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Die Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin

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Die Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin Empty Die Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin

Beitrag  Andy So Jan 04, 2015 9:54 pm

Die Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin ist ein Gesellschaftsclub, dessen Mitglieder prominente Persönlichkeiten der geistigen, künstlerischen und militärischen Elite ihrer jeweiligen Zeit waren und der am 4. November 1809 in Berlin gegründet wurde. Dieser auch heute noch existierende Herrenclub versteht sich als Träger der Tradition, der Kultur und der Wissenschaft.

Die Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin GGzBwappen100
Menükarte der Gesetzlosen Gesellschaft mit Wappen aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums 1909

Geschichte

Berlin erlebte im Zeitalter der Aufklärung – vor allem in der Spätaufklärung – einige Gründungen von Debattierclubs, Lesezirkeln sowie Gesprächs- und Gesellschaftskreisen:

Montagsclub (1749–1936/45)
Berliner Mittwochsgesellschaft, auch: Gesellschaft von Freunden der Aufklärung (1783–1798)
Feßlersche Mittwochsgesellschaft, auch: Feßlersche Lesegesellschaft
Literarische Mittwochsgesellschaft (1795–1806).

So kam es auch am 3. August 1806 durch Karl vom Stein zum Altenstein, Johann Friedrich Gottlieb Delbrück, Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn, Ernst Ludwig Heim, Heinrich Menu von Minutoli, Karl Asmund Rudolphi und anderen zu einer ersten Gründung einer „Gesetzlosen Gesellschaft“. Diese bestand in ihrem Wesen bis 1914 fort, nannte sich aber ab 1809 „Gesetzlose Gesellschaft Nr. 1“ und ab 1826 „Zwanglose Gesellschaft“, um sich von der mittlerweile eigentlichen und bekannteren sowie bis heute fortbestehenden neuen „Gesetzlosen Gesellschaft“ im Namen zu unterscheiden.

Diese zweite Gruppierung, die sich Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin nannte, wurde am 4. November 1809 unter anderen von dem Philologen Philipp Buttmann und dem Astronomen Christian Ludwig Ideler gegründet und bestand anfangs aus 14 Mitgliedern. Sie verstand sich als geistiger Mittelpunkt der Berliner Aufklärung und ähnelte einer Literarischen oder Gelehrtengesellschaft, ohne sich deren Strukturen und Verpflichtungen aufzuerlegen. Zwischen den beiden gesetzlosen Gesellschaften bestand offensichtlich keine Verbindung, außer dass in der ersten Zeit einige Mitglieder beiden Gesellschaften gleichzeitig angehörten. Man kann eher feststellen, dass von der Berliner Griechischen Gesellschaft „Graeca“ Verbindungen zur „Gesetzlosen Gesellschaft zu Berlin“ bestanden, einem erlauchten Kreis, der 1804 ebenfalls von Philipp Buttmann gegründet worden war, bis zur Zeit des Zweiten Weltkrieges bestanden hatte und sich vornehmlich der Lektüre griechischer Schriftsteller widmete. Ebenso profitierte die „Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin“ im Jahr 1817 von einer „Einverleibung“ eines Großteils der Mitglieder des parlamentarischen Pairsschub und nannte sich inoffiziell vorübergehend „Gesetzlose Gesellschaft Belle Alliance“. Ihre Blütezeit hatte die Gesellschaft Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch mehrere ideelle, thematische und personelle Überschneidungen mit der exclusiven Herrenrunde „Club von Berlin“.

Die „Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin“ wurde 1809 mit dem Anspruch gegründet, ohne Statuten und Regelungen auszukommen, abgesehen von Regeln für die Zulassung ihrer Mitglieder und eines Vorsitzenden, der sich sinnigerweise als „Zwingherr“ titulierte. Die Mitglieder, deren Anzahl in den Folgejahren zwischen 40 und 70 Personen schwankte, gehörten vorwiegend der aufgeklärten politischen, kulturellen und später auch zunehmend der militärischen Elite an. Es konnten neue Gäste eingeführt werden, die in das Protokollbuch eingetragen wurden und durch einen Kreis von zunächst 13, in späteren Jahren nur noch von sechs durch Abstimmung sorgsam ermittelten Vorwählern einer ersten Auswahl unterzogen wurden. Dieser Kreis an Vorwählern, die von Buttmann auch als „Kurfürsten“ oder „Wahlherren“ bezeichnet wurden, bildete einen so genannten „Wohlfahrtsausschuss“, und sie entschieden letztendlich über den Neuzugang, nachdem dieser jeweils die „Gesetzlosigkeit“ per Unterschrift anerkannt hatte. Eine Ablehnung hatte aber keine Auswirkung, man konnte als „Gast“ jedes Mal erneut eingeführt werden. Ebenso erfolgten in der Regel keine Austritte, da sie wegen der fehlenden Regeln formal nicht möglich sind. Lediglich ein Fernbleiben auf Zeit oder auf Dauer war und ist möglich.

Die Mitglieder trafen sich zu ihren Gesprächsrunden einschließlich eines ausgiebigen und exklusiven Mahles in Form einer Tafelrunde meist alle zwei Wochen an dem jeweiligen Samstag zu ihren Sitzungen, anfangs im Kempers Lokal am Kemperplatz, später im Englischen Haus in der Mohrenstraße, im Hotel Savoy, im Stammhaus des „Clubs von Berlin“ in der Jägerstraße oder im Schlosshotel Steglitz (Gutshaus Steglitz) und vielen anderen Stätten. Dabei gab es keine festgelegte Tagesordnung, und das allgemein nicht zugängliche Protokollbuch weist lediglich die Namen der Teilnehmer auf. Nur am Jahrestag der Gründung hielt ein Mitglied einen Vortrag zu einem frei zu wählenden Thema.[1]

Die „Gesetzlose Gesellschaft zu Berlin“ wurde im Verlauf ihres mittlerweile zweihundertjährigen Bestehens inhaltlich wie personell ein Spiegelbild der deutschen Geschichte und ihrer Eliten. In dieser traditionell und preußisch, sicherlich auch in gewisser Hinsicht monarchistisch, aber politisch ansonsten weitestgehend nationalliberal bis neutral eingestellten Vereinigung kam es bis zum heutigen Tage trotz mancher gegebenenfalls inhaltlich und thematisch bedingter Differenzen unter ihren Mitgliedern oder durch Verpflichtungen auf Grund ihrer teilweise hohen Positionen in Politik und Militär weder zu Auflösungserscheinungen noch zu zwingenden politischen Abhängigkeiten.
Zwingherren (Vorsitzende)

1809–1829: Philipp Karl Buttmann, Philologe und Bibliothekar
1829–1829: Friedrich Baron Eichler von Auritz, Major
1829–1834: Friedrich Schleiermacher, ev. Theologe und Philosoph
1834–1840: Friedrich August von Staegemann, Geh. Staatsrat
1840–1851: Karl Lachmann, Philologe und Germanist
1851–1874: Karl Gustav Homeyer, Geh. Obertribunalrat und Rechtshistoriker
1874–1879: Lauchlan MacLean, Geh. Oberregierungsrat im Handelsministerium
1879–1894: Gustav Homeyer, Staatsanwalt und Unterstaatssekretär im Staatsministerium
1894–1899: Hermann Riem, Geh. Justizrat
1900–1904: Eduard Droop, Ministerialdirektor im Justizministerium
1904–1912: Theodor Hemptenmacher, Regierungsrat
1912–1915: Justus Hermes, Ministerialdirektor
1915–1931: Fritz Timann, Generalarzt und Sanitätsinspekteur
1931–1937: Friedrich Schrader, Vizeadmiral
1937–1948: Carl Semper, Präsident der preußischen Zentralgenossenschaftskasse
1948–1960: Hans von Meibom, Verwaltungsjurist in der Provinz Posen
1960–1962: Fritz Mussehl, bis 1933 Staatssekretär im Reichsernährungsministerium und Vizepräsident des Rechnungshofes des Deutschen Reiches
1962–1966: Ferdinand Freiherr von Nordenflycht, Direktor beim Bundesrechnungshof
1966–1976: Rudolf Weber-Lortsch, Bundesrichter
1976–1990: Konrad Schmidt-Torner, Präsident der Bundesdruckerei
1990–2002: Olaf Bergmann, Präsident des Oberverwaltungsgerichts
seit 2002: Herbert Voß, Studiendirektor

Bedeutende Mitglieder (Auswahl)

Achim von Arnim (1781–1831)
Hermann Ludwig von Balan (1812–1874)
Robert Lucius von Ballhausen (1835–1914)
Felix von Bendemann (1848–1915)
August Ferdinand Bernhardi (1769–1820)
Georg Beseler (1809–1888)
Johann Erich Biester (1749–1816)
Johann Elert Bode (1747–1826)
August Boeckh (1785–1867)
Carl Andreas von Boguslawski (1758–1817)
Franz Bopp (1791–1867)
Hermann von Boyen (1771–1848)
Johann Georg Emil von Brause (1747–1836)
Christoph August von Bredow (1780–1844)
Leopold von Buch (1774–1835)
Friedrich Bury (1763–1823)
Peter von Cornelius (1783–1867)
Ernst Curtius (1814–1896)
Rudolf Ludwig Decker (1804–1877)
Siegismund Dittmar (1759–1834)
Johann Gustav Droysen (1808–1884)
Hans Egidi (1890–1970)
Christian Gottfried Ehrenberg (1795–1876)
Johann Franz Encke (1791–1865)
Paul Erman (1764–1851)
Ludwig Frege (1884–1964)
Karl Friedrich Friccius (1779–1856)
Friedrich Gedike (1754–1803)
Heinrich Gentz (1766–1811)
August Neidhardt von Gneisenau (1760–1831)
Justus von Gruner (1777–1820)
Friedrich Hammacher (1824–1904)
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831)
Ludwig Friedrich Heindorf (1774–1816)
Aloys Hirt (1759–1837)
Johann Gottfried Hoffmann (1765–1847)
E. T. A. Hoffmann (1776–1822)
Wilhelm von Humboldt (1767–1835)
Johann Erdmann Hummel (1769–1852)
August Wilhelm Iffland (1759–1814)
Dietrich Ludwig Gustav Karsten (1768–1810)
Wilhelm Anton von Klewitz (1760–1838)
Alexander von Kluck (1846–1934)
Gottlob Johann Christian Kunth (1757–1829)
Carl Richard Lepsius (1810–1884)
Jakob Andreas Konrad Levezow (1770–1835)
Martin Lichtenstein (1780–1857)
Heinrich Friedrich Link (1767–1851)
Leopold von Lützow (1786–1844)
Heinrich Meyer (1786–1844)
Theodor Mommsen (1817–1903)
Karl Viktor Müllenhoff (1818–1884)
Barthold Georg Niebuhr (1776–1831)
August Ludwig von Nostitz (1777–1866)
Otto von Oehlschläger (1831–1904)
Ignaz von Olfers (1789–1872)
Wilhelm Pfeil (1783–1859)
Ernst von Pfuel (1779–1866)
Albert Poensgen (1881–1976)
Friedrich von Raumer (1781–1873)
Georg Andreas Reimer (1776–1842)
Friedrich von Ribbentrop (1768–1841)
Carl Ritschl (1783–1858)
Karl Asmund Rudolphi (1771–1832)
Friedrich Karl von Savigny (1779–1861)
Wilhelm von Scharnhorst (1786–1854)
Karl Friedrich Schinkel (1781–1841)
Karl Wilhelm Ferdinand Solger (1780–1819)
Carl Streckfuß (1779–1844)
Johann Wilhelm Süvern (1775–1829)
Hermann von Thile (1812–1889)
Alfred von Tirpitz (1849–1930)
Johann Georg Tralles (1763–1822)
Friedrich Adolf Trendelenburg (1802–1872)
August Twesten (1789–1876)
Alexander von Uhden (1798–1878)
Wilhelm Uhden (1810–1835)
Ludwig von Vincke (1774–1844)
Kurt Wachsmann (1886–1944)
Christian Samuel Weiss (1780–1856)
Wilhelm Martin Leberecht de Wette (1780–1849)
Friedrich Wilken (1777–1840)
Karl Wilhelm von Willisen (1790–1879)
Carl von Winterfeld (1784–1852)
Job von Witzleben (1783–1837)
Ludwig von Wolzogen (1773–1845)
Carl Friedrich Zelter (1758–1832)

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