Die Zwinger
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Die Zwinger
Ein Zwinger ist ein zwischen zwei Wehrmauern gelegenes offenes Areal, das der Verteidigung dient.[1] Zwingeranlagen wurden im Mittelalter und in der frühen Neuzeit als Verstärkung von Burgen und Stadtmauern errichtet.
Durch den Zwinger hindurchführender Torweg in Carcassonne. Rechts die niedrigere Zwingermauer.
Beispiel einer Zwinger-Anlage: die Minneburg im Odenwald
Der durch frühneuzeitliche Bastionen verstärkte Zwinger um die Veste Coburg
Der Zwinger vor einem Stadttor ist ein befestigter Raum zwischen Haupttor und Vortor einer mittelalterlichen Stadttoranlage. Die Stadttore waren oft in Form eines Torturms gestaltet, wobei dem Haupttor ein zweites, manchmal auch ein drittes Tor vorgelagert war (sogenannte Doppeltoranlagen). Vor den Stadtmauern wurde im Bereich der Stadttore in der Regel dabei ein zweiter Mauerzug vorgebaut, in dem sich das Vortor befand. Ein Feind, der das Vortor erobert hatte und in den Zwinger vorstieß, fand im dortigen beengten Raum kaum Entfaltungsmöglichkeiten vor. Dagegen konnten die zurückweichenden Verteidiger nach unten den eingedrungenen Feind im Zwinger leicht bekämpfen.
Auf einem ähnlichen Konzept wie der Torzwinger basiert die Barbakane, die von der Hauptmauer jedoch durch einen weiteren Graben getrennt ist.
In der Hussitenzeit (um 1420/30) entstanden eindrucksvolle Beispiele, die meist zum Schutz gegen frühe Feuerwaffen geplant wurden.
Der nicht überdachte Raum wurde in friedlichen Zeiten häufig zur Haltung von Tieren oder als Garten genutzt. In vielen Fällen wurden Zwinger mit Scheunen, Ställen und Lagerhäusern bebaut, als ihre Wehrfunktion entbehrlich wurde.
Der Dresdner Zwinger hat seinen Namen von der ehemaligen Zwingeranlage vor dem Kronentor an der äußeren Festungsmauer geerbt. Er war jedoch nicht als Wehranlage geplant, sondern als Vorhof eines neuen Schlosses konzipiert worden.
Entwicklung
Teilansicht der Theodosianischen Landmauer des ehemaligen Konstantinopel. Im Vordergrund die doppelte Zwingeranlage.
Die Entwicklung des Zwingers ist bislang nur unzureichend erforscht. Bereits im fünften Jahrhundert n. Chr. war der byzantinischen Landmauer von Konstantinopel ein voll entwickelter Zwinger vorgelegt worden.
Auch im frühmittelalterlichen Wehrbau lässt sich die Tiefenstaffelung von Wallzügen nachweisen. Besonders ungarnzeitliche Schutzburgen wurden zum Schutz vor den Reiterattacken der Magyaren mit Bermen und vorgelagerten Wällen gesichert. Hier handelt es sich jedoch um keine Zwingeranlagen im eigentlichen Sinn, oft trennt ein Zwischengraben die Befestigungslinien. Ein solcher Graben ist allerdings manchmal auch bei spätmittelalterlichen Zwingern vorhanden.
Gelegentlich werden die schmalen Vorbefestigungen der Habsburg (Aargau) oder der Burg Alt-Bolanden (Rheinland-Pfalz) als frühe Zwingeranlagen des späten 10. und frühen 11. Jahrhunderts angesehen. Diese Befestigungskonzepte blieben jedoch ohne direkte Nachfolger.
In Mitteleuropa wurden Zwinger erst wieder in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts den Ringmauern einzelner Wehranlagen vorgelegt. Gegen Ende dieses Jahrhunderts erhöhte man bereits deutlich häufiger die Wehrtauglichkeit in dieser Weise (Burg Gnandstein, Sachsen; Burg Landsberg und Burg Hohandlau, beide Elsass). In Südfrankreich hat sich aus dieser Epoche zudem – stark restauriert – der Zwinger der Stadtbefestigung von Carcassonne anschaulich erhalten. Anfangs lagen die Zwingermauern in sehr geringem Abstand vor der Hauptmauer.
Im 14. Jahrhundert erzwang die Entwicklung der ersten Feuerwaffen eine Weiterentwicklung des Zwingers. Besonders im 15. und 16. Jahrhundert entstanden zahllose Beispiele. In Franken ist sogar die Befestigung einer spätmittelalterlichen Großstadt weitgehend erhalten geblieben. In Nürnberg wurde der älteren Ringmauer eine niedrigere Zwingeranlage vorgelegt.
Die ersten Zwingermauern des Hochmittelalters wurden meist noch nicht durch Turmbauten gesichert. Die Artilleriebefestigungen des Spätmittelalters waren hingegen durch zahlreiche Flankierungs-, manchmal auch Geschütztürme bewehrt.
Aus der Hussitenzeit stammen die Zwingeranlagen einer kleinen Burgengruppe in den fränkischen Haßbergen. Wie andernorts reagierten hier die Landesherren auf die akute Bedrohung durch die Aufständischen aus dem nahen Böhmen. Gut erhalten blieben hier etwa die Zwinger der Burgen Altenstein, Rauheneck und Schmachtenberg. Auf der Burg Rauheneck verstärkten ehemals zwei Schießerker die Wehrkraft zusätzlich. Derartige Erker und Kampfhäuser sind auch bei anderen Zwingeranlagen nachweisbar.
Die hussitenzeitlichen Ausbauten zahlreicher Burganlagen in den gefährdeten Landstrichen gehen letztlich oftmals auf Innovationen zurück, die von den Hussiten selbst entwickelt wurden. Hier ist vor allem die Stadtbefestigung der südböhmischen Hussitenstadt Tábor zu erwähnen. Die Zwingeranlage vor der Hauptmauer ist dort noch teilweise bis in die heutige Zeit erhalten geblieben.
In der Regel waren die Zwingermauern deutlich niedriger und schwächer als die eigentlichen Ringmauern. Oft erhob sich nur eine Brüstungsmauer über das aufplanierte Zwingergelände. Gelegentlich wurde ein gedeckter oder offener Wehrgang aufgesetzt (Burg Trausnitz, Landshut). Auch unterirdische Wehrgänge mit Schartenöffnungen für Handfeuerwaffen sind nachweisbar (Burg Hochhaus bei Nördlingen).
Zwingermauern können eine Wehranlage vollständig umlaufen oder nur einen besonders gefährdeten Abschnitt schützen. Oft ist ein Graben vorgelagert, die Zwingermauer ist hier gleichzeitig die Futtermauer des Grabens. Bei Hangburgen wurde die Zwingermauer oft als Stützmauer sehr hoch aufgemauert und dient so zugleich der statischen Sicherung der Gesamtanlage.
Häufig ermöglichten kleine, versteckte Ausfallpforten (Poternen) die aktive Bekämpfung eines in den Grabenbereich eingedrungenen Feindes. Auch der eigentliche Zwingerbereich war oft durch solche Schlupfpforten zugänglich.
Frühe hochmittelalterliche Zwingeranlagen im Heiligen Land
Der Krak des Chevaliers mit den ausgedehnten Zwingeranlagen um die Kernburg (Rekonstruktionszeichnung von 1871)
Burganlage in Beaumaris
Die walisischen Burgen Harlech Castle und Beaumaris Castle (1295 begonnen, aber unvollendet) haben doppelte Wehrmauern, wobei die äußere Mauer die innere in geringem Abstand konzentrisch umschließt. Die äußere Befestigung in Beaumaris mit ihren runden Mauertürmen ist besonders aufwendig, vergleichbar mit der des Krak des Chevaliers.
Beispiele erhaltener mittelalterlicher Zwingeranlagen
Stadtbefestigungen:
Amberg
Aschersleben
Carcassonne
Delitzsch
Dinkelsbühl
Görlitz
Ingelheim
Jüterbog
Neubrandenburg
Nördlingen
Nürnberg
Templin
Wolframs-Eschenbach
Kernburg und Zwinger Burg Löwenstein (Württemberg)
Burg Altenstein (Hassberge)
Burg zu Burghausen (Burghausen/Salzach, Oberbayern)
Giechburg (Oberfranken)
Burg Guttenberg am Neckar (Neckar-Odenwald-Kreis)
Burg Hohenurach (Schwäbische Alb)
Burg Hornberg am Neckar (Neckar-Odenwald-Kreis)
Burg Löwenstein (Schwäbisch-Fränkische Waldberge)
Minneburg (Odenwald)
Burg Nürburg (Eifel)
Veste Otzberg (Otzberg)
Burg Rauheneck (Ebern)
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Durch den Zwinger hindurchführender Torweg in Carcassonne. Rechts die niedrigere Zwingermauer.
Beispiel einer Zwinger-Anlage: die Minneburg im Odenwald
Der durch frühneuzeitliche Bastionen verstärkte Zwinger um die Veste Coburg
Der Zwinger vor einem Stadttor ist ein befestigter Raum zwischen Haupttor und Vortor einer mittelalterlichen Stadttoranlage. Die Stadttore waren oft in Form eines Torturms gestaltet, wobei dem Haupttor ein zweites, manchmal auch ein drittes Tor vorgelagert war (sogenannte Doppeltoranlagen). Vor den Stadtmauern wurde im Bereich der Stadttore in der Regel dabei ein zweiter Mauerzug vorgebaut, in dem sich das Vortor befand. Ein Feind, der das Vortor erobert hatte und in den Zwinger vorstieß, fand im dortigen beengten Raum kaum Entfaltungsmöglichkeiten vor. Dagegen konnten die zurückweichenden Verteidiger nach unten den eingedrungenen Feind im Zwinger leicht bekämpfen.
Auf einem ähnlichen Konzept wie der Torzwinger basiert die Barbakane, die von der Hauptmauer jedoch durch einen weiteren Graben getrennt ist.
In der Hussitenzeit (um 1420/30) entstanden eindrucksvolle Beispiele, die meist zum Schutz gegen frühe Feuerwaffen geplant wurden.
Der nicht überdachte Raum wurde in friedlichen Zeiten häufig zur Haltung von Tieren oder als Garten genutzt. In vielen Fällen wurden Zwinger mit Scheunen, Ställen und Lagerhäusern bebaut, als ihre Wehrfunktion entbehrlich wurde.
Der Dresdner Zwinger hat seinen Namen von der ehemaligen Zwingeranlage vor dem Kronentor an der äußeren Festungsmauer geerbt. Er war jedoch nicht als Wehranlage geplant, sondern als Vorhof eines neuen Schlosses konzipiert worden.
Entwicklung
Teilansicht der Theodosianischen Landmauer des ehemaligen Konstantinopel. Im Vordergrund die doppelte Zwingeranlage.
Die Entwicklung des Zwingers ist bislang nur unzureichend erforscht. Bereits im fünften Jahrhundert n. Chr. war der byzantinischen Landmauer von Konstantinopel ein voll entwickelter Zwinger vorgelegt worden.
Auch im frühmittelalterlichen Wehrbau lässt sich die Tiefenstaffelung von Wallzügen nachweisen. Besonders ungarnzeitliche Schutzburgen wurden zum Schutz vor den Reiterattacken der Magyaren mit Bermen und vorgelagerten Wällen gesichert. Hier handelt es sich jedoch um keine Zwingeranlagen im eigentlichen Sinn, oft trennt ein Zwischengraben die Befestigungslinien. Ein solcher Graben ist allerdings manchmal auch bei spätmittelalterlichen Zwingern vorhanden.
Gelegentlich werden die schmalen Vorbefestigungen der Habsburg (Aargau) oder der Burg Alt-Bolanden (Rheinland-Pfalz) als frühe Zwingeranlagen des späten 10. und frühen 11. Jahrhunderts angesehen. Diese Befestigungskonzepte blieben jedoch ohne direkte Nachfolger.
In Mitteleuropa wurden Zwinger erst wieder in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts den Ringmauern einzelner Wehranlagen vorgelegt. Gegen Ende dieses Jahrhunderts erhöhte man bereits deutlich häufiger die Wehrtauglichkeit in dieser Weise (Burg Gnandstein, Sachsen; Burg Landsberg und Burg Hohandlau, beide Elsass). In Südfrankreich hat sich aus dieser Epoche zudem – stark restauriert – der Zwinger der Stadtbefestigung von Carcassonne anschaulich erhalten. Anfangs lagen die Zwingermauern in sehr geringem Abstand vor der Hauptmauer.
Im 14. Jahrhundert erzwang die Entwicklung der ersten Feuerwaffen eine Weiterentwicklung des Zwingers. Besonders im 15. und 16. Jahrhundert entstanden zahllose Beispiele. In Franken ist sogar die Befestigung einer spätmittelalterlichen Großstadt weitgehend erhalten geblieben. In Nürnberg wurde der älteren Ringmauer eine niedrigere Zwingeranlage vorgelegt.
Die ersten Zwingermauern des Hochmittelalters wurden meist noch nicht durch Turmbauten gesichert. Die Artilleriebefestigungen des Spätmittelalters waren hingegen durch zahlreiche Flankierungs-, manchmal auch Geschütztürme bewehrt.
Aus der Hussitenzeit stammen die Zwingeranlagen einer kleinen Burgengruppe in den fränkischen Haßbergen. Wie andernorts reagierten hier die Landesherren auf die akute Bedrohung durch die Aufständischen aus dem nahen Böhmen. Gut erhalten blieben hier etwa die Zwinger der Burgen Altenstein, Rauheneck und Schmachtenberg. Auf der Burg Rauheneck verstärkten ehemals zwei Schießerker die Wehrkraft zusätzlich. Derartige Erker und Kampfhäuser sind auch bei anderen Zwingeranlagen nachweisbar.
Die hussitenzeitlichen Ausbauten zahlreicher Burganlagen in den gefährdeten Landstrichen gehen letztlich oftmals auf Innovationen zurück, die von den Hussiten selbst entwickelt wurden. Hier ist vor allem die Stadtbefestigung der südböhmischen Hussitenstadt Tábor zu erwähnen. Die Zwingeranlage vor der Hauptmauer ist dort noch teilweise bis in die heutige Zeit erhalten geblieben.
In der Regel waren die Zwingermauern deutlich niedriger und schwächer als die eigentlichen Ringmauern. Oft erhob sich nur eine Brüstungsmauer über das aufplanierte Zwingergelände. Gelegentlich wurde ein gedeckter oder offener Wehrgang aufgesetzt (Burg Trausnitz, Landshut). Auch unterirdische Wehrgänge mit Schartenöffnungen für Handfeuerwaffen sind nachweisbar (Burg Hochhaus bei Nördlingen).
Zwingermauern können eine Wehranlage vollständig umlaufen oder nur einen besonders gefährdeten Abschnitt schützen. Oft ist ein Graben vorgelagert, die Zwingermauer ist hier gleichzeitig die Futtermauer des Grabens. Bei Hangburgen wurde die Zwingermauer oft als Stützmauer sehr hoch aufgemauert und dient so zugleich der statischen Sicherung der Gesamtanlage.
Häufig ermöglichten kleine, versteckte Ausfallpforten (Poternen) die aktive Bekämpfung eines in den Grabenbereich eingedrungenen Feindes. Auch der eigentliche Zwingerbereich war oft durch solche Schlupfpforten zugänglich.
Frühe hochmittelalterliche Zwingeranlagen im Heiligen Land
Der Krak des Chevaliers mit den ausgedehnten Zwingeranlagen um die Kernburg (Rekonstruktionszeichnung von 1871)
Burganlage in Beaumaris
Die walisischen Burgen Harlech Castle und Beaumaris Castle (1295 begonnen, aber unvollendet) haben doppelte Wehrmauern, wobei die äußere Mauer die innere in geringem Abstand konzentrisch umschließt. Die äußere Befestigung in Beaumaris mit ihren runden Mauertürmen ist besonders aufwendig, vergleichbar mit der des Krak des Chevaliers.
Beispiele erhaltener mittelalterlicher Zwingeranlagen
Stadtbefestigungen:
Amberg
Aschersleben
Carcassonne
Delitzsch
Dinkelsbühl
Görlitz
Ingelheim
Jüterbog
Neubrandenburg
Nördlingen
Nürnberg
Templin
Wolframs-Eschenbach
Kernburg und Zwinger Burg Löwenstein (Württemberg)
Burg Altenstein (Hassberge)
Burg zu Burghausen (Burghausen/Salzach, Oberbayern)
Giechburg (Oberfranken)
Burg Guttenberg am Neckar (Neckar-Odenwald-Kreis)
Burg Hohenurach (Schwäbische Alb)
Burg Hornberg am Neckar (Neckar-Odenwald-Kreis)
Burg Löwenstein (Schwäbisch-Fränkische Waldberge)
Minneburg (Odenwald)
Burg Nürburg (Eifel)
Veste Otzberg (Otzberg)
Burg Rauheneck (Ebern)
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