Der Schlörwagen: Ein Flügel auf Rädern

Welche Reaktionen hat der Göttinger Schlörwagen wohl hervorgerufen, wenn er Ende der 1930er-Jahre in der Öffentlichkeit zu sehen war? In einer Zeit, in der Autos noch mehr oder weniger eine kastenähnliche Grundform hatten, kam der glatte Vollstromlinienwagen im Vergleich wie ein futuristisches Objekt daher.

Göttinger Schlörwagen war seiner Zeit voraus



















Viele Mythen um das Forschungsfahrzeug

Automobilbegeisterte staunen auch rund 65 Jahre nach seiner Entwicklung über das Fahrzeug. Durch die besondere Form ist der Luftwiderstand so gering, dass auch heutzutage kaum ein Auto mit den Werten mithalten kann, die der Schlörwagen bereits in den 1930er-Jahren im Göttinger Windkanal erzielte. Zudem ranken sich viele Mythen um das Forschungsfahrzeug, dessen Verbleib bis heute noch nicht ganz geklärt ist.
Flugzeug-Flügel als Vorbild

Sein Entwickler, Karl Schlör, hatte sich Flügelprofile von Flugzeugen zum Vorbild genommen. Von der Seite aus betrachtet hatte der Wagen durchaus Ähnlichkeit mit dem Querschnitt einer Tragfläche. Die Vorteile: die Windschlüpfrigkeit und ein geringer Kraftstoffverbrauch. Die Nachteile: eine schlechte Kurvenlage und die Seitenwindanfälligkeit. Deshalb habe Schlör Versuchsfahrten auch am liebsten bei Windstille durchgeführt, sagt Historikerin Jessika Wichner.

Schlörwagen als Konkurrenz zum Käfer

Die Historikerin leitet das zentrale Archiv des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und kommt dabei immer mehr Informationen über das Forschungsfahrzeug auf die Spur. Zum Beispiel fand sie heraus, dass der Schlörwagen bei der Automobilausstellung 1939 leider draußen bleiben musste. Denn drinnen in den Hallen wurde ein Auto vorgestellt, das Ferdinand Porsche entwickelt hatte - der Käfer. "Der Gedanke liegt nahe, dass der Schlörwagen mit seinen sieben Sitzen, dem niedrigen Verbrauch und der ungewöhnlichen Form nicht mit dem Käfer verglichen werden sollte", sagt Wichner.

Für die damaligen Verhältnisse war er ein Flitzer: 146 Kilometer pro Stunde soll er laut Schlörs Messungen erreicht haben. "Was nicht eindeutig bewiesen werden kann", sagt die Historikerin. Denn die Tachos in den Autos zeigten nur Geschwindigkeiten bis 120 Stundenkilometer an.
Schlör wollte das Auto nach Bayern bringen lassen

Bereits in den 1940er-Jahren ebbte das Interesse ab. Die Forschungsgelder waren aufgebraucht. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand das Auto in einem Abbruchhaus auf dem Gelände des DLR - verbeult, ohne Motor und Sitze. "Letzte Nachweise über den Verbleib des Wagens haben wir aus dem Jahr 1948", sagt Wichner. Karl Schlör wollte das Auto kaufen und nach Bayern bringen lassen, wo er mittlerweile lebte. Doch die Genehmigung wurde nicht erteilt, und der Abschleppwagen musste unverrichteter Dinge wieder aus der Bunsenstraße in Göttingen abziehen.

Danach verliert sich die Spur. Eine Theorie, nach der die Alliierten den Schlörwagen mit nach England genommen haben, hält Historikerin Wichner allerdings für unwahrscheinlich. Vermutlich wurde er ganz banal verschrottet. Doch dieses Geheimnis konnte im Archiv des DLR noch nicht gelüftet werden.


Futuristischer Flitzer aus der Vergangenheit

Der Schlörwagen aus den 1930er-Jahren war windschlüpfrig, futuristisch und hatte einen extrem geringen Spritverbrauch. Es gab allerdings nur ein einziges Exemplar.

Video:
http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Futuristischer-Flitzer-aus-der-Vergangenheit,schloerwagen132.html


Zeitreise zu bahnbrechendem Stromlinienauto

Wie eine zweite Haut schmiegt sich Rauch um die Karosserie eines Oldtimers. Forscher untersuchen in Göttingen das Rätsel um den "Schlörwagen" - ein Meisterwerk der Ingenieurskunst.
Video:
http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Zeitreise-zu-futuristischem-Stromlinenauto,schloerwagen100.html

Quelle