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Das Goldene Zeitalter

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Das Goldene Zeitalter Empty Das Goldene Zeitalter

Beitrag  Andy So Jan 18, 2015 11:27 pm

Das Goldene Zeitalter (niederl.: de Gouden Eeuw) bezeichnet in der Geschichte der Niederlande eine rund einhundert Jahre andauernde wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit, die ungefähr das 17. Jahrhundert ausfüllt und in der Kunstgeschichte ohne Beispiel ist. Auf dem Höhepunkt des Goldenen Zeitalters um 1650 arbeiteten in den Niederlanden circa 700 Maler, die jährlich etwa 70.000 Gemälde fertigstellten. Ein solcher Gemäldeausstoß ist in der gesamten Kunstgeschichte beispiellos, weder in der italienischen Renaissance noch in Frankreich zur Zeit des Impressionismus hat es so etwas gegeben.[1] Insgesamt produzierten die niederländischen Maler mehrere Millionen Gemälde, weshalb man heute in nahezu jedem Museum für alte Kunst niederländische Gemälde antreffen kann.

Voraussetzung für diese einzigartige Blüte war der Aufstieg der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande (Republiek der Zeven Verenigde Nederlanden) zur weltumspannenden See- und Handelsmacht. Die in den Niederlanden herrschende Religionsfreiheit zog die unterschiedlichsten wegen ihres Glaubens in anderen Staaten verfolgten Menschen an. Sie flüchteten in die sie bereitwillig aufnehmende junge Republik, die ihnen Bewegungsfreiheit und genügend Arbeit bot. Schriftsteller und Gelehrte kamen, um frei publizieren und lehren zu können; mit der Gründung der Universität Leiden und der Entwicklung von Geistes- und Naturwissenschaften wurde das Land auch zu einem bedeutenden Zentrum des Wissens.

Die Bezeichnung „Goldenes Zeitalter“ wurde jedoch vor allem für eine bis dahin nicht gekannte Blüte von Kultur und Kunst geprägt. Oft wird der Begriff auf die zahllosen Meisterwerke der Malerei des 17. Jahrhunderts beschränkt. In dieser ist der gesellschaftliche und kulturelle Wandel, der sich in dieser Zeit vollzog, besonders deutlich wahrzunehmen.

Das Goldene Zeitalter 480px-Nova_Orbis_Tabula_in_Lucem_Edita
Die Weltkarte von Frederik de Wit, entstanden 1662 auf dem Höhepunkt des Goldenen Zeitalters der Vereinigten Niederlande in dem für Karten und Atlanten seiner Zeit führenden Verlagshaus, symbolisiert die wirtschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle und künstlerische Vorreiterrolle des Landes, das zur Weltmacht aufstieg und selbst die Kartografie dominierte.

Das Goldene Zeitalter 800px-Seven_United_Netherlands_Janssonius_1658
Karte der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande von Johannes Janssonius (1658)

Einleitung



„Es ist der Name des Goldenden Zeitalters selbst, der nichts taugt. Er riecht nach jener aurea aetas der Antike, jenem mythologischen Schlaraffenland, das uns schon als Schulbuben bei Ovid leicht gelangweilt hat. Wenn unsre Blütezeit einen Namen haben soll, so nenne man sie nach Holz und Stahl, Pech und Teer, Farbe und Tinte, Wagemut und Frömmigkeit, Geist und Phantasie.[2]“

– Johan Huizinga


Die Zeit des Goldenen Zeitalters der Niederlande wird seit einigen Jahren in den Niederlanden intensiver erforscht und diskutiert. Hierzu ist beispielsweise 2000 an der Universität Amsterdam das Amsterdams Centrum voor de Studie van de Gouden Eeuw gegründet worden, das unter anderem die Arbeiten Huizingas aus dem Jahr 1941 aufgreift. Huizingas Geschichtsverständnis war von seinem Studium der Sprachwissenschaften und seiner Begeisterung für die Malerei geprägt. Er verstand Geschichtsschreibung als bildhaft-intuitive Mentalitäts- beziehungsweise Kulturgeschichte. Gleichwohl betonte er, dass das Goldene Zeitalter weder plötzlich über die Niederlande „hereinbrach“ noch gar den mythischen Idealzustand „einer ohne Ackerbau alle Nahrungsbedürfnisse befriedigenden Erde und einer in völligem Frieden, allgemeiner Sorglosigkeit und Unschuld im ewigen Frühling lebenden Gesellschaft“ (wie Ovid den Begriff des Goldenen Zeitalters definierte) brachte, sondern es sich um eine auf der Grundlage generationenlanger harter Arbeit, günstiger Voraussetzungen, vielfältiger Konflikte und natürlich einer Portion Glück und Zufall entstandene Blütezeit handelte, der jede idealtypische Unschuld fehlte. So war fast die Hälfte der Zeit „geprägt von Krieg und Kriegsgeschrei“.[3] Nicht wenige Wissenschaftler sprechen daher bei der Betrachtung dieses Zeitalters zumindest in weltwirtschaftlicher Hinsicht lieber von einer Hegemonie. Huizinga vermutet, dass sich der Begriff des Goldenen Zeitalters dauerhaft festsetzte, nachdem der Historiker Pieter Lodewijk Muller 1897 sein Buch mit dem Arbeitstitel Republiek der Vereenigde Nederlanden in haar bloeitijd („Die Republik der Vereinigten Niederlanden in ihrer Blütezeit“) auf Wunsch des Verlegers Onze Gouden Eeuw („Unser Goldenes Zeitalter“) nennen musste.[4]

1477 kamen die Niederlande unter die Herrschaft der Habsburger. Bereits in jener Zeit war die ökonomische Situation der damals Burgundischen Niederlande günstig; vor allem unter der Herrschaft von Karl V. erstarkten neben Ackerbau, Viehzucht und Fischerei ebenso Handel und Gewerbe. Daneben wuchs der Textilsektor rasch, und Antwerpen entwickelte sich zum ökonomischen Zentrum der Region. Desgleichen erlebten Wissenschaft und Kultur eine Zeit der Sternstunden, nicht zuletzt durch Christoffel Plantijn. Gleichzeitig war die Epoche der Reformation angebrochen und Karl V. sowie sein Sohn und Nachfolger Philipp II. – beide strenggläubige Katholiken – läuteten die Gegenreformation ein.

Konflikt mit Spanien

Das Goldene Zeitalter 640px-Portrait_of_Philip_II_of_Spain_by_Sofonisba_Anguissola_-_002b
Philipp II. von Spanien um 1575, Gemälde von Sofonisba Anguissola

Als Philipp II. den Calvinismus zur Ketzerei erklärte, rebellierten die nördlichen Provinzen unter der Führung Wilhelms von Oranien. Mit seinem Versuch, Brabant zu besetzen, begann 1568 der Achtzigjährige Krieg. 1579 schlossen sich die sieben nördlichen Provinzen zur Utrechter Union zusammen und gründeten 1581 die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, während die katholischen Südprovinzen – heute Belgien und Luxemburg – bei Spanien blieben (siehe Spanische Niederlande).

Der bei der Gründung der Utrechter Union geschlossene Vertrag räumte den nördlichen Provinzen unter anderem das Recht zur Kontrolle der Schifffahrt auf dem Niederrhein ein, was sich als sehr wichtig für deren weitere wirtschaftliche Entwicklung herausstellte. 1585 eroberten die Spanier Antwerpen, worauf die Niederländer die Schelde sperrten und Antwerpen damit den Zugang zur Nordsee nahmen. So waren die Weichen für Amsterdam als künftiges regionales Handelszentrum gestellt, das seinen Rivalen Antwerpen rasch hinter sich lassen konnte.

1608 kam es in Den Haag zu Friedensverhandlungen mit Spanien, an denen außerdem England und Frankreich teilnahmen, 1609 wurde ein zwölfjähriger Waffenstillstand vereinbart.

See- und Kaufleute

→ Hauptartikel: Europäische Expansion; zu den damaligen Machtverhältnissen im Ostseehandel und der Konkurrenz zur Hanse siehe: Krisen und Niedergang der Hanse (etwa 1400 bis 1669)

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Mit der Ankunft in Bantam auf Java brach Kapitän Cornelis de Houtman 1596 das portugiesische Gewürzmonopol in Ostindien

Die Grundlagen des Erfolges der niederländischen Wirtschaft lagen im Ostseehandel, der seit dem frühen 15. Jahrhundert vor allem von der Provinz Holland und Amsterdam aus systematisch betrieben wurde und die Provinzen – trotz der Belagerung durch die Spanier – zu einer blühenden Handelsnation machten. Kleinere und schnellere Schiffe als die ihrer Konkurrenten, die zudem weniger Personal benötigten, machten die Amsterdamer Händler zu den flexibelsten ihrer Zeit. Schon Ende des 16. Jahrhunderts begann die Blüte Amsterdams beziehungsweise Hollands.

Bereits um 1600 hatte sich erhebliches Investitionskapital in Amsterdam angesammelt, das für neue Aufgaben zur Verfügung stand. Erste Schiffsexpeditionen wurden finanziert, um Handelsmöglichkeiten in Asien und Amerika zu erkunden. Die niederländischen See- und Kaufleute hatten Glück, weil die Hanse im Niedergang begriffen und die anderen Konkurrenten durch Kriege und Aufstände andernorts abgelenkt waren. Nur ein Beispiel dafür ist die Zerstörung der spanischen Armada durch die Engländer 1588. Da sich die Spanier weiter auf die Engländer und Franzosen als Kriegsgegner konzentrierten, wagten sich die niederländischen Handelsschiffe immer weiter auf die Meere hinaus, erschlossen weitgehend ungestört neue Seewege und gründeten Kolonien. In jener Zeit handelte es sich indessen noch um einzelne Unternehmungen, die anfänglich nur zu geringen Erfolgen führten.
Voraussetzungen und Wechselwirkungen

„Wie konnte ein solch kleines Land mit weniger als eineinhalb Millionen Einwohnern[5] und ohne natürliche Reichtümer im 17. Jahrhundert, einer allgemeinen Krisenzeit, zur führenden Wirtschaftsmacht aufsteigen?“

– Michael North: Geschichte der Niederlande


Der wirtschaftliche Aufstieg des kleinen Staatenbundes von nicht einmal zwei Millionen Niederländern, der über keine Rohstoffe verfügte und in der landwirtschaftlichen Produktion unbedeutend war, zur führenden Groß- und Kolonialmacht des 17. Jahrhunderts ist ein bis heute verblüffendes und faszinierendes Phänomen. Sir William Temple, zeitgenössischer englischer Botschafter in den Niederlanden, identifiziert in seinen Observations upon the United Provinces of the Netherlands[6] die hohe Bevölkerungsdichte des Landes als entscheidende Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg. Dadurch seien alle lebensnotwendigen Güter teuer; Leute mit Besitz müssten sparen, die ohne Besitz seien zu Fleiß und Arbeit gezwungen. Aus der Not erwüchsen sozusagen die Tugenden, die die Grundlage des Erfolges bildeten.[7]

Daneben gab es jedoch eine ganze Reihe weiterer günstiger Umstände, ohne die es zu einem derartigen Aufstieg nie hätte kommen können:

Urbanisierung und politisches System

Das Goldene Zeitalter 800px-Map_of_Amsterdam_-_Amstelodami_Celeberrimi_Hollandiae_Emporii_Delineatio_Nova_%28J.Blaeu%2C_1649%29
Historische Karte von Amsterdam von Willem and Joan Blaeu (1652)

Die Niederlande des angehenden 17. Jahrhunderts wiesen in der Tat den höchsten Urbanisierungs- und Verstädterungsgrad Europas auf[8] und waren die am dichtesten besiedelte Region Westeuropas. Die Lebenswelt war in starkem Maß durch die Stadt und nicht-agrarische Tätigkeiten geprägt; fast 50 Prozent der Bevölkerung wohnten städtisch und nur noch ein Drittel war in der Landwirtschaft tätig. Doch die Bauernschaft und die Landarbeiter machten ebenso eine einschneidende Entwicklung durch. Da die Grundlage der bäuerlichen Wirtschaft das Besitzrecht bildete, besaßen die Bauern je nach Provinz bis zu 40 Prozent des genutzten Landes selbst und konnten somit über dessen Erträge frei verfügen. Die ländliche Einkommensentwicklung zeigt, dass ein Landarbeiter des 17. Jahrhunderts deutlich besser gestellt war als ein freier Bauer hundert Jahre zuvor.[9]

Der Staatenbund war zwar oligarchisch geprägt, doch demokratischer als andere europäische Länder[10], politisch defensiv eingestellt und von einem ökonomischen System geprägt, das nicht auf Landwirtschaft, sondern auf Handel und Seefahrt aufbaute.

Die Steuerbelastung der niederländischen Bevölkerung war deutlich höher als die der angrenzenden Länder, bis zu doppelt so hoch wie in England und mehr als dreimal so hoch wie in Frankreich.[11] So verfügte der Staat aufgrund der starken Kommerzialisierung der Wirtschaft, der hohen Einkommen und der leichten Verfügbarkeit von Kapital trotz der geringen Bevölkerung über eine breite Ressourcenbasis.

Soziales Gefüge

Der soziale Status in der niederländischen Gesellschaft wurde neben dem familiären Hintergrund und der Ausbildung maßgeblich durch Vermögen und Einkommen bestimmt – ungewöhnlich im Europa des 17. Jahrhunderts, wo der persönliche Status noch überwiegend durch die Ständeordnung, also durch Geburt, vorgezeichnet war.

An der Spitze der Gesellschaft in den Niederlanden rangierten Adel und Regenten, jedoch hatte die Aristokratie das Land zusammen mit den Spaniern weitgehend verlassen oder viele ihrer Privilegien an die Städte verkauft. Bedeutende holländische Regentendynastien des Goldenen Jahrhunderts waren die Geschlechter Boelens Loen, Hooft, De Graeff, Bicker und Pauw in Amsterdam, die De Witt und Van Slingelandt in Dordrecht, sowie die Van Foreest in Alkmaar. Im Prinzip hatte jede Stadt und jede Provinz ihre eigene Regierung und eigenen Gesetze, und wurde von den miteinander eng verwandten Regenten in einem oligarischen System beherrscht.

Während der Adel im restlichen Europa weiter die politisch und sozial privilegierte Führungsschicht bildete, gab es in den Niederlanden kaum mehr Geburtsadel. Selbst der Klerus konnte nur wenig weltlichen Einfluss ausüben: Die katholische Kirche war weitgehend unterdrückt, die junge protestantische Kirche geteilt. Hier herrschte also kein König, kein Adel und kein Klerus, sondern bestimmten die Regenten zusammen mit den Bürgern der Oberschicht (reichen Kaufleuten, Reedern, Bankiers, Unternehmern, hochrangigen Offizieren) das politische und gesellschaftliche Leben, gefolgt von einer breiten Mittelschicht aus Handwerkern, Händlern, Schiffern, kleineren Beamten und niederrangigen Offizieren, die in kleineren Städten und weniger wichtigen Gemeinden bereits politische Verantwortung übernahmen. Nicht zuletzt durch die Einwanderung religiös Verfolgter, unter ihnen zahlreiche Angehörige der Oberschicht und des Bildungsbürgertums, Schriftsteller und Gelehrte, wies das Land die niedrigste Zahl an Analphabeten in Europa auf.[12]

Gleichzeitig half eine ausgeprägte Spendenbereitschaft der Bürgerschaft, die rasante wirtschaftliche Entwicklung sozial verträglich abzufedern. Armenküchen, Waisenhäuser, Altenheime und andere soziale Einrichtungen verdankten ihre Existenz der Mildtätigkeit der Bürger. Aufgrund dieses – natürlich erst rudimentär vorhandenen – sozialen Netzes war für die Randgruppen, die Armen und die Schwachen so weit gesorgt, dass sich Unruhen im Gegensatz zum übrigen Europa weitgehend auf politische oder religiöse Themen beschränkten.

Welthandel

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Darstellung niederländischer Schiffe im Gemälde Ausfahrt der Ostindiensegler von
Hendrick Cornelisz. Vroom um 1630–1640

Eine wichtige Rolle spielt die 1602 gegründete Niederländische Ostindien-Kompanie (Vereenigde Oostindische Compagnie oder VOC), die sich rasch zum größten Handelsunternehmen des 17. Jahrhunderts entwickelte und ein niederländisches Monopol im Asienhandel aufbaute, das sie zwei Jahrhunderte lang innehaben sollte. Ihre Handelsrouten erstreckten sich längs der afrikanischen und asiatischen Küste mit Stützpunkten in Indonesien, Japan, Taiwan, Ceylon und Südafrika. Für den Handel mit Westafrika und Amerika wurde die Niederländische Westindische Kompanie (Geoctroyeerde West-Indische Compagnie oder WIC) gegründet, die in Nordamerika die niederländische Besitzung Nieuw Nederland mit dem Verwaltungssitz Nieuw Amsterdam, dem heutigen New York, verwaltete. Weitere Handelszweige waren der Ostseehandel, der Handel mit Russland und die straatvaart, auch als Levantvaart bekannt (der Handel mit Italien und der Levante, den Ländern an der Ostküste des Mittelmeeres).

1609 wurde die Amsterdamer Wechselbank gegründet – die weltweit erste Zentralbank und eine der ersten europäischen Notenbanken – und 1611 die Amsterdamer Warenbörse. Die Wechselbank verbesserte die Voraussetzungen für den Handel und förderte den Zahlungsverkehr, der bis dahin aufgrund der Vielzahl in Umlauf befindlicher unterschiedlicher Währungen erschwert wurde. Günstige Zinssätze, feste Devisenkurse und eine hohe Darlehensbereitschaft der niederländischen Banken zogen Kapitalanleger und Finanzleute aus ganz Europa an.

Spätestens nach der Erlangung der vollständigen Handelsfreiheit (einem durch Schutzzölle nicht mehr beengten internationalen Handel) im Rahmen des Westfälischen Friedens 1648 beherrschten die Niederländer den Welthandel. Um 1670 verfügte die Republik über etwa 15.000 Schiffe, das Fünffache der englischen Flotte, was einem Transportmonopol auf dem Meer gleichkam. Besonders der Handel mit den Kolonien bescherte den Niederlanden großen Reichtum. Aus Niederländisch-Indien, Bengalen, Ceylon und Malakka wurden Gewürze, Pfeffer, Seide und Baumwollstoffe eingeführt. Mit dem Westen Afrikas, Brasilien, den karibischen Inseln und Europa wurden vor allem Plantagenerzeugnisse gehandelt, etwa Zucker, Tabak und Brasilholz. Später begann man ebenfalls mit dem Sklavenhandel, von dem man sich anfänglich betont ferngehalten hatte. Im Laufe der Zeit siegte doch die Habgier, denn es handelte sich dabei um ein sehr lukratives Geschäft. Man berief sich zur Rechtfertigung auf die Bibel: Schließlich seien die Afrikaner die Söhne und Töchter Hams, der von seinem Vater Noah verflucht worden sei, was die Ausbeutung der „frei“ zur Verfügung stehenden schwarzen afrikanischen Arbeitskraft rechtfertige (siehe Hamitentheorie).

Religiöse Toleranz

Da die Vereinigten Provinzen der Niederlande aus dem Widerstand gegen religiöse Unterdrückung entstanden waren, gewährten sie ihren Bürgern von Anfang an Religionsfreiheit. Die Kunde dieser Toleranz verbreitete sich schnell und hatte zur Folge, dass Protestanten, Juden, Hugenotten und andere religiös Verfolgte aus Spanien, Portugal und anderen Nationen – vor allem aus den spanisch besetzten Südprovinzen – ins Land strömten. Calvinismus wurde zum vorherrschenden Glauben, jedoch wurde das Land zu Anfang des Jahrhunderts durch den Streit über die Prädestinationslehre zwischen Remonstranten, den Anhängers des Arminius, und Contraremonstranten, die den Lehren des Franciscus Gomarus folgten, gespalten.

Das Goldene Zeitalter Spinoza
Der religionskritische Spinoza stieß an die Grenzen der staatlichen Toleranz der Vereinigten Provinzen

Auch der Humanismus mit seinem einflussreichsten Vertreter Erasmus Desiderius hatte sich etabliert und war für den kulturellen und sozialen Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit ebenso verantwortlich wie für die Bildungsbewegung und teilweise für das Klima der Toleranz. Diese Toleranz gegenüber Katholiken aufrechtzuerhalten, war nicht einfach, nachdem die Religion im Unabhängigkeitskrieg eine wichtige Rolle gespielt hatte. Feindliche Neigungen pflegte man dennoch möglichst mit Geld zu überbrücken. Deshalb konnten sich Katholiken die Privilegien zur Abhaltung von Feierlichkeiten beispielsweise erkaufen, öffentliche Ämter blieben ihnen indes versagt. Gleiches galt für die niederländischen Mennoniten (Täufer) und Juden. Das Niveau der religiösen Toleranz war jedenfalls ausreichend hoch, um Religionsflüchtlinge aus anderen Ländern anzuziehen, wobei besonders jüdische Händler aus Portugal viel Wohlstand mitbrachten (siehe Portugiesische Synagoge Amsterdams). Auch ließ die Annullierung des Edikts von Nantes in Frankreich (1685) zahlreiche französische Hugenotten in die Niederlande einwandern; viele von ihnen waren ebenfalls Kaufleute. Jeder konnte für acht Gulden – was freilich immerhin der Jahresheuer eines niederländischen Seemanns entsprach und so zusätzlich die Staatskassen füllte – in die Provinzen einwandern, in denen sich bald viele der klügsten Köpfe Europas sammelten.

Die Toleranz hatte jedoch ihre Grenzen. Der Philosoph Baruch Spinoza veröffentlichte seinen Tractatus theologico-politicus, in dem er sich für Glaubensfreiheit und Toleranz einsetzt und einen Staat fordert, der die Freiheiten seiner Bürger wahrt, anonym und mit einer falschen Angabe der Herausgeberadresse, weil er kirchliche und staatliche Konsequenzen fürchtete. Schließlich war schon Adriaan Koerbagh, ein Freund und Anhänger Spinozas, wegen der angeblichen Publikation aufhetzender Schriften verhaftet worden und war nach einem Jahr in Gefangenschaft gestorben.[13] Der Tractatus wurde 1674 tatsächlich verboten.

Blütezeit

„Die Niederlande waren im 17. Jahrhundert ein Land der Superlative: jährlich wurden 70.000 Bilder gemalt, 110.000 Stück Tuch produziert und 200 Millionen Gulden an Volkseinkommen erwirtschaftet.“

– Michael North: Das Goldene Zeitalter. Kunst und Kommerz in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts.

Die Niederlande waren die große Wirtschaftsmacht des mittleren 17. Jahrhunderts, Konkurrent Großbritannien schickte sich erst in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts an, diese Position zu übernehmen. Wirtschaftskraft lag in jener Zeit weniger im Geldbesitz als in der Fähigkeit, aus Warenhandel und Finanzverkehr Mehrwerte zu schaffen und die Wertschöpfung zu optimieren. Die Niederlande demonstrierten dies als räumlich kleiner, einwohnerschwacher Staatsverband, der über keine Rohstoffe verfügt und dessen landwirtschaftliche Produktion unbedeutend war. Amsterdam wurde zum wichtigsten europäischen Handelsplatz. Theoretisch bewegten finanzielle Transfers Unsummen an Edelmetall, mit denen die aus dem Handel resultierenden Zahlungen beglichen wurden; tatsächlich wurde an der Börse über ein Wechselsystem weitgehend bargeldlos gehandelt: Geld blieb als finanzielle Deckung der Handelsgeschäfte an den Orten, die miteinander handelten. Je größer die Warenlieferungen, die eine Handelsstadt anbieten konnte, desto größer wurde ihre Bedeutung – das ist verkürzt das System, das im 17. Jahrhundert Amsterdams Börse zum dominierenden Finanzumschlagplatz machte. Die niederländische Wirtschaft im Goldenen Zeitalter war so stark, dass nicht einmal die Tulpenmanie merkbaren Einfluss auszuüben vermochte.

Die wirtschaftliche Stärke des Landes kam auf breiter Basis der sozialen und kulturellen Lebensqualität seiner Bürger zugute. Durch den Aufstieg des Bürgertums in die Oberschicht wurde die Kunst ebenfalls bürgerlich. Ein ganz trivialer Grund der kulturellen Blütezeit und des einsetzenden Bilderüberflusses war der vorhandene enorme Überhang an Kapital, erwirtschaftet aus spekulativen oder riskanten Geldgeschäften anlässlich Seefahrts- und Kolonialabenteuern, das nutzbringend angelegt werden sollte. Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände, besonders Bilder, wurden zu einer beliebten Geldanlage, an der sich auch kleine Leute beteiligen konnten.

Gleichzeitig befand sich ganz Europa mitten in einem geistigen Umbruch, der als eine um 1450 begonnene „Renaissance der Naturwissenschaften“ bezeichnet und mit einem tiefgreifenden Wandel der Perspektive verbunden wird, die das Entstehen moderner wissenschaftlicher Denkweisen ermöglichte. Hatten sich die Gelehrten um 1450 noch darauf konzentriert, die Entdeckungen der Antike zu sichten und zu begreifen, lagen bis 1630 die grundlegenden wissenschaftlichen Schriften in verschiedenen volkssprachlichen Übersetzungen vor, ebenso die Werke zeitgenössischer Wissenschaftler, die sich mit jenen Inhalten auseinandergesetzt und sie weiterentwickelt hatten. Der Buchdruck erleichterte diese Verbreitung des Wissens: Antikes Gedankengut und seine Weiterentwicklungen wurden – gedruckt und jedermann verständlich – nicht nur Gelehrten, sondern auch weniger Gebildeten zugänglich.

So an der stelle unterbrechen wir,wer sich weiter dafür interressiert,dem sei der Link empfohlen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Goldenes_Zeitalter_%28Niederlande%29
Andy
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