Die Inzucht beim Menschen
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Die Inzucht beim Menschen
Als Inzucht beim Menschen wird die Fortpflanzung relativ naher Blutsverwandter miteinander bezeichnet. Inzest ist dagegen der Geschlechtsverkehr relativ naher Blutsverwandter unabhängig von der Fortpflanzung. Die Heirat unter Verwandten (unabhängig von Geschlechtsverkehr und Fortpflanzung) wird als Verwandtenheirat bezeichnet.
Inzucht beim Menschen und Erbkrankheiten
Erkenntnisse der Humangenetik und Vererbungslehre lassen darauf schließen, dass Inzucht beim Menschen das Auftreten von Erbkrankheiten – verbunden mit anfälliger Gesundheit – erhöht. Dies könnte zu der Hypothese führen, dass „genetische Gesundheit“ durch besonders „familienfremde Partnerwahl“ erzielt werden könne.
Die meisten Erbkrankheiten werden rezessiv vererbt, also von anderen Merkmalen überlagert. Jeder Mensch trägt Anlagen für bestimmte Krankheiten in sich, ist aber trotzdem gesund, da er auch die gesunde Erbinformation besitzt und diese bestimmend ist. Einige Erbkrankheiten können nur dann ausbrechen, wenn beide Elternteile dieselbe genetische Information für „krank“ in sich tragen und beide diese identische Information an dasselbe Kind weitergeben. Bei zwei blutsverwandten Geschwistern besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie eine in ihrer Familie vorhandene kranke Erbanlage in sich tragen.
Wenn vollbürtige Geschwister, die beide Träger derselben Erbkrankheit sind, miteinander Kinder zeugen, wird sich die krankhafte Ausprägung des Gens (Allel) in 50 Prozent der männlichen Samenzellen und der weiblichen Eizellen wiederfinden. Folglich werden im Durchschnitt auch die Hälfte der Kinder das Gen für die Krankheit erben. Für deren Nachkommen (die Enkel der Geschwister) liegt die Wahrscheinlichkeit noch bei 25 Prozent, jeweils zwei Kopien desselben kranken Gens in sich zu tragen. Demgegenüber liegt das Risiko bei nicht miteinander blutsverwandten Paaren bei durchschnittlich 3 Prozent, weil sehr viel seltener die Träger desselben kranken Gens zusammenkommen.
Das durchschnittliche Risiko für die Vererbung einer Erbkrankheit beträgt bei nicht blutsverwandten Partnern rund 3 Prozent. Hier ist alleine schon die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass beide dieselbe kranke Erbinformation in sich tragen. Gehören aber beide Partner einer Familie an, in der eine solche Krankheitsinformation vorkommt, steigt die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches, dass beide dieselbe kranke Information in sich tragen. Ein von ihnen gezeugtes Kind kann also von beiden Elternteilen die Erbkrankheit übertragen bekommen.
Das Risiko für die Vererbung einer vorhandenen Erbkrankheit beträgt für Paare:[1][2]
3 Prozent für nicht blutsverwandte Partner
4 Prozent für blutsverwandte Cousin–Cousine 2. Grades
6 Prozent für blutsverwandte Cousin–Cousine 1. Grades
13 Prozent für blutsverwandte Onkel–Nichte, Tante–Neffe oder Großelternteil–Enkelkind oder Halbgeschwister
25 Prozent für blutsverwandte Vater–Tochter, Mutter–Sohn oder vollbürtige Bruder–Schwester
Diese Angaben entsprechen den sogenannten Inzuchtkoeffizienten, die sich aus dem halben genetischen Verwandtschaftskoeffizienten zwischen zwei Personen berechnen (Übereinstimmung der Erbanlagen). Bezüglich der Vererbung von Erbkrankheiten muss auch zwischen dominanten und zurücktretenden rezessiven Erbinformationen unterschieden werden (siehe Medizinische Aspekte von Inzest).
Das größte Risiko für die Vererbung von genetisch bedingten Krankheiten liegt bei den gemeinsamen Nachkommen von Blutsverwandten, die ihrerseits voneinander abstammen oder Geschwister sind (zwischen diesen besteht in Deutschland ein Eheverbot). Bei Partnern, die Cousin und Cousine 1. Grades sind, ist das Risiko viel geringer, aber noch doppelt so hoch wie bei nicht verwandten Paaren. Ab Cousin–Cousine 2. Grades (gemeinsame Vorfahren sind die Urgroßeltern) entspricht das Risiko etwa dem von unverwandten Paaren, ab Cousin–Cousine 3. Grades ist das Risiko gleich hoch (sie stammen von einem gemeinsamen Ururgroßelternteil ab).
Humangenetische Beratung
Die Inzucht beim Menschen spielt eine große Rolle in der genetischen Beratung zu vererbbaren Krankheiten. Um das Risiko von Erbkrankheiten genauer einschätzen zu können, werden Ahnenlisten aus mutter- und vaterseitigen biologischen Abstammungslinien erstellt.
Mögliche positive Auswirkungen
Es gibt aber erste Hinweise, die dem entgegenstehen und die den Ahnenschwund nicht nur als eine mathematische Notwendigkeit erscheinen lassen, sondern ihm eventuell auch eine biologisch positive Auswirkung geben: Aus Daten der vom Pharmaunternehmen DeCODE Genetics durchgeführten Studie der genetischen und sozialen Bevölkerungsverzweigung Islands ist ersichtlich, dass Frauen im frühen 19. Jahrhundert, die mit einem Cousin dritten oder vierten Grades verheiratet waren, deutlich an der Spitze der kinderreichsten Mütter standen: So hatten beispielsweise Frauen, die mit einem Cousin dritten Grades verheiratet waren, im rechnerischen Durchschnitt 4,04 Kinder und 9,17 Enkel, während Frauen, die mit einem Cousin achten (oder weiter entfernten) Grades verheiratet waren, nur 3,34 Kinder und 7,31 Enkel hatten. Wenn sich diese Daten erhärten lassen, könnte dies bedeuten, dass es für Kinder- und in Folge für Enkelanzahl eine „optimale familiäre Distanz“ geben könnte.[3][4][5]
Siehe auch
Erbkrankheiten in endogamen Populationen
Erbkrankheiten beim Adel
Quelle - literatur & einzelnachweise
Inzucht beim Menschen und Erbkrankheiten
Erkenntnisse der Humangenetik und Vererbungslehre lassen darauf schließen, dass Inzucht beim Menschen das Auftreten von Erbkrankheiten – verbunden mit anfälliger Gesundheit – erhöht. Dies könnte zu der Hypothese führen, dass „genetische Gesundheit“ durch besonders „familienfremde Partnerwahl“ erzielt werden könne.
Die meisten Erbkrankheiten werden rezessiv vererbt, also von anderen Merkmalen überlagert. Jeder Mensch trägt Anlagen für bestimmte Krankheiten in sich, ist aber trotzdem gesund, da er auch die gesunde Erbinformation besitzt und diese bestimmend ist. Einige Erbkrankheiten können nur dann ausbrechen, wenn beide Elternteile dieselbe genetische Information für „krank“ in sich tragen und beide diese identische Information an dasselbe Kind weitergeben. Bei zwei blutsverwandten Geschwistern besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie eine in ihrer Familie vorhandene kranke Erbanlage in sich tragen.
Wenn vollbürtige Geschwister, die beide Träger derselben Erbkrankheit sind, miteinander Kinder zeugen, wird sich die krankhafte Ausprägung des Gens (Allel) in 50 Prozent der männlichen Samenzellen und der weiblichen Eizellen wiederfinden. Folglich werden im Durchschnitt auch die Hälfte der Kinder das Gen für die Krankheit erben. Für deren Nachkommen (die Enkel der Geschwister) liegt die Wahrscheinlichkeit noch bei 25 Prozent, jeweils zwei Kopien desselben kranken Gens in sich zu tragen. Demgegenüber liegt das Risiko bei nicht miteinander blutsverwandten Paaren bei durchschnittlich 3 Prozent, weil sehr viel seltener die Träger desselben kranken Gens zusammenkommen.
Das durchschnittliche Risiko für die Vererbung einer Erbkrankheit beträgt bei nicht blutsverwandten Partnern rund 3 Prozent. Hier ist alleine schon die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass beide dieselbe kranke Erbinformation in sich tragen. Gehören aber beide Partner einer Familie an, in der eine solche Krankheitsinformation vorkommt, steigt die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches, dass beide dieselbe kranke Information in sich tragen. Ein von ihnen gezeugtes Kind kann also von beiden Elternteilen die Erbkrankheit übertragen bekommen.
Das Risiko für die Vererbung einer vorhandenen Erbkrankheit beträgt für Paare:[1][2]
3 Prozent für nicht blutsverwandte Partner
4 Prozent für blutsverwandte Cousin–Cousine 2. Grades
6 Prozent für blutsverwandte Cousin–Cousine 1. Grades
13 Prozent für blutsverwandte Onkel–Nichte, Tante–Neffe oder Großelternteil–Enkelkind oder Halbgeschwister
25 Prozent für blutsverwandte Vater–Tochter, Mutter–Sohn oder vollbürtige Bruder–Schwester
Diese Angaben entsprechen den sogenannten Inzuchtkoeffizienten, die sich aus dem halben genetischen Verwandtschaftskoeffizienten zwischen zwei Personen berechnen (Übereinstimmung der Erbanlagen). Bezüglich der Vererbung von Erbkrankheiten muss auch zwischen dominanten und zurücktretenden rezessiven Erbinformationen unterschieden werden (siehe Medizinische Aspekte von Inzest).
Das größte Risiko für die Vererbung von genetisch bedingten Krankheiten liegt bei den gemeinsamen Nachkommen von Blutsverwandten, die ihrerseits voneinander abstammen oder Geschwister sind (zwischen diesen besteht in Deutschland ein Eheverbot). Bei Partnern, die Cousin und Cousine 1. Grades sind, ist das Risiko viel geringer, aber noch doppelt so hoch wie bei nicht verwandten Paaren. Ab Cousin–Cousine 2. Grades (gemeinsame Vorfahren sind die Urgroßeltern) entspricht das Risiko etwa dem von unverwandten Paaren, ab Cousin–Cousine 3. Grades ist das Risiko gleich hoch (sie stammen von einem gemeinsamen Ururgroßelternteil ab).
Humangenetische Beratung
Die Inzucht beim Menschen spielt eine große Rolle in der genetischen Beratung zu vererbbaren Krankheiten. Um das Risiko von Erbkrankheiten genauer einschätzen zu können, werden Ahnenlisten aus mutter- und vaterseitigen biologischen Abstammungslinien erstellt.
Mögliche positive Auswirkungen
Es gibt aber erste Hinweise, die dem entgegenstehen und die den Ahnenschwund nicht nur als eine mathematische Notwendigkeit erscheinen lassen, sondern ihm eventuell auch eine biologisch positive Auswirkung geben: Aus Daten der vom Pharmaunternehmen DeCODE Genetics durchgeführten Studie der genetischen und sozialen Bevölkerungsverzweigung Islands ist ersichtlich, dass Frauen im frühen 19. Jahrhundert, die mit einem Cousin dritten oder vierten Grades verheiratet waren, deutlich an der Spitze der kinderreichsten Mütter standen: So hatten beispielsweise Frauen, die mit einem Cousin dritten Grades verheiratet waren, im rechnerischen Durchschnitt 4,04 Kinder und 9,17 Enkel, während Frauen, die mit einem Cousin achten (oder weiter entfernten) Grades verheiratet waren, nur 3,34 Kinder und 7,31 Enkel hatten. Wenn sich diese Daten erhärten lassen, könnte dies bedeuten, dass es für Kinder- und in Folge für Enkelanzahl eine „optimale familiäre Distanz“ geben könnte.[3][4][5]
Siehe auch
Erbkrankheiten in endogamen Populationen
Erbkrankheiten beim Adel
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