Die geplante Obsoleszenz
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Die geplante Obsoleszenz
Der Begriff geplante Obsoleszenz bezeichnet eine vom Hersteller geplante, absichtliche Verringerung der Lebensdauer von Produkten. Das Phänomen war schon mehrfach Gegenstand wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Debatten, ist aber nach wie vor nicht klar definiert. Insbesondere der Nachweis der Absicht ist bisher nicht gelungen. Schwierig ist die Abgrenzung zu natürlichem Verschleiß und zu Sollbruchstellen.
Londons Veröffentlichung zu geplanter Obsoleszenz
Definition
Der Begriff geht zurück auf die Veröffentlichung Ending the Depression Through Planned Obsolescence von Bernard London aus dem Jahr 1932.[1]
Gemeint ist damit heute ein Teil einer Produktstrategie, bei der bewusst Schwachstellen in das betreffende Produkt eingebaut, Lösungen mit absehbarer Haltbarkeit und/oder Rohstoffe von minderer Qualität eingesetzt werden, die dazu führen, dass das Produkt schneller schad- oder fehlerhaft wird oder nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden kann.
Abgrenzung zur Sollbruchstelle
Eine Sollbruchstelle ist ein definiertes Sicherheitsmerkmal eines Produktes. Der Duden beschreibt als Sollbruchstelle eine „Stelle in einem Bauteil o. Ä., die so ausgelegt ist, dass in einem Schadensfall nur hier ein Bruch erfolgt.“[2] Dieses Merkmal wird geplant und als Ausstattungsmerkmal oder Teil des Sicherheitskonzepts offen dokumentiert. Von anderen Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. den meisten Überdruckventilen, unterscheiden sich Sollbruchstellen dadurch, dass nach ihrem Auslösen das Produkt nicht mehr verwendbar ist. Sofern konstruktiv ein Austausch des Bauteils mit der Sollbruchstelle vorgesehen ist, kann das Gerät repariert und dann weiter betrieben werden.
Eine gut entworfene Sollbruchstelle führt nicht zur Verringerung der Haltbarkeit oder Brauchbarkeit eines Produktes, sondern dient ausschließlich der Produktsicherheit. Der Einbau sicherheitstechnisch überempfindlicher Sollbruchstellen kann durch übertriebene Vorsicht motiviert oder einfach Ergebnis einer fehlerhaften Dimensionierung sein. Geplante Obsoleszenz ist in solchen Fällen schwierig von regulären Sollbruchstellen unterscheidbar.
Abgrenzung zu Alterung und Verschleiß
Verschleiß oder Alterung ist vielen Bauteilen immanent, so zum Beispiel bei mechanischen Bauteilen, elektronischen Bauteilen wie Elektrolytkondensatoren oder auch Glühlampen und Gasentladungslampen. Durch Wahl der Rohstoffe sowie das mehr oder weniger gute Beherrschen der Herstellungstechnologien treten bei Bauteilen gleicher Art gravierende Qualitätsunterschiede auf, die sich oft, jedoch nicht immer, im Preis niederschlagen. Weiterhin gibt es Bauteilparameter wie Spannungs- und Temperaturbelastung, die großen Einfluss auf die Lebensdauer haben können und bei der Dimensionierung durch den Entwickler mehr oder weniger ausgeschöpft werden können. Einflüsse wie Gebrauchsgewohnheiten oder Umwelteinflüsse machen es schwer, gezielt auf Ausfallzeiten hin zu dimensionieren.
Entwicklung
Als Erfinder der „geplanten Obsoleszenz“ gilt Alfred P. Sloan, welcher in den 1920er Jahren in seiner Funktion als GM-Präsident jährliche Konfigurationsänderungen und Veränderungen an Automobilen einführte.[3][4][5] Mit dieser Strategie wollte er die Verbraucher dazu bringen, alle drei Jahre ein neues Auto zu kaufen.[6]
Ein häufig zitierter Fall ist der des 1924 gegründeten Phoebuskartells, in dem die nominale Brenndauer von Glühlampen international auf 1000 Stunden begrenzt wurde.[7] Es gibt aber keinen Nachweis dafür, dass es sich dabei um eine absatzsteigernde Festlegung zum Nachteil der Kunden gehandelt hat. Bei Glühlampen besteht ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen Lichtausbeute und Lebensdauer, eine längerlebige Glühlampe gibt bei gleichem Stromverbrauch weniger Licht.
Häufigkeit des Phänomens
Das deutsche Umweltbundesamt hat im April 2013 ein Forschungsprojekt ausgeschrieben, das das „Phänomen Obsoleszenz“ bei Elektrogeräten für Privatverbraucher untersuchen soll.[8]
Einem Gutachten für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen aus dem Frühjahr 2013 zufolge geben die Haushalte in Deutschland pro Jahr schätzungsweise 101 Milliarden Euro mehr aus als nötig, weil die Haltbarkeit vieler Produkte künstlich reduziert wurde.[9]
Die Stiftung Warentest fand 2013 in Tests keine Anzeichen von geplanter Obsoleszenz, bemängelte aber mangelnde Qualität (und wirft darüber hinaus die Begriffe "geplante Obsoleszenz" und "Sollbruchstellen" unzulässigerweise durcheinander).[10] Untersucht wurden u. a. Waschmaschinen und LED-Lampen in Kerzenform.[11]
Die Technische Prüforganisation Halbleiter Test- & Prüf GmbH (HTV) verlautbarte im Juni 2013, dass sie eine „Vielzahl von Beispielen für Produkte“ fand, auf die die unternehmensinterne Definition von eingebauten Sollbruchstellen zuträfe. Auffällig sei „die Verwendung besonders hitzeempfindlicher Bauteile (z.B. Elektrolytkondensatoren) in direkter Nähe zu Hitzequellen“.[12] Das Unternehmen zertifiziert seit April 2013 auch Produkte ohne „geplante, lebensdauerbegrenzende Sollbruchstellen“ mit dem Gütesiegel HTV-life.[13]
Computer und Elektronik
Die Lebensdauer von elektrischen Bauteilen ist teilweise durch deren Prinzipaufbau vorbestimmt. Beispiele sind die chemischen Vorgänge in Elektrolytkondensatoren und Akkumulatoren, die Elektromigration in spannungsbelasteten Hochohmwiderständen und Selbstheilungsvorgänge in Folienkondensatoren. Auch der Datenerhalt von EEPROM wird oft für einen Mindestzeitraum garantiert. Angeblich kann so die Gebrauchsdauer eines Gerätes z.B. über die Lebensdauer der Elektrolytkondensatoren eingestellt werden, die umfangreich untersucht wurden.[14][15] Demgegenüber ist die Qualität dieser Kondensatoren jedoch besonders kostensensitiv, weshalb ungerechtfertigte Einsparmaßnahmen oft auch zu Ausfällen vor Ablauf der Gewährleistungsfrist führen.
Ausfälle durch fehlerhafte Bauteile oder ungünstige konstruktive Lösungen verursachen große volkswirtschaftliche Schäden und Folgekosten.[16] Eine häufige Fehlerquelle z.B. bei Ohr- und Kopfhörern sind Kabelbrüche, die sich durch Einsatz feinstdrähtiger, jedoch teurerer Litzen vermeiden ließen. Aufgrund der meist geringen Anschaffungspreise ist eine Reparatur oft unwirtschaftlich.[17]
Für viele Bauteile ist vom Hersteller eine Ausfallrate oder MTBF angegeben, der die Einsatzbedingungen (z.B. Umgebungstemperatur, Strom- oder Spannungsbelastung, Feuchtigkeit) zugrunde liegen. Geplante Ausfälle anhand dieser Angaben herbeizuführen, setzt zumindest konstante, gleiche Einsatzbedingungen voraus und ist daher schwierig.
Vorwürfe, geplante Obsoleszenz zu betreiben, trafen 2013 auch den Prozessor-Hersteller Intel, bei der neuen CPU-Generation der Intel-Haswell-Mikroarchitektur. Bei dieser wird die thermische Verbindung von Die bzw. Chip und Heatspreader zur Wärmeableitung durch Wärmeleitpaste hergestellt. Vorher wurde dieser Bereich verlötet. Daraus ergeben sich für Intel in der Produktion zwar Einsparungen von wenigen Cent pro CPU. Diese stehen Kritikern zufolge jedoch in keinem Verhältnis zum Endkundenpreis von über 250 Euro für die Performance-CPUs wie z.B. den i7-4770K und dessen Anfälligkeit gegen Ausfälle wegen Überhitzung. Demgegenüber ist das Chipbonden auf die Wärmesenke mittels Lot eine technologische Herausforderung insbesondere bei großflächigen, thermischen Wechselbelastungen ausgesetzten Chips: Es treten thermisch induzierte mechanische Spannungen auf, die eine Alterung der Lötverbindung oder des Chips verursachen können.
Die Hersteller von RAM-Speichern und PC-Netzteilen werben demgegenüber mit Gewährleistungszeiten von zehn Jahren oder gar lebenslang (DDR3-RAM Riegel). Hier wird von einer raschen Erneuerungsrate der Technik ausgegangen, weshalb nicht wirklich solch vergleichsweise hohe Lebensdauern geplant werden müssen.
Die Hersteller von Tintenstrahldruckern stehen teilweise in der Kritik, geplante Obsoleszenz zu betreiben.[18][19] Manche Geräte stellen ihren Dienst ein, nachdem eine bestimmte Anzahl von Reinigungsvorgängen des Druckkopfes durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob der Resttintenschwamm tatsächlich schon vollgesogen ist oder nicht. Das Gerät muss dann entsorgt werden, weil eine Reparatur durch einen Fachmann teurer wäre als der Restwert des Gerätes.
Im Softwarebereich kann die Open-Source-Bewegung als kritische Gegenbewegung gegen geplante Obsoleszenz gesehen werden: Softwareprodukte unter einer Freie-Software-Lizenz (z. B. GPL) können durch die garantierte Offenlegung des Quellcodes nicht willkürlich durch den Hersteller geplant oder endgültig auslaufen (wie es sonst bei proprietären Softwareprodukten üblich sein kann).[20]
Die Firma Autodesk entwickelte bei Ihrem Produkt AutoCAD fast ein Jahrzehnt regelmäßig neue zueinander inkompatible Datenformate und schränkte jedoch die Exportmöglichkeiten zu den bereits vorhanden alten Datenformaten bei neuen Versionen regelmäßig ein. Auch bei MS-Office-Produkten konnte man derartige Vorgänge beobachten. Schlussendlich sahen sich viele Anwender regelmäßig gezwungen, wegen des erforderlichen verlustfreien Datenaustausch zu Dritten, stets mit einer modernen aber kostenpflichtigen aktualisierten Softwareversion zu arbeiten, obwohl die alte vorhandene Software von der Funktionalität eigentlich ausreichend gewesen wäre.
Ökonomische Theorie der geplanten Obsoleszenz
Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen widmeten sich der Frage, unter welchen Bedingungen Produkte mit ineffizient kürzerer Lebensdauer angeboten werden.
Die Fachzeitschrift Zeitschrift für Verbraucherpolitik (heute Journal of Consumer Policy) widmete sich ab 1975 mit mehreren Aufsätzen dem Themenkomplex. Beteiligt waren u.a. Burkhardt Röper, Karl-Heinz Hillmann, Gerhard Bodenstein, Hans Leuer, Hans Raffée und Klaus Peter Wiedmann.[21]
Der Ökonom Jeremy Bulow untersuchte 1986 das Phänomen modelltheoretisch. Er kam zu dem Schluss, dass geplante Obsoleszenz von der Marktform abhänge. Einen Anreiz hätten nur Monopolisten auf nicht-bestreitbaren Märkten, während Wettbewerber eines Cournot-Oligopols zur Produktion von Produkten mit höherer Lebensdauer tendieren würden.[22]
Der Ökonom Christian Kreiß widerlegte in seinem 2014 erschienenen Buch die Aussagen von Bulow, indem er auf die wirklichkeitsfremden Annahmen des Bulow-Modells hinwies (S. 145–153). Er kommt zu dem Schluss, dass geplante Obsoleszenz aufgrund der starken Intransparenz ein weit verbreitetes Phänomen ist.[23]
Diskurs
Andreas Hirstein bezeichnete in der NZZ am Sonntag „geplante Obsoleszenz im Sinne einer gezielten Produkte-Selbstzerstörung zur Ankurbelung des Konsums“ als eine moderne Legende. Er argumentierte darin, dass Hersteller eine Abwägung zwischen Lebensdauer und Preis bzw. Zahlungsbereitschaft der Kunden auf der anderen Seite treffen müssten.[24] Dem steht entgegen, dass oftmals kostenneutrale oder mit sehr geringem Aufwand (Kosten) realisierbare Änderungen eine deutliche Lebensdauerverlängerung von Produkten bewirken. Die Maßnahmen einiger Druckerhersteller zur Nicht-Weiterverwendbarkeit leerer Druckerpatronen erfordern sogar zusätzliche Kosten.
quelle - Literatur & Einzelnachweise
Londons Veröffentlichung zu geplanter Obsoleszenz
Definition
Der Begriff geht zurück auf die Veröffentlichung Ending the Depression Through Planned Obsolescence von Bernard London aus dem Jahr 1932.[1]
Gemeint ist damit heute ein Teil einer Produktstrategie, bei der bewusst Schwachstellen in das betreffende Produkt eingebaut, Lösungen mit absehbarer Haltbarkeit und/oder Rohstoffe von minderer Qualität eingesetzt werden, die dazu führen, dass das Produkt schneller schad- oder fehlerhaft wird oder nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden kann.
Abgrenzung zur Sollbruchstelle
Eine Sollbruchstelle ist ein definiertes Sicherheitsmerkmal eines Produktes. Der Duden beschreibt als Sollbruchstelle eine „Stelle in einem Bauteil o. Ä., die so ausgelegt ist, dass in einem Schadensfall nur hier ein Bruch erfolgt.“[2] Dieses Merkmal wird geplant und als Ausstattungsmerkmal oder Teil des Sicherheitskonzepts offen dokumentiert. Von anderen Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. den meisten Überdruckventilen, unterscheiden sich Sollbruchstellen dadurch, dass nach ihrem Auslösen das Produkt nicht mehr verwendbar ist. Sofern konstruktiv ein Austausch des Bauteils mit der Sollbruchstelle vorgesehen ist, kann das Gerät repariert und dann weiter betrieben werden.
Eine gut entworfene Sollbruchstelle führt nicht zur Verringerung der Haltbarkeit oder Brauchbarkeit eines Produktes, sondern dient ausschließlich der Produktsicherheit. Der Einbau sicherheitstechnisch überempfindlicher Sollbruchstellen kann durch übertriebene Vorsicht motiviert oder einfach Ergebnis einer fehlerhaften Dimensionierung sein. Geplante Obsoleszenz ist in solchen Fällen schwierig von regulären Sollbruchstellen unterscheidbar.
Abgrenzung zu Alterung und Verschleiß
Verschleiß oder Alterung ist vielen Bauteilen immanent, so zum Beispiel bei mechanischen Bauteilen, elektronischen Bauteilen wie Elektrolytkondensatoren oder auch Glühlampen und Gasentladungslampen. Durch Wahl der Rohstoffe sowie das mehr oder weniger gute Beherrschen der Herstellungstechnologien treten bei Bauteilen gleicher Art gravierende Qualitätsunterschiede auf, die sich oft, jedoch nicht immer, im Preis niederschlagen. Weiterhin gibt es Bauteilparameter wie Spannungs- und Temperaturbelastung, die großen Einfluss auf die Lebensdauer haben können und bei der Dimensionierung durch den Entwickler mehr oder weniger ausgeschöpft werden können. Einflüsse wie Gebrauchsgewohnheiten oder Umwelteinflüsse machen es schwer, gezielt auf Ausfallzeiten hin zu dimensionieren.
Entwicklung
Als Erfinder der „geplanten Obsoleszenz“ gilt Alfred P. Sloan, welcher in den 1920er Jahren in seiner Funktion als GM-Präsident jährliche Konfigurationsänderungen und Veränderungen an Automobilen einführte.[3][4][5] Mit dieser Strategie wollte er die Verbraucher dazu bringen, alle drei Jahre ein neues Auto zu kaufen.[6]
Ein häufig zitierter Fall ist der des 1924 gegründeten Phoebuskartells, in dem die nominale Brenndauer von Glühlampen international auf 1000 Stunden begrenzt wurde.[7] Es gibt aber keinen Nachweis dafür, dass es sich dabei um eine absatzsteigernde Festlegung zum Nachteil der Kunden gehandelt hat. Bei Glühlampen besteht ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen Lichtausbeute und Lebensdauer, eine längerlebige Glühlampe gibt bei gleichem Stromverbrauch weniger Licht.
Häufigkeit des Phänomens
Das deutsche Umweltbundesamt hat im April 2013 ein Forschungsprojekt ausgeschrieben, das das „Phänomen Obsoleszenz“ bei Elektrogeräten für Privatverbraucher untersuchen soll.[8]
Einem Gutachten für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen aus dem Frühjahr 2013 zufolge geben die Haushalte in Deutschland pro Jahr schätzungsweise 101 Milliarden Euro mehr aus als nötig, weil die Haltbarkeit vieler Produkte künstlich reduziert wurde.[9]
Die Stiftung Warentest fand 2013 in Tests keine Anzeichen von geplanter Obsoleszenz, bemängelte aber mangelnde Qualität (und wirft darüber hinaus die Begriffe "geplante Obsoleszenz" und "Sollbruchstellen" unzulässigerweise durcheinander).[10] Untersucht wurden u. a. Waschmaschinen und LED-Lampen in Kerzenform.[11]
Die Technische Prüforganisation Halbleiter Test- & Prüf GmbH (HTV) verlautbarte im Juni 2013, dass sie eine „Vielzahl von Beispielen für Produkte“ fand, auf die die unternehmensinterne Definition von eingebauten Sollbruchstellen zuträfe. Auffällig sei „die Verwendung besonders hitzeempfindlicher Bauteile (z.B. Elektrolytkondensatoren) in direkter Nähe zu Hitzequellen“.[12] Das Unternehmen zertifiziert seit April 2013 auch Produkte ohne „geplante, lebensdauerbegrenzende Sollbruchstellen“ mit dem Gütesiegel HTV-life.[13]
Computer und Elektronik
Die Lebensdauer von elektrischen Bauteilen ist teilweise durch deren Prinzipaufbau vorbestimmt. Beispiele sind die chemischen Vorgänge in Elektrolytkondensatoren und Akkumulatoren, die Elektromigration in spannungsbelasteten Hochohmwiderständen und Selbstheilungsvorgänge in Folienkondensatoren. Auch der Datenerhalt von EEPROM wird oft für einen Mindestzeitraum garantiert. Angeblich kann so die Gebrauchsdauer eines Gerätes z.B. über die Lebensdauer der Elektrolytkondensatoren eingestellt werden, die umfangreich untersucht wurden.[14][15] Demgegenüber ist die Qualität dieser Kondensatoren jedoch besonders kostensensitiv, weshalb ungerechtfertigte Einsparmaßnahmen oft auch zu Ausfällen vor Ablauf der Gewährleistungsfrist führen.
Ausfälle durch fehlerhafte Bauteile oder ungünstige konstruktive Lösungen verursachen große volkswirtschaftliche Schäden und Folgekosten.[16] Eine häufige Fehlerquelle z.B. bei Ohr- und Kopfhörern sind Kabelbrüche, die sich durch Einsatz feinstdrähtiger, jedoch teurerer Litzen vermeiden ließen. Aufgrund der meist geringen Anschaffungspreise ist eine Reparatur oft unwirtschaftlich.[17]
Für viele Bauteile ist vom Hersteller eine Ausfallrate oder MTBF angegeben, der die Einsatzbedingungen (z.B. Umgebungstemperatur, Strom- oder Spannungsbelastung, Feuchtigkeit) zugrunde liegen. Geplante Ausfälle anhand dieser Angaben herbeizuführen, setzt zumindest konstante, gleiche Einsatzbedingungen voraus und ist daher schwierig.
Vorwürfe, geplante Obsoleszenz zu betreiben, trafen 2013 auch den Prozessor-Hersteller Intel, bei der neuen CPU-Generation der Intel-Haswell-Mikroarchitektur. Bei dieser wird die thermische Verbindung von Die bzw. Chip und Heatspreader zur Wärmeableitung durch Wärmeleitpaste hergestellt. Vorher wurde dieser Bereich verlötet. Daraus ergeben sich für Intel in der Produktion zwar Einsparungen von wenigen Cent pro CPU. Diese stehen Kritikern zufolge jedoch in keinem Verhältnis zum Endkundenpreis von über 250 Euro für die Performance-CPUs wie z.B. den i7-4770K und dessen Anfälligkeit gegen Ausfälle wegen Überhitzung. Demgegenüber ist das Chipbonden auf die Wärmesenke mittels Lot eine technologische Herausforderung insbesondere bei großflächigen, thermischen Wechselbelastungen ausgesetzten Chips: Es treten thermisch induzierte mechanische Spannungen auf, die eine Alterung der Lötverbindung oder des Chips verursachen können.
Die Hersteller von RAM-Speichern und PC-Netzteilen werben demgegenüber mit Gewährleistungszeiten von zehn Jahren oder gar lebenslang (DDR3-RAM Riegel). Hier wird von einer raschen Erneuerungsrate der Technik ausgegangen, weshalb nicht wirklich solch vergleichsweise hohe Lebensdauern geplant werden müssen.
Die Hersteller von Tintenstrahldruckern stehen teilweise in der Kritik, geplante Obsoleszenz zu betreiben.[18][19] Manche Geräte stellen ihren Dienst ein, nachdem eine bestimmte Anzahl von Reinigungsvorgängen des Druckkopfes durchgeführt wurde, unabhängig davon, ob der Resttintenschwamm tatsächlich schon vollgesogen ist oder nicht. Das Gerät muss dann entsorgt werden, weil eine Reparatur durch einen Fachmann teurer wäre als der Restwert des Gerätes.
Im Softwarebereich kann die Open-Source-Bewegung als kritische Gegenbewegung gegen geplante Obsoleszenz gesehen werden: Softwareprodukte unter einer Freie-Software-Lizenz (z. B. GPL) können durch die garantierte Offenlegung des Quellcodes nicht willkürlich durch den Hersteller geplant oder endgültig auslaufen (wie es sonst bei proprietären Softwareprodukten üblich sein kann).[20]
Die Firma Autodesk entwickelte bei Ihrem Produkt AutoCAD fast ein Jahrzehnt regelmäßig neue zueinander inkompatible Datenformate und schränkte jedoch die Exportmöglichkeiten zu den bereits vorhanden alten Datenformaten bei neuen Versionen regelmäßig ein. Auch bei MS-Office-Produkten konnte man derartige Vorgänge beobachten. Schlussendlich sahen sich viele Anwender regelmäßig gezwungen, wegen des erforderlichen verlustfreien Datenaustausch zu Dritten, stets mit einer modernen aber kostenpflichtigen aktualisierten Softwareversion zu arbeiten, obwohl die alte vorhandene Software von der Funktionalität eigentlich ausreichend gewesen wäre.
Ökonomische Theorie der geplanten Obsoleszenz
Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen widmeten sich der Frage, unter welchen Bedingungen Produkte mit ineffizient kürzerer Lebensdauer angeboten werden.
Die Fachzeitschrift Zeitschrift für Verbraucherpolitik (heute Journal of Consumer Policy) widmete sich ab 1975 mit mehreren Aufsätzen dem Themenkomplex. Beteiligt waren u.a. Burkhardt Röper, Karl-Heinz Hillmann, Gerhard Bodenstein, Hans Leuer, Hans Raffée und Klaus Peter Wiedmann.[21]
Der Ökonom Jeremy Bulow untersuchte 1986 das Phänomen modelltheoretisch. Er kam zu dem Schluss, dass geplante Obsoleszenz von der Marktform abhänge. Einen Anreiz hätten nur Monopolisten auf nicht-bestreitbaren Märkten, während Wettbewerber eines Cournot-Oligopols zur Produktion von Produkten mit höherer Lebensdauer tendieren würden.[22]
Der Ökonom Christian Kreiß widerlegte in seinem 2014 erschienenen Buch die Aussagen von Bulow, indem er auf die wirklichkeitsfremden Annahmen des Bulow-Modells hinwies (S. 145–153). Er kommt zu dem Schluss, dass geplante Obsoleszenz aufgrund der starken Intransparenz ein weit verbreitetes Phänomen ist.[23]
Diskurs
Andreas Hirstein bezeichnete in der NZZ am Sonntag „geplante Obsoleszenz im Sinne einer gezielten Produkte-Selbstzerstörung zur Ankurbelung des Konsums“ als eine moderne Legende. Er argumentierte darin, dass Hersteller eine Abwägung zwischen Lebensdauer und Preis bzw. Zahlungsbereitschaft der Kunden auf der anderen Seite treffen müssten.[24] Dem steht entgegen, dass oftmals kostenneutrale oder mit sehr geringem Aufwand (Kosten) realisierbare Änderungen eine deutliche Lebensdauerverlängerung von Produkten bewirken. Die Maßnahmen einiger Druckerhersteller zur Nicht-Weiterverwendbarkeit leerer Druckerpatronen erfordern sogar zusätzliche Kosten.
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