Vita Karoli Magni
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Vita Karoli Magni
Die Vita Karoli Magni ist eine von dem fränkischen Gelehrten Einhard im 9. Jahrhundert verfasste Vita des fränkischen Königs und Kaisers Karls des Großen. Es handelt sich um ein literarisches Kunstwerk der mittellateinischen Literatur aus der karolingischen Renaissance von hohem Rang und programmatischer Bedeutung. Lupus von Ferrières äußerte sich in einem Brief an Einhard entsprechend bewundernd über den eleganten Sprachstil dieser Biographie.[1]
Szene zu Der Stricker, Karl aus der Handschrift St. Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. Vad. 302 II, fol. 35v aus dem 13. Jahrhundert (um 1300)
Historisierte Initiale V zu Einhard, Vita Karoli aus der Handschrift Paris, BnF, Latin 5927 fol. 280v, Abbaye Saint-Martial de Limoges, ca. 1050 (?)
Überblick
Im Vorwort erläutert Einhard den Zweck des Unternehmens und rechtfertigt seinen Anspruch, als Autor aufzutreten, mit der Verpflichtung gegenüber Karl und dessen Memoria (Gedenken). Es folgt eine kurze Darstellung des Übergangs der fränkischen Königsherrschaft von den Merowingern auf den Hausmeier Pippin. Anschließend beschreibt er im ersten Hauptteil des Werkes die Taten Karls, insbesondere die von ihm geführten Kriege sowie seine Bauten. Der zweite Hauptteil enthält Informationen über Karls Äußeres, seine Lebensgewohnheiten, seine Bildung und seine Familie. Auch Karls Maßnahmen zur Pflege von Kultur, Religion und Recht werden geschildert. Erst in diesem Zusammenhang, gleichsam als Fußnote zu den Gründen seiner letzten Romreise, findet sich ein knapper Hinweis auf die Kaiserkrönung. Angeblich soll Karl geäußert haben, er hätte trotz des Weihnachtsfestes die Kirche nicht betreten, wenn er den Plan des Papstes gekannt hätte. Die Stelle (c. 28) spielt eine Schlüsselrolle in der Diskussion um die Kaiserkrönung Karls des Großen. Am Schluss des Werkes findet sich ein Bericht über den Tod Karls des Großen und sein Testament.
Im Aufbau und Stil ist das Werk stark beeinflusst von den antiken Kaiserbiographien Suetons, was auch das rubrizierende Verfahren (thematischen Schemen folgend) anstelle einer chronologische Erzählung erklärt. Das Werk zeigt aber deutlich panegyrische Tendenzen: Karl der Große wird ausschließlich positiv dargestellt und verherrlicht. Gleichzeitig sollte das Beispiel Karls eine Ermahnung für seine Söhne sein, besonders für Ludwig. Ob das Werk als Kritik an Ludwig dem Frommen zu lesen ist, was eine Spätdatierung voraussetzt, ist in der Forschung ebenso umstritten, wie die Datierungsfrage. Die Ansätze reichen von 817 bis 836.[2]
Umstritten ist ebenfalls die Frage nach dem Herrscherbild, das Einhard vermittelt. Gegen die verbreitete Auffassung, die Herunterspielung der Kaiserkrönung, des Kaisertitels und des kaiserlichen Ornats und Zeremoniells sowie der Bedeutung des Papstes sei als Bekenntnis Einhards zur Tradition des fränkischen Königtums zu werten und damit als Beweis seiner Abneigung gegen das römische Kaisertum anzusehen, wurde zuletzt geltend gemacht, dass zwischen der Kaiserwürde und deren Repräsentationsformen zu unterscheiden sei. Die Abwertung letzterer diene nur dem Ziel, ein in überragender Leistung und Tugend zum Ausdruck kommendes wahres Kaisertum Karls, das solcher Repräsentationsformen gar nicht bedürfe, einem Scheinkaisertum der oströmischen Kaiser gegenüberzustellen, das sich mangels Fundierung durch Leistung und Tugend allein auf äußere Formen stützen könne. Das Paradigma für seine Sicht der Dinge habe Einhard im Merowingerexkurs vorgeführt und es dem Leser überlassen, auf der Grundlage der dort entwickelten Beurteilungskriterien die Frage nach dem wahren Kaiser zu entscheiden.[3]
Aufgrund der Voreingenommenheit des Autors ist der Quellenwert der Vita mitunter nicht unproblematisch. Die Vita ist jedoch eine wichtige Ergänzung zu den anderen Quellen der Karolingerzeit und enthält auch Informationen, die sonst nirgendwo überliefert sind.
Überlieferung
Das immense Interesse an Karl dem Großen und der außerordentliche literarische Erfolg seines Biographen lassen sich auch an der handschriftlichen Überlieferung ablesen. Die Vita Karoli Magni gehört mit 123 erhaltenen Handschriften bzw. Fragmenten, davon 105 aus dem Mittelalter, und weiteren bezeugten, jedoch verlorenen Exemplaren in die Spitzengruppe der Texte der lateinischen Literatur des Mittelalters, die die breiteste handschriftliche Überlieferung überhaupt aufweisen.[4] Zumeist wurde sie in Sammelhandschriften zusammen mit weiteren Texten über Karl den Großen sowie anderem historiographischem Material überliefert.[5] Trotzdem dauerte es nach der Erfindung des Buchdrucks immerhin ein Dreiviertel Jahrhundert, bis die Editio princeps, die erste gedruckte Ausgabe, des historisch interessierten Humanisten Beatus Rhenanus bei Johannes Soter, Köln 1521, erschien.
Ausgaben und Übersetzungen
Hermann von Neuenahr (Hrsg.): Vita Et Gesta Karoli Magni per Eginhartum descripta. Johannes Soter, Köln 1521 (editio princeps)
Oswald Holder-Egger (Ed.): Einhardi Vita Karoli Magni. (Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 25). Hahn, sechste Aufl. Hannover 1911 (online) (maßgebliche kritische Edition)
Einhard: Vita Karoli Magni. Lat./Dt. Übers., Anm. u. Nachw. von Evelyn Scherabon Firchow. Reclam Verlag, Ditzingen 1986 (und NDe), ISBN 3-15-001996-6
Einhard: Das Leben Karls des Großen (lateinisch und deutsch). In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe), Bd. 5, Darmstadt 1955, S. 157–211.
Quelle n- literatur & Einzelnachweise
Szene zu Der Stricker, Karl aus der Handschrift St. Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. Vad. 302 II, fol. 35v aus dem 13. Jahrhundert (um 1300)
Historisierte Initiale V zu Einhard, Vita Karoli aus der Handschrift Paris, BnF, Latin 5927 fol. 280v, Abbaye Saint-Martial de Limoges, ca. 1050 (?)
Überblick
Im Vorwort erläutert Einhard den Zweck des Unternehmens und rechtfertigt seinen Anspruch, als Autor aufzutreten, mit der Verpflichtung gegenüber Karl und dessen Memoria (Gedenken). Es folgt eine kurze Darstellung des Übergangs der fränkischen Königsherrschaft von den Merowingern auf den Hausmeier Pippin. Anschließend beschreibt er im ersten Hauptteil des Werkes die Taten Karls, insbesondere die von ihm geführten Kriege sowie seine Bauten. Der zweite Hauptteil enthält Informationen über Karls Äußeres, seine Lebensgewohnheiten, seine Bildung und seine Familie. Auch Karls Maßnahmen zur Pflege von Kultur, Religion und Recht werden geschildert. Erst in diesem Zusammenhang, gleichsam als Fußnote zu den Gründen seiner letzten Romreise, findet sich ein knapper Hinweis auf die Kaiserkrönung. Angeblich soll Karl geäußert haben, er hätte trotz des Weihnachtsfestes die Kirche nicht betreten, wenn er den Plan des Papstes gekannt hätte. Die Stelle (c. 28) spielt eine Schlüsselrolle in der Diskussion um die Kaiserkrönung Karls des Großen. Am Schluss des Werkes findet sich ein Bericht über den Tod Karls des Großen und sein Testament.
Im Aufbau und Stil ist das Werk stark beeinflusst von den antiken Kaiserbiographien Suetons, was auch das rubrizierende Verfahren (thematischen Schemen folgend) anstelle einer chronologische Erzählung erklärt. Das Werk zeigt aber deutlich panegyrische Tendenzen: Karl der Große wird ausschließlich positiv dargestellt und verherrlicht. Gleichzeitig sollte das Beispiel Karls eine Ermahnung für seine Söhne sein, besonders für Ludwig. Ob das Werk als Kritik an Ludwig dem Frommen zu lesen ist, was eine Spätdatierung voraussetzt, ist in der Forschung ebenso umstritten, wie die Datierungsfrage. Die Ansätze reichen von 817 bis 836.[2]
Umstritten ist ebenfalls die Frage nach dem Herrscherbild, das Einhard vermittelt. Gegen die verbreitete Auffassung, die Herunterspielung der Kaiserkrönung, des Kaisertitels und des kaiserlichen Ornats und Zeremoniells sowie der Bedeutung des Papstes sei als Bekenntnis Einhards zur Tradition des fränkischen Königtums zu werten und damit als Beweis seiner Abneigung gegen das römische Kaisertum anzusehen, wurde zuletzt geltend gemacht, dass zwischen der Kaiserwürde und deren Repräsentationsformen zu unterscheiden sei. Die Abwertung letzterer diene nur dem Ziel, ein in überragender Leistung und Tugend zum Ausdruck kommendes wahres Kaisertum Karls, das solcher Repräsentationsformen gar nicht bedürfe, einem Scheinkaisertum der oströmischen Kaiser gegenüberzustellen, das sich mangels Fundierung durch Leistung und Tugend allein auf äußere Formen stützen könne. Das Paradigma für seine Sicht der Dinge habe Einhard im Merowingerexkurs vorgeführt und es dem Leser überlassen, auf der Grundlage der dort entwickelten Beurteilungskriterien die Frage nach dem wahren Kaiser zu entscheiden.[3]
Aufgrund der Voreingenommenheit des Autors ist der Quellenwert der Vita mitunter nicht unproblematisch. Die Vita ist jedoch eine wichtige Ergänzung zu den anderen Quellen der Karolingerzeit und enthält auch Informationen, die sonst nirgendwo überliefert sind.
Überlieferung
Das immense Interesse an Karl dem Großen und der außerordentliche literarische Erfolg seines Biographen lassen sich auch an der handschriftlichen Überlieferung ablesen. Die Vita Karoli Magni gehört mit 123 erhaltenen Handschriften bzw. Fragmenten, davon 105 aus dem Mittelalter, und weiteren bezeugten, jedoch verlorenen Exemplaren in die Spitzengruppe der Texte der lateinischen Literatur des Mittelalters, die die breiteste handschriftliche Überlieferung überhaupt aufweisen.[4] Zumeist wurde sie in Sammelhandschriften zusammen mit weiteren Texten über Karl den Großen sowie anderem historiographischem Material überliefert.[5] Trotzdem dauerte es nach der Erfindung des Buchdrucks immerhin ein Dreiviertel Jahrhundert, bis die Editio princeps, die erste gedruckte Ausgabe, des historisch interessierten Humanisten Beatus Rhenanus bei Johannes Soter, Köln 1521, erschien.
Ausgaben und Übersetzungen
Hermann von Neuenahr (Hrsg.): Vita Et Gesta Karoli Magni per Eginhartum descripta. Johannes Soter, Köln 1521 (editio princeps)
Oswald Holder-Egger (Ed.): Einhardi Vita Karoli Magni. (Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 25). Hahn, sechste Aufl. Hannover 1911 (online) (maßgebliche kritische Edition)
Einhard: Vita Karoli Magni. Lat./Dt. Übers., Anm. u. Nachw. von Evelyn Scherabon Firchow. Reclam Verlag, Ditzingen 1986 (und NDe), ISBN 3-15-001996-6
Einhard: Das Leben Karls des Großen (lateinisch und deutsch). In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters (Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe), Bd. 5, Darmstadt 1955, S. 157–211.
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