Die Gegenreformation oder propaganda fidei
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Die Gegenreformation oder propaganda fidei
Als Gegenreformation bezeichnet man allgemein[1] die Reaktion der katholischen Kirche auf die von Martin Luther in Wittenberg ausgehende Reformation, die sich im Bereich der Theologie und der Kirchen abspielte und meist auf geistige Auseinandersetzungen beschränkt blieb.
Der Begriff Gegenreformation bezeichnet außerdem einen Prozess der römisch-katholischen Kirche, die im Zuge des Konzils von Trient seit etwa 1545 versuchte, den sich sowohl politisch als auch institutionell etablierenden Protestantismus, auch gewaltsam mit Hilfe des von ihr gestützten katholischen Habsburgischen Kaisers zurückzudrängen (vgl. aber auch die sog. Katholische Reform), nachdem die theologische Argumentation beendet war. Die Maßnahmen des Katholizismus erstreckten sich sowohl auf den kirchenpolitischen als auch auf den weltlichen politischen Bereich und umfassten Maßnahmen der Rekatholisierung protestantischer Territorien. Sie führten im Zusammenspiel mit einer Reihe weiterer Faktoren zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges.
Der Prozess der Gegenreformation reichte bis ins 18. Jahrhundert. Die Mittel der Gegenreformation waren Krieg gegen die protestantischen Staaten, Diplomatie, staatliche Repression und missionarische Rekatholisierung. Barocker Kirchenbau, Marienverehrung und barockes Theater spielen eine wichtige Rolle in der gegenreformatorischen Propaganda (von Lateinisch propaganda fidei: „Zur Verbreitung des Glaubens“). Die Gegenreformation kann zugleich als groß angelegter Versuch einer Sozialdisziplinierung im Sinne Gerhard Oestreichs aufgefasst werden.
Der Terminus der Gegenreformation als Bezeichnung einer von der katholischen Kirche ausgehenden Bewegung ist umstritten. Grund dafür ist die Vielzahl von Erneuerungsbewegungen innerhalb der katholischen Kirche als Antwort auf die Reformation, die durchaus auch eine innere Kirchenerneuerung anstrebten. Einige Lenker der kirchlichen Macht hätten ihrerseits die gewaltsamen und intoleranten Methoden der Reformatoren gegen Andersglaubende kopiert, was kirchlicherseits nicht nur auf Zustimmung gestoßen sei. Die katholischen weltlichen Machthaber hätten sich – defensiv – der Notwendigkeit gebeugt, die Freiheit der Katholiken vor den Ausschreitungen der weltlichen Macht der Protestanten zu schützen.
Begriffsgeschichte
Den Ausdruck Gegenreformation führte 1776 der Göttinger Jurist Johann Stephan Pütter in die Literatur ein. Darunter verstand er „die gewaltsame Rückführung von Protestanten zur katholischen Religionsausübung“. Die Verwendung des Begriffes Gegenreformation im Sinne eines Zeitalters prägte 1889 Moriz Ritter; er dehnte den Zeitraum der Gegenreformation bis zum Dreißigjährigen Krieg aus. Allerdings war es schon Leopold von Ranke, der 1843 vom „Zeitalter der Gegenreformation“ unter Berücksichtigung der tiefgreifenden katholischen Bewegung sprach. Ranke ist bereits die innerkirchliche Reformbewegung bewusst gewesen, die Wilhelm Maurenbrecher schließlich als „katholische Reformation“ bezeichnete. Durch die Kritik insbesondere von Hermann Baumgarten und in weitaus stärkerem Maße von Hubert Jedin wurde dieser Begriff durch den der Katholischen Reform ersetzt.
Der Begriff setzte sich nur langsam durch, weil hierbei konfessionelle Vorbehalte geltend gemacht wurden. Ein Teil der katholischen Historiker lehnte die beiden Ausdrücke entschieden ab, da sie ihnen Werturteile zugunsten des Protestantismus zu enthalten schienen, andere suchten einen Ausgleich, indem sie zwischen katholischer Selbstreform und politischer Gegenreformation unterschieden und als Epochenbezeichnung „Zeitalter der Glaubensspaltung“ (1517–1555) und „Zeitalter des konfessionellen Absolutismus“ (1555–1648) gebrauchten. In der modernen Geschichtswissenschaft wird dafür der von Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling eingeführte Begriff „Konfessionalisierung“ verwendet.
Entwicklung der Gegenreformation
Klerus
Sebastiano Ricci Papst Paul III. beseelt vom Glauben an das Konzil von Trient, Öl auf Leinwand, 1688
Vorreiter der Gegenreformation ist der im Jahre 1534 durch Ignatius von Loyola gegründete Jesuitenorden. Überhaupt hatten die Jesuiten, die von Papst Gregor XIII. entschieden gefördert wurden (siehe auch Reformpapsttum), bedeutsamen Anteil an der Gegenreformation in Europa.
Den Ausgangspunkt der Gegenreformation bildete das Konzil von Trient (von 1545 bis 1563 mit Unterbrechungen). Es betonte die dogmatischen und liturgischen Differenzen zum Protestantismus und nahm sich der gravierendsten Missstände in der damaligen katholischen Kirche an (Bestimmungen über die Priesterausbildung und Beseitigung von Pfründen- und Ablassmissbrauch).
Literatur und im Bildungswesen
Die Gegenreformation wurde in der zeitgenössischen Literatur vor allem durch scharf polemisierende jesuitische Autoren wie Jakob Gretser, Caspar Schoppe sowie Conrad Vetter vorangetrieben. Der Publizist und Übersetzer Aegidius Albertinus wurde 1593 durch Herzog Wilhelm den Frommen eigens für die Belange der Gegenreformation aus Spanien nach München gebracht.
Ein nicht zu unterschätzendes Medium der Gegenreformation bildete das Jesuitentheater, dessen zentrale Rolle im jesuitischen Schulprogramm erst in neuerer Zeit erforscht wurde. Abertausende von Theaterstücken,[2] von denen heute teilweise nur noch die „Periochen“ (Programmhefte) erhalten sind, wurden zur streng katholischen Indoktrinierung in sämtlichen jesuitischen Lehranstalten aufgeführt, und namhafte katholische Barockdichter wie Avancini und Bidermann traten als Autoren dieser Stücke an die Öffentlichkeit.
Die Fürsten
Im Heiligen Römischen Reich bildete der Augsburger Religionsfriede 1555 mit seiner Bestimmung, dass der Landesherr über die Konfession seiner Untertanen entschied (cuius regio, eius religio), die Grundlage, auf der gegenreformatorische Bestrebungen basierten. Ein erster Höhepunkt war der Truchsessische Krieg von 1583–88, durch den der Kölner Bischofssitz und das zugehörige Kurfürstentum sowie im Gefolge auch andere Fürstbistümer erneut katholisch wurden. Ein weiterer Konflikt, in dem konfessionelle Lagerbildung und gegenreformatorische Bestrebungen eine große Rolle spielten, war der Jülich-Klevische Erbfolgestreit, der 1609 beim Tode Johann-Wilhelms, des letzten Herzogs von Jülich-Kleve-Berg, ausbrach.
Direkter Machtbereich der Habsburger
In den habsburgischen Erblanden, die bis auf Tirol überwiegend protestantisch geworden waren, begann die Gegenreformation im großen Stil mit Kaiser Rudolf II. ab 1576 und wurde mit besonderer Schärfe gegen die Zivilbevölkerung durchgeführt. Die in der böhmischen Konföderation zusammengeschlossenen protestantischen Stände rebellierten dagegen. Diese Revolte ging als sogenannter Zweiter Prager Fenstersturz in die Geschichte ein, der 1618 den Anlass für den Dreißigjährigen Krieg bildete. Die böhmische Konföderation wurde 1620 in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag von Ferdinand II. geschlagen.
Der protestantische Adel sowie die protestantische Geistlichkeit Böhmens und Österreichs wurden des Landes verwiesen oder zum Konfessionswechsel gezwungen. Unter diesen „Exulanten“ fanden sich bedeutende deutsche Dichter wie Sigmund von Birken, Catharina Regina von Greiffenberg, Wolf Helmhardt von Hohberg und Johann Wilhelm von Stubenberg, die vor allem im Raum Regensburg-Nürnberg einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Barockliteratur ausübten.
Andere zogen nach Sachsen oder in die Mark Brandenburg. Salzburger zogen im 18. Jahrhundert vor allem nach West- und Ostpreußen. Andere wurden in das östliche, habsburgische Siebenbürgen deportiert (→ Landler und Transmigration). Schon als Thronfolger sprach sich Joseph II. 1777 vehement gegenüber seiner Mutter gegen eine Vertreibung von Protestanten aus Mähren aus. Sein Toleranzpatent von 1781 kann als Ende der Gegenreformation angesehen werden. Danach gab es noch einzelne Vertreibungen und Repressalien gegenüber Protestanten. Migrationen zu einer Toleranzgemeinde konnten aber nun innerhalb der Erblande erfolgen.
Internationale Politik
In Frankreich versuchten ab 1559 die bis dahin im Untergrund agierenden Hugenotten, eine Anerkennung ihres Glaubens zu erreichen. Dabei wurden sie auch durch die englische Königin Elisabeth I. und deren Agenten Nicholas Throckmorton – offiziell Botschafter am französischen Hof – und William Cecil gegen den katholischen Herzog François de Lorraine, duc de Guise unterstützt. Die englische Krone versuchte, auch unter Ausnutzung des Aufstandes der Zivilbevölkerung in den spanischen Niederlanden, die französischen Katholiken in die Defensive zu drängen und ihre 1559 verloren gegangenen Besitzungen in Frankreich wiederzuerobern. Besonders lag den Engländern dabei an Calais, wo ihnen die Kontrolle über den Ärmelkanal verloren gegangen war.
Die Verweigerung der Rechte der Hugenotten und ihre staatliche Verfolgung begannen mit der Bartholomäusnacht am 24. August 1572 und führten zu konfessionell ausgerichteten Bürgerkriegen zwischen Gruppen der Zivilbevölkerung, die 1598 mit dem Edikt von Nantes endeten. Am 23. Oktober 1685 wurde das Edikt von König Ludwig XIV. im Edikt von Fontainebleau widerrufen. Hierdurch veranlasst flohen viele Hugenotten aus Frankreich nach Erlangen oder auch nach Kurbrandenburg, das unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm den flüchtigen Hugenotten mit dem Edikt von Potsdam Asyl gewährte.
Hexenverfolgungen
Es lässt sich eine zeitliche Übereinstimmung zwischen gewaltsamer Rekatholisierung der Zivilbevölkerung und Massenprozessen gegen Hexen beobachten. „[…] und wenn die protestantischen Glaubensprediger den Hexenwahn in die Länder trugen, die sie der Reformation gewannen, dann taten die Katholiken das gleichermaßen mit den Gebieten, die sie Rom zurückeroberten.“ (Trevor Roper,[3]) genauso wie zuvor die Reformation mit Massenprozessen gegen Hexen einherging. „Wohin die Protestanten kamen, sie brachten den Hexenwahn mit sich.“ (Trevor-Roper[3]) Hexenverfolgungen wurden auch als Mittel der Konfessionskämpfe eingesetzt, so dass Hexereiprozesse als Instrument der Glaubenskämpfe angesehen werden.[4]
Johann Schweikhard von Kronberg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz (1604–1626); er führte die Gegenreformation und massive Hexenverfolgungen durch.
Johann Georg II. Fuchs von Dornheim war Fürstbischof von Bamberg (1623–1633) und Streiter für die Gegenreformation sowie unbarmherziger Hexenverfolger („Hexenbrenner“).
Julius Echter von Mespelbrunn, Bischof in Würzburg (1573–1617), war ein bedeutender Vertreter der Gegenreformation, was mit der Intensivierung der Hexenprozesse und der Vertreibung von Protestanten einherging.
Bischof Johann Christoph von Westerstetten (Fürstbischof von Eichstätt 1612–1637) berief 1614 die Jesuiten nach Eichstätt. 1617 führte er das Bistum der Katholischen Liga zu. In seiner Regierungszeit betrieb er die Gegenreformation. Die Hälfte der protestantisch gewordenen Gebiete seines Bistums gewann er wieder zum katholischen Glauben zurück. Er galt als einer der berüchtigten fränkischen Hexenbischöfe.
Balthasar von Dernbach (Fürstabt von Fulda 1570–1576 und 1602–1606) führte die Gegenreformation und Hexenverfolgungen durch.
Martin Brenner, Fürstbischof von Seckau, gilt als Träger der Gegenreformation in der Steiermark und Kärnten.
In der zeitgenössischen katholischen Literatur befürwortet der Münchener Autor Aegidius Albertinus noch 1602 die Hexenverfolgungen, doch der rheinische Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld setzt sich 1631 gegen sie ein.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Der Begriff Gegenreformation bezeichnet außerdem einen Prozess der römisch-katholischen Kirche, die im Zuge des Konzils von Trient seit etwa 1545 versuchte, den sich sowohl politisch als auch institutionell etablierenden Protestantismus, auch gewaltsam mit Hilfe des von ihr gestützten katholischen Habsburgischen Kaisers zurückzudrängen (vgl. aber auch die sog. Katholische Reform), nachdem die theologische Argumentation beendet war. Die Maßnahmen des Katholizismus erstreckten sich sowohl auf den kirchenpolitischen als auch auf den weltlichen politischen Bereich und umfassten Maßnahmen der Rekatholisierung protestantischer Territorien. Sie führten im Zusammenspiel mit einer Reihe weiterer Faktoren zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges.
Der Prozess der Gegenreformation reichte bis ins 18. Jahrhundert. Die Mittel der Gegenreformation waren Krieg gegen die protestantischen Staaten, Diplomatie, staatliche Repression und missionarische Rekatholisierung. Barocker Kirchenbau, Marienverehrung und barockes Theater spielen eine wichtige Rolle in der gegenreformatorischen Propaganda (von Lateinisch propaganda fidei: „Zur Verbreitung des Glaubens“). Die Gegenreformation kann zugleich als groß angelegter Versuch einer Sozialdisziplinierung im Sinne Gerhard Oestreichs aufgefasst werden.
Der Terminus der Gegenreformation als Bezeichnung einer von der katholischen Kirche ausgehenden Bewegung ist umstritten. Grund dafür ist die Vielzahl von Erneuerungsbewegungen innerhalb der katholischen Kirche als Antwort auf die Reformation, die durchaus auch eine innere Kirchenerneuerung anstrebten. Einige Lenker der kirchlichen Macht hätten ihrerseits die gewaltsamen und intoleranten Methoden der Reformatoren gegen Andersglaubende kopiert, was kirchlicherseits nicht nur auf Zustimmung gestoßen sei. Die katholischen weltlichen Machthaber hätten sich – defensiv – der Notwendigkeit gebeugt, die Freiheit der Katholiken vor den Ausschreitungen der weltlichen Macht der Protestanten zu schützen.
Begriffsgeschichte
Den Ausdruck Gegenreformation führte 1776 der Göttinger Jurist Johann Stephan Pütter in die Literatur ein. Darunter verstand er „die gewaltsame Rückführung von Protestanten zur katholischen Religionsausübung“. Die Verwendung des Begriffes Gegenreformation im Sinne eines Zeitalters prägte 1889 Moriz Ritter; er dehnte den Zeitraum der Gegenreformation bis zum Dreißigjährigen Krieg aus. Allerdings war es schon Leopold von Ranke, der 1843 vom „Zeitalter der Gegenreformation“ unter Berücksichtigung der tiefgreifenden katholischen Bewegung sprach. Ranke ist bereits die innerkirchliche Reformbewegung bewusst gewesen, die Wilhelm Maurenbrecher schließlich als „katholische Reformation“ bezeichnete. Durch die Kritik insbesondere von Hermann Baumgarten und in weitaus stärkerem Maße von Hubert Jedin wurde dieser Begriff durch den der Katholischen Reform ersetzt.
Der Begriff setzte sich nur langsam durch, weil hierbei konfessionelle Vorbehalte geltend gemacht wurden. Ein Teil der katholischen Historiker lehnte die beiden Ausdrücke entschieden ab, da sie ihnen Werturteile zugunsten des Protestantismus zu enthalten schienen, andere suchten einen Ausgleich, indem sie zwischen katholischer Selbstreform und politischer Gegenreformation unterschieden und als Epochenbezeichnung „Zeitalter der Glaubensspaltung“ (1517–1555) und „Zeitalter des konfessionellen Absolutismus“ (1555–1648) gebrauchten. In der modernen Geschichtswissenschaft wird dafür der von Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling eingeführte Begriff „Konfessionalisierung“ verwendet.
Entwicklung der Gegenreformation
Klerus
Sebastiano Ricci Papst Paul III. beseelt vom Glauben an das Konzil von Trient, Öl auf Leinwand, 1688
Vorreiter der Gegenreformation ist der im Jahre 1534 durch Ignatius von Loyola gegründete Jesuitenorden. Überhaupt hatten die Jesuiten, die von Papst Gregor XIII. entschieden gefördert wurden (siehe auch Reformpapsttum), bedeutsamen Anteil an der Gegenreformation in Europa.
Den Ausgangspunkt der Gegenreformation bildete das Konzil von Trient (von 1545 bis 1563 mit Unterbrechungen). Es betonte die dogmatischen und liturgischen Differenzen zum Protestantismus und nahm sich der gravierendsten Missstände in der damaligen katholischen Kirche an (Bestimmungen über die Priesterausbildung und Beseitigung von Pfründen- und Ablassmissbrauch).
Literatur und im Bildungswesen
Die Gegenreformation wurde in der zeitgenössischen Literatur vor allem durch scharf polemisierende jesuitische Autoren wie Jakob Gretser, Caspar Schoppe sowie Conrad Vetter vorangetrieben. Der Publizist und Übersetzer Aegidius Albertinus wurde 1593 durch Herzog Wilhelm den Frommen eigens für die Belange der Gegenreformation aus Spanien nach München gebracht.
Ein nicht zu unterschätzendes Medium der Gegenreformation bildete das Jesuitentheater, dessen zentrale Rolle im jesuitischen Schulprogramm erst in neuerer Zeit erforscht wurde. Abertausende von Theaterstücken,[2] von denen heute teilweise nur noch die „Periochen“ (Programmhefte) erhalten sind, wurden zur streng katholischen Indoktrinierung in sämtlichen jesuitischen Lehranstalten aufgeführt, und namhafte katholische Barockdichter wie Avancini und Bidermann traten als Autoren dieser Stücke an die Öffentlichkeit.
Die Fürsten
Im Heiligen Römischen Reich bildete der Augsburger Religionsfriede 1555 mit seiner Bestimmung, dass der Landesherr über die Konfession seiner Untertanen entschied (cuius regio, eius religio), die Grundlage, auf der gegenreformatorische Bestrebungen basierten. Ein erster Höhepunkt war der Truchsessische Krieg von 1583–88, durch den der Kölner Bischofssitz und das zugehörige Kurfürstentum sowie im Gefolge auch andere Fürstbistümer erneut katholisch wurden. Ein weiterer Konflikt, in dem konfessionelle Lagerbildung und gegenreformatorische Bestrebungen eine große Rolle spielten, war der Jülich-Klevische Erbfolgestreit, der 1609 beim Tode Johann-Wilhelms, des letzten Herzogs von Jülich-Kleve-Berg, ausbrach.
Direkter Machtbereich der Habsburger
In den habsburgischen Erblanden, die bis auf Tirol überwiegend protestantisch geworden waren, begann die Gegenreformation im großen Stil mit Kaiser Rudolf II. ab 1576 und wurde mit besonderer Schärfe gegen die Zivilbevölkerung durchgeführt. Die in der böhmischen Konföderation zusammengeschlossenen protestantischen Stände rebellierten dagegen. Diese Revolte ging als sogenannter Zweiter Prager Fenstersturz in die Geschichte ein, der 1618 den Anlass für den Dreißigjährigen Krieg bildete. Die böhmische Konföderation wurde 1620 in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag von Ferdinand II. geschlagen.
Der protestantische Adel sowie die protestantische Geistlichkeit Böhmens und Österreichs wurden des Landes verwiesen oder zum Konfessionswechsel gezwungen. Unter diesen „Exulanten“ fanden sich bedeutende deutsche Dichter wie Sigmund von Birken, Catharina Regina von Greiffenberg, Wolf Helmhardt von Hohberg und Johann Wilhelm von Stubenberg, die vor allem im Raum Regensburg-Nürnberg einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Barockliteratur ausübten.
Andere zogen nach Sachsen oder in die Mark Brandenburg. Salzburger zogen im 18. Jahrhundert vor allem nach West- und Ostpreußen. Andere wurden in das östliche, habsburgische Siebenbürgen deportiert (→ Landler und Transmigration). Schon als Thronfolger sprach sich Joseph II. 1777 vehement gegenüber seiner Mutter gegen eine Vertreibung von Protestanten aus Mähren aus. Sein Toleranzpatent von 1781 kann als Ende der Gegenreformation angesehen werden. Danach gab es noch einzelne Vertreibungen und Repressalien gegenüber Protestanten. Migrationen zu einer Toleranzgemeinde konnten aber nun innerhalb der Erblande erfolgen.
Internationale Politik
In Frankreich versuchten ab 1559 die bis dahin im Untergrund agierenden Hugenotten, eine Anerkennung ihres Glaubens zu erreichen. Dabei wurden sie auch durch die englische Königin Elisabeth I. und deren Agenten Nicholas Throckmorton – offiziell Botschafter am französischen Hof – und William Cecil gegen den katholischen Herzog François de Lorraine, duc de Guise unterstützt. Die englische Krone versuchte, auch unter Ausnutzung des Aufstandes der Zivilbevölkerung in den spanischen Niederlanden, die französischen Katholiken in die Defensive zu drängen und ihre 1559 verloren gegangenen Besitzungen in Frankreich wiederzuerobern. Besonders lag den Engländern dabei an Calais, wo ihnen die Kontrolle über den Ärmelkanal verloren gegangen war.
Die Verweigerung der Rechte der Hugenotten und ihre staatliche Verfolgung begannen mit der Bartholomäusnacht am 24. August 1572 und führten zu konfessionell ausgerichteten Bürgerkriegen zwischen Gruppen der Zivilbevölkerung, die 1598 mit dem Edikt von Nantes endeten. Am 23. Oktober 1685 wurde das Edikt von König Ludwig XIV. im Edikt von Fontainebleau widerrufen. Hierdurch veranlasst flohen viele Hugenotten aus Frankreich nach Erlangen oder auch nach Kurbrandenburg, das unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm den flüchtigen Hugenotten mit dem Edikt von Potsdam Asyl gewährte.
Hexenverfolgungen
Es lässt sich eine zeitliche Übereinstimmung zwischen gewaltsamer Rekatholisierung der Zivilbevölkerung und Massenprozessen gegen Hexen beobachten. „[…] und wenn die protestantischen Glaubensprediger den Hexenwahn in die Länder trugen, die sie der Reformation gewannen, dann taten die Katholiken das gleichermaßen mit den Gebieten, die sie Rom zurückeroberten.“ (Trevor Roper,[3]) genauso wie zuvor die Reformation mit Massenprozessen gegen Hexen einherging. „Wohin die Protestanten kamen, sie brachten den Hexenwahn mit sich.“ (Trevor-Roper[3]) Hexenverfolgungen wurden auch als Mittel der Konfessionskämpfe eingesetzt, so dass Hexereiprozesse als Instrument der Glaubenskämpfe angesehen werden.[4]
Johann Schweikhard von Kronberg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz (1604–1626); er führte die Gegenreformation und massive Hexenverfolgungen durch.
Johann Georg II. Fuchs von Dornheim war Fürstbischof von Bamberg (1623–1633) und Streiter für die Gegenreformation sowie unbarmherziger Hexenverfolger („Hexenbrenner“).
Julius Echter von Mespelbrunn, Bischof in Würzburg (1573–1617), war ein bedeutender Vertreter der Gegenreformation, was mit der Intensivierung der Hexenprozesse und der Vertreibung von Protestanten einherging.
Bischof Johann Christoph von Westerstetten (Fürstbischof von Eichstätt 1612–1637) berief 1614 die Jesuiten nach Eichstätt. 1617 führte er das Bistum der Katholischen Liga zu. In seiner Regierungszeit betrieb er die Gegenreformation. Die Hälfte der protestantisch gewordenen Gebiete seines Bistums gewann er wieder zum katholischen Glauben zurück. Er galt als einer der berüchtigten fränkischen Hexenbischöfe.
Balthasar von Dernbach (Fürstabt von Fulda 1570–1576 und 1602–1606) führte die Gegenreformation und Hexenverfolgungen durch.
Martin Brenner, Fürstbischof von Seckau, gilt als Träger der Gegenreformation in der Steiermark und Kärnten.
In der zeitgenössischen katholischen Literatur befürwortet der Münchener Autor Aegidius Albertinus noch 1602 die Hexenverfolgungen, doch der rheinische Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld setzt sich 1631 gegen sie ein.
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