landes Salzburg, 19. Mai–6. November 1988 in Rosenheim und Mattsee)
Bajuwarenmusem Waging am See
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Bajuwarische Funde
Als ältestes Zeugnis für den Namen der Baiern gilt eine Textstelle in der 551 veröffentlichten Gotengeschichte, der „Getica“ (De origine actibusque Getarum) von Jordanes. Sie benennt Baioras oder Baibaros als östliche Nachbarn des „schwäbischen Landes“ (regio Svavorum). Diese Quelle ist jedoch unsicher. Lediglich sehr späte Abschriften dieses Werks sind überliefert. Allerdings wird vermutet, Jordanes habe ein mehrbändiges Werk über die Geschichte der Goten von Cassiodor benützt, welches jedoch nicht erhalten ist. Andere Autoren, die etwa gleichzeitig schreiben (Prokop, Agathias, Ennodius von Pavia), erwähnen nichts über Baiern. Gregor von Tours kannte um 595 ebenfalls noch keine Baiern. Auch nicht Eugippius, der vier Jahrzehnte vor Jordanes seine Vita Sancti Severini verfasste, und als Gefährte dieses Heiligen ebenfalls an der „norischen Donau“ gelebt hatte. Er benennt jedoch einen verfallenden Ort namens Poytro oder Boiotro vor den Toren der Stadt Passau (in loco nomine Poytro, Codex 1064 der Österreichischen Staatsbibliothek).
Die erste Baiovaria des Venantius Fortunatus am Lech
Der erste sichere Beleg stammt von Venantius Fortunatus, einem aus Italien stammenden Poeta doctus. Er berichtet um 576 von seiner Reise über die Alpen im Jahre 565, und beschreibt dabei, wie er vom Inn im Land der Breonen heraufkommend die Baivaria am Lech (Liccam Baivaria/Liccam Bojoaria) durchquerte. An anderer Stelle benennt er einen Bajoarius oder Baiovarius, der bei St. Afra nahe Augsburg die Straßen nach Süden und weiter über die Alpen kontrollierte und dabei dem Reisenden „hindernd“ in den Weg treten konnte. Venantius Fortunatus liefert mit seiner Beschreibung die erste konkrete Lokalisierung der Baiern.
Eine weitere schriftliche Erwähnung der Baiern als Baioarii findet sich dann bei Fredegar, einem fränkischen Chronisten, der für die Jahre um 631/35 Baioarier als angebliche Vollstrecker eines vom fränkischen König Dagobert I. befohlenen Massenmordes an 9000 Bulgaren samt deren „Weibern und Kindern“ benennt.[11]
Die vierte namentliche Benennung der Baiern erfolgte um 640 durch Abt Jonas von Bobbio, der in einer Biographie des Columban von Luxeuil notierte, dass die Boiae jetzt Baioarii genannt würden. Diese sprachliche Gleichsetzung von keltischen Boiern mit den Bajuwaren bildete die literarische Grundlage der lange gültigen Annahme Boier=Baiern.
Ethnogenese
Das bayerische Stammesherzogtum um 788
Die Ethnogenese (= Stammesbildung) der Bajuwaren fand erst nach den Bevölkerungsverschiebungen der Völkerwanderung statt.
Als entscheidende Zeitspanne wird die Regierungszeit des Gotenkönigs Theoderich des Großen (493–526) in Italien angenommen. Bayern war Bestandteil des ostgotischen Reiches. Im Jahr 506 öffnete Theoderich die nördlichen Grenzen seiner goto-römischen Präfektur Italia den von den Franken an Rhein und Neckar besiegten Alemannen. Gemeinsam mit nördlich der Donau heimischen Thüringern hatten sie danach die „nasse Grenze“ der Italia im Norden (= Hochrhein-Bodensee-Argen-Iller-Donau) gegen die Franken zu schützen (so Ennodius von Pavia). Die Alemannen besiedelten nun die Provinzen Rätien und Noricum, bis zu den beiden Alemannenstürmen zunächst nur bis zur Iller, deren Grenze die Alemannen später überrannten und bis zum Lech verschoben. Wie archäologische Ausgrabungen zeigen, wurden mit der Zeit aber auch Alemannen zu einer ethnischen Komponente der Baiern. Der Lech wurde erst später zu der noch heute ausgeprägten Sprach- und Kulturgrenze. Neben den Alemannen werden in der Forschung weitere Stämme genannt, vor allem die Goten und die Markomannen. Die letzteren, so wird häufig argumentiert, wären schon um Christi Geburt aus dem Böhmerwald nach Süden vorgestoßen. Eine alleinige alemannische Besiedelung wird jedenfalls durch die Mundartgrenze ausgeschlossen. Auch ist das Vorkommen einer schwäbischen Siedlung rechts des Lechs durchaus bemerkenswert gewesen, wie die Ortsnamen "Schwabing" oder "Schwabhausen" zeigen.
Während ihres Verteidigungskampfes gegen Byzanz überließen die Goten Italiens im Jahr 536 alle von ihnen beherrschten Gebiete nördlich der Alpen den Königen der Franken, um dadurch von diesen zumindest Neutralität zu erlangen. So wurden auch Rätien und Norikum fränkisch. Ein nennenswerter Bevölkerungszustrom fand dabei jedoch nicht statt. Die Franken begnügten sich mit der militärischen Sicherung des Gebiets. Drei Jahre später eroberten sie die nördlichen Ebenen Italiens sowie des Inneren Norikum (Noricum Mediterraneum) bis an die Grenzen der römischen Provinz Pannonien. Ein Briefwechsel jener Zeit, in welchem sich der Franke Theudebert I. gegenüber seinem Rivalen von Ostrom, Justinian, der eigenen Machtfülle rühmt (sogenannter „Theudebertbrief“ aus dem Jahr 539/40), ist auch für die Frühgeschichte der Baiern bedeutsam. Der fränkische König benennt darin Norsavorum gentes (norisch-schwäbische Geschlechter), welche sich mit seiner Herrschaft versöhnt hätten.
Die Baiern waren einer allmählichen Christianisierung unterworfen. Im Benediktinerkloster Niederaltaich (gegründet 731 oder 741 n. Chr.) wurde als Gesetzeswerk die so genannte Lex Baiuvariorum auf 150 Pergamentseiten in lateinischer Sprache niedergeschrieben.
Regensburg galt lange Zeit als die Hauptstadt der Baiern und wurde in karolingischer Zeit zum Zentrum des ostfränkischen Reiches.
Noch um 870 bezeichnete Erzbischof Adalwin von Salzburg die Baiern als bagoari in seinem Schreiben De Conversione Bagoariorum et Carantaniorum.
Auch wenn der genaue Hergang des politischen Prozesses im Dunkeln liegt, stabilisierte er die verschiedenen elbgermanischen und ostgermanischen Volksgruppen, und führte schließlich zu jener ethnokulturellen Gemeinsamkeit, welche als Ethnogenese zu bewerten ist.
Tassilokelch
Die Regenten der Baiern wurden vom Herzogsgeschlecht der Agilolfinger gestellt:
Herzog Garibald I. (555–ca. 591), erster nachgewiesener Herzog von Baiern
Herzog Tassilo I. (591–610) 591 wurde Tassilo I. vom Frankenkönig Childebert über Bayern als rex (König) eingesetzt[12].
Herzog Garibald II. (ca. 610–630)
Herzog Fara (ca. 630–640)
Herzog Theodo I. (ca. 640–680)
Herzog Lantpert (680)
Herzog Theodo II. (680–725?). Papst Gregor II. schrieb seinem Legaten von der Baiwaria (in Baioaria), nannte Theoto als „Ersten“ des Stammes dort (Primus de gente eadem) und auch als „Herzog des Stammes der Baiern“ (dux gentis Baioariorum). Als Herrn eines zu begründenden Erzbistums für Bayern bezeichnete er ihn als dux Provincae (Liber Pontificalis, zitiert nach Alois Schmid).
Herzog Theudebald (ca. 711–719)
Herzog Grimoald II. (ca. 715–725)
Herzog Tassilo II. (716–719)
Herzog Theudebert (Theodo III.) (ca. 719–725)
Herzog Hugbert (ca. 725–737)
Herzog Odilo (739), legte Bistümer fest.
Herzog Grifo (ca. 748) 741 wurde Grifo im letzten Testament Karl Martells ein Teil des Frankenreiches zugesprochen
Herzog Tassilo III. (748–788), Tassilo III. erreichte eine Machtstellung, die vor ihm kein anderer Agilolfinger besessen hatte. Danach gewaltsame Einverleibung in das Frankenreich Karls des Großen.
Baiuaria in Europa um 486 zum Ende der Römischen Herrschaft und am Beginn des Frankenreiches unter den Merowingern
Das Volksrecht der Bajuwaren
Kapitel 2 und 3 in der Handschrift Cim. 7
Die Lex Baiuvariorum (auch Lex Baiuwariorum, Lex Bajuvariorum oder Lex Baivariorum) ist die in der Zeit des 6. bis 8. Jahrhunderts entstandene Kodifikation des Volksrechtes der Bajuwaren, das heißt die älteste Sammlung von Rechtssätzen des frühen bairischen Stammesherzogtums. Der Text ist auf Latein verfasst, enthält jedoch bajuwarische Fragmente. Es ist das älteste und wichtigste Denkmal der Bajuwaren.[13]
Die Lex Baiuvariorum enthält in 23 Artikeln Rechtssätze und Verfahrensregeln zu Straf-, Prozess- und Privatrecht teilweise getrennt für die einzelnen Stände (Kleriker, Adlige, Freie, Freigelassene, Unfreie) sowie Grundsätze zur Verwaltung des Kirchengutes.
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