Ernst Poensgen
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Ernst Poensgen
Carl Albert Ernst Poensgen (* 19. September 1871 in Düsseldorf; † 22. Juli 1949 in Bern) war ein deutscher Unternehmer und Mäzen der Stadt Düsseldorf und stammte von der weitverzweigten Eifeler Reidemeisterfamilie Poensgen ab.
Ausbildung
Ernst Poensgen studierte von 1890 bis 1892 Mathematik und Chemie an der Universität Straßburg, wo er Mitglied des Corps Rhenania wurde. Seinen Militärdienst absolvierte er als Einjährig-Freiwilliger im königlich preußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 15 und studierte anschließend von 1892 bis 1895 Bergbau- und Hüttenwesen an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg und der Bergakademie Berlin. 1895 trat er ein einjähriges Praktikum in der Friedenshütte in Oberschlesien an.
von 1896 bis 1929
1896 wurde Poensgen Betriebsingenieur, dann Prokurist und 1901 Betriebsdirektor des Familienunternehmens Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG, deren Anlagen er nach mehreren Studienaufenthalten in den Vereinigten Staaten grundlegend verbesserte.
1904 wurde in Düsseldorf die Stahlwerksverband AG (auch "Stahlwerkverband") gegründet. Sie beherrschte zusammen mit dem oberschlesischen Stahlwerksverband die gesamte deutsche und luxemburgische Stahlindustrie. Poensgen war an der Gründung beteiligt und begann damit seine lebenslange Verbandstätigkeit. 1905 verlegte der Stahlwerksverband seinen Sitz nach Düsseldorf und gab den Auftrag zum Bau seiner Zentrale im Düsseldorfer Stahlhof.
Poensgen wurde ebenfalls 1905 Vorstandsmitglied der Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG, 1911 nach der Verschmelzung mit der „Phönix“ AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, an der die Familie Anteile hatte, deren Vorstandsmitglied.
Von 1914 bis zur Auflösung 1933 war er Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Nordwest des Vereins der Deutschen Eisen- und Stahlindustrieller.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Ernst Poensgen freiwillig zum Militär. Er wurde im Winter 1914/1915 als Batteriechef in Galizien eingesetzt, ab Frühjahr 1915 war er in der Militärverwaltung des besetzten Belgiens mit der Kontrolle der dortigen Stahlindustrie beauftragt. 1916 wurde er vom Dienst freigestellt und arbeitete als technischer Leiter des Phönix-Konzerns in (Dortmund-)Hörde. Er trat auch dem "Deutschen Stahlbund" bei, einer während des Ersten Weltkriegs bestehenden Organisation zur Sicherstellung der militärischen Eisen- und Stahl-Bedürfnisse. Für seine Verdienste um die Kriegswirtschaft wurde ihm das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse verliehen.
Ernst Poensgen trat 1919 in die von Gustav Stresemann geprägte und anfangs monarchistisch, später republikanisch ausgerichtete Deutsche Volkspartei (DVP) ein.[1]
Ernst Poensgen 1926
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Ordnungsmacht der Länder und des Deutschen Reichs schwer erschüttert. Die rheinisch-westfälische Schwerindustrie nutzte dies dazu, ihren Einfluss für eine marktbeherrschende Stellung zu bündeln. Dabei konnte der von ihr bereits 1871 gegründete Langnam-Verein eine zunehmend selbstständige Wirtschaftspolitik machen. Ziel war es, in Deutschland ein „vertikales“ Monopol für Kohle, Koks, Gas und Stahl einzurichten.
1924 wurde in diesem Zusammenhang als Ergänzung des Stahlwerksverbandes unter Mitwirkung von Poensgen die (deutsche) Rohstahlgemeinschaft gegründet.
Außerdem war Poensgen seit den 1920er Jahren auch um internationale Vereinbarungen im Stahlbereich bemüht. In enger Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium wurden zunächst bilateral mit Frankreich Verhandlungen über gegenseitige Handelsfragen geführt. Sie waren überlagert durch Versuche der beiden Regierungen, zwischenstaatliche Handelsabkommen zu erzielen, wobei seitens der Reichsregierung auch die Rückkehr der bisher französisch besetzten Gebiete von Bedeutung war. Im Rahmen der Aufnahme des Deutschen Reichs in den Völkerbund war Poensgen außerdem als Mitglied der deutschen Delegation Wortführer bei den Beratungen zur Neuordnung der internationalen Eisenwirtschaft. Dabei gewann er international weithin Anerkennung und wurde z.B. vom British Iron and Steel Institute zum Ehrenmitglied ernannt.
Anfang 1926 gründete Poensgen zusammen mit Emil Kirdorf und Fritz Thyssen die Vereinigte Stahlwerke AG (auch "VSt", "Vestag" oder "Stahlverein" genannt). Sie war ein Zusammenschluss von anfänglich sieben Firmengruppen (Thyssen, „Phönix“, Bochumer Verein u.a.) und zählte 1937/1938 mit 194.000 Beschäftigten zu den größten deutschen Unternehmen. Poensgen wurde zunächst stellvertretender Vorstandsvorsitzender, ab 1935 Vorstandsvorsitzender des Konzerns.
Schon im Gründungsjahr wurde seitens der "Vereinigten Stahlwerke" versucht, auch die Gaswirtschaft reichsweit zu kontrollieren. Geplant war, vom Ruhrgebiet aus das übrige Deutschland mit einem Netz von Fernleitungen zu überziehen, in denen unter dem Schutz des Syndikats billig hergestelltes Hochofen-Gas in Konkurrenz zu den noch unabhängig gebliebenen lokalen Gaswerken vertrieben werden sollte. Letzteren wiederum sollte keine Kohle mehr zur Gasproduktion geliefert werden. Treibende Kraft dieser Pläne waren neben Ernst Poensgen der Generaldirektor der "Vereinigten Stahlwerke" Albert Vögler, Fritz Thyssen, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und der Generaldirektor der Stinnes-Zechen Alfred Pott. Man gründete mit dem Ziel der reichsweiten Vorherrschaft die Kohlenverwertungs-AG, die 1928 den heute bekannteren Namen Ruhrgas AG erhielt. Zu den vom Kartell verwendeten Mitteln gehörte auch das, was man heute 'Lobby-Arbeit' oder 'Pflege der politischen Landschaft' nennen würde – auch unter Einschluss demokratiefeindlicher rechtsradikaler Kräfte. Demgegenüber wies vor allem der Deutsche Verein von Gas- und Wasserfachmännern (getragen von den kommunalen Gasversorgern) auf die volks- und betriebswirtschaftlichen Nachteile des geplanten Monopols hin. Zunehmend schlossen sich dieser Sichtweise die Presse, die Parlamente und schließlich auch die Regierungen der Weimarer Republik an. Der Plan zur reichsweiten Alleinversorgung durch die Ruhrgas AG scheiterte.
Am 10. September 1926 wurde das Deutsche Reich in den Völkerbund aufgenommen. Poensgens gute internationale Kontakte waren schließlich eine der Grundlagen dafür, dass er als Vizepräsident am 1. Oktober 1926 zusammen mit Emil Mayrisch als Präsidenten und Fritz Thyssen die Internationale Rohstahlgemeinschaft (IRG, auch: "Internationales Stahlkartell", "International Steel Cartel") gründen konnte. Dies war ein europäisches Kartell ausgewählter Unternehmen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und des (damals zollrechtlich selbständigen) Saargebiets. Es sollte ihnen Schutz vor Konkurrenz im eigenen Land und auf dritten Märkten verschaffen. 1927 schlossen sich dem Kartell auch Österreich, Ungarn, die Tschechoslowakei und schließlich Großbritannien an. Deutschland trat wie schon bei der Gründung erwogen 1929 aus der Internationalen Rohstahlgemeinschaft mit dem Ziel von Nachverhandlungen zunächst wieder aus.
Poensgens lebenslanger Vertrauter und Vorstandskollege Albert Vögler, 1918 Gründungsmitglied der DVP, trat 1924 aus dieser Partei aus. Spätestens 1928, als die DVP durch Flügelkämpfe an Bedeutung verlor, verließ auch Ernst Poensgen die DVP und trat wie sein Vetter Helmuth Poensgen und andere Teile der Familie in die wesentlich weiter rechts stehende Deutschnationale Volkspartei ein.[2]
Seit der Gründung 1928 gehörte Ernst Poensgen auch zum exklusiven Kreis der Ruhrlade. 1929 wandte er sich gegen den Young-Plan zur Begrenzung der Reparationszahlungen des Deutschen Reichs für den Ersten Weltkrieg. Im selben Jahr wurde er Vorsitzender im Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (heute: Wirtschaftsvereinigung Stahl).
von 1930 bis 1944
1930 übernahm Poensgen den Vorsitz im "Stahlwerksverband".
Wie die meisten Mitglieder der Ruhrlade und die übrigen Vertreter der Schwerindustrie von Rhein und Ruhr in der Weimarer Republik neigte auch Ernst Poensgen zu den rechts-konservativen Kräften. Er hielt eine autoritäre Regierungsform für besser geeignet, die andauernde schwere Krise des Deutschen Reichs zu beenden als die parlamentarische Demokratie. So forderte er während der Mitgliederversammlung des Vereins am 4. November 1930 entsprechend den Wünschen vieler Mitglieder des Langnam-Vereins nach Ablösung des Weimarer Parlamentarismus durch eine autoritäre Reichspolitik in Abgrenzung gegenüber den ausgleichenden Bemühungen Reichskanzlers Heinrich Brüning einen „Führer, der unser Volk wieder einheitlich und zielbewußt führen möge“.
Den politischen Forderungen der Eingabe der Wirtschaftspolitischen Vereinigung Frankfurt am Main vom 27. Juli 1931 schloss Poensgen sich allerdings nicht an. Ob er an der Gründungsversammlung der Harzburger Front von Alfred Hugenberg am 11. Oktober 1931 teilnahm, ist umstritten; sicher ist, dass er für diese Organisation nicht öffentlich geworben hat. An der bekannten Veranstaltung vom 26. Januar 1932 im Düsseldorfer Industrie-Club mit einer Rede Hitlers nahm er zwar teil, aber anders etwa als Fritz Thyssen ohne eigene Beiträge. Zwar war Poensgen einer der Gäste, die am folgenden 27. Januar 1932 auf Thyssens Schloss Landsberg Hitler und der begleitenden NSDAP-Führung den Forderungskatalog der Vereinigten Stahlwerke vorstellten. Poensgen schloss sich aber auch nicht der Industrielleneingabe vom 19. November 1932 an, mit der zahlreiche Vertreter der Industrie, der Hochfinanz und der Landwirtschaft an Reichspräsident Paul von Hindenburg appellierten, Hitler als Nachfolger von Franz von Papen zum Reichskanzler zu ernennen. Ebenso trat Poensgen anders als etwa Albert Vögler nicht dem sog. Förderkreis Keppler bei, der Hitler durch Spenden und Rat unterstützte.
Dagegen veröffentlichte Poensgen 1932 unter dem Pseudonym Horst Hammer und dem Titel Politische Briefe über Schwerindustrie eine Streitschrift gegen alles Linke, Verweichlichte und Pazifistische.[3]
Die Nationalsozialisten versuchten schon vor 1933, die DNVP als politischen Gegner auszuschalten, indem Mitglieder der DNVP gezielt durch Pressekampagnen und Strafanzeigen unter Druck gesetzt und diskreditiert wurden und die Unvereinbarkeit etwa der Mitgliedschaft in Stahlhelm und DNVP vereinbart wurde.[4] Diese Kampagnen verstärkten sich 1933, obwohl die DNVP zunächst noch Koalitionspartner im Reichstag war. Reichsminister Alfred Hugenberg, Vorsitzender der DNVP, sah sich im April 1933 veranlasst, gegen die Benachteiligung deutschnationaler Beamter und Lehrer öffentlich Einspruch zu erheben. Die Lage der inzwischen zur Deutschnationalen Front (DNF) umbenannten Partei wurde noch schwieriger, als er am 26. Juni 1933 seinen Abschied als Reichsminister einreichte. Ernst Poensgen wurde damals in der DNF als einflussreiche Größe angesehen. So suchte er am 27. Juni 1933 zusammen mit den Mitgliedern des DNF-Vorstands Friedrich von Winterfeld und Axel von Freytagh-Loringhoven Reichskanzler Hitler auf. Der mitgebrachte Entwurf eines Abkommens über die ehrenvolle Selbstauflösung der DNF wurde von diesen vier Personen unterschrieben, durch die NS-Presse als Freundschaftsabkommen gemeldet und vom Vorstand der DNF die Auflösung der DNF beschlossen.[5][6]
Unbestreitbar ist auch, dass durch Poensgen repräsentierte Organisationen schon vor 1933 mehrfach Spenden an nationalsozialistische Einrichtungen gaben, so die Vereinigten Stahlwerke und der Arbeitgeberverband Nord-West. Und während des Zweiten Weltkriegs wurden auch von Unternehmen, für die Poensgen zuständig war, Zwangsarbeiter angefordert[7] und in ihnen eingesetzt und diszipliniert. So geht aus Unterlagen der Vereinigten Stahlwerke hervor, dass Poensgen 1942 dem Gesamtvorstand über die "Leistungsergebnisse beim Einsatz sowjetischer Arbeitskräfte" bei der Gelsenkirchener Bergwerks-AG berichtet hatte. Aus 1943 stammt ein Rundschreiben zu "Rationskürzungen bei disziplinwidrigem Verhalten ausländischer Arbeiter". Ein Schreiben aus 1944 betrifft den "Deutschunterricht für ausländische Arbeiter" bei den Vereinigten Stahlwerken.
Allerdings stießen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Pläne des NS-Regimes nach der Machtergreifung zunehmend auf Poensgens Kritik. Seine auch im Namen von Industrieverbänden vorgetragenen Einwände beispielsweise gegen die Bildung der Reichsvereinigung Eisen (RVE)[8] blieben aber ohne Erfolg. So wurde später sein Kollege im Vorstand der Vereinigten Stahlwerke Hans-Günther Sohl zum „Wehrwirtschaftsführer“ der RVE ernannt. Das Regime war sich spätestens jetzt der fehlenden „Linientreue“ Poensgens bewusst und suchte ihn - angesichts seiner fachlichen und internationalen Reputation auch unter Hinweis auf sein Alter - aus seinen Ämtern zu entfernen bzw. ihm regimetreue Personen beizuordnen. 1933 schied er aus dem Vorstand des Reichsverbands der deutschen Industrie aus. Es gelang ihm aber noch, 1934 als Nachfolger von Fritz Thyssen gegen den Willen der NSDAP Vorsitzender der Wirtschaftsgruppe Eisen schaffender Industrie und deren regionalen Gruppe Nordwest zu werden. Als solcher wehrte er sich zusammen mit Hjalmar Schacht vergeblich gegen die Schaffung der Hermann-Göring-Werke 1937 und gegen die staatlichen Vierjahrespläne. Den von Albert Speer betriebenen Hauptring Eisen und Stahl kritisierte er als "Überorganisation".
Grundsätzliche Vorbehalte hatte Poensgen vor allem aber gegenüber den rassistischen Dogmen der Nationalsozialisten. Er selbst zeigte Toleranz gegenüber Andersdenkenden. So förderte er seinen Adoptivsohn Alfred Sohn-Rethel auch dann noch, als dies wegen dessen marxistischer Einstellung im nationalsozialistischen Deutschen Reich durchaus gefährlich wurde.[9] Auch ergab sich nach 1945 aus Zeugnissen anlässlich seiner Entnazifizierung, dass Poensgen in mehreren Fällen jüdische Personen vor nationalsozialistischer Verfolgung geschützt hatte. Vor diesem Hintergrund ist zu sehen, dass Ernst Poensgen wie viele ähnlich prominente Industrielle sehr genau und wiederholt über die Massenmorde durch nationalsozialistische Kräfte in den besetzten Ostgebieten unterrichtet war, auf dem Dienstweg, durch Korrespondenz und Besprechungen und sogar durch Berichte eigener Funktionäre wie die von Ulrich Faulhaber von der Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie.[10]
Aufgrund dieser Vorbehalte trat Poensgen – anders als viele damalige Wirtschaftsgrößen – auch nach Auflösung der DNF weder in die NSDAP ein noch unterstützte er persönlich nationalsozialistische Organisationen finanziell, wie dies durch zahlreiche andere Großindustrielle wie Emil Kirdorf, Franz Thyssen, Fritz Springorum, Friedrich Flick und Alfred Hugenberg geschah.
Zwar verlieh ihm 1937 General Georg Thomas, Chef des Wirtschaftsstabs der Wehrmacht, formal unter Bezug auf seine Verdienste für die Aufrüstung den Titel eines Wehrwirtschaftsführers, dies bedeutete aber keine Anerkennung im nationalsozialistischen Sinne, denn Thomas (der selbst 1938/1939 an Plänen zur Beseitigung Hitlers mitwirkte und 1944 deswegen verhaftet und bis Kriegsende im Konzentrationslager gefangen gehalten wurde) bezweckte damit im Gegenteil, sich den Einfluss von Poensgen als regimekritische Kraft zu sichern und ihn zugleich etwas vor Repressalien durch das NS-Regime zu schützen.
In ähnlicher Weise ist es nicht als Zeichen nationalsozialistischer Überzeugung zu deuten, dass Poensgen Geheimverhandlungen mit Vertretern der Schwerindustrie von Großbritannien, der Vereinigten Staaten und Frankreichs auch als Vertreter des NS-Regimes fortsetzte, um die bisher auf Europa beschränkte Internationale Rohstahlgemeinschaft durch ein Kartell wieder unter Einschluss Deutschlands, aber nun auch der Vereinigten Staaten, abzulösen. Am 1. Juni 1933 wurde diese Internationale Rohlstahlexport-Gemeinschaft (IREG) gegründet, der 1935 auch Großbritannien beitrat. Die Tatsache, dass sich die Vertreter dieser ausländischen Unternehmen über Jahre hinweg an diesen Verhandlungen beteiligten, spricht dafür, dass sie notfalls auch ohne das Deutsche Reich ein solches Kartell eingerichtet hätten. Die Beteiligung Poensgens entsprach also einem vergleichbaren deutschen Interesse. Die Absprachen, deren Dokumente durch alliierte Truppen 1945 in Luxemburg gefunden wurden, überdauerten den Bruch des Münchner Abkommens durch Einrichtung des sog. Reichsprotektorats Böhmen und Mähren und endeten erst 6 Monate später mit dem deutschen Überfall auf Polen.
Nach der Besetzung von Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich im Sommer 1940 forderte das NS-Regime die Industrie auf, Ersatzansprüche aus Schäden durch den Versailler Vertrag zu benennen. Poensgen gehörte daraufhin zu denjenigen. die einer Enteignung und Übernahme der dortigen Industrieanlagen zurückhaltend gegenüber standen und eher für die Nutzung dieser Anlagen plädierten.[11]
Zwar wurde Ernst Poensgen 1941 durch Reichswirtschaftsminister Funk ebenfalls unter Hinweis auf seine Verdienste für die Rüstung die (bereits in der Weimarer Republik eingeführte) Auszeichnung „Adlerschild des Deutschen Reiches“ verliehen, und General Thomas hielt im selben Jahr zu seinem 70. Geburtstag im Stahlhof von Düsseldorf eine Lobrede auf ihn.[12] Auch wurde er Anfang 1942 durch den Reichsminister für Bewaffnung und Munition Albert Speer in den exklusiven Rüstungsrat berufen.
Bereits am 30. Mai 1942 allerdings wurde Poensgen zu Gunsten eines Parteimitglieds von der Leitung der Wirtschaftsgruppe Eisen schaffender Industrie entbunden, und in den folgenden Monaten gab er weitere Ämter selbst auf: So legte er im Juni 1942 die Leitung der Bezirksgruppe Nordwest nieder und trat vom Vorsitz der Rohstahlgemeinschaft zurück. Umgesiedelt nach Kitzbühel in Tirol teilte er am 15. Oktober 1943 Albert Vögler seinen Rücktritt auch vom Vorsitz des Vorstands der Vereinigten Stahlwerke mit. Dieser ernannte darauf Walter Rohland mit diesem Posten. Poensgen wechselte in den Aufsichtsrat des Unternehmens.
Unterlagen der Vereinigten Stahlwerke wurden teils zu Kriegsende absichtlich vernichtet, teils durch Kriegseinwirkungen zerstört. Was hinterblieben und öffentlich einsehbar ist (z.B. in Firmen- und Stadtarchiven und in Dokumenten der Nürnberger Prozesse, insbesondere des Flick-Prozesses), lässt Poensgen nicht als Nationalsozialisten erscheinen. Ernst Poensgen wurde zwar durch das nationalsozialistische Regime schrittweise entmachtet, aber durch das NS-Regime nicht verfolgt. Tatsächlich reiste er noch 1943 ohne Sanktionen von Kitzbühel aus zur Beerdigung eines Schwagers nach Berlin und zurück.
von 1945 bis 1949
Ausgelöst durch alliierte Vorwürfe, dass die Ruhrindustriellen das nationalsozialistische Regime unterstützten, begann Poensgen schon im Februar 1945 Arbeiten an einer Denkschrift „Hitler und die Ruhrindustriellen - ein Rückblick“. Walter Rohland, der als Poensgens Nachfolger im Vorstand der Vereinigten Stahlwerke nach Kriegsende zunächst im Amt geblieben war, verfasste Anfang Juni 1945 eine an die Besatzungsmacht gerichtete Denkschrift und ließ sie in der Ruhrindustrie zirkulieren. Dann besuchte er Poensgen in Kitzbühel, wo er dessen Entwurf des "Rückblicks" nach eigener Angabe "gründlich durchgearbeitet" hat. Bei der Durchsetzung seiner Absicht mag ihm nicht nur das vorgerückte Alter von Poensgen, sondern auch dessen durch einen Schlaganfall beeinträchtigte Gesundheit geholfen haben. Das Resultat war ein Text, der zwar unter dem Namen von Ernst Poensgen firmierte, aber in seinem zweiten Teil auffallende Ähnlichkeiten zu Rohlands Denkschrift aufweist,[13] so "Es steht nicht im Widerspruch zu dieser [die NSDAP ablehnenden] Haltung, wenn ich bekenne, daß wir Ruhrindustriellen nach Ausbruch des Krieges alles, was in unseren Kräften stand, getan haben, um die Rüstungsproduktion qualitativ und quantitativ zu steigern. (...) Hier galt für jeden einzelnen: dem Vaterland gegenüber seine Pflicht und Schuldigkeit bis zum letzten zu tun." Rohland war es dann auch, der für die schnelle Verbreitung dieses Textes unter Poensgens Namen sorgte. Konrad Adenauer reagierte im Juli 1945 auf den "Rückblick" zunächst mit einer Erinnerung: 1934 habe ein britischer Politiker ihm berichtet, Ernst Poensgen habe sich mehrfach ihm gegenüber als begeisterter Freund und Verehrer der Partei und Hitlers gezeigt. Dann fährt Adenauer fort: "Anscheinend hat sich die Erinnerung von Herrn Poensgen etwas getrübt." Ähnlich reagierte Paul Reusch, der ein Exemplar des "Rückblicks" mit der Bitte erhalten hatte, "gegebenenfalls die Richtigkeit der Darlegung zu bestätigen". Reusch ließ sich nicht einspannen, er antwortete: "Ich kann nur wiederholt meiner Bewunderung dafür Ausdruck geben, dass Poensgen trotz des erlittenen Schlaganfalls noch so ein ausgezeichnetes Gedächtnis besitzt". Den Reigen der Denkschriften zu Gunsten der Ruhrindustrie setzte die von Karl Jarres von Juli 1945 fort.
Ernst Poensgen, Skizze 1946
Kurz darauf wurde Poensgen aus Österreich ausgewiesen und wohnte vorübergehend auf deutschem Gebiet in Kiefersfelden, dann bezog er sein Chalet „Brunn Matte“ in Zermatt. 1946 nahm er mit Billigung der britischen Besatzungsmacht erneut leitende Positionen in der Schwerindustrie der damaligen Westzone ein. So blieb er im Aufsichtsrat der Vereinigten Stahlwerke, wurde Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, dem heutigen Stahlinstitut VDEh, und trat in den Aufsichtsrat der Hanomag ein. Heftige Kritik daran übten vor allem Zeitungen aus dem damals sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, aber auch US-amerikanische Zeitungen. Schließlich wurde Poensgen 1947 von den Briten international zur Fahndung ausgeschrieben, sein Anwesen in Zermatt vorübergehend beschlagnahmt. Er wurde aber auf Grund unterstützender Stellungnahmen einflussreicher Persönlichkeiten aus aller Welt von politischen Vorwürfen entlastet und so – zumal er zu dieser Zeit bereits zu krank zum Reisen war - weder ausgeliefert, noch – wie etwa die Verantwortlichen der Konzerne Flick, Krupp und I.G. Farben – im Rahmen der Nürnberger Prozesse angeklagt oder als Zeuge geladen. Bis kurz vor seinem Tod erhielt er in der Schweiz Besuch, so durch Ferdinand Sauerbruch und Paul Silverberg.
1949 starb Ernst Poensgen im Salem-Spital in Bern und wurde am 25. Juli 1949 in Kitzbühel begraben. Dort ruht auch seine zweite Frau Louise. Das Chalet „Brunn Matte“ in Zermatt vermachte er seinem dortigen Arzt.
Mäzen, Lokalpolitiker und Privatmann
Poensgen war einer der Initiatoren der seinerzeit weltweit beachteten Großen Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen Düsseldorf 1926 (GeSoLei) sowie Vorsitzender der Reichsausstellung Schaffendes Volk 1937 in Düsseldorf und bis in den Zweiten Weltkrieg hinein Mitglied des Düsseldorfer Stadtrats. 1927 verlieh ihm die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen die Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E.h.) wegen seiner Verdienste um die Neuordnung des internationalen Stahlmarkts und um die GeSoLei. Nach der Besetzung Elsass-Lothringens durch die Nationalsozialisten verlieh ihm auch seine alte Alma mater Straßburg einen Ehren-Doktor.
Poensgen gründete mit anderen Unternehmern die gemeinnützige Ernst-Poensgen-Stiftung zur Förderung von Kunst und Wissenschaft mit Sitz in Düsseldorf.[14] Wie vordem seine Mutter unterstützte er das Düsseldorfer Schauspielhaus.
Bis ins höhere Alter sportlich aktiv, war er auch ein Förderer des Sports in Düsseldorf. Er gehörte zu den Gründern und Vorsitzenden des Tennisvereins Rochusclub und unterstützte 1927 dessen Ausbau. Nach ihm sind die Poensgen-Spiele der Tennisdamen benannt worden. Vorrangig für die Hauptverwaltung der "Vereinigten Stahlwerke" ließ er 1937 in Düsseldorf-Lierenfeld ein Sportstadion, die Ernst-Poensgen-Kampfbahn,[15] für den Düsseldorfer SV errichten. Er veranlasste den Bau des Düsseldorfer Eisstadions an der Brehmstraße und den Zusammenschluss verschiedener Eissport-Vereine zur Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft (DEG). Zur Anerkennung für die Verdienste um die Stadt wurde die frühere Stadtwaldstraße umbenannt in Ernst-Poensgen-Allee.
In Bonn war Poensgen seit dem Auszug von Lili Hammerschmidt, der Mutter seiner zweiten Frau, aus der Villa Hammerschmidt im Jahr 1928 zuständig für die weitere Nutzung des gesamten Anwesens.
Familie
Ernst Poensgen mit Sohn Georg und Vater Carl, etwa 1903
Herkunft, Eltern und Geschwister
Ernst Poensgen stammt aus der weit verzweigten Familie Poensgen, deren Mitglieder zunächst in der Eifel, seit etwa 1860 im Raum Düsseldorf zahlreiche Unternehmen der Eisenindustrie gegründet hatten. Er war das erste von zehn Kindern von Carl Poensgen (27. Januar 1838 - 3. November 1921) und Clara geb. Poensgen (14. Juni 1846 - 4. August 1910). Von seinen 9 Geschwistern hatte zumindest der zweitjüngste, Kurt (24. November 1885 - 8. März 1944), Kinder: Aus der Ehe mit Elisabeth ("Lilli"), geb. Gelpcke stammen neben dem Sohn Carl Poensgen (25. Juli 1922 - 23. August 1944) die Tochter Christa ("Kika") Elisabeth Poensgen (1. Mai 1926), die am 13. Juli 1955 den späteren HNO-Professor Norbert Karl Willm Wagemann heiratete. Ein weiterer Bruder, Albert Poensgen (1881–1976) wurde Finanzgerichtspräsident und mehrfacher Welt- und Vizeweltmeister im Billardsport.
Ehen und Kinder
26. September 1895 in Berlin mit Elisabeth geb. Cohnitz (1876–1917) aus Langerfeld bei (Wuppertal-) Barmen, gemeinsamer Sohn und einziges Kind von Ernst Poensgen: Georg Poensgen (7. Dezember 1898 – 11. Januar 1974), Verfasser zahlreicher Werke der Kunstgeschichte vor allem des Mittelalters, als Hauptmann im Oktober 1941 beteiligt an der Verbringung des Bernsteinzimmers vom Katharinen-Palais in Puschkin bei Leningrad nach Königsberg, Direktor des Kurpfälzischen Museums Heidelberg, verheiratet mit Emma Elisabeth Agnes Hübner (6. Januar 1898 - 4. März 1980), ohne Kinder. Auf Initiative von Ernst Poensgen wuchs Alfred Sohn-Rethel als Ziehkind zusammen mit Georg auf.
30. Oktober 1918 in Düsseldorf mit Louise Julie gen. „Lulu“ geb. Hammerschmidt (1885–1944), einer Tochter von Rudolf Hammerschmidt und in erster Ehe verheiratet mit Dr. Hans Wolff; diese Ehe blieb kinderlos.
Weitere Verwandte
Carl Rudolf Poensgen war einer der zahlreichen Vettern von Ernst Poensgen; er ist wie dieser in Düsseldorf auf Grund seines Mäzenatentums bekannt.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Ausbildung
Ernst Poensgen studierte von 1890 bis 1892 Mathematik und Chemie an der Universität Straßburg, wo er Mitglied des Corps Rhenania wurde. Seinen Militärdienst absolvierte er als Einjährig-Freiwilliger im königlich preußischen Feldartillerie-Regiment Nr. 15 und studierte anschließend von 1892 bis 1895 Bergbau- und Hüttenwesen an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg und der Bergakademie Berlin. 1895 trat er ein einjähriges Praktikum in der Friedenshütte in Oberschlesien an.
von 1896 bis 1929
1896 wurde Poensgen Betriebsingenieur, dann Prokurist und 1901 Betriebsdirektor des Familienunternehmens Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG, deren Anlagen er nach mehreren Studienaufenthalten in den Vereinigten Staaten grundlegend verbesserte.
1904 wurde in Düsseldorf die Stahlwerksverband AG (auch "Stahlwerkverband") gegründet. Sie beherrschte zusammen mit dem oberschlesischen Stahlwerksverband die gesamte deutsche und luxemburgische Stahlindustrie. Poensgen war an der Gründung beteiligt und begann damit seine lebenslange Verbandstätigkeit. 1905 verlegte der Stahlwerksverband seinen Sitz nach Düsseldorf und gab den Auftrag zum Bau seiner Zentrale im Düsseldorfer Stahlhof.
Poensgen wurde ebenfalls 1905 Vorstandsmitglied der Düsseldorfer Röhren- und Eisenwalzwerke AG, 1911 nach der Verschmelzung mit der „Phönix“ AG für Bergbau und Hüttenbetrieb, an der die Familie Anteile hatte, deren Vorstandsmitglied.
Von 1914 bis zur Auflösung 1933 war er Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Nordwest des Vereins der Deutschen Eisen- und Stahlindustrieller.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sich Ernst Poensgen freiwillig zum Militär. Er wurde im Winter 1914/1915 als Batteriechef in Galizien eingesetzt, ab Frühjahr 1915 war er in der Militärverwaltung des besetzten Belgiens mit der Kontrolle der dortigen Stahlindustrie beauftragt. 1916 wurde er vom Dienst freigestellt und arbeitete als technischer Leiter des Phönix-Konzerns in (Dortmund-)Hörde. Er trat auch dem "Deutschen Stahlbund" bei, einer während des Ersten Weltkriegs bestehenden Organisation zur Sicherstellung der militärischen Eisen- und Stahl-Bedürfnisse. Für seine Verdienste um die Kriegswirtschaft wurde ihm das Kriegsverdienstkreuz I. Klasse verliehen.
Ernst Poensgen trat 1919 in die von Gustav Stresemann geprägte und anfangs monarchistisch, später republikanisch ausgerichtete Deutsche Volkspartei (DVP) ein.[1]
Ernst Poensgen 1926
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Ordnungsmacht der Länder und des Deutschen Reichs schwer erschüttert. Die rheinisch-westfälische Schwerindustrie nutzte dies dazu, ihren Einfluss für eine marktbeherrschende Stellung zu bündeln. Dabei konnte der von ihr bereits 1871 gegründete Langnam-Verein eine zunehmend selbstständige Wirtschaftspolitik machen. Ziel war es, in Deutschland ein „vertikales“ Monopol für Kohle, Koks, Gas und Stahl einzurichten.
1924 wurde in diesem Zusammenhang als Ergänzung des Stahlwerksverbandes unter Mitwirkung von Poensgen die (deutsche) Rohstahlgemeinschaft gegründet.
Außerdem war Poensgen seit den 1920er Jahren auch um internationale Vereinbarungen im Stahlbereich bemüht. In enger Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium wurden zunächst bilateral mit Frankreich Verhandlungen über gegenseitige Handelsfragen geführt. Sie waren überlagert durch Versuche der beiden Regierungen, zwischenstaatliche Handelsabkommen zu erzielen, wobei seitens der Reichsregierung auch die Rückkehr der bisher französisch besetzten Gebiete von Bedeutung war. Im Rahmen der Aufnahme des Deutschen Reichs in den Völkerbund war Poensgen außerdem als Mitglied der deutschen Delegation Wortführer bei den Beratungen zur Neuordnung der internationalen Eisenwirtschaft. Dabei gewann er international weithin Anerkennung und wurde z.B. vom British Iron and Steel Institute zum Ehrenmitglied ernannt.
Anfang 1926 gründete Poensgen zusammen mit Emil Kirdorf und Fritz Thyssen die Vereinigte Stahlwerke AG (auch "VSt", "Vestag" oder "Stahlverein" genannt). Sie war ein Zusammenschluss von anfänglich sieben Firmengruppen (Thyssen, „Phönix“, Bochumer Verein u.a.) und zählte 1937/1938 mit 194.000 Beschäftigten zu den größten deutschen Unternehmen. Poensgen wurde zunächst stellvertretender Vorstandsvorsitzender, ab 1935 Vorstandsvorsitzender des Konzerns.
Schon im Gründungsjahr wurde seitens der "Vereinigten Stahlwerke" versucht, auch die Gaswirtschaft reichsweit zu kontrollieren. Geplant war, vom Ruhrgebiet aus das übrige Deutschland mit einem Netz von Fernleitungen zu überziehen, in denen unter dem Schutz des Syndikats billig hergestelltes Hochofen-Gas in Konkurrenz zu den noch unabhängig gebliebenen lokalen Gaswerken vertrieben werden sollte. Letzteren wiederum sollte keine Kohle mehr zur Gasproduktion geliefert werden. Treibende Kraft dieser Pläne waren neben Ernst Poensgen der Generaldirektor der "Vereinigten Stahlwerke" Albert Vögler, Fritz Thyssen, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und der Generaldirektor der Stinnes-Zechen Alfred Pott. Man gründete mit dem Ziel der reichsweiten Vorherrschaft die Kohlenverwertungs-AG, die 1928 den heute bekannteren Namen Ruhrgas AG erhielt. Zu den vom Kartell verwendeten Mitteln gehörte auch das, was man heute 'Lobby-Arbeit' oder 'Pflege der politischen Landschaft' nennen würde – auch unter Einschluss demokratiefeindlicher rechtsradikaler Kräfte. Demgegenüber wies vor allem der Deutsche Verein von Gas- und Wasserfachmännern (getragen von den kommunalen Gasversorgern) auf die volks- und betriebswirtschaftlichen Nachteile des geplanten Monopols hin. Zunehmend schlossen sich dieser Sichtweise die Presse, die Parlamente und schließlich auch die Regierungen der Weimarer Republik an. Der Plan zur reichsweiten Alleinversorgung durch die Ruhrgas AG scheiterte.
Am 10. September 1926 wurde das Deutsche Reich in den Völkerbund aufgenommen. Poensgens gute internationale Kontakte waren schließlich eine der Grundlagen dafür, dass er als Vizepräsident am 1. Oktober 1926 zusammen mit Emil Mayrisch als Präsidenten und Fritz Thyssen die Internationale Rohstahlgemeinschaft (IRG, auch: "Internationales Stahlkartell", "International Steel Cartel") gründen konnte. Dies war ein europäisches Kartell ausgewählter Unternehmen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und des (damals zollrechtlich selbständigen) Saargebiets. Es sollte ihnen Schutz vor Konkurrenz im eigenen Land und auf dritten Märkten verschaffen. 1927 schlossen sich dem Kartell auch Österreich, Ungarn, die Tschechoslowakei und schließlich Großbritannien an. Deutschland trat wie schon bei der Gründung erwogen 1929 aus der Internationalen Rohstahlgemeinschaft mit dem Ziel von Nachverhandlungen zunächst wieder aus.
Poensgens lebenslanger Vertrauter und Vorstandskollege Albert Vögler, 1918 Gründungsmitglied der DVP, trat 1924 aus dieser Partei aus. Spätestens 1928, als die DVP durch Flügelkämpfe an Bedeutung verlor, verließ auch Ernst Poensgen die DVP und trat wie sein Vetter Helmuth Poensgen und andere Teile der Familie in die wesentlich weiter rechts stehende Deutschnationale Volkspartei ein.[2]
Seit der Gründung 1928 gehörte Ernst Poensgen auch zum exklusiven Kreis der Ruhrlade. 1929 wandte er sich gegen den Young-Plan zur Begrenzung der Reparationszahlungen des Deutschen Reichs für den Ersten Weltkrieg. Im selben Jahr wurde er Vorsitzender im Verein Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller (heute: Wirtschaftsvereinigung Stahl).
von 1930 bis 1944
1930 übernahm Poensgen den Vorsitz im "Stahlwerksverband".
Wie die meisten Mitglieder der Ruhrlade und die übrigen Vertreter der Schwerindustrie von Rhein und Ruhr in der Weimarer Republik neigte auch Ernst Poensgen zu den rechts-konservativen Kräften. Er hielt eine autoritäre Regierungsform für besser geeignet, die andauernde schwere Krise des Deutschen Reichs zu beenden als die parlamentarische Demokratie. So forderte er während der Mitgliederversammlung des Vereins am 4. November 1930 entsprechend den Wünschen vieler Mitglieder des Langnam-Vereins nach Ablösung des Weimarer Parlamentarismus durch eine autoritäre Reichspolitik in Abgrenzung gegenüber den ausgleichenden Bemühungen Reichskanzlers Heinrich Brüning einen „Führer, der unser Volk wieder einheitlich und zielbewußt führen möge“.
Den politischen Forderungen der Eingabe der Wirtschaftspolitischen Vereinigung Frankfurt am Main vom 27. Juli 1931 schloss Poensgen sich allerdings nicht an. Ob er an der Gründungsversammlung der Harzburger Front von Alfred Hugenberg am 11. Oktober 1931 teilnahm, ist umstritten; sicher ist, dass er für diese Organisation nicht öffentlich geworben hat. An der bekannten Veranstaltung vom 26. Januar 1932 im Düsseldorfer Industrie-Club mit einer Rede Hitlers nahm er zwar teil, aber anders etwa als Fritz Thyssen ohne eigene Beiträge. Zwar war Poensgen einer der Gäste, die am folgenden 27. Januar 1932 auf Thyssens Schloss Landsberg Hitler und der begleitenden NSDAP-Führung den Forderungskatalog der Vereinigten Stahlwerke vorstellten. Poensgen schloss sich aber auch nicht der Industrielleneingabe vom 19. November 1932 an, mit der zahlreiche Vertreter der Industrie, der Hochfinanz und der Landwirtschaft an Reichspräsident Paul von Hindenburg appellierten, Hitler als Nachfolger von Franz von Papen zum Reichskanzler zu ernennen. Ebenso trat Poensgen anders als etwa Albert Vögler nicht dem sog. Förderkreis Keppler bei, der Hitler durch Spenden und Rat unterstützte.
Dagegen veröffentlichte Poensgen 1932 unter dem Pseudonym Horst Hammer und dem Titel Politische Briefe über Schwerindustrie eine Streitschrift gegen alles Linke, Verweichlichte und Pazifistische.[3]
Die Nationalsozialisten versuchten schon vor 1933, die DNVP als politischen Gegner auszuschalten, indem Mitglieder der DNVP gezielt durch Pressekampagnen und Strafanzeigen unter Druck gesetzt und diskreditiert wurden und die Unvereinbarkeit etwa der Mitgliedschaft in Stahlhelm und DNVP vereinbart wurde.[4] Diese Kampagnen verstärkten sich 1933, obwohl die DNVP zunächst noch Koalitionspartner im Reichstag war. Reichsminister Alfred Hugenberg, Vorsitzender der DNVP, sah sich im April 1933 veranlasst, gegen die Benachteiligung deutschnationaler Beamter und Lehrer öffentlich Einspruch zu erheben. Die Lage der inzwischen zur Deutschnationalen Front (DNF) umbenannten Partei wurde noch schwieriger, als er am 26. Juni 1933 seinen Abschied als Reichsminister einreichte. Ernst Poensgen wurde damals in der DNF als einflussreiche Größe angesehen. So suchte er am 27. Juni 1933 zusammen mit den Mitgliedern des DNF-Vorstands Friedrich von Winterfeld und Axel von Freytagh-Loringhoven Reichskanzler Hitler auf. Der mitgebrachte Entwurf eines Abkommens über die ehrenvolle Selbstauflösung der DNF wurde von diesen vier Personen unterschrieben, durch die NS-Presse als Freundschaftsabkommen gemeldet und vom Vorstand der DNF die Auflösung der DNF beschlossen.[5][6]
Unbestreitbar ist auch, dass durch Poensgen repräsentierte Organisationen schon vor 1933 mehrfach Spenden an nationalsozialistische Einrichtungen gaben, so die Vereinigten Stahlwerke und der Arbeitgeberverband Nord-West. Und während des Zweiten Weltkriegs wurden auch von Unternehmen, für die Poensgen zuständig war, Zwangsarbeiter angefordert[7] und in ihnen eingesetzt und diszipliniert. So geht aus Unterlagen der Vereinigten Stahlwerke hervor, dass Poensgen 1942 dem Gesamtvorstand über die "Leistungsergebnisse beim Einsatz sowjetischer Arbeitskräfte" bei der Gelsenkirchener Bergwerks-AG berichtet hatte. Aus 1943 stammt ein Rundschreiben zu "Rationskürzungen bei disziplinwidrigem Verhalten ausländischer Arbeiter". Ein Schreiben aus 1944 betrifft den "Deutschunterricht für ausländische Arbeiter" bei den Vereinigten Stahlwerken.
Allerdings stießen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Pläne des NS-Regimes nach der Machtergreifung zunehmend auf Poensgens Kritik. Seine auch im Namen von Industrieverbänden vorgetragenen Einwände beispielsweise gegen die Bildung der Reichsvereinigung Eisen (RVE)[8] blieben aber ohne Erfolg. So wurde später sein Kollege im Vorstand der Vereinigten Stahlwerke Hans-Günther Sohl zum „Wehrwirtschaftsführer“ der RVE ernannt. Das Regime war sich spätestens jetzt der fehlenden „Linientreue“ Poensgens bewusst und suchte ihn - angesichts seiner fachlichen und internationalen Reputation auch unter Hinweis auf sein Alter - aus seinen Ämtern zu entfernen bzw. ihm regimetreue Personen beizuordnen. 1933 schied er aus dem Vorstand des Reichsverbands der deutschen Industrie aus. Es gelang ihm aber noch, 1934 als Nachfolger von Fritz Thyssen gegen den Willen der NSDAP Vorsitzender der Wirtschaftsgruppe Eisen schaffender Industrie und deren regionalen Gruppe Nordwest zu werden. Als solcher wehrte er sich zusammen mit Hjalmar Schacht vergeblich gegen die Schaffung der Hermann-Göring-Werke 1937 und gegen die staatlichen Vierjahrespläne. Den von Albert Speer betriebenen Hauptring Eisen und Stahl kritisierte er als "Überorganisation".
Grundsätzliche Vorbehalte hatte Poensgen vor allem aber gegenüber den rassistischen Dogmen der Nationalsozialisten. Er selbst zeigte Toleranz gegenüber Andersdenkenden. So förderte er seinen Adoptivsohn Alfred Sohn-Rethel auch dann noch, als dies wegen dessen marxistischer Einstellung im nationalsozialistischen Deutschen Reich durchaus gefährlich wurde.[9] Auch ergab sich nach 1945 aus Zeugnissen anlässlich seiner Entnazifizierung, dass Poensgen in mehreren Fällen jüdische Personen vor nationalsozialistischer Verfolgung geschützt hatte. Vor diesem Hintergrund ist zu sehen, dass Ernst Poensgen wie viele ähnlich prominente Industrielle sehr genau und wiederholt über die Massenmorde durch nationalsozialistische Kräfte in den besetzten Ostgebieten unterrichtet war, auf dem Dienstweg, durch Korrespondenz und Besprechungen und sogar durch Berichte eigener Funktionäre wie die von Ulrich Faulhaber von der Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie.[10]
Aufgrund dieser Vorbehalte trat Poensgen – anders als viele damalige Wirtschaftsgrößen – auch nach Auflösung der DNF weder in die NSDAP ein noch unterstützte er persönlich nationalsozialistische Organisationen finanziell, wie dies durch zahlreiche andere Großindustrielle wie Emil Kirdorf, Franz Thyssen, Fritz Springorum, Friedrich Flick und Alfred Hugenberg geschah.
Zwar verlieh ihm 1937 General Georg Thomas, Chef des Wirtschaftsstabs der Wehrmacht, formal unter Bezug auf seine Verdienste für die Aufrüstung den Titel eines Wehrwirtschaftsführers, dies bedeutete aber keine Anerkennung im nationalsozialistischen Sinne, denn Thomas (der selbst 1938/1939 an Plänen zur Beseitigung Hitlers mitwirkte und 1944 deswegen verhaftet und bis Kriegsende im Konzentrationslager gefangen gehalten wurde) bezweckte damit im Gegenteil, sich den Einfluss von Poensgen als regimekritische Kraft zu sichern und ihn zugleich etwas vor Repressalien durch das NS-Regime zu schützen.
In ähnlicher Weise ist es nicht als Zeichen nationalsozialistischer Überzeugung zu deuten, dass Poensgen Geheimverhandlungen mit Vertretern der Schwerindustrie von Großbritannien, der Vereinigten Staaten und Frankreichs auch als Vertreter des NS-Regimes fortsetzte, um die bisher auf Europa beschränkte Internationale Rohstahlgemeinschaft durch ein Kartell wieder unter Einschluss Deutschlands, aber nun auch der Vereinigten Staaten, abzulösen. Am 1. Juni 1933 wurde diese Internationale Rohlstahlexport-Gemeinschaft (IREG) gegründet, der 1935 auch Großbritannien beitrat. Die Tatsache, dass sich die Vertreter dieser ausländischen Unternehmen über Jahre hinweg an diesen Verhandlungen beteiligten, spricht dafür, dass sie notfalls auch ohne das Deutsche Reich ein solches Kartell eingerichtet hätten. Die Beteiligung Poensgens entsprach also einem vergleichbaren deutschen Interesse. Die Absprachen, deren Dokumente durch alliierte Truppen 1945 in Luxemburg gefunden wurden, überdauerten den Bruch des Münchner Abkommens durch Einrichtung des sog. Reichsprotektorats Böhmen und Mähren und endeten erst 6 Monate später mit dem deutschen Überfall auf Polen.
Nach der Besetzung von Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich im Sommer 1940 forderte das NS-Regime die Industrie auf, Ersatzansprüche aus Schäden durch den Versailler Vertrag zu benennen. Poensgen gehörte daraufhin zu denjenigen. die einer Enteignung und Übernahme der dortigen Industrieanlagen zurückhaltend gegenüber standen und eher für die Nutzung dieser Anlagen plädierten.[11]
Zwar wurde Ernst Poensgen 1941 durch Reichswirtschaftsminister Funk ebenfalls unter Hinweis auf seine Verdienste für die Rüstung die (bereits in der Weimarer Republik eingeführte) Auszeichnung „Adlerschild des Deutschen Reiches“ verliehen, und General Thomas hielt im selben Jahr zu seinem 70. Geburtstag im Stahlhof von Düsseldorf eine Lobrede auf ihn.[12] Auch wurde er Anfang 1942 durch den Reichsminister für Bewaffnung und Munition Albert Speer in den exklusiven Rüstungsrat berufen.
Bereits am 30. Mai 1942 allerdings wurde Poensgen zu Gunsten eines Parteimitglieds von der Leitung der Wirtschaftsgruppe Eisen schaffender Industrie entbunden, und in den folgenden Monaten gab er weitere Ämter selbst auf: So legte er im Juni 1942 die Leitung der Bezirksgruppe Nordwest nieder und trat vom Vorsitz der Rohstahlgemeinschaft zurück. Umgesiedelt nach Kitzbühel in Tirol teilte er am 15. Oktober 1943 Albert Vögler seinen Rücktritt auch vom Vorsitz des Vorstands der Vereinigten Stahlwerke mit. Dieser ernannte darauf Walter Rohland mit diesem Posten. Poensgen wechselte in den Aufsichtsrat des Unternehmens.
Unterlagen der Vereinigten Stahlwerke wurden teils zu Kriegsende absichtlich vernichtet, teils durch Kriegseinwirkungen zerstört. Was hinterblieben und öffentlich einsehbar ist (z.B. in Firmen- und Stadtarchiven und in Dokumenten der Nürnberger Prozesse, insbesondere des Flick-Prozesses), lässt Poensgen nicht als Nationalsozialisten erscheinen. Ernst Poensgen wurde zwar durch das nationalsozialistische Regime schrittweise entmachtet, aber durch das NS-Regime nicht verfolgt. Tatsächlich reiste er noch 1943 ohne Sanktionen von Kitzbühel aus zur Beerdigung eines Schwagers nach Berlin und zurück.
von 1945 bis 1949
Ausgelöst durch alliierte Vorwürfe, dass die Ruhrindustriellen das nationalsozialistische Regime unterstützten, begann Poensgen schon im Februar 1945 Arbeiten an einer Denkschrift „Hitler und die Ruhrindustriellen - ein Rückblick“. Walter Rohland, der als Poensgens Nachfolger im Vorstand der Vereinigten Stahlwerke nach Kriegsende zunächst im Amt geblieben war, verfasste Anfang Juni 1945 eine an die Besatzungsmacht gerichtete Denkschrift und ließ sie in der Ruhrindustrie zirkulieren. Dann besuchte er Poensgen in Kitzbühel, wo er dessen Entwurf des "Rückblicks" nach eigener Angabe "gründlich durchgearbeitet" hat. Bei der Durchsetzung seiner Absicht mag ihm nicht nur das vorgerückte Alter von Poensgen, sondern auch dessen durch einen Schlaganfall beeinträchtigte Gesundheit geholfen haben. Das Resultat war ein Text, der zwar unter dem Namen von Ernst Poensgen firmierte, aber in seinem zweiten Teil auffallende Ähnlichkeiten zu Rohlands Denkschrift aufweist,[13] so "Es steht nicht im Widerspruch zu dieser [die NSDAP ablehnenden] Haltung, wenn ich bekenne, daß wir Ruhrindustriellen nach Ausbruch des Krieges alles, was in unseren Kräften stand, getan haben, um die Rüstungsproduktion qualitativ und quantitativ zu steigern. (...) Hier galt für jeden einzelnen: dem Vaterland gegenüber seine Pflicht und Schuldigkeit bis zum letzten zu tun." Rohland war es dann auch, der für die schnelle Verbreitung dieses Textes unter Poensgens Namen sorgte. Konrad Adenauer reagierte im Juli 1945 auf den "Rückblick" zunächst mit einer Erinnerung: 1934 habe ein britischer Politiker ihm berichtet, Ernst Poensgen habe sich mehrfach ihm gegenüber als begeisterter Freund und Verehrer der Partei und Hitlers gezeigt. Dann fährt Adenauer fort: "Anscheinend hat sich die Erinnerung von Herrn Poensgen etwas getrübt." Ähnlich reagierte Paul Reusch, der ein Exemplar des "Rückblicks" mit der Bitte erhalten hatte, "gegebenenfalls die Richtigkeit der Darlegung zu bestätigen". Reusch ließ sich nicht einspannen, er antwortete: "Ich kann nur wiederholt meiner Bewunderung dafür Ausdruck geben, dass Poensgen trotz des erlittenen Schlaganfalls noch so ein ausgezeichnetes Gedächtnis besitzt". Den Reigen der Denkschriften zu Gunsten der Ruhrindustrie setzte die von Karl Jarres von Juli 1945 fort.
Ernst Poensgen, Skizze 1946
Kurz darauf wurde Poensgen aus Österreich ausgewiesen und wohnte vorübergehend auf deutschem Gebiet in Kiefersfelden, dann bezog er sein Chalet „Brunn Matte“ in Zermatt. 1946 nahm er mit Billigung der britischen Besatzungsmacht erneut leitende Positionen in der Schwerindustrie der damaligen Westzone ein. So blieb er im Aufsichtsrat der Vereinigten Stahlwerke, wurde Vorsitzender des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, dem heutigen Stahlinstitut VDEh, und trat in den Aufsichtsrat der Hanomag ein. Heftige Kritik daran übten vor allem Zeitungen aus dem damals sowjetisch besetzten Teil Deutschlands, aber auch US-amerikanische Zeitungen. Schließlich wurde Poensgen 1947 von den Briten international zur Fahndung ausgeschrieben, sein Anwesen in Zermatt vorübergehend beschlagnahmt. Er wurde aber auf Grund unterstützender Stellungnahmen einflussreicher Persönlichkeiten aus aller Welt von politischen Vorwürfen entlastet und so – zumal er zu dieser Zeit bereits zu krank zum Reisen war - weder ausgeliefert, noch – wie etwa die Verantwortlichen der Konzerne Flick, Krupp und I.G. Farben – im Rahmen der Nürnberger Prozesse angeklagt oder als Zeuge geladen. Bis kurz vor seinem Tod erhielt er in der Schweiz Besuch, so durch Ferdinand Sauerbruch und Paul Silverberg.
1949 starb Ernst Poensgen im Salem-Spital in Bern und wurde am 25. Juli 1949 in Kitzbühel begraben. Dort ruht auch seine zweite Frau Louise. Das Chalet „Brunn Matte“ in Zermatt vermachte er seinem dortigen Arzt.
Mäzen, Lokalpolitiker und Privatmann
Poensgen war einer der Initiatoren der seinerzeit weltweit beachteten Großen Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen Düsseldorf 1926 (GeSoLei) sowie Vorsitzender der Reichsausstellung Schaffendes Volk 1937 in Düsseldorf und bis in den Zweiten Weltkrieg hinein Mitglied des Düsseldorfer Stadtrats. 1927 verlieh ihm die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen die Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E.h.) wegen seiner Verdienste um die Neuordnung des internationalen Stahlmarkts und um die GeSoLei. Nach der Besetzung Elsass-Lothringens durch die Nationalsozialisten verlieh ihm auch seine alte Alma mater Straßburg einen Ehren-Doktor.
Poensgen gründete mit anderen Unternehmern die gemeinnützige Ernst-Poensgen-Stiftung zur Förderung von Kunst und Wissenschaft mit Sitz in Düsseldorf.[14] Wie vordem seine Mutter unterstützte er das Düsseldorfer Schauspielhaus.
Bis ins höhere Alter sportlich aktiv, war er auch ein Förderer des Sports in Düsseldorf. Er gehörte zu den Gründern und Vorsitzenden des Tennisvereins Rochusclub und unterstützte 1927 dessen Ausbau. Nach ihm sind die Poensgen-Spiele der Tennisdamen benannt worden. Vorrangig für die Hauptverwaltung der "Vereinigten Stahlwerke" ließ er 1937 in Düsseldorf-Lierenfeld ein Sportstadion, die Ernst-Poensgen-Kampfbahn,[15] für den Düsseldorfer SV errichten. Er veranlasste den Bau des Düsseldorfer Eisstadions an der Brehmstraße und den Zusammenschluss verschiedener Eissport-Vereine zur Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft (DEG). Zur Anerkennung für die Verdienste um die Stadt wurde die frühere Stadtwaldstraße umbenannt in Ernst-Poensgen-Allee.
In Bonn war Poensgen seit dem Auszug von Lili Hammerschmidt, der Mutter seiner zweiten Frau, aus der Villa Hammerschmidt im Jahr 1928 zuständig für die weitere Nutzung des gesamten Anwesens.
Familie
Ernst Poensgen mit Sohn Georg und Vater Carl, etwa 1903
Herkunft, Eltern und Geschwister
Ernst Poensgen stammt aus der weit verzweigten Familie Poensgen, deren Mitglieder zunächst in der Eifel, seit etwa 1860 im Raum Düsseldorf zahlreiche Unternehmen der Eisenindustrie gegründet hatten. Er war das erste von zehn Kindern von Carl Poensgen (27. Januar 1838 - 3. November 1921) und Clara geb. Poensgen (14. Juni 1846 - 4. August 1910). Von seinen 9 Geschwistern hatte zumindest der zweitjüngste, Kurt (24. November 1885 - 8. März 1944), Kinder: Aus der Ehe mit Elisabeth ("Lilli"), geb. Gelpcke stammen neben dem Sohn Carl Poensgen (25. Juli 1922 - 23. August 1944) die Tochter Christa ("Kika") Elisabeth Poensgen (1. Mai 1926), die am 13. Juli 1955 den späteren HNO-Professor Norbert Karl Willm Wagemann heiratete. Ein weiterer Bruder, Albert Poensgen (1881–1976) wurde Finanzgerichtspräsident und mehrfacher Welt- und Vizeweltmeister im Billardsport.
Ehen und Kinder
26. September 1895 in Berlin mit Elisabeth geb. Cohnitz (1876–1917) aus Langerfeld bei (Wuppertal-) Barmen, gemeinsamer Sohn und einziges Kind von Ernst Poensgen: Georg Poensgen (7. Dezember 1898 – 11. Januar 1974), Verfasser zahlreicher Werke der Kunstgeschichte vor allem des Mittelalters, als Hauptmann im Oktober 1941 beteiligt an der Verbringung des Bernsteinzimmers vom Katharinen-Palais in Puschkin bei Leningrad nach Königsberg, Direktor des Kurpfälzischen Museums Heidelberg, verheiratet mit Emma Elisabeth Agnes Hübner (6. Januar 1898 - 4. März 1980), ohne Kinder. Auf Initiative von Ernst Poensgen wuchs Alfred Sohn-Rethel als Ziehkind zusammen mit Georg auf.
30. Oktober 1918 in Düsseldorf mit Louise Julie gen. „Lulu“ geb. Hammerschmidt (1885–1944), einer Tochter von Rudolf Hammerschmidt und in erster Ehe verheiratet mit Dr. Hans Wolff; diese Ehe blieb kinderlos.
Weitere Verwandte
Carl Rudolf Poensgen war einer der zahlreichen Vettern von Ernst Poensgen; er ist wie dieser in Düsseldorf auf Grund seines Mäzenatentums bekannt.
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