Johann Friedrich Struensee
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Johann Friedrich Struensee
Johann Friedrich Struensee (* 5. August 1737 in Halle; † 28. April 1772 in Kopenhagen) war ein deutscher Arzt und beinahe zwei Jahre lang Regent von Dänemark.
Johann Friedrich Struensee (1737–1772), Porträt von Jens Juel (Schloss Celle)
Johann Friedrich Struensee
Porträt von Christian August Lorentzen um 1770
Struensee, Sohn des von 1759 bis 1791 amtierenden Generalsuperintendenten der Herzogtümer Schleswig und Holstein, wurde schon im Alter von 20 Jahren Armenarzt in Altona. Dort machte er sich während des nächsten Jahrzehnts durch neue, erfolgreiche Therapieformen einen Namen. 1768 begleitete er den geisteskranken dänischen König Christian VII. auf einer Reise und kam 1769 als dessen Leibarzt nach Kopenhagen. Innerhalb kurzer Zeit stieg Struensee zum mächtigsten Mann im Staat auf. Mit einer königlichen Generalvollmacht ausgestattet, versuchte er seit September 1770, Regierung und Gesellschaft im Sinne der Aufklärung umzuwandeln. Durch seine zahlreichen Reformen wurde der dänische Gesamtstaat zum fortschrittlichsten Staat seiner Zeit. Aber Struensee machte sich durch seine rigorose Spar- und Personalpolitik schnell Feinde am Hof. Bereits 1772 wurde er gestürzt und hingerichtet. Ein Teil seiner Reformen, wie die Pressefreiheit, blieb jedoch bestehen.
Sein Liebesverhältnis zur Königin Caroline Mathilde war zur damaligen Zeit ein Skandal und ist noch heute Inhalt von Romanen und Filmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war er der Vater der Prinzessin Louise Auguste von Dänemark (und damit Vorfahr von Auguste Viktoria, der letzten deutschen Kaiserin).
Leben und Wirken
Jugend und Familie
Johann Friedrich Struensee wurde in Halle als zweites von sechs Kindern des pietistischen Pastors und Professors der Universität Halle Adam Struensee geboren. Seine Mutter Maria Dorothea war die einzige Tochter des gräflichen Leibarztes in Berleburg und späteren dänischen Justizrates Johann Samuel Carl. Seine Kindheit war von tiefer Frömmigkeit sowie von der väterlichen Strenge und Pflichtbewusstsein geprägt.[1] In Halle besuchte er die Latina der Franckeschen Stiftungen und begann wenige Tage vor seinem fünfzehnten Geburtstag mit dem Medizinstudium. Noch vor seinem 20. Geburtstag schloss er das Studium am 14. Februar 1757 mit der Promotion ab. Die Dissertation mit dem Titel De incongruis corporis motis insalubritate (Über die Gesundheitsschädigung durch falsche Körperbewegung) widmete er seinem Großvater, der während Struensees Kindheit im Haus der Tochter gelebt hatte.[2] Bereits in dieser frühen Schrift propagierte er, dass die Natur selbst nach Heilung strebe und es daher Aufgabe der Medizin sein müsse, sie durch Abhärtung und frische Luft zu unterstützen. Auf Anregung seines Großvaters reiste er anschließend nach Berlin, um seine Ausbildung an der Charité fortzusetzen. Dort blieb er allerdings nicht lange, sondern wechselte nach Göttingen, wo er bei Johann Georg Roederer Geburtshilfe lernte.[3] Auf dem Rückweg erkrankte er an Fleckfieber.
Armenarzt in Altona
Am 12. Juli 1757 wurde Adam Struensee Hauptpastor der Trinitatiskirche im damals vom dänischen König regierten Altona. Der frisch genesene, eben zwanzigjährige Struensee folgte seinen Eltern und fand Anfang 1758 eine Anstellung als Stadtphysikus und Armenarzt. Als Arzt bekämpfte Struensee erfolgreich die Ausbreitung von Seuchen durch verbesserte Hygiene – beispielsweise ein eigenes Bett für jedes Waisenkind – und führte die Pockenimpfung ein. Anstatt der üblichen Behandlung durch Aderlass und Schwitzen propagierte er frische Luft und die Vernichtung von Kleidungsstücken und Bettzeug der Verstorbenen. Seine Erfahrungen mit derartigen Hygienemaßnahmen und Obduktionen ließen ihn auf die Entstehung von Krankheiten durch Ansteckung schließen und die Säftelehre, der die meisten seiner Kollegen anhingen, als abergläubisch abtun.[4] Wegen seiner neumodischen Methoden und Lehren stieß Struensee bei vielen Kollegen auf Ablehnung. Nur bei Johann Albert Heinrich Reimarus und dem jüdischen Armenarzt Hartog Gerson fand er Unterstützung.[5] Befreundet war er zudem mit dem Pädagogen Johann Bernhard Basedow.[6]
Da Struensee als Armenarzt ohne eigene Praxis keinen festen Patientenstamm unter den Wohlhabenderen aufbauen konnte, war sein Einkommen sehr niedrig. 1760 zogen seine Eltern nach Rendsburg, weil sein Vater zum Generalsuperintendent von Schleswig-Holstein ernannt worden war, was Struensee zwang, eine eigene Wohnung zu halten. Deshalb ersuchte er bei Johann Hartwig Ernst von Bernstorff, dem dänischen Außenminister und Chef der deutschen Kanzlei in Kopenhagen, um eine Gehaltserhöhung, die ihm auch erlauben würde, anstelle der wenig einträglichen und ungeliebten Praxis medizinische Vorlesungen für seine ungebildeten Kollegen und die Hebammen zu halten. Das Gesuch wurde abgelehnt, Struensee jedoch zum Landphysikus in der Grafschaft Rantzau und der Herrschaft Pinneberg ernannt.
Über seine Forschungsergebnisse berichtete Struensee in verschiedenen medizinischen Abhandlungen. So veröffentlichte er 1764 mit der veterinärmedizinischen Abhandlung Versuch von der Natur der Viehseuche und der Art sie zu heilen, die erste medizinische Beschreibung der Maul- und Klauenseuche. In der seit 1759 erscheinenden Monatsschrift Zum Nutzen und Vergnügen betätigte er sich darüber hinaus auch journalistisch. 1763 wurde diese Schrift, die satirisch Kritik an den Ärzten, aber auch am Adel übte, auf Betreiben des Hamburger Hauptpastors Goeze verboten. Struensee veröffentlichte jedoch auch weiterhin in verschiedenen Periodika. In seinen Aufsätzen deckte er die Zusammenhänge zwischen mangelnder Bildung, fehlender Hygiene und Krankheiten in den Armenvierteln auf und empfahl Reformen. Dabei sah er den Staat in der Pflicht, für Gesundheit und Aufklärung seiner Bevölkerung zu sorgen, denn die „Vermehrung der Einwohner ist eins der vornehmsten Stücke, das die Statsverständigen anitzt in Bewegung setzt.“[7] Diese Fürsorge sollte sich auch auf ledige Mütter und Geisteskranke erstrecken, die bisher von der Gesellschaft ausgestoßen waren.
Leibarzt und Regent des dänischen Königs
Christian VII. im Krönungsornat
Durch seine Behandlungserfolge gewann Struensee im Laufe der Zeit einen guten Ruf beim holsteinischen Adel. Da er auch für eine neuartige Therapie bei Geisteskrankheiten bekannt war, wurde er 1767 gerufen, um den jungen dänischen König Christian VII. bei dessen Aufenthalt in Altona zu behandeln.
Christian VII.
Christian VII. war 1766 kurz vor seinem 17. Geburtstag König geworden. Als Kind war er sehr restriktiv erzogen worden. Als König erwies er sich bald als unberechenbar und sein Benehmen bei Hof als zunehmendes Ärgernis. Er widersetzte sich der Hofetikette. Seine junge Ehefrau, die englische Prinzessin Caroline Mathilde, hatte er bereits bei ihrer Ankunft in Dänemark mit der Erklärung brüskiert, sie nicht zu lieben. Stattdessen ließ er sich von seinem Hofmarschall Conrad Holck (1745−1800) zu übermäßigem Alkoholgenuss, sexuellen Ausschweifungen und Gewaltexzessen animieren.[8] Das Ansehen des Königs in der Öffentlichkeit begann darunter zu leiden.
Christian VII. war nicht nur psychisch labil, sondern auch wenig an der Regierung interessiert. Das war durchaus im Interesse der Minister, die bereits zu Zeiten seines alkoholkranken Vaters Friedrich V. den König weitgehend von den Regierungsgeschäften ferngehalten hatten. Das absolutistische Königsgesetz (Kongelov) verlangte zwar, dass jede Entscheidung vom König selbst getroffen werden musste, praktisch legte ihm das Geheime Conseil unter Vorsitz von Bernstorff fertig ausgearbeitete Beschlüsse vor, die er nur noch unterschreiben musste. Christian VII. langweilte sich während der Ratsversammlungen und traf willkürliche Personalentscheidungen, die die Regierung in Unruhe versetzten. So hatte er kurz nach seinem Regierungsantritt 1766 den angesehenen Adam Gottlob von Moltke entlassen.
König Christians Reise
Im Jahre 1768 stellte Bernstorff Struensee, vermittelt durch den Grafen Schack Carl von Rantzau-Ascheberg, als Reisearzt für den König auf dessen einjähriger Europareise ein. Bereits sein Großvater Johann Samuel Carl war von 1732 bis 1742 Leibarzt des dänischen Königs Christian VI. gewesen und hatte 1740 bei der Reform des dänischen Gesundheitswesens mitgewirkt.[2] Die Reise, die durch den Schatzmeister Heinrich Carl von Schimmelmann finanziert wurde, führte durch Deutschland, die Niederlande, England und Frankreich. Während des Aufenthalts bei Christians Schwager Georg III. erlebte Struensee die Folgen der beginnenden Industrialisierung auf die arme Bevölkerung wie Landflucht, Bildung von Slums und die daraus resultierende Zunahme von sozialen Problemen und Krankheiten, besonders Alkoholismus und Syphilis. Zahlreiche seiner späteren Reformen wurden von diesen Erfahrungen geprägt.[9] In Oxford erhielt Struensee die Ehrendoktorwürde der medizinischen Fakultät, allerdings im Rahmen einer Feier, in der der König, Bernstorff, Holck und etliche andere mit der juristischen Ehrendoktorwürde ausgestattet wurden.[10] In Frankreich kam er in Kontakt mit Denis Diderot und anderen führenden Aufklärern.
Struensees Aufstieg
Auf der Reise hatte Struensee das Vertrauen des Königs gewonnen, der sich von ihm lenken ließ. Dieser bat ihn daher, ihn nach Kopenhagen zu begleiten. Zurückgekehrt an den dänischen Hof wurde Struensee von Christian VII. der Titel des Königlichen Vorlesers verliehen, und im Mai 1769 wurde er zum Wirklichen Etatrat ernannt. In den ersten Monaten beschäftigte sich Struensee vor allem mit der Gesundheit der Königsfamilie. Politische Ambitionen hatte er zu der Zeit noch nicht. Doch bald wurde er in Hofintrigen hineingezogen, die ihn zwangen, sich eine sichere Position am Hof zu verschaffen.[11]
Er wurde Mitglied der Kommission zur Einführung der Pockenimpfung. Während einer Pockenepidemie in Kopenhagen 1770 impfte er auch den Kronprinzen Friedrich gegen die Pocken. Damit gewann er endgültig die Zuneigung und das Vertrauen des königlichen Paares und wurde zum Kabinettssekretär und Konferenzrat befördert und am 18. Dezember 1770 offiziell zum Leibarzt ernannt.[12]
Für Struensees Reformideen hatte der König ein offenes Ohr. Bereits 1769 ergingen erste Gesetze zur verbesserten Lage lediger Mütter sowie eine Hebammenordnung.[13] Nachdem Struensee das Vertrauen des Königs gewonnen hatte, konnte er seine Reformen dank des Kongelovs leicht durchsetzen. Am 4. September 1770 unterschrieb Christian VII. die ersten Struenseeschen Gesetze: Damit wurde die Anhäufung von Titeln und Orden ohne entsprechende Verdienste untersagt, sowie die Meinungs- und Pressefreiheit eingeführt. Struensee begleitete das Königspaar zu Sommeraufenthalten nach Schloss Frederiksberg, Schloss Traventhal und Schloss Hirschholm. Abgeschieden von den Einflüssen des Hofstaats und der königlichen Ratgeber diskutierte er dort mit dem König seine Reformideen und erließ einen Großteil seiner Dekrete.[14]
Premierminister Graf Bernstorff, der über Jahrzehnte die dänische Politik bestimmt hatte, wurde am 15. September 1770 im Zusammenhang mit einer missglückten Strafaktion gegen algerische Barbaresken entlassen. Damit hatte Struensee sich des wichtigsten Konkurrenten entledigt. Im Dezember 1770 veranlasste Struensee den König, auch das Geheime Conseil aufzulösen. Am 17. Dezember 1770 ernannte König Christian Struensee zum Maître des requêtes (Chef der Gesuche). Damit lief die Kommunikation zwischen König und Volk allein über Struensee.
Doch bald brach Christians Krankheit wieder stärker durch und seine Begeisterung für die Reformen erlahmte. Nachdem er zunächst die Dekrete noch eigenhändig verfasst hatte, verweigerte er im Frühjahr 1771 immer häufiger die Unterschrift.[15] Am 15. Juli 1771 ernannte er Struensee zum Geheimen Kabinettsminister und stattete ihn mit einer Generalvollmacht aus, die ihm erlaubte, anstelle des Königs zu unterschreiben. Damit war Struensee quasi Alleinregent. Am 22. Juli wurde er in der Grafenstand erhoben.
Wer diese durchaus noch brisante und interessante Geschichte weiterlesen möchte,dem sei der Link empfohlen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_Struensee
Johann Friedrich Struensee (1737–1772), Porträt von Jens Juel (Schloss Celle)
Johann Friedrich Struensee
Porträt von Christian August Lorentzen um 1770
Struensee, Sohn des von 1759 bis 1791 amtierenden Generalsuperintendenten der Herzogtümer Schleswig und Holstein, wurde schon im Alter von 20 Jahren Armenarzt in Altona. Dort machte er sich während des nächsten Jahrzehnts durch neue, erfolgreiche Therapieformen einen Namen. 1768 begleitete er den geisteskranken dänischen König Christian VII. auf einer Reise und kam 1769 als dessen Leibarzt nach Kopenhagen. Innerhalb kurzer Zeit stieg Struensee zum mächtigsten Mann im Staat auf. Mit einer königlichen Generalvollmacht ausgestattet, versuchte er seit September 1770, Regierung und Gesellschaft im Sinne der Aufklärung umzuwandeln. Durch seine zahlreichen Reformen wurde der dänische Gesamtstaat zum fortschrittlichsten Staat seiner Zeit. Aber Struensee machte sich durch seine rigorose Spar- und Personalpolitik schnell Feinde am Hof. Bereits 1772 wurde er gestürzt und hingerichtet. Ein Teil seiner Reformen, wie die Pressefreiheit, blieb jedoch bestehen.
Sein Liebesverhältnis zur Königin Caroline Mathilde war zur damaligen Zeit ein Skandal und ist noch heute Inhalt von Romanen und Filmen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war er der Vater der Prinzessin Louise Auguste von Dänemark (und damit Vorfahr von Auguste Viktoria, der letzten deutschen Kaiserin).
Leben und Wirken
Jugend und Familie
Johann Friedrich Struensee wurde in Halle als zweites von sechs Kindern des pietistischen Pastors und Professors der Universität Halle Adam Struensee geboren. Seine Mutter Maria Dorothea war die einzige Tochter des gräflichen Leibarztes in Berleburg und späteren dänischen Justizrates Johann Samuel Carl. Seine Kindheit war von tiefer Frömmigkeit sowie von der väterlichen Strenge und Pflichtbewusstsein geprägt.[1] In Halle besuchte er die Latina der Franckeschen Stiftungen und begann wenige Tage vor seinem fünfzehnten Geburtstag mit dem Medizinstudium. Noch vor seinem 20. Geburtstag schloss er das Studium am 14. Februar 1757 mit der Promotion ab. Die Dissertation mit dem Titel De incongruis corporis motis insalubritate (Über die Gesundheitsschädigung durch falsche Körperbewegung) widmete er seinem Großvater, der während Struensees Kindheit im Haus der Tochter gelebt hatte.[2] Bereits in dieser frühen Schrift propagierte er, dass die Natur selbst nach Heilung strebe und es daher Aufgabe der Medizin sein müsse, sie durch Abhärtung und frische Luft zu unterstützen. Auf Anregung seines Großvaters reiste er anschließend nach Berlin, um seine Ausbildung an der Charité fortzusetzen. Dort blieb er allerdings nicht lange, sondern wechselte nach Göttingen, wo er bei Johann Georg Roederer Geburtshilfe lernte.[3] Auf dem Rückweg erkrankte er an Fleckfieber.
Armenarzt in Altona
Am 12. Juli 1757 wurde Adam Struensee Hauptpastor der Trinitatiskirche im damals vom dänischen König regierten Altona. Der frisch genesene, eben zwanzigjährige Struensee folgte seinen Eltern und fand Anfang 1758 eine Anstellung als Stadtphysikus und Armenarzt. Als Arzt bekämpfte Struensee erfolgreich die Ausbreitung von Seuchen durch verbesserte Hygiene – beispielsweise ein eigenes Bett für jedes Waisenkind – und führte die Pockenimpfung ein. Anstatt der üblichen Behandlung durch Aderlass und Schwitzen propagierte er frische Luft und die Vernichtung von Kleidungsstücken und Bettzeug der Verstorbenen. Seine Erfahrungen mit derartigen Hygienemaßnahmen und Obduktionen ließen ihn auf die Entstehung von Krankheiten durch Ansteckung schließen und die Säftelehre, der die meisten seiner Kollegen anhingen, als abergläubisch abtun.[4] Wegen seiner neumodischen Methoden und Lehren stieß Struensee bei vielen Kollegen auf Ablehnung. Nur bei Johann Albert Heinrich Reimarus und dem jüdischen Armenarzt Hartog Gerson fand er Unterstützung.[5] Befreundet war er zudem mit dem Pädagogen Johann Bernhard Basedow.[6]
Da Struensee als Armenarzt ohne eigene Praxis keinen festen Patientenstamm unter den Wohlhabenderen aufbauen konnte, war sein Einkommen sehr niedrig. 1760 zogen seine Eltern nach Rendsburg, weil sein Vater zum Generalsuperintendent von Schleswig-Holstein ernannt worden war, was Struensee zwang, eine eigene Wohnung zu halten. Deshalb ersuchte er bei Johann Hartwig Ernst von Bernstorff, dem dänischen Außenminister und Chef der deutschen Kanzlei in Kopenhagen, um eine Gehaltserhöhung, die ihm auch erlauben würde, anstelle der wenig einträglichen und ungeliebten Praxis medizinische Vorlesungen für seine ungebildeten Kollegen und die Hebammen zu halten. Das Gesuch wurde abgelehnt, Struensee jedoch zum Landphysikus in der Grafschaft Rantzau und der Herrschaft Pinneberg ernannt.
Über seine Forschungsergebnisse berichtete Struensee in verschiedenen medizinischen Abhandlungen. So veröffentlichte er 1764 mit der veterinärmedizinischen Abhandlung Versuch von der Natur der Viehseuche und der Art sie zu heilen, die erste medizinische Beschreibung der Maul- und Klauenseuche. In der seit 1759 erscheinenden Monatsschrift Zum Nutzen und Vergnügen betätigte er sich darüber hinaus auch journalistisch. 1763 wurde diese Schrift, die satirisch Kritik an den Ärzten, aber auch am Adel übte, auf Betreiben des Hamburger Hauptpastors Goeze verboten. Struensee veröffentlichte jedoch auch weiterhin in verschiedenen Periodika. In seinen Aufsätzen deckte er die Zusammenhänge zwischen mangelnder Bildung, fehlender Hygiene und Krankheiten in den Armenvierteln auf und empfahl Reformen. Dabei sah er den Staat in der Pflicht, für Gesundheit und Aufklärung seiner Bevölkerung zu sorgen, denn die „Vermehrung der Einwohner ist eins der vornehmsten Stücke, das die Statsverständigen anitzt in Bewegung setzt.“[7] Diese Fürsorge sollte sich auch auf ledige Mütter und Geisteskranke erstrecken, die bisher von der Gesellschaft ausgestoßen waren.
Leibarzt und Regent des dänischen Königs
Christian VII. im Krönungsornat
Durch seine Behandlungserfolge gewann Struensee im Laufe der Zeit einen guten Ruf beim holsteinischen Adel. Da er auch für eine neuartige Therapie bei Geisteskrankheiten bekannt war, wurde er 1767 gerufen, um den jungen dänischen König Christian VII. bei dessen Aufenthalt in Altona zu behandeln.
Christian VII.
Christian VII. war 1766 kurz vor seinem 17. Geburtstag König geworden. Als Kind war er sehr restriktiv erzogen worden. Als König erwies er sich bald als unberechenbar und sein Benehmen bei Hof als zunehmendes Ärgernis. Er widersetzte sich der Hofetikette. Seine junge Ehefrau, die englische Prinzessin Caroline Mathilde, hatte er bereits bei ihrer Ankunft in Dänemark mit der Erklärung brüskiert, sie nicht zu lieben. Stattdessen ließ er sich von seinem Hofmarschall Conrad Holck (1745−1800) zu übermäßigem Alkoholgenuss, sexuellen Ausschweifungen und Gewaltexzessen animieren.[8] Das Ansehen des Königs in der Öffentlichkeit begann darunter zu leiden.
Christian VII. war nicht nur psychisch labil, sondern auch wenig an der Regierung interessiert. Das war durchaus im Interesse der Minister, die bereits zu Zeiten seines alkoholkranken Vaters Friedrich V. den König weitgehend von den Regierungsgeschäften ferngehalten hatten. Das absolutistische Königsgesetz (Kongelov) verlangte zwar, dass jede Entscheidung vom König selbst getroffen werden musste, praktisch legte ihm das Geheime Conseil unter Vorsitz von Bernstorff fertig ausgearbeitete Beschlüsse vor, die er nur noch unterschreiben musste. Christian VII. langweilte sich während der Ratsversammlungen und traf willkürliche Personalentscheidungen, die die Regierung in Unruhe versetzten. So hatte er kurz nach seinem Regierungsantritt 1766 den angesehenen Adam Gottlob von Moltke entlassen.
König Christians Reise
Im Jahre 1768 stellte Bernstorff Struensee, vermittelt durch den Grafen Schack Carl von Rantzau-Ascheberg, als Reisearzt für den König auf dessen einjähriger Europareise ein. Bereits sein Großvater Johann Samuel Carl war von 1732 bis 1742 Leibarzt des dänischen Königs Christian VI. gewesen und hatte 1740 bei der Reform des dänischen Gesundheitswesens mitgewirkt.[2] Die Reise, die durch den Schatzmeister Heinrich Carl von Schimmelmann finanziert wurde, führte durch Deutschland, die Niederlande, England und Frankreich. Während des Aufenthalts bei Christians Schwager Georg III. erlebte Struensee die Folgen der beginnenden Industrialisierung auf die arme Bevölkerung wie Landflucht, Bildung von Slums und die daraus resultierende Zunahme von sozialen Problemen und Krankheiten, besonders Alkoholismus und Syphilis. Zahlreiche seiner späteren Reformen wurden von diesen Erfahrungen geprägt.[9] In Oxford erhielt Struensee die Ehrendoktorwürde der medizinischen Fakultät, allerdings im Rahmen einer Feier, in der der König, Bernstorff, Holck und etliche andere mit der juristischen Ehrendoktorwürde ausgestattet wurden.[10] In Frankreich kam er in Kontakt mit Denis Diderot und anderen führenden Aufklärern.
Struensees Aufstieg
Auf der Reise hatte Struensee das Vertrauen des Königs gewonnen, der sich von ihm lenken ließ. Dieser bat ihn daher, ihn nach Kopenhagen zu begleiten. Zurückgekehrt an den dänischen Hof wurde Struensee von Christian VII. der Titel des Königlichen Vorlesers verliehen, und im Mai 1769 wurde er zum Wirklichen Etatrat ernannt. In den ersten Monaten beschäftigte sich Struensee vor allem mit der Gesundheit der Königsfamilie. Politische Ambitionen hatte er zu der Zeit noch nicht. Doch bald wurde er in Hofintrigen hineingezogen, die ihn zwangen, sich eine sichere Position am Hof zu verschaffen.[11]
Er wurde Mitglied der Kommission zur Einführung der Pockenimpfung. Während einer Pockenepidemie in Kopenhagen 1770 impfte er auch den Kronprinzen Friedrich gegen die Pocken. Damit gewann er endgültig die Zuneigung und das Vertrauen des königlichen Paares und wurde zum Kabinettssekretär und Konferenzrat befördert und am 18. Dezember 1770 offiziell zum Leibarzt ernannt.[12]
Für Struensees Reformideen hatte der König ein offenes Ohr. Bereits 1769 ergingen erste Gesetze zur verbesserten Lage lediger Mütter sowie eine Hebammenordnung.[13] Nachdem Struensee das Vertrauen des Königs gewonnen hatte, konnte er seine Reformen dank des Kongelovs leicht durchsetzen. Am 4. September 1770 unterschrieb Christian VII. die ersten Struenseeschen Gesetze: Damit wurde die Anhäufung von Titeln und Orden ohne entsprechende Verdienste untersagt, sowie die Meinungs- und Pressefreiheit eingeführt. Struensee begleitete das Königspaar zu Sommeraufenthalten nach Schloss Frederiksberg, Schloss Traventhal und Schloss Hirschholm. Abgeschieden von den Einflüssen des Hofstaats und der königlichen Ratgeber diskutierte er dort mit dem König seine Reformideen und erließ einen Großteil seiner Dekrete.[14]
Premierminister Graf Bernstorff, der über Jahrzehnte die dänische Politik bestimmt hatte, wurde am 15. September 1770 im Zusammenhang mit einer missglückten Strafaktion gegen algerische Barbaresken entlassen. Damit hatte Struensee sich des wichtigsten Konkurrenten entledigt. Im Dezember 1770 veranlasste Struensee den König, auch das Geheime Conseil aufzulösen. Am 17. Dezember 1770 ernannte König Christian Struensee zum Maître des requêtes (Chef der Gesuche). Damit lief die Kommunikation zwischen König und Volk allein über Struensee.
Doch bald brach Christians Krankheit wieder stärker durch und seine Begeisterung für die Reformen erlahmte. Nachdem er zunächst die Dekrete noch eigenhändig verfasst hatte, verweigerte er im Frühjahr 1771 immer häufiger die Unterschrift.[15] Am 15. Juli 1771 ernannte er Struensee zum Geheimen Kabinettsminister und stattete ihn mit einer Generalvollmacht aus, die ihm erlaubte, anstelle des Königs zu unterschreiben. Damit war Struensee quasi Alleinregent. Am 22. Juli wurde er in der Grafenstand erhoben.
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