Die Argonautensage
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Die Argonautensage
Die Argonautika sind griechische Sagen von der Fahrt des Iason und seiner Begleiter nach Kolchis im Kaukasus, der Suche nach dem Goldenen Vlies und dessen Raub. Die Reisegefährten werden nach ihrem sagenhaft schnellen Schiff, der Argo, die Argonauten genannt.
Argonauten an Bord der Argo, Ritzzeichnung um 400 v. Chr. an der Wandung der Ficoroni-Cista (Umzeichnung)
Pelias schickt Iason nach dem Vlies
Argonautenschiff (Lorenzo Costa, 16. Jahrhundert)
Iason, der Sohn Aisons, erhielt von seinem Onkel Pelias, dem Herrscher von Iolkos in Thessalien, den Auftrag, das Goldene Vlies des Widders Chrysomallos, auf dessen Rücken die Zwillinge Phrixos und Helle vor ihrer Stiefmutter Ino geflohen waren, aus dem Hain des Ares in Kolchis zu rauben.
Zu dieser Fahrt ließ Iason von Argos, dem Sohn des Phrixos, die mit 50 Rudern bestückte Argo bauen; in anderen Versionen der Sage handelt es sich bei Argos jedoch um eine vom Sohn des Phrixos verschiedene Person gleichen Namens. Iason forderte die berühmtesten Helden Griechenlands zur Teilnahme an dem Unternehmen auf. Von diesen, welche sehr verschieden und in sehr verschiedener Zahl genannt werden, sind die bekanntesten: Admetos, Amphiaraos, Amphion, Ankaios, Argos (der Erbauer des Schiffs und Enkel des Aietes), Herakles, Iason, Idas, Idmon, Kalais, Kastor, Kepheus, Laertes, Lynkeus, Meleagros, Mopsos, Nestor, Oileus, Orpheus, Peleus, Philammon, Polydeukes (Pollux), Polyphemos, Telamon, Theseus, Tiphys, Tydeus, Zetes.
Iolkos war der Sammelplatz, an dem sich alle einfanden. Bald hatte das Schiff den Hafen hinter sich; Orpheus belebte den Mut mit Harfenspiel und Gesang. Zuerst stieg man am Pelion aus und besuchte Cheiron, der Iason einst aufgezogen hatte, dann ging die Fahrt um Chalkidike nach Samothrake. Von hier wurde das Schiff an die illyrische Küste verschlagen und von da nach der Insel Lemnos, auf der die Frauen alle Männer (ausgenommen den Vater der Königin Hypsipyle) wegen Untreue ermordet hatten. Sie gewährten den Fremden gastliche Aufnahme und diese genossen das Leben mit den Frauen, bis Herakles, der mit einigen Kameraden auf dem Schiff zurückgeblieben war, die Säumigen zur Weiterfahrt mahnte. Sie segelten an die phrygische Küste nach Kyzikos, wo die sechsarmigen Giganten und die friedlichen Dolionen nebeneinander wohnten. Letztere nahmen die Argonauten gastlich auf und erklärten ihnen den weiteren Weg.
Nach mühevoller Fahrt landeten sie endlich zwischen der Propontis und dem Schwarzen Meer bei der Stadt Kios (dem späteren Prusias), wo sie von den Mysiern freundlich empfangen wurden. Bei der Abfahrt vergaßen sie Herakles, der seinen beim Wasserholen von einer Nymphe entführten Freund Hylas suchen gegangen war, ebenso den Polyphemos, und segelten allein weiter.
Kurz darauf landeten die Argonauten morgens im Bebrykenland (Bithynien). Der König Amykos hatte allen Fremden auferlegt, sich mit ihnen im Faustkampf zu messen. Verächtlich forderte er die Argonauten heraus, worauf Polydeukes ihn im Kampf tötete.
Harpyie
Weiterfahrend, wurden sie an die thrakische Küste nach Salmydessos verschlagen, wo Phineus seit langem von den Harpyien gequält wurde, indem sie seine Speise raubten oder sich darauf entleerten. Den abgemagerten Greis retteten Zetes und Kalais. Dafür erzählte Phineus den Argonauten, wie sie durch die am Eingang zum Schwarzen Meer stehenden Symplegaden – die Kyaneischen Felsen, welche alles Passierende, ob Schiff oder Vogel, zerquetschten – gelangen könnten. Zuerst wurden die Argonauten durch vierzigtägige Nordwestwinde aufgehalten, bis Opfer und Gebet halfen. Auf der Fahrt durchs Schwarze Meer kamen sie zu den Mariandynern, deren König Lykos sie als die Besieger seines Feindes Amykos freundlich aufnahm. Später kamen sie zum Land der Chalyber, dann noch zu mancherlei Völkern und zur Insel Tia, die Aresinsel, wo die stymphalischen Vögel hausten, die ihre ehernen Federn als Pfeile abschossen. Danach sahen die Argonauten die Spitzen des Kaukasus emporragen und vernahmen des Prometheus’ Stöhnen und den Flügelschlag des Adlers, der in dessen Leber wühlte.
Nun gelangten sie ans Ziel, an den Fluss Phasis, in den sie das Schiff ruderten. Links schaute man den ragenden Kaukasus und die Hauptstadt Kyta, rechts, als Schauplatz der Dinge, die da kommen sollten, Feld und Hain des Ares.
Am anderen Morgen begab sich Iason mit Telamon und den Söhnen des Phrixos zum König Äetes, um das Goldene Vlies zu fordern. Äetes versprach, es auszuliefern, wenn Iason mit den feuerschnaubenden, erzfüßigen Stieren, die ihm Hephaistos geschenkt hatte, die Aresflur pflüge und Drachenzähne säe. Iason bewältigte dieses Unterfangen mit Hilfe Medeas, Tochter des Königs, die sich in ihn verliebt hatte. So waren die Bedingungen zwar erfüllt, aber Äetes verweigerte das Fell und gedachte, über Nacht die Argonauten zu erschlagen. Medea verriet ihres Vaters Plan und half Iason, das Vlies zu stehlen, unter der Bedingung, dass er sie zur Frau nähme.
Über die Heimfahrt der Argonauten weichen die Sagen sehr voneinander ab. Die einen lassen sie auf demselben Weg, den sie gekommen, andere durch den Phasis in den Okeanos (Meer), um Asien herum, durch den Nil und teils zu Lande, wo sie das Schiff trugen, teils zu Wasser über Libyen (Afrika) durch den See Triton in das Mittelländische Meer gelangen. Apollonios („Argonautica“) zufolge wollten die Argonauten nach Phineus' Rat nicht auf demselben Weg zurückkehren, sondern durch den Pontus Euxinus in den Ister (Donau) fahren; die Kolchier folgten ihnen aber und schnitten ihnen den Ausweg ab (siehe auch Absyrtos).
Darauf gelangten die Argonauten aus dem Ister in den Adriatischen Meerbusen und zu einer Insel an der Mündung des Eridanos, fuhren weiter zum Lande der Hylleer in Illyrien, an Korkyra, Melite und Kalypsos Insel vorbei. Nach weiteren Irrfahrten hatte Hera ein Einsehen und begünstigte die weitere Fahrt. Orpheus' Gegengesang brachte sie glücklich bei den Sirenen vorbei, Thetis und die Nereiden halfen ihnen an Skylla und Charybdis (Meerenge von Messina) vorbei, und so kamen sie fröhlich zu dem glücklichen Volk der Phäaken, dessen König Alkinoos sie gastlich aufnahm. Letzterer, von den einholenden Kolchiern, welche die Auslieferung Medeas forderten, wie von den verfolgten Argonauten als Schiedsrichter anerkannt, wollte nun die Jungfrau den Kolchiern zusprechen. Seine Gattin Arete aber wusste Iasons und Medeas eheliche Verbindung zu bewirken, und die Kolchier mussten verzichten.
Iason überreicht Pelias das Vlies.
Sie irrten noch eine Weile zu Land und zu Wasser durch die Gegend, bis sie endlich auf der Insel Ägina landeten und in die Heimat gelangten. Nach Ovid lebte Aison noch bei Iasons Rückkehr und ward von Medea verjüngt. Iasons Mutter hatte den Pelias verflucht und sich getötet; auch ihren Sohn Promachos hatte Pelias ermordet. Nun kam Iason und überreichte das Goldene Vlies.
Nachdem er die Argo Poseidon geweiht hatte, forderte er Medea zur Rache an Pelias auf. Diese beredete dessen Töchter, ihren Vater zu zerstückeln und zu kochen, um ihn so zu verjüngen. Akastos aber, Pelias' Sohn, bestattete ihn und vertrieb Iason und Medea aus Iolkos. Sie gingen nach Korinth und lebten dort glücklich zehn Jahre lang, bis der König Kreon seine Tochter Glauke mit Iason verlobte und dieser Medea verstieß. Über die Rache der letzteren siehe unter Medea.
Teilnehmerliste des Argonautenzuges
Für die Teilnahme an dem Zug nach Kolchis konnte Iason die größten Helden seiner Zeit gewinnen, darunter die Väter vieler Trojakämpfer. Teilnehmerlisten enthalten die Pythischen Oden von Pindar[1], die Argonautika von Apollonios von Rhodos,[2] die Argonautica des Valerius Flaccus,[3] die Bibliotheke des Apollodor,[4] die Fabulae des Hyginus[5] und die Orphische Argonautika,[6] die jedoch voneinander abweichen. Es werden bis zu sechzig variierende Namen angegeben, von denen 28 in den verschiedenen Listen miteinander übereinstimmen.
Admetos, Gemahl der Alkestis
Akastos
Aithalides
Aktor, Sohn des Hippasos
Amphiaraos einer der Sieben gegen Theben, Feldherr aus Argos
Amphidamas, Sohn des Aleos, Bruder des Kepheus
Amphion, Sohn des Hyperasios
Ankaios, Sohn des Lykurgos
Ankaios, Sohn des Poseidon und der Althaia, Nachfolger des Tiphys als Steuermann
Areios, Sohn des Bias
Argos, Sohn des Polybos oder des Danaos, der Erbauer des Schiffes „Argo“
Argos, Sohn des Phrixos
Askalaphos, Sohn des Ares, Bruder des Ialmenos
Asklepios
Asterion, Sohn der Antigone, der Tochter des Pheres
Atalante, die windschnelle Läuferin
Augias
Autolykos, Dieb und Sohn des Hermes
Butes, schied, von den Sirenen verlockt, bei der Heimfahrt aus
Daskylos, schloss sich in Mysien den Argonauten an
Deukalion
Echion, Bruder des Eurytos
Eneios, Sohn des Kaineus
Erginos von Orchomenos
Eribotes, Sohn des Teleon, auf der Heimfahrt in Libyen getötet
Euphemos, ein Sohn von Poseidon und Europa, einer Okeanide
Euryalos
Eurydamas, Sohn des Iros oder des Ktimenos
Eurymedon, Sohn des Dionysos und der Ariadne
Eurytion
Eurytos, Sohn des Hermes und der Antianeira
Herakles, der Sohn des Zeus und der Alkmene, in Mysien zurückgelassen
Hippalkimos, Sohn des Pelops
Hylas, der Waffenträger des Herakles, in Mysien von Nymphen entführt
Ialmenos
Iason, der Führer des Zuges
Idas, der Sohn des Aphareus
Idmon, der Seher, bei den Mariandynern von einem Eber getötet
Iolaos, Sohn des Iphikles und Neffe des Herakles
Iphiklos, Sohn des Thestios
Iphiklos
Iphitos, Sohn des Eurytos
Iphitos, Sohn des Naubolos oder des Hippasos
Kaineus, Sohn des Koronos
Kalais, einer der Boreassöhne
Kanthos, auf der Heimfahrt in Libyen getötet
Kastor, einer der Dioskuren
Kepheus, Bruder des Amphidamas
Klytios, Sohn des Eurytos von Öchalia, Bruder des Iphitos, von Aietes getötet
Koronos
Kytisoros
Laertes, Vater des Odysseus
Laokoon, Sohn des Porthaon
Leitos, Sohn des Alektor
Leodokos, Sohn des Bias, Bruder von Areios und Talaos
Lynkeus, der Lotse der Argo
Melas
Meleagros, Sohn des Oineus und der Althaia
Menoitios (Menötius), der Vater des Patroklos
Mopsos, der Wahrsager der Argonauten, auf der Heimfahrt in Afrika an einem Schlangenbiss gestorben
Nauplios, Sohn des Poseidon
Neleus (Nileus, ein Krieger, der behauptet ein Abkömmling des Nils zu sein)
Nestor, Sohn des Neleus aus Pylos
Oileus
Orpheus, der Sänger
Palaimon, Sohn des Hephaistos oder Aitolos
Peleus, Vater des Achilleus
Peneleos
Periklymenos
Phaleros, Sohn des Alkon
Phanos, Sohn des Dionysos, Bruder des Staphylos
Philoktetes, der Bogenschütze
Phlias, Sohn des Dionysos und der Ariadne
Phokos, Sohn des Kaineus, Bruder des Priasos
Phrontis, jüngst geborener Sohn des Phrixos
Peirithoos, Sohn des Ixion
Poias, Sohn des Thaumakos
Polydeukes (Pollux), einer der Dioskuren
Polyphemos, wird bei den Mysiern zurückgelassen
Priasos, Sohn des Kaineus, Bruder des Phokos
Staphylos, Sohn des Dionysos, Bruder des Phanos
Talaos
Telamon, der Vater des Ajax
Theseus, Sohn des Ägeus
Tiphys, der Steuermann, bei den Mariandynern an Krankheit gestorben
Zetes, einer der Boreassöhne
Anmerkungen:
Laut Apollonios von Rhodos nahmen Theseus und Peirithoos nicht teil, weil sie gerade in der Unterwelt festgehalten wurden.
Laut Apollonios von Rhodos durfte Atalante nicht teilnehmen, um Eifersuchtsprobleme unter der ansonsten rein männlichen Besatzung zu vermeiden.
Nestor wird zwar von Valerius Flaccus als Teilnehmer genannt, aber laut Quintus von Smyrna (Posthomerica) wurde ihm die Teilnahme von Pelias verwehrt.
In der Bibliotheke ist Argos, der Sohn des Phrixos, der Erbauer der Argo. In den anderen Überlieferungen sind er und der Erbauer jedoch verschiedene Personen.
Künstlerische Bearbeitungen
Die Argonautensage ist vielfach literarisch bearbeitet worden, sowohl als Epos als auch als Tragödie, z. B. von Eumelos, Peisandros, Äschylos, Sophokles u. a. Erhalten sind die griechischen Epen des Apollonios von Rhodos und des sogenannten Orpheus und das lateinische Heldengedicht des Valerius Flaccus. Eine ziemlich ausführliche Geschichte dieses Zugs gibt auch Pindar in der vierten pythischen Ode.
Auch Künstler machten den Argonautenzug zum Gegenstand ihrer Darstellungen, so Lykios in einem nicht näher bekannten plastischen Bildwerk. Im Anakeion, dem in Athen so bezeichneten Tempel der Dioskuren, stammte das Gemälde von der Rückkehr der Argonauten von Mikon. Auch ein von Quintus Hortensius Hortalus für 144.000 Sesterzen gekauftes Gemälde des Kydias behandelt die Argonautensage. Unter den noch vorhandenen Kunstwerken ist die Darstellung der Besiegung des Amykos durch Polydeukes auf der sogen. „Ficoronischen Ciste“ in der Villa Giulia in Rom hervorzuheben. Auch auf Vasenbildern ist der Mythos mehrfach behandelt. Von neueren Darstellungen verdienen Erwähnung: der Argonautenzug von Asmus Carstens und der Szenen daraus enthaltende Fries von Ludwig Michael Schwanthaler in der Münchner Residenz.
Im Altertum:
Euripides: Medea (431 v. Chr.)
Apollonios von Rhodos: Argonautika (im 3. Jh. v. Chr.)
Bibliotheke des Apollodor 1, 9 , 16–28 (im 1. Jh. n. Chr.)
Gaius Valerius Flaccus: Argonautica (im 1. Jh. n. Chr.)
Ovid: Metamorphosen 6, 719–7, 397 (ca. 1–8 n. Chr.), Medea (um Christi Geburt, verloren)
Seneca: Medea (im 1. Jh. n. Chr.)
Orphische Argonautika (Spätantike)
Spätere Bearbeitungen:
Franz Grillparzer: Das goldene Vlies. Dramatisches Gedicht in 3 Abteilungen. (1819). 1. Der Gastfreund, 2. Die Argonauten, 3. Medea
Roger Lancelyn Green: Tales of the Greek Heroes
Anna Seghers: Das Argonautenschiff (1949)
Elisabeth Langgässer: Märkische Argonautenfahrt (Roman, 1950)
Heiner Müller: Verkommenes Ufer/Medeamaterial/Landschaft mit Argonauten (Theaterstück, 1982)
Georg Katzer, Medea in Korinth, Oratorium nach einem Libretto von Christa Wolf
Christa Wolf: Medea: Stimmen (freie Bearbeitung, 1998)
Hanns Kneifel: Die Spur des Widders (1999)
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Argonauten an Bord der Argo, Ritzzeichnung um 400 v. Chr. an der Wandung der Ficoroni-Cista (Umzeichnung)
Pelias schickt Iason nach dem Vlies
Argonautenschiff (Lorenzo Costa, 16. Jahrhundert)
Iason, der Sohn Aisons, erhielt von seinem Onkel Pelias, dem Herrscher von Iolkos in Thessalien, den Auftrag, das Goldene Vlies des Widders Chrysomallos, auf dessen Rücken die Zwillinge Phrixos und Helle vor ihrer Stiefmutter Ino geflohen waren, aus dem Hain des Ares in Kolchis zu rauben.
Zu dieser Fahrt ließ Iason von Argos, dem Sohn des Phrixos, die mit 50 Rudern bestückte Argo bauen; in anderen Versionen der Sage handelt es sich bei Argos jedoch um eine vom Sohn des Phrixos verschiedene Person gleichen Namens. Iason forderte die berühmtesten Helden Griechenlands zur Teilnahme an dem Unternehmen auf. Von diesen, welche sehr verschieden und in sehr verschiedener Zahl genannt werden, sind die bekanntesten: Admetos, Amphiaraos, Amphion, Ankaios, Argos (der Erbauer des Schiffs und Enkel des Aietes), Herakles, Iason, Idas, Idmon, Kalais, Kastor, Kepheus, Laertes, Lynkeus, Meleagros, Mopsos, Nestor, Oileus, Orpheus, Peleus, Philammon, Polydeukes (Pollux), Polyphemos, Telamon, Theseus, Tiphys, Tydeus, Zetes.
Iolkos war der Sammelplatz, an dem sich alle einfanden. Bald hatte das Schiff den Hafen hinter sich; Orpheus belebte den Mut mit Harfenspiel und Gesang. Zuerst stieg man am Pelion aus und besuchte Cheiron, der Iason einst aufgezogen hatte, dann ging die Fahrt um Chalkidike nach Samothrake. Von hier wurde das Schiff an die illyrische Küste verschlagen und von da nach der Insel Lemnos, auf der die Frauen alle Männer (ausgenommen den Vater der Königin Hypsipyle) wegen Untreue ermordet hatten. Sie gewährten den Fremden gastliche Aufnahme und diese genossen das Leben mit den Frauen, bis Herakles, der mit einigen Kameraden auf dem Schiff zurückgeblieben war, die Säumigen zur Weiterfahrt mahnte. Sie segelten an die phrygische Küste nach Kyzikos, wo die sechsarmigen Giganten und die friedlichen Dolionen nebeneinander wohnten. Letztere nahmen die Argonauten gastlich auf und erklärten ihnen den weiteren Weg.
Nach mühevoller Fahrt landeten sie endlich zwischen der Propontis und dem Schwarzen Meer bei der Stadt Kios (dem späteren Prusias), wo sie von den Mysiern freundlich empfangen wurden. Bei der Abfahrt vergaßen sie Herakles, der seinen beim Wasserholen von einer Nymphe entführten Freund Hylas suchen gegangen war, ebenso den Polyphemos, und segelten allein weiter.
Kurz darauf landeten die Argonauten morgens im Bebrykenland (Bithynien). Der König Amykos hatte allen Fremden auferlegt, sich mit ihnen im Faustkampf zu messen. Verächtlich forderte er die Argonauten heraus, worauf Polydeukes ihn im Kampf tötete.
Harpyie
Weiterfahrend, wurden sie an die thrakische Küste nach Salmydessos verschlagen, wo Phineus seit langem von den Harpyien gequält wurde, indem sie seine Speise raubten oder sich darauf entleerten. Den abgemagerten Greis retteten Zetes und Kalais. Dafür erzählte Phineus den Argonauten, wie sie durch die am Eingang zum Schwarzen Meer stehenden Symplegaden – die Kyaneischen Felsen, welche alles Passierende, ob Schiff oder Vogel, zerquetschten – gelangen könnten. Zuerst wurden die Argonauten durch vierzigtägige Nordwestwinde aufgehalten, bis Opfer und Gebet halfen. Auf der Fahrt durchs Schwarze Meer kamen sie zu den Mariandynern, deren König Lykos sie als die Besieger seines Feindes Amykos freundlich aufnahm. Später kamen sie zum Land der Chalyber, dann noch zu mancherlei Völkern und zur Insel Tia, die Aresinsel, wo die stymphalischen Vögel hausten, die ihre ehernen Federn als Pfeile abschossen. Danach sahen die Argonauten die Spitzen des Kaukasus emporragen und vernahmen des Prometheus’ Stöhnen und den Flügelschlag des Adlers, der in dessen Leber wühlte.
Nun gelangten sie ans Ziel, an den Fluss Phasis, in den sie das Schiff ruderten. Links schaute man den ragenden Kaukasus und die Hauptstadt Kyta, rechts, als Schauplatz der Dinge, die da kommen sollten, Feld und Hain des Ares.
Am anderen Morgen begab sich Iason mit Telamon und den Söhnen des Phrixos zum König Äetes, um das Goldene Vlies zu fordern. Äetes versprach, es auszuliefern, wenn Iason mit den feuerschnaubenden, erzfüßigen Stieren, die ihm Hephaistos geschenkt hatte, die Aresflur pflüge und Drachenzähne säe. Iason bewältigte dieses Unterfangen mit Hilfe Medeas, Tochter des Königs, die sich in ihn verliebt hatte. So waren die Bedingungen zwar erfüllt, aber Äetes verweigerte das Fell und gedachte, über Nacht die Argonauten zu erschlagen. Medea verriet ihres Vaters Plan und half Iason, das Vlies zu stehlen, unter der Bedingung, dass er sie zur Frau nähme.
Über die Heimfahrt der Argonauten weichen die Sagen sehr voneinander ab. Die einen lassen sie auf demselben Weg, den sie gekommen, andere durch den Phasis in den Okeanos (Meer), um Asien herum, durch den Nil und teils zu Lande, wo sie das Schiff trugen, teils zu Wasser über Libyen (Afrika) durch den See Triton in das Mittelländische Meer gelangen. Apollonios („Argonautica“) zufolge wollten die Argonauten nach Phineus' Rat nicht auf demselben Weg zurückkehren, sondern durch den Pontus Euxinus in den Ister (Donau) fahren; die Kolchier folgten ihnen aber und schnitten ihnen den Ausweg ab (siehe auch Absyrtos).
Darauf gelangten die Argonauten aus dem Ister in den Adriatischen Meerbusen und zu einer Insel an der Mündung des Eridanos, fuhren weiter zum Lande der Hylleer in Illyrien, an Korkyra, Melite und Kalypsos Insel vorbei. Nach weiteren Irrfahrten hatte Hera ein Einsehen und begünstigte die weitere Fahrt. Orpheus' Gegengesang brachte sie glücklich bei den Sirenen vorbei, Thetis und die Nereiden halfen ihnen an Skylla und Charybdis (Meerenge von Messina) vorbei, und so kamen sie fröhlich zu dem glücklichen Volk der Phäaken, dessen König Alkinoos sie gastlich aufnahm. Letzterer, von den einholenden Kolchiern, welche die Auslieferung Medeas forderten, wie von den verfolgten Argonauten als Schiedsrichter anerkannt, wollte nun die Jungfrau den Kolchiern zusprechen. Seine Gattin Arete aber wusste Iasons und Medeas eheliche Verbindung zu bewirken, und die Kolchier mussten verzichten.
Iason überreicht Pelias das Vlies.
Sie irrten noch eine Weile zu Land und zu Wasser durch die Gegend, bis sie endlich auf der Insel Ägina landeten und in die Heimat gelangten. Nach Ovid lebte Aison noch bei Iasons Rückkehr und ward von Medea verjüngt. Iasons Mutter hatte den Pelias verflucht und sich getötet; auch ihren Sohn Promachos hatte Pelias ermordet. Nun kam Iason und überreichte das Goldene Vlies.
Nachdem er die Argo Poseidon geweiht hatte, forderte er Medea zur Rache an Pelias auf. Diese beredete dessen Töchter, ihren Vater zu zerstückeln und zu kochen, um ihn so zu verjüngen. Akastos aber, Pelias' Sohn, bestattete ihn und vertrieb Iason und Medea aus Iolkos. Sie gingen nach Korinth und lebten dort glücklich zehn Jahre lang, bis der König Kreon seine Tochter Glauke mit Iason verlobte und dieser Medea verstieß. Über die Rache der letzteren siehe unter Medea.
Teilnehmerliste des Argonautenzuges
Für die Teilnahme an dem Zug nach Kolchis konnte Iason die größten Helden seiner Zeit gewinnen, darunter die Väter vieler Trojakämpfer. Teilnehmerlisten enthalten die Pythischen Oden von Pindar[1], die Argonautika von Apollonios von Rhodos,[2] die Argonautica des Valerius Flaccus,[3] die Bibliotheke des Apollodor,[4] die Fabulae des Hyginus[5] und die Orphische Argonautika,[6] die jedoch voneinander abweichen. Es werden bis zu sechzig variierende Namen angegeben, von denen 28 in den verschiedenen Listen miteinander übereinstimmen.
Admetos, Gemahl der Alkestis
Akastos
Aithalides
Aktor, Sohn des Hippasos
Amphiaraos einer der Sieben gegen Theben, Feldherr aus Argos
Amphidamas, Sohn des Aleos, Bruder des Kepheus
Amphion, Sohn des Hyperasios
Ankaios, Sohn des Lykurgos
Ankaios, Sohn des Poseidon und der Althaia, Nachfolger des Tiphys als Steuermann
Areios, Sohn des Bias
Argos, Sohn des Polybos oder des Danaos, der Erbauer des Schiffes „Argo“
Argos, Sohn des Phrixos
Askalaphos, Sohn des Ares, Bruder des Ialmenos
Asklepios
Asterion, Sohn der Antigone, der Tochter des Pheres
Atalante, die windschnelle Läuferin
Augias
Autolykos, Dieb und Sohn des Hermes
Butes, schied, von den Sirenen verlockt, bei der Heimfahrt aus
Daskylos, schloss sich in Mysien den Argonauten an
Deukalion
Echion, Bruder des Eurytos
Eneios, Sohn des Kaineus
Erginos von Orchomenos
Eribotes, Sohn des Teleon, auf der Heimfahrt in Libyen getötet
Euphemos, ein Sohn von Poseidon und Europa, einer Okeanide
Euryalos
Eurydamas, Sohn des Iros oder des Ktimenos
Eurymedon, Sohn des Dionysos und der Ariadne
Eurytion
Eurytos, Sohn des Hermes und der Antianeira
Herakles, der Sohn des Zeus und der Alkmene, in Mysien zurückgelassen
Hippalkimos, Sohn des Pelops
Hylas, der Waffenträger des Herakles, in Mysien von Nymphen entführt
Ialmenos
Iason, der Führer des Zuges
Idas, der Sohn des Aphareus
Idmon, der Seher, bei den Mariandynern von einem Eber getötet
Iolaos, Sohn des Iphikles und Neffe des Herakles
Iphiklos, Sohn des Thestios
Iphiklos
Iphitos, Sohn des Eurytos
Iphitos, Sohn des Naubolos oder des Hippasos
Kaineus, Sohn des Koronos
Kalais, einer der Boreassöhne
Kanthos, auf der Heimfahrt in Libyen getötet
Kastor, einer der Dioskuren
Kepheus, Bruder des Amphidamas
Klytios, Sohn des Eurytos von Öchalia, Bruder des Iphitos, von Aietes getötet
Koronos
Kytisoros
Laertes, Vater des Odysseus
Laokoon, Sohn des Porthaon
Leitos, Sohn des Alektor
Leodokos, Sohn des Bias, Bruder von Areios und Talaos
Lynkeus, der Lotse der Argo
Melas
Meleagros, Sohn des Oineus und der Althaia
Menoitios (Menötius), der Vater des Patroklos
Mopsos, der Wahrsager der Argonauten, auf der Heimfahrt in Afrika an einem Schlangenbiss gestorben
Nauplios, Sohn des Poseidon
Neleus (Nileus, ein Krieger, der behauptet ein Abkömmling des Nils zu sein)
Nestor, Sohn des Neleus aus Pylos
Oileus
Orpheus, der Sänger
Palaimon, Sohn des Hephaistos oder Aitolos
Peleus, Vater des Achilleus
Peneleos
Periklymenos
Phaleros, Sohn des Alkon
Phanos, Sohn des Dionysos, Bruder des Staphylos
Philoktetes, der Bogenschütze
Phlias, Sohn des Dionysos und der Ariadne
Phokos, Sohn des Kaineus, Bruder des Priasos
Phrontis, jüngst geborener Sohn des Phrixos
Peirithoos, Sohn des Ixion
Poias, Sohn des Thaumakos
Polydeukes (Pollux), einer der Dioskuren
Polyphemos, wird bei den Mysiern zurückgelassen
Priasos, Sohn des Kaineus, Bruder des Phokos
Staphylos, Sohn des Dionysos, Bruder des Phanos
Talaos
Telamon, der Vater des Ajax
Theseus, Sohn des Ägeus
Tiphys, der Steuermann, bei den Mariandynern an Krankheit gestorben
Zetes, einer der Boreassöhne
Anmerkungen:
Laut Apollonios von Rhodos nahmen Theseus und Peirithoos nicht teil, weil sie gerade in der Unterwelt festgehalten wurden.
Laut Apollonios von Rhodos durfte Atalante nicht teilnehmen, um Eifersuchtsprobleme unter der ansonsten rein männlichen Besatzung zu vermeiden.
Nestor wird zwar von Valerius Flaccus als Teilnehmer genannt, aber laut Quintus von Smyrna (Posthomerica) wurde ihm die Teilnahme von Pelias verwehrt.
In der Bibliotheke ist Argos, der Sohn des Phrixos, der Erbauer der Argo. In den anderen Überlieferungen sind er und der Erbauer jedoch verschiedene Personen.
Künstlerische Bearbeitungen
Die Argonautensage ist vielfach literarisch bearbeitet worden, sowohl als Epos als auch als Tragödie, z. B. von Eumelos, Peisandros, Äschylos, Sophokles u. a. Erhalten sind die griechischen Epen des Apollonios von Rhodos und des sogenannten Orpheus und das lateinische Heldengedicht des Valerius Flaccus. Eine ziemlich ausführliche Geschichte dieses Zugs gibt auch Pindar in der vierten pythischen Ode.
Auch Künstler machten den Argonautenzug zum Gegenstand ihrer Darstellungen, so Lykios in einem nicht näher bekannten plastischen Bildwerk. Im Anakeion, dem in Athen so bezeichneten Tempel der Dioskuren, stammte das Gemälde von der Rückkehr der Argonauten von Mikon. Auch ein von Quintus Hortensius Hortalus für 144.000 Sesterzen gekauftes Gemälde des Kydias behandelt die Argonautensage. Unter den noch vorhandenen Kunstwerken ist die Darstellung der Besiegung des Amykos durch Polydeukes auf der sogen. „Ficoronischen Ciste“ in der Villa Giulia in Rom hervorzuheben. Auch auf Vasenbildern ist der Mythos mehrfach behandelt. Von neueren Darstellungen verdienen Erwähnung: der Argonautenzug von Asmus Carstens und der Szenen daraus enthaltende Fries von Ludwig Michael Schwanthaler in der Münchner Residenz.
Im Altertum:
Euripides: Medea (431 v. Chr.)
Apollonios von Rhodos: Argonautika (im 3. Jh. v. Chr.)
Bibliotheke des Apollodor 1, 9 , 16–28 (im 1. Jh. n. Chr.)
Gaius Valerius Flaccus: Argonautica (im 1. Jh. n. Chr.)
Ovid: Metamorphosen 6, 719–7, 397 (ca. 1–8 n. Chr.), Medea (um Christi Geburt, verloren)
Seneca: Medea (im 1. Jh. n. Chr.)
Orphische Argonautika (Spätantike)
Spätere Bearbeitungen:
Franz Grillparzer: Das goldene Vlies. Dramatisches Gedicht in 3 Abteilungen. (1819). 1. Der Gastfreund, 2. Die Argonauten, 3. Medea
Roger Lancelyn Green: Tales of the Greek Heroes
Anna Seghers: Das Argonautenschiff (1949)
Elisabeth Langgässer: Märkische Argonautenfahrt (Roman, 1950)
Heiner Müller: Verkommenes Ufer/Medeamaterial/Landschaft mit Argonauten (Theaterstück, 1982)
Georg Katzer, Medea in Korinth, Oratorium nach einem Libretto von Christa Wolf
Christa Wolf: Medea: Stimmen (freie Bearbeitung, 1998)
Hanns Kneifel: Die Spur des Widders (1999)
Quelle - literatur & Einzelnachweise
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