Die Nakoniden
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Die Nakoniden
Die Nakoniden sind ein elbslawisches Adels- bzw. Häuptlingsgeschlecht, mit dem sich von 960 bis 1129 sowohl die Hoffnungen als auch das Scheitern der Elbslawen in dem Bemühen um eine mit der polnischen vergleichbare Staatsbildung verbanden.
Dynastie
Die Zusammenfassung zur nach Nakon benannten Dynastie dürfte jüngeren Datums sein. Heinz Stoob stellte in seiner Neuübersetzung der Slawenchronik des Helmold von Bosau als erster ein Stemma der Nakoniden auf. Die wichtigsten Quellen für diese Dynastie sind außer Helmold Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen sowie der Däne Saxo Grammaticus.
Es besteht Unsicherheit über die Rangbezeichnung dieser Machthaber: Waren sie Könige, Herzöge oder Häuptlinge? Die meisten Historiker bezeichnen sie als „Samtherrscher“. Im lateinischen Text heißen sie abwechselnd „regulus“ (Kleinkönig), „dux“ (Herzog) oder „tyrannus“ (Herrscher). Im Zusammenhang mit Knud Lavard, also einem Nichtobotriten, findet sich auch die slawische Bezeichnung Knes.
Die Nakoniden gehörten dem Volk der Abodriten an, das seinerseits in die Unterstämme der Wagrier mit dem Hauptort Starigard/Oldenburg, der Polaben mit den Hauptorten Liubice und Ratzeburg, der Linonen mit dem Hauptort Lenzen an der Elbe sowie der Warnower zerfiel. Diese Stämme hatten jeder seinen Stammeschef, doch scheint es Nakon als erstem gelungen zu sein, sich bei allen Obodriten Respekt zu verschaffen, da ihnen die benachbarten Sachsen je länger desto mehr zu schaffen machten.
Zum Verständnis der politischen Situation der Abodriten muss darauf hingewiesen werden, dass sie mit Karl dem Großen verbündet waren(Schlacht auf dem Sventanafeld), als er die Sachsen unterwarf. Als Grenzscheide zwischen den Sachsen (vorwiegend den Holsten und Stormarn) und Abodriten diente der mit Karl verabredete so genannte Limes Saxoniae, der kein befestigter Grenzwall war, sondern nur aus Wäldern, Heidegebieten und Flüssen bestand, z.B. der Trave. Mit den weiter östlich wohnenden Liutizen, wahrscheinlich den früheren Wilzen, verband die Abodriten eine dauerhafte Stammesrivalität.
Spätestens seit es den Polen bzw. Polanen etwa seit 960 durch Mieszko I. aus dem Geschlecht der Piasten gelang, die auch dort bestehenden Stammesegoismen zu überwinden und zu einer christlich überbauten politischen Einheit zu finden, wurde den Elbslawen deutlich, dass es sich ihnen anbot, den gleichen Weg zu gehen. Nur als christlicher Stammesverband hatten sie eine Chance, sich dem Missionsdruck der Sachsen, der immer auf politische Unterwerfung hinauslief, zu entziehen. Deshalb suchten die Nakoniden immer wieder die Anlehnung an das sich christianisierende Dänemark und die Annäherung ans Christentum, wurden durch den damit verbundenen Zehnten und drastische zusätzliche Steuern jedoch auch immer wieder zurückgestoßen, ganz abgesehen davon, dass die Stämme mit ihren Stammesgottheiten (z.B. Prove in Wagrien, Radegast in Mecklenburg, Swantewit bei den Ranen auf Rügen) auch ihre Identität verbanden und deshalb nicht leichthin bereit waren, sie einer als fremdartig empfundenen Religion aufzuopfern. Das Schwanken zwischen ursprünglicher und christlicher Religion drückt sich u.a. darin aus, dass mehrere dieser Fürsten sowohl einen slawischen wie einen sächsischen Namen führten, was es manchmal nicht leicht macht, die Quellen korrekt zu interpretieren. So könnte sich unter dem Slawenfürsten Billung des Helmold durchaus Nakos Sohn Mstivoj verbergen. Die Dramatik der Konflikte um die Vorherrschaft im westlichen Ostseeraum erhellt auch daraus, dass nur wenige Nakoniden eines natürlichen Todes starben.
Bei den folgenden Angaben in Klammern handelt es sich um die Zeit der jeweiligen Regentschaft.
Nakon
Nakon (auch Nako, Nakko, Nacco) (954 bis 965/67) erhob sich mit seinem Bruder Stoignew gegen Herzog Hermann Billung, den Markgrafen der Wendenmark. Er wurde in der Schlacht an der Raxa 955 von König Otto I., dem nachmaligen Kaiser, besiegt. Stoignew wurde enthauptet, Nakon selbst nahm wahrscheinlich das Christentum an, denn auf diese Schlacht folgte eine rund 30 Jahre währende Zeit des Friedens, in der die Slawen christlich blieben (Adam). Nakon und seine Nachfolger mit Ausnahme Heinrichs residierten meistens in der nur noch als Ringwall vorhandenen Burg Mecklenburg, benutzten aber Starigard, Liubice und Lunkini/Lenzen gleichsam als Pfalzen. Die Mecklenburg wird bereits von Ibrahim Ibn Jacub als Nakons Burg bezeichnet.[1]
Mstivoj
Ob Mstivoj (auch Mistivoj, Mistui, Mistuwoi) (965/67 bis ca. †995) Nakons Sohn war, ist nicht eindeutig bezeugt, jedenfalls folge er ihm nach und wurde mit seinem Bruder Mstidrag (auch Missidrog) zum Anführer des großen Slawenaufstands 983 bis 995.
Die Ursache dieses Aufstands wird von Adam so personalisiert: Ein Slawenfürst namens Billung (wahrscheinlich Taufname Mstivojs nach Hermann Billung, der vielleicht Taufpate war) heiratete die schöne Schwester von Bischof Wago von Oldenburg/Starigard, hatte mit ihr die Tochter Hodica und den Sohn Mstislaw, der seinen Vater, zornig auf die Habgier der Sachsen, gegen das Christentum und seine Mutter aufstachelte, bis Mstivoj seine Frau verstieß und begann, sich gegen Christentum und Bischof zu verbünden.
Helmold erzählt eine andere Geschichte: Mstivoj habe um eine Nichte von Herzog Hermann Billung geworben, die habe ihm dieser auch zugesagt, wenn er ihn auf einem Zug nach Italien begleite. Das tat Mstivoj und erinnerte nach der Rückkehr an das Versprechen. Da habe Markgraf Dietrich ausgerufen: Die hochgeborene Nichte eines großen Fürsten dürfe nicht einem Hunde gegeben werden. Daraufhin versichert sich Mstivoj der Hilfe der Liutizen und verwüstet Nordelbien mit Feuer und Schwert.
Helmold führt als Ursache und Rechtfertigung der Wendenstürme in Anlehnung an Adam immer wieder die maßlose Habgier der sächsischen Fürsten an: „Aber diese Schmach hat der Sachsen unselige Habsucht selbst hervorgebracht.“
Mstivojs Tochter Tore (auch Tofa) heiratete Harald Blauzahn.
Mstislaw
Mstislaw (auch Mistislaw, Missizla) (ca. 996 bis 1018), selbst möglicherweise Mitverursacher des Slawenaufstands, wird zum Opfer eines liutizischen Aufruhrs im Jahr 1018, dem auch das noch junge Hamburg bzw. die Hammaburg zum Opfer fällt. Gerade noch kann Mistislaw sich mit Frau und Schwiegertochter in die Burg Schwerin retten (Thietmar). Von hier aus flieht er, weil er vom Christenglauben nicht lassen will, Helmold von Bosau zufolge zum Stamm der Barden, wo er angeblich ein hohes Alter erreicht. Mstislaw und sein Vater Mstivoj sind bei Adam und Helmold zu Mstivoj verschmolzen, die Chronologie ist unübersichtlich.
Udo
Udo (auch Uto, Pribignev, Pribygnev) (1018 bis 1028) heißt bei Saxo Grammaticus noch Pribignew. Er hat sich auf den Namen Udo taufen lassen – womöglich war Graf Luder-Udo I. von Stade sein Taufpate. Adam und ihm folgend Helmold bezeichnen Udo als „schlechten Christen“ und führen seine Ermordung 1028 durch einen sächsischen Überläufer auf seine Grausamkeit zurück. Da zwei gleichzeitige Mitfürsten genannt werden (Anadrag/Anatrog und Gneus/-gnew), kann Udos Macht nicht groß gewesen sein. Er soll mit einer Dänin verheiratet gewesen sein.
Gottschalk
Gottschalk (um ca. 1000 bis 7. Juni 1066 in Lenzen) war der Sohn Udos und seiner dänischen Ehefrau (der Schwiegertochter, mit der Mstislaw sich nach Schwerin rettete). Er erfuhr in Lüneburg während seines dortigen Schulbesuchs von der Ermordung seines Vaters, habe, um ihn zu rächen, die Elbe überquert, einen Räuberhaufen zusammengesammelt und erneut Nordelbien mit Feuer und Schwert verwüstet. Hiervon habe ihn die Begegnung mit einem christlichen Sachsen abgebracht, dessen Darstellung der Leiden des Volkes sein Gewissen gerührt haben soll. Gottschalk ging 1028 zu König Knut dem Großen nach England.
Bis zu seiner Rückkehr rund 15 Jahre später bemühten sich Ratibor (†1043, Nakonide, ein anderer Abkomme Mstivojs) und weitere „tyranni“ um Einfluss: „Der Slawenherzog Ratibor wurde (1043) von den Dänen erschlagen. Er war Christ und ein sehr mächtiger Herr unter den Barbaren. Er hatte acht Söhne, Slawenfürsten, die alle von den Dänen erschlagen wurden, als sie ihren Vater zu rächen suchten“ (Adam).
1043 kehrte Gottschalk mit Sigrid nach Elbslawien zurück und rechristianisierte seinen Einflussbereich mit so großem Eifer, „dass er den dritten Teil derer bekehrte, die unter seinem Großvater Mstivoj (!) ins Heidentum zurückgefallen waren“ (Helmold). Gottschalk lehnte sich stark an Erzbischof Adalbert von Bremen und Hamburg an, der ein nordisches Patriarchat anstrebte, in das ein selbständiges Elbslawien/Nordalbingien/Abodritien gut hineingepasst hätte. Als Adalbert entmachtet worden war, zettelte wahrscheinlich Blusso, Gottschalks Schwager, einen Aufstand an. Gottschalk wurde in der Burg Lenzen erschlagen, Blusso ebenfalls, und Kruto, ein Nichtnakonide, Sohn des Grin, kam an die Macht (1066 bis 1093). Kruto wird von den Quellen als skrupelloser Heide beschrieben. „Die Tochter des Dänenkönigs (Sigrid) wurde mit ihren Frauen in der Abodritenfeste Mecklenburg entdeckt und nackend davongejagt“ (Adam). Heinrich, Gottschalks Sohn von Sigrid, rettete sich nach Dänemark.
Budivoj
Budivoj (auch Butue, Buthue) (1066 bis 1075), Gottschalks älterer Sohn von einer anderen Frau, ging an den Hof des Herzogs von Sachsen. Von dort aus versuchte er die Macht seines Vaters zurückzugewinnen, kontrollierte aber immer nur Teilgebiete und wurde von Kruto 1075 bei Plune in eine Falle gelockt und erschlagen. Der bei Helmold erwähnte Pribislaw (auch Pribizlaus) war wahrscheinlich sein Sohn; er wurde wegen seiner Gastlichkeit gerühmt und ließ sich taufen.
Heinrich
Siehe Hauptartikel: Heinrich von Alt-Lübeck
Heinrichs Söhne
Heinrich hatte vier Söhne. Waldemar († 1123) und Mstivoj († 1127) starben vor ihrem Vater. Zwischen Knut und dem erstgeborenen Sventipolk brach ein Bürgerkrieg aus, in dessen Verlauf Sventipolk Knut mit Hilfe der Holsten in der Burg Plön belagerte. Sie einigten sich auf eine Landesteilung, aber Knut wurde bereits 1128 in Lütjenburg erschlagen. Sventipolk, nunmehr Alleinherrscher in Wagrien, unternahm mit Graf Adolf von Schauenburg und den Stämmen der Holsten und Stormaren ein Feldzug gegen die Abodriten. Sie eroberten die Burg Werle und bezwangen nach fünf Wochen Belagerung die Hauptburg der Kessiner. Der mit den Sachsen siegreiche Sventipolk erlaubte Bischof Vizelin die erneute Mission in Liubice, aber nach einem Angriff der Ranen und der Zerstörung der Stadt flohen die von Vizelin entsandten Priester Ludolf und Volkward nach Faldera. Noch im gleichen Jahr wurde Sventipolk im Auftrag des reichen Holsten Daso ermordet, sein Sohn Swineke 1129 bei der Ertheneburg an der Elbe erschlagen.
Mit Swineke wurde die letzte Möglichkeit der Abodriten auf Bewahrung ihrer politischen Eigenständigkeit begraben. "So erlosch Heinrichs Geschlecht in der Herrschaft über die Slawen mit dem Tod seiner Söhne und Enkel." (Helmold I, 48).
Nachgeschichte
Knud Lavard, Thronanwärter von Dänemark, erkauft sich 1128 die Belehnung mit dem Abodritenreich von Kaiser Lothar, wird aber bereits 1131 von seinem Vetter Magnus ermordet.
1132 übernimmt Niklot, ein Nichtnakonide, die Macht im östlichen Einflussgebiet, während Budivojs Sohn Pribislaw bis 1138/39 in Wagrien regiert. Niklot fällt im Krieg gegen Sachsen und Dänen 1160. Sein Sohn Pribislaw erhält Mecklenburg als Lehen von Heinrich dem Löwen und wird zum Stammvater des Hauses Mecklenburg (bis 1918).
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Dynastie
Die Zusammenfassung zur nach Nakon benannten Dynastie dürfte jüngeren Datums sein. Heinz Stoob stellte in seiner Neuübersetzung der Slawenchronik des Helmold von Bosau als erster ein Stemma der Nakoniden auf. Die wichtigsten Quellen für diese Dynastie sind außer Helmold Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen sowie der Däne Saxo Grammaticus.
Es besteht Unsicherheit über die Rangbezeichnung dieser Machthaber: Waren sie Könige, Herzöge oder Häuptlinge? Die meisten Historiker bezeichnen sie als „Samtherrscher“. Im lateinischen Text heißen sie abwechselnd „regulus“ (Kleinkönig), „dux“ (Herzog) oder „tyrannus“ (Herrscher). Im Zusammenhang mit Knud Lavard, also einem Nichtobotriten, findet sich auch die slawische Bezeichnung Knes.
Die Nakoniden gehörten dem Volk der Abodriten an, das seinerseits in die Unterstämme der Wagrier mit dem Hauptort Starigard/Oldenburg, der Polaben mit den Hauptorten Liubice und Ratzeburg, der Linonen mit dem Hauptort Lenzen an der Elbe sowie der Warnower zerfiel. Diese Stämme hatten jeder seinen Stammeschef, doch scheint es Nakon als erstem gelungen zu sein, sich bei allen Obodriten Respekt zu verschaffen, da ihnen die benachbarten Sachsen je länger desto mehr zu schaffen machten.
Zum Verständnis der politischen Situation der Abodriten muss darauf hingewiesen werden, dass sie mit Karl dem Großen verbündet waren(Schlacht auf dem Sventanafeld), als er die Sachsen unterwarf. Als Grenzscheide zwischen den Sachsen (vorwiegend den Holsten und Stormarn) und Abodriten diente der mit Karl verabredete so genannte Limes Saxoniae, der kein befestigter Grenzwall war, sondern nur aus Wäldern, Heidegebieten und Flüssen bestand, z.B. der Trave. Mit den weiter östlich wohnenden Liutizen, wahrscheinlich den früheren Wilzen, verband die Abodriten eine dauerhafte Stammesrivalität.
Spätestens seit es den Polen bzw. Polanen etwa seit 960 durch Mieszko I. aus dem Geschlecht der Piasten gelang, die auch dort bestehenden Stammesegoismen zu überwinden und zu einer christlich überbauten politischen Einheit zu finden, wurde den Elbslawen deutlich, dass es sich ihnen anbot, den gleichen Weg zu gehen. Nur als christlicher Stammesverband hatten sie eine Chance, sich dem Missionsdruck der Sachsen, der immer auf politische Unterwerfung hinauslief, zu entziehen. Deshalb suchten die Nakoniden immer wieder die Anlehnung an das sich christianisierende Dänemark und die Annäherung ans Christentum, wurden durch den damit verbundenen Zehnten und drastische zusätzliche Steuern jedoch auch immer wieder zurückgestoßen, ganz abgesehen davon, dass die Stämme mit ihren Stammesgottheiten (z.B. Prove in Wagrien, Radegast in Mecklenburg, Swantewit bei den Ranen auf Rügen) auch ihre Identität verbanden und deshalb nicht leichthin bereit waren, sie einer als fremdartig empfundenen Religion aufzuopfern. Das Schwanken zwischen ursprünglicher und christlicher Religion drückt sich u.a. darin aus, dass mehrere dieser Fürsten sowohl einen slawischen wie einen sächsischen Namen führten, was es manchmal nicht leicht macht, die Quellen korrekt zu interpretieren. So könnte sich unter dem Slawenfürsten Billung des Helmold durchaus Nakos Sohn Mstivoj verbergen. Die Dramatik der Konflikte um die Vorherrschaft im westlichen Ostseeraum erhellt auch daraus, dass nur wenige Nakoniden eines natürlichen Todes starben.
Bei den folgenden Angaben in Klammern handelt es sich um die Zeit der jeweiligen Regentschaft.
Nakon
Nakon (auch Nako, Nakko, Nacco) (954 bis 965/67) erhob sich mit seinem Bruder Stoignew gegen Herzog Hermann Billung, den Markgrafen der Wendenmark. Er wurde in der Schlacht an der Raxa 955 von König Otto I., dem nachmaligen Kaiser, besiegt. Stoignew wurde enthauptet, Nakon selbst nahm wahrscheinlich das Christentum an, denn auf diese Schlacht folgte eine rund 30 Jahre währende Zeit des Friedens, in der die Slawen christlich blieben (Adam). Nakon und seine Nachfolger mit Ausnahme Heinrichs residierten meistens in der nur noch als Ringwall vorhandenen Burg Mecklenburg, benutzten aber Starigard, Liubice und Lunkini/Lenzen gleichsam als Pfalzen. Die Mecklenburg wird bereits von Ibrahim Ibn Jacub als Nakons Burg bezeichnet.[1]
Mstivoj
Ob Mstivoj (auch Mistivoj, Mistui, Mistuwoi) (965/67 bis ca. †995) Nakons Sohn war, ist nicht eindeutig bezeugt, jedenfalls folge er ihm nach und wurde mit seinem Bruder Mstidrag (auch Missidrog) zum Anführer des großen Slawenaufstands 983 bis 995.
Die Ursache dieses Aufstands wird von Adam so personalisiert: Ein Slawenfürst namens Billung (wahrscheinlich Taufname Mstivojs nach Hermann Billung, der vielleicht Taufpate war) heiratete die schöne Schwester von Bischof Wago von Oldenburg/Starigard, hatte mit ihr die Tochter Hodica und den Sohn Mstislaw, der seinen Vater, zornig auf die Habgier der Sachsen, gegen das Christentum und seine Mutter aufstachelte, bis Mstivoj seine Frau verstieß und begann, sich gegen Christentum und Bischof zu verbünden.
Helmold erzählt eine andere Geschichte: Mstivoj habe um eine Nichte von Herzog Hermann Billung geworben, die habe ihm dieser auch zugesagt, wenn er ihn auf einem Zug nach Italien begleite. Das tat Mstivoj und erinnerte nach der Rückkehr an das Versprechen. Da habe Markgraf Dietrich ausgerufen: Die hochgeborene Nichte eines großen Fürsten dürfe nicht einem Hunde gegeben werden. Daraufhin versichert sich Mstivoj der Hilfe der Liutizen und verwüstet Nordelbien mit Feuer und Schwert.
Helmold führt als Ursache und Rechtfertigung der Wendenstürme in Anlehnung an Adam immer wieder die maßlose Habgier der sächsischen Fürsten an: „Aber diese Schmach hat der Sachsen unselige Habsucht selbst hervorgebracht.“
Mstivojs Tochter Tore (auch Tofa) heiratete Harald Blauzahn.
Mstislaw
Mstislaw (auch Mistislaw, Missizla) (ca. 996 bis 1018), selbst möglicherweise Mitverursacher des Slawenaufstands, wird zum Opfer eines liutizischen Aufruhrs im Jahr 1018, dem auch das noch junge Hamburg bzw. die Hammaburg zum Opfer fällt. Gerade noch kann Mistislaw sich mit Frau und Schwiegertochter in die Burg Schwerin retten (Thietmar). Von hier aus flieht er, weil er vom Christenglauben nicht lassen will, Helmold von Bosau zufolge zum Stamm der Barden, wo er angeblich ein hohes Alter erreicht. Mstislaw und sein Vater Mstivoj sind bei Adam und Helmold zu Mstivoj verschmolzen, die Chronologie ist unübersichtlich.
Udo
Udo (auch Uto, Pribignev, Pribygnev) (1018 bis 1028) heißt bei Saxo Grammaticus noch Pribignew. Er hat sich auf den Namen Udo taufen lassen – womöglich war Graf Luder-Udo I. von Stade sein Taufpate. Adam und ihm folgend Helmold bezeichnen Udo als „schlechten Christen“ und führen seine Ermordung 1028 durch einen sächsischen Überläufer auf seine Grausamkeit zurück. Da zwei gleichzeitige Mitfürsten genannt werden (Anadrag/Anatrog und Gneus/-gnew), kann Udos Macht nicht groß gewesen sein. Er soll mit einer Dänin verheiratet gewesen sein.
Gottschalk
Gottschalk (um ca. 1000 bis 7. Juni 1066 in Lenzen) war der Sohn Udos und seiner dänischen Ehefrau (der Schwiegertochter, mit der Mstislaw sich nach Schwerin rettete). Er erfuhr in Lüneburg während seines dortigen Schulbesuchs von der Ermordung seines Vaters, habe, um ihn zu rächen, die Elbe überquert, einen Räuberhaufen zusammengesammelt und erneut Nordelbien mit Feuer und Schwert verwüstet. Hiervon habe ihn die Begegnung mit einem christlichen Sachsen abgebracht, dessen Darstellung der Leiden des Volkes sein Gewissen gerührt haben soll. Gottschalk ging 1028 zu König Knut dem Großen nach England.
Bis zu seiner Rückkehr rund 15 Jahre später bemühten sich Ratibor (†1043, Nakonide, ein anderer Abkomme Mstivojs) und weitere „tyranni“ um Einfluss: „Der Slawenherzog Ratibor wurde (1043) von den Dänen erschlagen. Er war Christ und ein sehr mächtiger Herr unter den Barbaren. Er hatte acht Söhne, Slawenfürsten, die alle von den Dänen erschlagen wurden, als sie ihren Vater zu rächen suchten“ (Adam).
1043 kehrte Gottschalk mit Sigrid nach Elbslawien zurück und rechristianisierte seinen Einflussbereich mit so großem Eifer, „dass er den dritten Teil derer bekehrte, die unter seinem Großvater Mstivoj (!) ins Heidentum zurückgefallen waren“ (Helmold). Gottschalk lehnte sich stark an Erzbischof Adalbert von Bremen und Hamburg an, der ein nordisches Patriarchat anstrebte, in das ein selbständiges Elbslawien/Nordalbingien/Abodritien gut hineingepasst hätte. Als Adalbert entmachtet worden war, zettelte wahrscheinlich Blusso, Gottschalks Schwager, einen Aufstand an. Gottschalk wurde in der Burg Lenzen erschlagen, Blusso ebenfalls, und Kruto, ein Nichtnakonide, Sohn des Grin, kam an die Macht (1066 bis 1093). Kruto wird von den Quellen als skrupelloser Heide beschrieben. „Die Tochter des Dänenkönigs (Sigrid) wurde mit ihren Frauen in der Abodritenfeste Mecklenburg entdeckt und nackend davongejagt“ (Adam). Heinrich, Gottschalks Sohn von Sigrid, rettete sich nach Dänemark.
Budivoj
Budivoj (auch Butue, Buthue) (1066 bis 1075), Gottschalks älterer Sohn von einer anderen Frau, ging an den Hof des Herzogs von Sachsen. Von dort aus versuchte er die Macht seines Vaters zurückzugewinnen, kontrollierte aber immer nur Teilgebiete und wurde von Kruto 1075 bei Plune in eine Falle gelockt und erschlagen. Der bei Helmold erwähnte Pribislaw (auch Pribizlaus) war wahrscheinlich sein Sohn; er wurde wegen seiner Gastlichkeit gerühmt und ließ sich taufen.
Heinrich
Siehe Hauptartikel: Heinrich von Alt-Lübeck
Heinrichs Söhne
Heinrich hatte vier Söhne. Waldemar († 1123) und Mstivoj († 1127) starben vor ihrem Vater. Zwischen Knut und dem erstgeborenen Sventipolk brach ein Bürgerkrieg aus, in dessen Verlauf Sventipolk Knut mit Hilfe der Holsten in der Burg Plön belagerte. Sie einigten sich auf eine Landesteilung, aber Knut wurde bereits 1128 in Lütjenburg erschlagen. Sventipolk, nunmehr Alleinherrscher in Wagrien, unternahm mit Graf Adolf von Schauenburg und den Stämmen der Holsten und Stormaren ein Feldzug gegen die Abodriten. Sie eroberten die Burg Werle und bezwangen nach fünf Wochen Belagerung die Hauptburg der Kessiner. Der mit den Sachsen siegreiche Sventipolk erlaubte Bischof Vizelin die erneute Mission in Liubice, aber nach einem Angriff der Ranen und der Zerstörung der Stadt flohen die von Vizelin entsandten Priester Ludolf und Volkward nach Faldera. Noch im gleichen Jahr wurde Sventipolk im Auftrag des reichen Holsten Daso ermordet, sein Sohn Swineke 1129 bei der Ertheneburg an der Elbe erschlagen.
Mit Swineke wurde die letzte Möglichkeit der Abodriten auf Bewahrung ihrer politischen Eigenständigkeit begraben. "So erlosch Heinrichs Geschlecht in der Herrschaft über die Slawen mit dem Tod seiner Söhne und Enkel." (Helmold I, 48).
Nachgeschichte
Knud Lavard, Thronanwärter von Dänemark, erkauft sich 1128 die Belehnung mit dem Abodritenreich von Kaiser Lothar, wird aber bereits 1131 von seinem Vetter Magnus ermordet.
1132 übernimmt Niklot, ein Nichtnakonide, die Macht im östlichen Einflussgebiet, während Budivojs Sohn Pribislaw bis 1138/39 in Wagrien regiert. Niklot fällt im Krieg gegen Sachsen und Dänen 1160. Sein Sohn Pribislaw erhält Mecklenburg als Lehen von Heinrich dem Löwen und wird zum Stammvater des Hauses Mecklenburg (bis 1918).
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