Die Bernsteinstraße
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Die Bernsteinstraße
Als Bernsteinstraße werden verschiedene Handelswege des Altertums (Altstraßen) bezeichnet, auf denen (u. a.) Bernstein von der Nord- und Ostsee nach Süden in den Mittelmeerraum gelangte. Genau genommen handelt es sich also nicht um eine Bernsteinstraße, sondern um mehrere, unabhängig voneinander entstandene Handelswege, die im Laufe des Altertums für den Transport von Bernstein und anderer Handelsgüter genutzt wurden.
Verlauf der als "Bernsteinstraße" bezeichneten Haupthandelswege
Lagerstätten und Hortfunde
Baltischer Bernstein entstand in einem ausgedehnten Waldgebiet, das im Eozän große Teile des heutigen Skandinaviens, des Baltikums und Russlands bedeckte. Vom Ort seiner Entstehung wurde er durch überwiegend fluviatile Einflüsse in ein damals ungefähr südlich dieses Waldgebietes gelegenes Meeresgebiet geschwemmt. Die hieraus entstandene Bernsteinlagerstätte, bestehend aus marinen Sanden, vermischt mit Glaukonit, ist die so genannte „Blaue Erde“, die im Samland zu Tage tritt (und vor dem Einsetzen der quartären Eiszeit möglicherweise auch an anderen Orten existierte[1]). Diese Bernsteinlagerstätte war schon lange vor der Antike bekannt. Unzweifelhaft ist, dass Bewohner der Küstenregion (z. B. Menschen der neolithischen Haffküsten-Kultur (Rzucewo-Kultur), die im Weichseldelta siedelten) aus dem an den Küsten des Samlandes angespülten Bernstein Schmuck- und Kultgegenstände gefertigt und bereits einen regen Handel mit Bernstein betrieben haben.[2]
Im Zuge des Weichselglazials, das vor rund 12.000 Jahren zu Ende ging, wurden Schollen dieser Blauen Erde von zum Teil beachtlicher Größe losgerissen und mit dem Eis in das Binnenland verfrachtet. Aus diesem Grunde kann Bernstein bis zur Vereisungsgrenze des Weichselglazials und in den Ablagerungen der Schmelzwasserströme, die durch das Abtauen der Eismassen entstanden, vorkommen. Wo die Schollen der Blauen Erde einigermaßen zusammenhängend abgelagert wurden, können Bernsteinfunde im Binnenland lokal auch gehäuft auftreten, wenn auch der Umfang solcher Vorkommen mit dem der Blauen Erde im Samland nicht annähernd vergleichbar ist. Einige solche Fundgebiete sind weiter unten beschrieben.
Der gezielte Abbau solcher Vorkommen hat in geschichtlicher Zeit immer wieder stattgefunden, jedoch selten systematisch über einen längeren Zeitraum, da die Vorkommen selbst unter optimalen Bedingungen recht begrenzt sind und die in früherer Zeit zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten Grabungen in größerem Stil nicht zuließen. Ob, wann und gegebenenfalls in welchem Umfang diese binnenländischen Bernsteinvorkommen in frühgeschichtlicher Zeit genutzt wurden, ist daher umstritten. Eher ist anzunehmen, dass sich die Gewinnung von binnenländischem Bernstein zumeist auf das Auflesen oberflächlich zu Tage tretenden Bernsteins beschränkte. Gleichwohl schließen einige Archäologen einen systematischen Abbau durch Grabungen auch für die Zeit des Mittelalters und der Antike in Gestalt des so genannten Duckelbergbaus nicht völlig aus.
Vor diesem Hintergrund sind einige der zumeist durch Hortfunde nachgewiesenen Handelsplätze für Bernstein im Binnenland möglicherweise nicht nur den Verlauf der Handelswege markierende Umschlagplätze von Händlern gewesen, sondern auch Orte, an denen das Rohmaterial gefördert wurde.[3][4][5][6]
Beispiele für gehäuftes Bernsteinvorkommen im Binnenland:
In vielen märkischen Gebieten – z. B. in Talsandflächen des Thorn-Eberswalder-Urstromtales – wurden im Zuge von Regulierungs- und Dammbauarbeiten Bernstein-Lagerstätten entdeckt. Archäologen vermuten in dieser Region des heutigen Polen ein Handelszentrum.
Nicht weit entfernt, im westlichen Thorn-Eberswalder-Urstromtal, fand man beim Bau des Finowkanals reiche Bernsteinlager; außerdem 1800 beim Mergelabbau eine Scholle Glaukonit-Sand mit Bernstein.
In der Region Kurpie (in Nordostpolen), insbesondere im Einzugsgebiet des Flusses Narew, etwas östlich der östliche römischen Route der „Bernsteinstraße“. Bereits mit Beginn der Besiedlung dieser Region, Ende des 15., anfangs des 16. Jahrhunderts, wurden lokale Anhäufungen von Bernstein entdeckt, der anfangs mit einfachen Mitteln gefördert und mit dem wahrscheinlich auch Handel getrieben wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts arbeiteten in zahlreichen kleinen Tagebaugruben, die sich in Staatsbesitz befanden und verpachtet wurden, bis zu 2.000 Menschen. In der Umgebung von Ostrołęka wurden auf einer Fläche von etwa 1000 km² in zahlreichen Gruben im Jahre 1835 etwa zwei Tonnen Bernstein gefördert. Mit dem Aufkommen der industriellen Bernsteinförderung im Samland kamen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die zuvor schon nachlassenden Aktivitäten in diesem Gebiet weitgehend zum Erliegen, wenngleich hier auch heute noch von Privatpersonen Bernstein ergraben wird.[7]
Eine der in diesem Sachzusammenhang bedeutendsten archäologischen Entdeckungen ist der so genannte Bernsteinschatz von Wroclaw-Patrynice mit einem Gesamtgewicht von 2.750 kg, darunter rund 1.500 kg Rohbernstein. Dass es sich hierbei um Handelsware gehandelt hatte, war u.a. daran erkennbar, dass die Stücke der Größe nach sortiert waren. Die Fundstücke stammen vermutlich aus dem 1. oder 2. Jahrhundert v. Chr. und werden mit keltischen Stämmen in Verbindung gebracht.[8][9] Hortfunde sind indes auch aus anderen geschichtlichen Perioden bekannt. So wird beispielsweise ein aus rund 300 kg Rohbernstein und 30 kg verarbeiteten Stücken (in der Hauptsache gedrechselte Bernsteinperlen) bestehender Fund bei Basonia (Woiwodschaft Lublin, Südpolen) auf das fünfte nachchristliche Jahrhundert datiert.[10] Dieser Fundort deutlich östlich der sogenannten Ostroute der Bernsteinstraße zeigt aber auch, wie verästelt die Handelswege für Bernstein in früher geschichtlicher Zeit offensichtlich gewesen sind.
Die römischen Routen
Am besten erforscht sind die zur Zeit des Römischen Reiches von der Ostsee und der westlichen Nordsee zur nördlichen Adria und nach Rom verlaufenden Handelswege, die zumeist auch gemeint sind, wenn allgemein von „der Bernsteinstraße“ die Rede ist.
Geschichte
Es gab außerhalb des Römischen Reichs einige wenige Handelswege, über die seit der Vorzeit Bernstein in die Alpenregion und nach Italien gelangte. Durch die Ausweitung des Imperium Romanum bis an die Donau wurde wahrscheinlich bereits unter Augustus und Tiberius zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine derartige Handelsroute als Staatsstraße (Römerstraße) auf dem Gebiet des Römischen Reichs ausgebaut.
Die wintersichere Verbindung zwischen Carnuntum an der Donau und Aquileia in Italien wird römische Bernsteinstraße genannt und ist dem römischen Straßennetz zugehörig. Der Verlauf dieser römischen Bernsteinstraße ist in der Tabula Peutingeriana verzeichnet. Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) berichtet, dass auf dieser Straße Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia transportiert worden sei. Ihm verdankt sie ihren Namen.
Verlauf der östlichen römischen Route
Die Bernsteinstraße (Ostroute)
Zur Römerzeit existierten außerhalb des Römischen Reiches praktisch keine Straßen. Wenn also hier von der „Bernsteinstraße“ die Rede ist, so hat man sich eine Verbindung zwischen der Adria und der Nord- oder Ostsee vorzustellen, die im Wesentlichen aus einer Abfolge von Wegstrecken zwischen benachbarten Siedlungen bestand. Solche Wege folgten vermutlich ganz überwiegend Fließgewässern, die streckenweise auch befahren wurden. Reisende mussten sich das Wissen der ortsansässigen Bevölkerung über Furten und Pässe zunutze machen.[11] Im Prinzip trifft dies auch auf die anderen, weiter unten erwähnten Landwege der Griechen und Etrusker zu.
Der bereits in vorrömischer Zeit bedeutsame Handelsweg verlief von der Danziger Bucht sehr wahrscheinlich entlang der Weichsel und ihrer Nebenflüsse durch die Mährische Pforte, folgte in Niederösterreich der March und überquerte bei Carnuntum rund 50 km östlich von Wien die Donau. Plinius d. Ä. berichtet in seiner Historia naturalis, „[…]dass die Küste Germaniens von wo [der Bernstein] eingeführt wurde, etwa 600.000 Schritt [rund 900 km] von Carnuntum in Pannonien entfernt sei[…]“.[12] Die Küste des Samlandes liegt ziemlich in dieser Entfernung von Carnuntum. Daraus wird gefolgert, dass der Bernstein von dort stammt, die hier beschriebene Bernsteinstraße also in dieses Gebiet geführt haben muss. Unter Umgehung der Alpenpässe verlief die Straße von Carnuntum, Scarabantia (Sopron/Ödenburg), Colonia Claudia Savaria (Szombathely/Steinamanger) und Poetovio (Ptuj/Pettau) über Emona (Laibach, Ljubljana) nach Aquileia. Zwischen Sopron und Szombathely führte die Bernsteinstraße durch das Mittelburgenland (Bezirk Oberpullendorf), ein für Rom bedeutsames keltisches Eisenerzgebiet. Hier steht ein erhaltener Abschnitt der Straße unter Denkmalschutz. Der Ortsname Bernstein erinnert noch heute an den Verlauf der Bernsteinstraße in diesem Teil Österreichs.
Im 3./4. Jahrhundert n. Chr. verliert sie ihre Bedeutung als Verbindung zwischen Italien und Carnuntum. Soweit die römische Bernsteinstraße nicht durch Überbauung mit modernen Straßen verschwunden ist, ist sie noch auf Luftbildern durch Bewuchsmerkmale im Getreide oder als leichter Schotterwall in frisch gepflügten Äckern erkennbar.
Gleichwohl belegt ein von Cassiodor nacherzählter Brief des ostgotischen Königs Theoderich aus der Zeit zwischen 523 und 526, der neben bedeutenden politischen Inhalten auch Hinweise auf Bernsteinhandel enthält, Bemühungen der Balten und Goten, den während der Völkerwanderung zum Erliegen gekommene Bernsteinhandel wieder zu beleben und auszubauen[10]
Weiter geht es in Teil 2
Verlauf der als "Bernsteinstraße" bezeichneten Haupthandelswege
Lagerstätten und Hortfunde
Baltischer Bernstein entstand in einem ausgedehnten Waldgebiet, das im Eozän große Teile des heutigen Skandinaviens, des Baltikums und Russlands bedeckte. Vom Ort seiner Entstehung wurde er durch überwiegend fluviatile Einflüsse in ein damals ungefähr südlich dieses Waldgebietes gelegenes Meeresgebiet geschwemmt. Die hieraus entstandene Bernsteinlagerstätte, bestehend aus marinen Sanden, vermischt mit Glaukonit, ist die so genannte „Blaue Erde“, die im Samland zu Tage tritt (und vor dem Einsetzen der quartären Eiszeit möglicherweise auch an anderen Orten existierte[1]). Diese Bernsteinlagerstätte war schon lange vor der Antike bekannt. Unzweifelhaft ist, dass Bewohner der Küstenregion (z. B. Menschen der neolithischen Haffküsten-Kultur (Rzucewo-Kultur), die im Weichseldelta siedelten) aus dem an den Küsten des Samlandes angespülten Bernstein Schmuck- und Kultgegenstände gefertigt und bereits einen regen Handel mit Bernstein betrieben haben.[2]
Im Zuge des Weichselglazials, das vor rund 12.000 Jahren zu Ende ging, wurden Schollen dieser Blauen Erde von zum Teil beachtlicher Größe losgerissen und mit dem Eis in das Binnenland verfrachtet. Aus diesem Grunde kann Bernstein bis zur Vereisungsgrenze des Weichselglazials und in den Ablagerungen der Schmelzwasserströme, die durch das Abtauen der Eismassen entstanden, vorkommen. Wo die Schollen der Blauen Erde einigermaßen zusammenhängend abgelagert wurden, können Bernsteinfunde im Binnenland lokal auch gehäuft auftreten, wenn auch der Umfang solcher Vorkommen mit dem der Blauen Erde im Samland nicht annähernd vergleichbar ist. Einige solche Fundgebiete sind weiter unten beschrieben.
Der gezielte Abbau solcher Vorkommen hat in geschichtlicher Zeit immer wieder stattgefunden, jedoch selten systematisch über einen längeren Zeitraum, da die Vorkommen selbst unter optimalen Bedingungen recht begrenzt sind und die in früherer Zeit zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten Grabungen in größerem Stil nicht zuließen. Ob, wann und gegebenenfalls in welchem Umfang diese binnenländischen Bernsteinvorkommen in frühgeschichtlicher Zeit genutzt wurden, ist daher umstritten. Eher ist anzunehmen, dass sich die Gewinnung von binnenländischem Bernstein zumeist auf das Auflesen oberflächlich zu Tage tretenden Bernsteins beschränkte. Gleichwohl schließen einige Archäologen einen systematischen Abbau durch Grabungen auch für die Zeit des Mittelalters und der Antike in Gestalt des so genannten Duckelbergbaus nicht völlig aus.
Vor diesem Hintergrund sind einige der zumeist durch Hortfunde nachgewiesenen Handelsplätze für Bernstein im Binnenland möglicherweise nicht nur den Verlauf der Handelswege markierende Umschlagplätze von Händlern gewesen, sondern auch Orte, an denen das Rohmaterial gefördert wurde.[3][4][5][6]
Beispiele für gehäuftes Bernsteinvorkommen im Binnenland:
In vielen märkischen Gebieten – z. B. in Talsandflächen des Thorn-Eberswalder-Urstromtales – wurden im Zuge von Regulierungs- und Dammbauarbeiten Bernstein-Lagerstätten entdeckt. Archäologen vermuten in dieser Region des heutigen Polen ein Handelszentrum.
Nicht weit entfernt, im westlichen Thorn-Eberswalder-Urstromtal, fand man beim Bau des Finowkanals reiche Bernsteinlager; außerdem 1800 beim Mergelabbau eine Scholle Glaukonit-Sand mit Bernstein.
In der Region Kurpie (in Nordostpolen), insbesondere im Einzugsgebiet des Flusses Narew, etwas östlich der östliche römischen Route der „Bernsteinstraße“. Bereits mit Beginn der Besiedlung dieser Region, Ende des 15., anfangs des 16. Jahrhunderts, wurden lokale Anhäufungen von Bernstein entdeckt, der anfangs mit einfachen Mitteln gefördert und mit dem wahrscheinlich auch Handel getrieben wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts arbeiteten in zahlreichen kleinen Tagebaugruben, die sich in Staatsbesitz befanden und verpachtet wurden, bis zu 2.000 Menschen. In der Umgebung von Ostrołęka wurden auf einer Fläche von etwa 1000 km² in zahlreichen Gruben im Jahre 1835 etwa zwei Tonnen Bernstein gefördert. Mit dem Aufkommen der industriellen Bernsteinförderung im Samland kamen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die zuvor schon nachlassenden Aktivitäten in diesem Gebiet weitgehend zum Erliegen, wenngleich hier auch heute noch von Privatpersonen Bernstein ergraben wird.[7]
Eine der in diesem Sachzusammenhang bedeutendsten archäologischen Entdeckungen ist der so genannte Bernsteinschatz von Wroclaw-Patrynice mit einem Gesamtgewicht von 2.750 kg, darunter rund 1.500 kg Rohbernstein. Dass es sich hierbei um Handelsware gehandelt hatte, war u.a. daran erkennbar, dass die Stücke der Größe nach sortiert waren. Die Fundstücke stammen vermutlich aus dem 1. oder 2. Jahrhundert v. Chr. und werden mit keltischen Stämmen in Verbindung gebracht.[8][9] Hortfunde sind indes auch aus anderen geschichtlichen Perioden bekannt. So wird beispielsweise ein aus rund 300 kg Rohbernstein und 30 kg verarbeiteten Stücken (in der Hauptsache gedrechselte Bernsteinperlen) bestehender Fund bei Basonia (Woiwodschaft Lublin, Südpolen) auf das fünfte nachchristliche Jahrhundert datiert.[10] Dieser Fundort deutlich östlich der sogenannten Ostroute der Bernsteinstraße zeigt aber auch, wie verästelt die Handelswege für Bernstein in früher geschichtlicher Zeit offensichtlich gewesen sind.
Die römischen Routen
Am besten erforscht sind die zur Zeit des Römischen Reiches von der Ostsee und der westlichen Nordsee zur nördlichen Adria und nach Rom verlaufenden Handelswege, die zumeist auch gemeint sind, wenn allgemein von „der Bernsteinstraße“ die Rede ist.
Geschichte
Es gab außerhalb des Römischen Reichs einige wenige Handelswege, über die seit der Vorzeit Bernstein in die Alpenregion und nach Italien gelangte. Durch die Ausweitung des Imperium Romanum bis an die Donau wurde wahrscheinlich bereits unter Augustus und Tiberius zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine derartige Handelsroute als Staatsstraße (Römerstraße) auf dem Gebiet des Römischen Reichs ausgebaut.
Die wintersichere Verbindung zwischen Carnuntum an der Donau und Aquileia in Italien wird römische Bernsteinstraße genannt und ist dem römischen Straßennetz zugehörig. Der Verlauf dieser römischen Bernsteinstraße ist in der Tabula Peutingeriana verzeichnet. Plinius der Ältere (23–79 n. Chr.) berichtet, dass auf dieser Straße Bernstein von der Ostseeküste nach Aquileia transportiert worden sei. Ihm verdankt sie ihren Namen.
Verlauf der östlichen römischen Route
Die Bernsteinstraße (Ostroute)
Zur Römerzeit existierten außerhalb des Römischen Reiches praktisch keine Straßen. Wenn also hier von der „Bernsteinstraße“ die Rede ist, so hat man sich eine Verbindung zwischen der Adria und der Nord- oder Ostsee vorzustellen, die im Wesentlichen aus einer Abfolge von Wegstrecken zwischen benachbarten Siedlungen bestand. Solche Wege folgten vermutlich ganz überwiegend Fließgewässern, die streckenweise auch befahren wurden. Reisende mussten sich das Wissen der ortsansässigen Bevölkerung über Furten und Pässe zunutze machen.[11] Im Prinzip trifft dies auch auf die anderen, weiter unten erwähnten Landwege der Griechen und Etrusker zu.
Der bereits in vorrömischer Zeit bedeutsame Handelsweg verlief von der Danziger Bucht sehr wahrscheinlich entlang der Weichsel und ihrer Nebenflüsse durch die Mährische Pforte, folgte in Niederösterreich der March und überquerte bei Carnuntum rund 50 km östlich von Wien die Donau. Plinius d. Ä. berichtet in seiner Historia naturalis, „[…]dass die Küste Germaniens von wo [der Bernstein] eingeführt wurde, etwa 600.000 Schritt [rund 900 km] von Carnuntum in Pannonien entfernt sei[…]“.[12] Die Küste des Samlandes liegt ziemlich in dieser Entfernung von Carnuntum. Daraus wird gefolgert, dass der Bernstein von dort stammt, die hier beschriebene Bernsteinstraße also in dieses Gebiet geführt haben muss. Unter Umgehung der Alpenpässe verlief die Straße von Carnuntum, Scarabantia (Sopron/Ödenburg), Colonia Claudia Savaria (Szombathely/Steinamanger) und Poetovio (Ptuj/Pettau) über Emona (Laibach, Ljubljana) nach Aquileia. Zwischen Sopron und Szombathely führte die Bernsteinstraße durch das Mittelburgenland (Bezirk Oberpullendorf), ein für Rom bedeutsames keltisches Eisenerzgebiet. Hier steht ein erhaltener Abschnitt der Straße unter Denkmalschutz. Der Ortsname Bernstein erinnert noch heute an den Verlauf der Bernsteinstraße in diesem Teil Österreichs.
Im 3./4. Jahrhundert n. Chr. verliert sie ihre Bedeutung als Verbindung zwischen Italien und Carnuntum. Soweit die römische Bernsteinstraße nicht durch Überbauung mit modernen Straßen verschwunden ist, ist sie noch auf Luftbildern durch Bewuchsmerkmale im Getreide oder als leichter Schotterwall in frisch gepflügten Äckern erkennbar.
Gleichwohl belegt ein von Cassiodor nacherzählter Brief des ostgotischen Königs Theoderich aus der Zeit zwischen 523 und 526, der neben bedeutenden politischen Inhalten auch Hinweise auf Bernsteinhandel enthält, Bemühungen der Balten und Goten, den während der Völkerwanderung zum Erliegen gekommene Bernsteinhandel wieder zu beleben und auszubauen[10]
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Teil 2
Weitere Handelsrouten
Die Bernsteinhändler der Antike wählten mit ihrer kostbaren Fracht die vermeintlich sicherste Route. Dieser Weg änderte sich aufgrund von Überfällen und in den unruhigen Zeiten der Völkerwanderung mehrmals. Bei gleichwertigen Alternativen wählte man Flussläufe, an denen im Laufe der Zeit eine steigende Zahl Karawansereien Übernachtungsmöglichkeiten bot.
Man unterscheidet heute auf der Grundlage zeitgenössischer Berichte und archäologischer Befunde fünf Routen. Die vier Landrouten mit ihren Varianten orientieren sich weitgehend an großen Flussläufen:[13]
Die Nordseeroute (Mittelmeer, Straße von Gibraltar, Atlantik, Ärmelkanal, Nordsee). Es wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass die Phönizier Bernstein auf diesem Wege von der Cimbrischen Halbinsel in den Nahen Osten brachten. Über die Existenz dieses Handelsweges wird allerdings kontrovers diskutiert; so ist auch die Auffassung verbreitet, die Phönizier haben ihren Bernstein über Mittler - wahrscheinlich Ligurern - erhalten, die im ersten vorchristlichen Jahrtausend einige Jahrhunderte u.a. den Küstenabschnitt an der Rohnemündung und damit am südlichen Endpunkt der unten als westdeutsche Landroute beschriebenen Bernsteinstraße besiedelten.[14]
Die Route der Griechen (vom Weichseldelta entlang der Weichsel zur Mündung des Dnjestr in das Schwarze Meer und von dort auf dem Seewege bis nach Athen und Mykene). Funde Baltischen Bernsteins im Kaukasus (Ossetien) deuten darauf hin, dass der Handel mit Bernstein und mithin auch die Handelswege, auf denen der Bernstein transportiert wurde, noch deutlich weiter reichten und sich bis weit in das zweite vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgen lassen.[15]
Die (weiter oben bereits näher beschriebene) östliche römische Landroute (vom Weichseldelta nach Aquileia an der Nordküste der Adria; Römerroute).
Die mitteldeutsche Landroute (von der Nordseeküste der Cimbrischen Halbinsel entlang der Elbe und alternativ wahrscheinlich der Oder über die Alpen bis nach Rom; Römerroute). Der Verlauf dieser Route zwischen Elbmündung und Adria ist als Handelsweg bereits für die Zeit von etwa 2500 v. Chr. nachgewiesen[16]
Die westdeutsche Landroute (von der Nordseeküste der Cimbrischen Halbinsel über Rhein und Rhone durch die „Burgundische Pforte“ nach Massilia, heute Marseille, und in die Toskana, dem Kerngebiet der Etrusker; etruskische Route), die seit mindestens 600 v. Chr. genutzt worden ist. Die griechische Gründung Massilia ist vermutlich mit der Absicht verbunden gewesen, diesen Handelsweg zum Norden zu erschließen, um Zugang zu Bernstein und Zinn zu erhalten.[16]
Die beiden letztgenannten Routen liefen in Treva (heute Hamburg) zusammen und führten von dort sehr wahrscheinlich an die Nordseeküste von Eiderstedt.[17] In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass vor mehr als 2000 Jahren im antiken Griechenland die Nord- und Ostfriesischen Inseln aufgrund der von dort bekannten Bernsteinfunde als „Elektriden“ (von „elektron“ = griechisches Wort für Bernstein) bezeichnet wurden, wodurch die mutmaßliche Bedeutung dieser Handelsroute unterstrichen wird.
Einige Routen mit möglicherweise abweichendem Verlauf oder anderen Verästelungen haben vermutlich schon in der Bronzezeit bestanden. Handelsbeziehungen zwischen bronzezeitlichen Volksstämmen nördlich der Alpen und dem mykenischen Griechenland, bei denen auch Bernstein eine Rolle gespielt hat, sind beispielsweise durch archäologische Befunde einer Grabung bei Bernstorf (nördlich von München) belegt. Allerdings wird über den Verlauf dieser Strecken in der Bronzezeit und der Frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) sowie über die Bedeutung der Handelsware Bernstein auf diesen Handelsstraßen in vorrömischer Zeit kontrovers diskutiert.[18]
Das westlichste Bernsteinvorkommen wurde bei Cromer in der Grafschaft Norfolk an der englischen Ostküste entdeckt. Als Zeitraum für einen Tauschhandel wird 1600–600 vor Christus angegeben.[19]
Legt man die durch archäologische Befunde teils detailliert nachvollziehbaren, teils hypothetisch skizzierten Handelswege von der Eisenzeit bis zum frühen Mittelalter übereinander, so ergibt sich ein dichtes und sehr verzweigtes "Straßennetz", das hauptsächlich aber keineswegs ausschließlich in Nord-Süd-Richtung verläuft und deutliche Schwerpunkte entlang der großen in die Nord- und Ostsee mündenden Ströme und dem Donaulauf bildet[20]. Neue archäologische Funde und neue Interpretationen älterer Funde führen immer wieder zu Modifizierungen der Befunde über Alter, Dauer und genauen Verlauf der verschiedenen Routen.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Die Bernsteinhändler der Antike wählten mit ihrer kostbaren Fracht die vermeintlich sicherste Route. Dieser Weg änderte sich aufgrund von Überfällen und in den unruhigen Zeiten der Völkerwanderung mehrmals. Bei gleichwertigen Alternativen wählte man Flussläufe, an denen im Laufe der Zeit eine steigende Zahl Karawansereien Übernachtungsmöglichkeiten bot.
Man unterscheidet heute auf der Grundlage zeitgenössischer Berichte und archäologischer Befunde fünf Routen. Die vier Landrouten mit ihren Varianten orientieren sich weitgehend an großen Flussläufen:[13]
Die Nordseeroute (Mittelmeer, Straße von Gibraltar, Atlantik, Ärmelkanal, Nordsee). Es wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass die Phönizier Bernstein auf diesem Wege von der Cimbrischen Halbinsel in den Nahen Osten brachten. Über die Existenz dieses Handelsweges wird allerdings kontrovers diskutiert; so ist auch die Auffassung verbreitet, die Phönizier haben ihren Bernstein über Mittler - wahrscheinlich Ligurern - erhalten, die im ersten vorchristlichen Jahrtausend einige Jahrhunderte u.a. den Küstenabschnitt an der Rohnemündung und damit am südlichen Endpunkt der unten als westdeutsche Landroute beschriebenen Bernsteinstraße besiedelten.[14]
Die Route der Griechen (vom Weichseldelta entlang der Weichsel zur Mündung des Dnjestr in das Schwarze Meer und von dort auf dem Seewege bis nach Athen und Mykene). Funde Baltischen Bernsteins im Kaukasus (Ossetien) deuten darauf hin, dass der Handel mit Bernstein und mithin auch die Handelswege, auf denen der Bernstein transportiert wurde, noch deutlich weiter reichten und sich bis weit in das zweite vorchristliche Jahrtausend zurückverfolgen lassen.[15]
Die (weiter oben bereits näher beschriebene) östliche römische Landroute (vom Weichseldelta nach Aquileia an der Nordküste der Adria; Römerroute).
Die mitteldeutsche Landroute (von der Nordseeküste der Cimbrischen Halbinsel entlang der Elbe und alternativ wahrscheinlich der Oder über die Alpen bis nach Rom; Römerroute). Der Verlauf dieser Route zwischen Elbmündung und Adria ist als Handelsweg bereits für die Zeit von etwa 2500 v. Chr. nachgewiesen[16]
Die westdeutsche Landroute (von der Nordseeküste der Cimbrischen Halbinsel über Rhein und Rhone durch die „Burgundische Pforte“ nach Massilia, heute Marseille, und in die Toskana, dem Kerngebiet der Etrusker; etruskische Route), die seit mindestens 600 v. Chr. genutzt worden ist. Die griechische Gründung Massilia ist vermutlich mit der Absicht verbunden gewesen, diesen Handelsweg zum Norden zu erschließen, um Zugang zu Bernstein und Zinn zu erhalten.[16]
Die beiden letztgenannten Routen liefen in Treva (heute Hamburg) zusammen und führten von dort sehr wahrscheinlich an die Nordseeküste von Eiderstedt.[17] In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass vor mehr als 2000 Jahren im antiken Griechenland die Nord- und Ostfriesischen Inseln aufgrund der von dort bekannten Bernsteinfunde als „Elektriden“ (von „elektron“ = griechisches Wort für Bernstein) bezeichnet wurden, wodurch die mutmaßliche Bedeutung dieser Handelsroute unterstrichen wird.
Einige Routen mit möglicherweise abweichendem Verlauf oder anderen Verästelungen haben vermutlich schon in der Bronzezeit bestanden. Handelsbeziehungen zwischen bronzezeitlichen Volksstämmen nördlich der Alpen und dem mykenischen Griechenland, bei denen auch Bernstein eine Rolle gespielt hat, sind beispielsweise durch archäologische Befunde einer Grabung bei Bernstorf (nördlich von München) belegt. Allerdings wird über den Verlauf dieser Strecken in der Bronzezeit und der Frühen Eisenzeit (Hallstattzeit) sowie über die Bedeutung der Handelsware Bernstein auf diesen Handelsstraßen in vorrömischer Zeit kontrovers diskutiert.[18]
Das westlichste Bernsteinvorkommen wurde bei Cromer in der Grafschaft Norfolk an der englischen Ostküste entdeckt. Als Zeitraum für einen Tauschhandel wird 1600–600 vor Christus angegeben.[19]
Legt man die durch archäologische Befunde teils detailliert nachvollziehbaren, teils hypothetisch skizzierten Handelswege von der Eisenzeit bis zum frühen Mittelalter übereinander, so ergibt sich ein dichtes und sehr verzweigtes "Straßennetz", das hauptsächlich aber keineswegs ausschließlich in Nord-Süd-Richtung verläuft und deutliche Schwerpunkte entlang der großen in die Nord- und Ostsee mündenden Ströme und dem Donaulauf bildet[20]. Neue archäologische Funde und neue Interpretationen älterer Funde führen immer wieder zu Modifizierungen der Befunde über Alter, Dauer und genauen Verlauf der verschiedenen Routen.
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