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Gaudium et spes

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Gaudium et spes Empty Gaudium et spes

Beitrag  checker Sa Jan 10, 2015 11:57 am

Gaudium et spes (GS) heißt, nach ihren Anfangsworten, die Pastoral-Konstitution über die Kirche in der Welt von heute, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert und am 7. Dezember 1965 von Papst Paul VI. promulgiert wurde.

Entstehung

Dem II. Vatikanischen Konzil (1962–1965) lagen zu Beginn über 70 unterschiedlichste Arbeitsentwürfe (sog. Schemata) zur Beratung vor. Diese wurden im Verlauf der vier Sitzungsperioden teilweise gekürzt, teilweise zusammengefasst oder auch gestrichen. Der Text von Gaudium et spes war dagegen ein neuer Entwurf der Konzilsväter selbst, der unter dem Eindruck der Eröffnungsansprache Johannes XXIII. und auf Initiative vieler Bischöfe erst während des Konzils entstand.

Anders als noch in Humani Generis Pius XII., einer Enzyklika, die sich kritisch mit der Moderne der Nachkriegszeit befasste, wünschten die Konzilsväter eine positive Positionsbeschreibung. Der mahnenden, warnenden Stimme des Papsttums traute das Konzil keine hinreichende Überzeugungskraft mehr zu.

Viele ihrer Grundzüge sind an die Enzykliken Mater et Magistra und Pacem in terris (1961/1963) von Papst Johannes XXIII. angelehnt.
Gliederung

Die Konstitution ist in zwei Teile geteilt. Die Kapitel 11 bis 45 beschäftigen sich mit allgemeinen Fragen über „Die Kirche und die Berufung des Menschen“, die Kapitel 46 bis 90 widmen sich wichtigen Einzelfragen.
Ehe und Familie

In GS 47–52 wird über die Bedeutung der Ehe und Familie geschrieben. Ehe wird als ein personales Geschehen zwischen Mann und Frau definiert, das die gegenseitige Liebe voraussetzt. In diesem Rahmen sieht die Ehe die Bereitschaft zur Zeugung von Kindern vor (vgl. GS 50).

Die Frage nach der Empfängnisverhütung wurde im Konzil auf Wunsch von Papst Paul VI. nicht abschließend behandelt, sondern die Gründung einer Kommission empfohlen, die sich eingängig mit den neuen Möglichkeiten der Geburtenregelung beschäftigen sollte (vgl. GS 51; Anm. 14). Diese Anmerkung weist auch auf ein „dynamisches Verständnis der kirchlichen Lehre” hin, welches sich, aufgrund der neuen Möglichkeiten, erst entwickelt.[1] Gleichzeitig bedeutet dies, dass „keine konsequente Übertragung der Ehetheologie [die in den vorherigen Abschnitten entwickelt wurde] auf die Frage der Gebutenregelung stattfindet.”[2]
Weitere Kernaussagen

Der Mensch ist Urheber, Mittelpunkt und Ziel des wirtschaftlichen Lebens und der Kultur, denn die Würde der menschlichen Person gründet in der Gottesebenbildlichkeit.
Die menschliche Person ist auch Träger und Ziel aller gesellschaftlichen Institutionen. Die Kirche weiß sich mit allen Menschen darin verbunden; daraus entwickelt sich der Auftrag im Dienst an anderen, eine humane Gesellschaft zu gestalten.
Die Kirche braucht den offenen Dialog mit der Welt, um – lehrend wie lernend – die Zeichen der Zeit zu erkennen und ein Gemeinwohl, im weltweiten Kontext, nach Gottes Ordnung anzustreben.
Dieses setzt die Kenntnis der Situation des Menschen in der heutigen Welt voraus, wobei die gegenwärtig starken Wandlungen zu berücksichtigen sind. Trotzdem ist die Kirche an keine besondere Form der Kultur und kein besonderes gesellschaftliches, wirtschaftliches oder politisches System gebunden, sondern eine Entität sui generis.
Es wird ausgesagt, dass die Demokratie die Regierungsform im Staat ist, welche ihrer Struktur nach den Staatsbürger die günstigsten Voraussetzungen für die Entfaltung von Initiativen und Gemeinsinn bietet (Ein monarchisches Staatsoberhaupt steht dem nicht im Wege, wenn dieses keine autoritäre Regierungsform legitimiert). Autoritäre Staatsmodelle stützt die Kirche nicht mehr, insbesondere dann nicht, wenn diese totalitäre Ideologien verbreiten. Daher können in konkreten Situationen auch Christen zu unterschiedlichen politischen Lösungen kommen, aber man muss im offenen Dialog zur Klärung der Fragen einen Grundkonsens (im Sinne der katholischen Soziallehre) miteinander wahren.
Zum Thema Arbeit wird ausgeführt, dass sie Vorrang vor allen anderen Faktoren des wirtschaftlichen Lebens hat. Infolgedessen hat der Staat Vorsorge gegen einen Missbrauch des privaten Eigentums zu treffen, wenn es in Widerspruch zum Gemeinwohl tritt.
Gaudium et spes billigt das Recht auf sittlich erlaubte Verteidigung, tritt aber gleichzeitig vehement für die Forderung nach einer internationalen friedenschaffenden Autorität ein: Der Krieg sei völlig zu untersagen (insbesondere Nr. 82).
Den Laien ordnet die Kirche den eigenverantwortlichen Platz für die weltlichen Aufgaben und Tätigkeiten zu; ihnen obliegt die Aufgabe, dem bürgerlichen Leben das Gebot Gottes einzuprägen. Notwendig hierbei ist die Grundsatztreue in Verbindung mit einer situationsbezogenen Sachgerechtigkeit.

Einordnung

Die Situationsanalyse des Konzils ging dahin, dass das kirchliche Lehramt in den 1950er Jahren weithin als „Stimme ohne Tragweite“ (d’Hospital) empfunden wurde. So hat Gaudium et spes alles in allem einen anspruchsvollen Weltauftrag der Kirche formuliert.

Etliche Theologen und kirchliche Mitarbeiter leiten aus der Pastoralkonstitution her, dass in der Kirche selbst politische Partizipation und eine diskursive Ethik vonnöten seien. Die intendierte Stärkung des pastoralen Amtes, indem es sich fortan im Weltauftrag auf die Sachkunde der Laien stützt, steht vielerorts, zumindest in Europa, noch zu erwarten.

Gaudium et spes ist nicht „nur“ pastoral in dem Sinne, dass sie keine dogmatischen Aussagen macht, sondern will als Lehrdokument verstanden und befolgt werden. Die Konzilsväter haben diesen Doppelcharakter der Konstitution in der ersten Fußnote ausdrücklich festgelegt. Die Kirche hält also an ihrem Anspruch, verbindliche Wegweisungen für das Zusammenleben der Menschen zu lehren, durchaus fest, ja sie betont ihren Anspruch sogar und weitet ihren Auftrag in weltlichen Dingen sogar noch aus, jedoch unter Anerkennung der relativen Autonomie der weltlichen Sachbereiche (Laizität).
Rezeption

Fortgeführt wurden die Aussagen der Konstitution lehramtlicherseits in den Schreiben Populorum progressio und Octogesima adveniens von Papst Paul VI. und in etlichen Lehraussagen von Papst Johannes Paul II., der bereits mit seiner Antrittsenzyklika Redemptor hominis von 1979 den integralen Humanismus zum Leitbild seines Pontifikats erklärte.

Quelle - literatur & Einzelnachweise
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