Der Sittlichkeitsverein
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Der Sittlichkeitsverein
Sittlichkeitsvereine entstanden Ende des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland. Sie dienten der Bekämpfung der "Unsittlichkeit", mit der vor allem Prostitution gemeint war, wandten sich gegen die staatliche Regulierung der Prostitution und setzten sich für den "moralischen Schutz" der Jugend ein.
Die „XVI. Allgemeine Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereine“, die vom 2. bis 4. Oktober 1904 in Köln stattfand, hatte als Programmpunkte u. a. „Der Einfluß der verschiedenen Weltanschauungen unserer Zeit auf die öffentliche Sittlichkeit“, „Alkoholismus und Unsittlichkeit“ oder „Das Treiben und die Gefahr der Homosexuellen“. Der unmittelbar folgende zweitägige „Internationale Kongreß gegen die unsittliche Literatur“ wurde von Delegierten vieler europäischer Länder besucht und erhielt Zustimmung und Unterstützung höchster Kreise, z. B. des Reichskanzlers Bernhard von Bülow und des preußischen Justizministers. Die Teilnehmenden kamen vor allem aus den Kreisen der Geistlichkeit und des Bürgertums. Auch dem Kölner Karneval wurde dabei „schändliches Treiben“ vorgeworfen. Zunehmend gerieten diese Vereine gesellschaftlich aber auch in den Ruch des Moralisierenden und Scheinheiligen.
Vorreiter der Sittlichkeitsbewegung in Deutschland war Hanna Bieber-Böhm (1851–1910) mit ihrem 1889 gegründeten Verein "Jugendschutz". Die Sittlichkeitsbewegung in Deutschland ging hervor aus der in England von Josephine Butler initiierten Kampagne gegen die staatlichen "Contagious Diseases Acts", die Prostituierte, nicht aber ihre männlichen Kunden oder die Zuhälter, für die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten verantwortlich machten. Wie Butler attackierten die deutschen Feministinnen, aber auch Frauen und Männer unterschiedlichster politischer und religiöser Überzeugungen, unter dem Schlagwort "Abolitionismus", einem Kürzel für "the Abolition of the Stare Regulation of Vice", den "Staat als obersten Zuhälter". Mit dem Abolitionismus wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die zuvor nicht öffentlich diskutiert worden waren, darunter die Vorstellung vom "natürlichen" Sexualitätsdrang der Männer, der gesellschaftlichen Verpflichtung von Frauen auf "sexuelle Reinheit" und "Sittsamkeit" sowie von Prostituierten als Gegensatz zur bürgerlichen Hausfrau und Mutter.
Während Frauenrechtlerinnen der ersten Frauenbewegung sich in internationaler Kooperation erfolgreich für die Ersetzung der männlichen Sittenpolizei durch weibliche Polizisten zum Schutz von Prostituierten und Jugendlichen einsetzten, organisierten sich Prostituierte als "Huren" während der zweiten Frauenbewegung ausgehend von Frankreich in selbständigen Vereinen, wie z.B. Hydra e.V. Teile der Frauenbewegung seit den 1960er Jahren verstanden Prostitution als Sexarbeit oder sexuelle Dienstleistung. Auf diesem Hintergrund kam es auch in Deutschland 2001 zum "Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten", das die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten verbesserte.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Die „XVI. Allgemeine Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereine“, die vom 2. bis 4. Oktober 1904 in Köln stattfand, hatte als Programmpunkte u. a. „Der Einfluß der verschiedenen Weltanschauungen unserer Zeit auf die öffentliche Sittlichkeit“, „Alkoholismus und Unsittlichkeit“ oder „Das Treiben und die Gefahr der Homosexuellen“. Der unmittelbar folgende zweitägige „Internationale Kongreß gegen die unsittliche Literatur“ wurde von Delegierten vieler europäischer Länder besucht und erhielt Zustimmung und Unterstützung höchster Kreise, z. B. des Reichskanzlers Bernhard von Bülow und des preußischen Justizministers. Die Teilnehmenden kamen vor allem aus den Kreisen der Geistlichkeit und des Bürgertums. Auch dem Kölner Karneval wurde dabei „schändliches Treiben“ vorgeworfen. Zunehmend gerieten diese Vereine gesellschaftlich aber auch in den Ruch des Moralisierenden und Scheinheiligen.
Vorreiter der Sittlichkeitsbewegung in Deutschland war Hanna Bieber-Böhm (1851–1910) mit ihrem 1889 gegründeten Verein "Jugendschutz". Die Sittlichkeitsbewegung in Deutschland ging hervor aus der in England von Josephine Butler initiierten Kampagne gegen die staatlichen "Contagious Diseases Acts", die Prostituierte, nicht aber ihre männlichen Kunden oder die Zuhälter, für die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten verantwortlich machten. Wie Butler attackierten die deutschen Feministinnen, aber auch Frauen und Männer unterschiedlichster politischer und religiöser Überzeugungen, unter dem Schlagwort "Abolitionismus", einem Kürzel für "the Abolition of the Stare Regulation of Vice", den "Staat als obersten Zuhälter". Mit dem Abolitionismus wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die zuvor nicht öffentlich diskutiert worden waren, darunter die Vorstellung vom "natürlichen" Sexualitätsdrang der Männer, der gesellschaftlichen Verpflichtung von Frauen auf "sexuelle Reinheit" und "Sittsamkeit" sowie von Prostituierten als Gegensatz zur bürgerlichen Hausfrau und Mutter.
Während Frauenrechtlerinnen der ersten Frauenbewegung sich in internationaler Kooperation erfolgreich für die Ersetzung der männlichen Sittenpolizei durch weibliche Polizisten zum Schutz von Prostituierten und Jugendlichen einsetzten, organisierten sich Prostituierte als "Huren" während der zweiten Frauenbewegung ausgehend von Frankreich in selbständigen Vereinen, wie z.B. Hydra e.V. Teile der Frauenbewegung seit den 1960er Jahren verstanden Prostitution als Sexarbeit oder sexuelle Dienstleistung. Auf diesem Hintergrund kam es auch in Deutschland 2001 zum "Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten", das die rechtliche und soziale Situation von Prostituierten verbesserte.
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