Die Belagerung von Jerusalem
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Die Belagerung von Jerusalem
Die Belagerung von Jerusalem im Jahr 70, die mit der Einnahme der Stadt endete, stellte im Jüdischen Krieg den strategischen Triumph über Judäa durch den zukünftigen römischen Kaiser Titus dar, der mit der Einnahme der Bergfestung Masada (73) vollendet wurde.
Der von Titus zerstörte Tempel von Jerusalem im Modell. An der rechten oberen Ecke der Tempelmauer befindet sich die Burg Antonia.
Vorgeschichte
Stadtplan Jerusalems im 1. Jahrhundert (Grafiker: Thomas Ihle)
Im Mai des Jahres 66 verübten die jüdischen Zeloten in Judäa einen Aufstand gegen die römische Besatzung und konnten einige Anfangserfolge erzielen. Daraufhin entsandte der römische Kaiser Nero im Oktober ein Heer unter dem Kommando von Vespasian, um die Unruhen in Judäa zu beendigen. Dessen 26-jähriger Sohn Titus begleitete ihn. Vespasian wurden die drei Legionen Legio V Macedonica, Legio X Fretensis und Legio XV Apollinaris zu Verfügung gestellt. Titus befehligte als Legat die fünfzehnte Legion. Insgesamt verfügte Vespasian inklusive Hilfstruppen über ein Heer von etwa 60.000 Mann. Die Größe des Heeres und die wichtige Position des noch recht unerfahrenen Titus, der bisher noch nicht einmal Prätor gewesen war, zeigen das Vertrauen, das der Kaiser immer noch in die beiden Flavier setzte. Im Jahr 67 konnte Vespasian den Aufstand in Galiläa, in Transjordanien und im Küstenstreifen beenden. Damit war Judäa von drei Seiten umstellt.
Im Sommer 68 beging Nero Selbstmord. Es kam zu Wirren im Römischen Reich, die als das Vierkaiserjahr bezeichnet werden. An dessen Ende wurde Vespasian zum neuen Kaiser ausgerufen, der sich auf die Unterstützung der Statthalter und Legionen des Orients stützen konnte. Vespasian kehrte nach Rom zurück um den Kaiserthron für sich zu sichern.
Titus blieb in Judäa zurück und hielt durch Verhandlungen mit den Kommandeuren der dort stationierten Legionen seinem Vater den Rücken frei. Er sollte den Feldzug zu Ende bringen.
Streitigkeiten
Viele Rebellen aus Galiläa flohen nach Jerusalem. Schon bald eskalierten die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Widerstandsgruppen. Grundsätzlich standen sich zwei Lager gegenüber: die, die kämpfen wollten und die Gemäßigten um den Hohepriester, die auf Verhandlungen setzten. Schließlich drang Johanan ben Levi in den Tempelbezirk ein, forderte ein Ende der Verhandlungen und bezichtigte den Hohepriester und die Gemäßigten des Versagens und des Verrats. Der Hohepriester konnte mit seinen Getreuen die Extremisten auf dem Tempelberg festsetzen. Aber Johanan ben Levi und seine Genossen konnten sich befreien. Sie nahmen die Gemäßigten gefangen und brachten sie später um. Der Tempelbezirk glich einem blutigen Schlachtfeld. In dem Machtvakuum, das nach dem Tod der gemäßigten Führer und der Hohepriester entstand, stritten sich rivalisierender Extremisten, unter Ihnen Zeloten, Sikarier, Sadduzäer und Idumäer um die Vormacht in Jerusalem. Etwa 25.000 Menschen verteidigten Jerusalem, geschützt von gigantischen Befestigungsanlagen.
Die Belagerung
Karte über die Belagerung Jerusalems
Titus begann die Belagerung Jerusalems im März des Jahres 70, genau am Tag des Pessach-Festes. Nach Flavius Josephus, dem ehemaligen jüdischen Militärkommandeur von Galiläa, der Titus begleitete, hielten sich ca. 3 Millionen Menschen in der Stadt auf. Titus erreichte mit der Legio XII Fulminata und der Legio XV Apollinaris von Norden kommend die Stadt und errichtete im Westen sein Lager. Dort schloss sich ihm die Legio V Macedonica von Emmaus kommend an. Die Legio X Fretensis von Jericho kommend lagerte im Osten am Ölberg.
Titus verwendete erfolgreich das gesamte Arsenal der römischen Belagerungswaffen von Türmen, Katapulten, Onagern und Rammböcken. Damit durchbrachen seine Legionen in weniger als vier Wochen die äußeren beiden von drei Mauern im Westen der Stadt und drangen in die nördliche Vorstadt ein.
Die Eroberung
In der eroberten Neustadt hinter der dritten Mauer errichtete Titus sein zweites Lager. Mitte Juni wurde der Versuch, die Burg Antonia zu erobern, von den Verteidigern zunächst abgewehrt. Anfang Juli ließ Titus einen etwa 8 Km langen Belagerungswall um den noch nicht eroberten Teil von Jerusalem errichten. In Jerusalem brach eine Hungersnot aus.
Vom 20. bis 22. Juli 70 wurde bei einem erneuten Angriff der Römer die Burg Antonia, die nördlich des Tempelplatzes lag, erobert und niedergebrannt. Dieser strategisch wichtige Punkt ermöglichte die Kontrolle über den Tempelbezirk.
Die innere Stadt und der Tempel hielten bis Anfang August der Belagerung stand. Nachdem die Soldaten den äußeren Hof des Tempels erreicht hatten, brannten sie das Bauwerk nieder und töteten alle, die nicht schon vorher aus Nahrungsmangel oder durch Selbstmord gestorben waren.
Da stürzten sich die einen freiwillig in die Schwerter der Römer, die andern erschlugen sich gegenseitig, andere brachten sich selbst um, wieder andere sprangen in die Flammen. Und es schien für alle nicht so sehr Verderben, sondern eher Sieg und Heil und Gnade zu bedeuten, mit dem Tempel zusammen unterzugehen.
Cassius Dio 65, 6, 3 (Lit.: zitiert nach Christ S. 252)
Am 30. August eroberten die Römer die Ober- und Unterstadt mit dem Palast des Herodes. Kleinere Gruppen von jüdischen Kämpfern entkamen durch versteckte Tunnel. Am 7. September 70 war die Stadt vollkommen in römischer Hand. Nach Flavius Josephus kamen bei der Eroberung ca. 1,1 Millionen Menschen ums Leben, der größte Teil von ihnen waren Juden.
Weitere Entwicklung
Die Belagerung Jerusalems hatte gezeigt, dass Titus ein zwar wenig innovativer, aber dennoch sehr fähiger Heerführer war. Titus verbrachte den Winter 70/71 mit Gladiatorenspielen und der Bestrafung überlebender Gefangener. Im Juni 71 kehrte er als Imperator nach Rom zurück. Gemeinsam mit seinem Vater feierte er dort den aufwendigen Triumph über Judäa. Daran erinnert der Titusbogen auf dem Forum Romanum.
Folgen
Der Tempel wurde - vermutlich versehentlich - zerstört und bis heute nicht wieder aufgebaut. Lediglich die Westmauer blieb erhalten. An die Zerstörung des Tempels erinnern sich die Juden an dem Fastentag Tischa beAv.
Mit der Einnahme Jerusalems war der Feldzug in Judäa im Wesentlichen beendet. Die letzten Aufständischen, die sich nach dem Fall der Stadt in der Bergfestung Masada zurückgezogen hatten, konnten sich noch bis 73 den römischen Legionen widersetzen. Die von ihnen ausgehende Gefahr für den Erfolg des Feldzuges war jedoch nicht von großer Bedeutung.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Der von Titus zerstörte Tempel von Jerusalem im Modell. An der rechten oberen Ecke der Tempelmauer befindet sich die Burg Antonia.
Vorgeschichte
Stadtplan Jerusalems im 1. Jahrhundert (Grafiker: Thomas Ihle)
Im Mai des Jahres 66 verübten die jüdischen Zeloten in Judäa einen Aufstand gegen die römische Besatzung und konnten einige Anfangserfolge erzielen. Daraufhin entsandte der römische Kaiser Nero im Oktober ein Heer unter dem Kommando von Vespasian, um die Unruhen in Judäa zu beendigen. Dessen 26-jähriger Sohn Titus begleitete ihn. Vespasian wurden die drei Legionen Legio V Macedonica, Legio X Fretensis und Legio XV Apollinaris zu Verfügung gestellt. Titus befehligte als Legat die fünfzehnte Legion. Insgesamt verfügte Vespasian inklusive Hilfstruppen über ein Heer von etwa 60.000 Mann. Die Größe des Heeres und die wichtige Position des noch recht unerfahrenen Titus, der bisher noch nicht einmal Prätor gewesen war, zeigen das Vertrauen, das der Kaiser immer noch in die beiden Flavier setzte. Im Jahr 67 konnte Vespasian den Aufstand in Galiläa, in Transjordanien und im Küstenstreifen beenden. Damit war Judäa von drei Seiten umstellt.
Im Sommer 68 beging Nero Selbstmord. Es kam zu Wirren im Römischen Reich, die als das Vierkaiserjahr bezeichnet werden. An dessen Ende wurde Vespasian zum neuen Kaiser ausgerufen, der sich auf die Unterstützung der Statthalter und Legionen des Orients stützen konnte. Vespasian kehrte nach Rom zurück um den Kaiserthron für sich zu sichern.
Titus blieb in Judäa zurück und hielt durch Verhandlungen mit den Kommandeuren der dort stationierten Legionen seinem Vater den Rücken frei. Er sollte den Feldzug zu Ende bringen.
Streitigkeiten
Viele Rebellen aus Galiläa flohen nach Jerusalem. Schon bald eskalierten die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Widerstandsgruppen. Grundsätzlich standen sich zwei Lager gegenüber: die, die kämpfen wollten und die Gemäßigten um den Hohepriester, die auf Verhandlungen setzten. Schließlich drang Johanan ben Levi in den Tempelbezirk ein, forderte ein Ende der Verhandlungen und bezichtigte den Hohepriester und die Gemäßigten des Versagens und des Verrats. Der Hohepriester konnte mit seinen Getreuen die Extremisten auf dem Tempelberg festsetzen. Aber Johanan ben Levi und seine Genossen konnten sich befreien. Sie nahmen die Gemäßigten gefangen und brachten sie später um. Der Tempelbezirk glich einem blutigen Schlachtfeld. In dem Machtvakuum, das nach dem Tod der gemäßigten Führer und der Hohepriester entstand, stritten sich rivalisierender Extremisten, unter Ihnen Zeloten, Sikarier, Sadduzäer und Idumäer um die Vormacht in Jerusalem. Etwa 25.000 Menschen verteidigten Jerusalem, geschützt von gigantischen Befestigungsanlagen.
Die Belagerung
Karte über die Belagerung Jerusalems
Titus begann die Belagerung Jerusalems im März des Jahres 70, genau am Tag des Pessach-Festes. Nach Flavius Josephus, dem ehemaligen jüdischen Militärkommandeur von Galiläa, der Titus begleitete, hielten sich ca. 3 Millionen Menschen in der Stadt auf. Titus erreichte mit der Legio XII Fulminata und der Legio XV Apollinaris von Norden kommend die Stadt und errichtete im Westen sein Lager. Dort schloss sich ihm die Legio V Macedonica von Emmaus kommend an. Die Legio X Fretensis von Jericho kommend lagerte im Osten am Ölberg.
Titus verwendete erfolgreich das gesamte Arsenal der römischen Belagerungswaffen von Türmen, Katapulten, Onagern und Rammböcken. Damit durchbrachen seine Legionen in weniger als vier Wochen die äußeren beiden von drei Mauern im Westen der Stadt und drangen in die nördliche Vorstadt ein.
Die Eroberung
In der eroberten Neustadt hinter der dritten Mauer errichtete Titus sein zweites Lager. Mitte Juni wurde der Versuch, die Burg Antonia zu erobern, von den Verteidigern zunächst abgewehrt. Anfang Juli ließ Titus einen etwa 8 Km langen Belagerungswall um den noch nicht eroberten Teil von Jerusalem errichten. In Jerusalem brach eine Hungersnot aus.
Vom 20. bis 22. Juli 70 wurde bei einem erneuten Angriff der Römer die Burg Antonia, die nördlich des Tempelplatzes lag, erobert und niedergebrannt. Dieser strategisch wichtige Punkt ermöglichte die Kontrolle über den Tempelbezirk.
Die innere Stadt und der Tempel hielten bis Anfang August der Belagerung stand. Nachdem die Soldaten den äußeren Hof des Tempels erreicht hatten, brannten sie das Bauwerk nieder und töteten alle, die nicht schon vorher aus Nahrungsmangel oder durch Selbstmord gestorben waren.
Da stürzten sich die einen freiwillig in die Schwerter der Römer, die andern erschlugen sich gegenseitig, andere brachten sich selbst um, wieder andere sprangen in die Flammen. Und es schien für alle nicht so sehr Verderben, sondern eher Sieg und Heil und Gnade zu bedeuten, mit dem Tempel zusammen unterzugehen.
Cassius Dio 65, 6, 3 (Lit.: zitiert nach Christ S. 252)
Am 30. August eroberten die Römer die Ober- und Unterstadt mit dem Palast des Herodes. Kleinere Gruppen von jüdischen Kämpfern entkamen durch versteckte Tunnel. Am 7. September 70 war die Stadt vollkommen in römischer Hand. Nach Flavius Josephus kamen bei der Eroberung ca. 1,1 Millionen Menschen ums Leben, der größte Teil von ihnen waren Juden.
Weitere Entwicklung
Die Belagerung Jerusalems hatte gezeigt, dass Titus ein zwar wenig innovativer, aber dennoch sehr fähiger Heerführer war. Titus verbrachte den Winter 70/71 mit Gladiatorenspielen und der Bestrafung überlebender Gefangener. Im Juni 71 kehrte er als Imperator nach Rom zurück. Gemeinsam mit seinem Vater feierte er dort den aufwendigen Triumph über Judäa. Daran erinnert der Titusbogen auf dem Forum Romanum.
Folgen
Der Tempel wurde - vermutlich versehentlich - zerstört und bis heute nicht wieder aufgebaut. Lediglich die Westmauer blieb erhalten. An die Zerstörung des Tempels erinnern sich die Juden an dem Fastentag Tischa beAv.
Mit der Einnahme Jerusalems war der Feldzug in Judäa im Wesentlichen beendet. Die letzten Aufständischen, die sich nach dem Fall der Stadt in der Bergfestung Masada zurückgezogen hatten, konnten sich noch bis 73 den römischen Legionen widersetzen. Die von ihnen ausgehende Gefahr für den Erfolg des Feldzuges war jedoch nicht von großer Bedeutung.
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