Das Nutbuch
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Das Nutbuch
Das Nutbuch (Originaltitel: Grundriss des Laufes der Sterne (am Leib der Nut)) ist eine Sammlung von altägyptisch-astronomischen Texten zum Themenbereich Dekan-Sterne, Schattenuhr, Mond, Sonne und Planeten.
Bislang sind in der pharaonischen Zeit nur drei verschiedene vollständige Aufzeichnungen des Nutbuches belegt. Daneben ergänzen sich Teile des Nutbuches in zahlreichen Grabanlagen mit Abschnitten der Stundenbücher. Das Motiv des Sonnenaufgangs als mythologische Wiedergeburt ist dabei das vorherrschende Thema. Die Ägyptologie bezeichnet diese Abschnitte, je nach Zugehörigkeit zu den tradierten Vorlagen, als „Nutbuch-Familientexte”. Abfassungen aus der Zeit des zweiten Jahrhunderts n. Chr. kamen zunächst in Form von zwei veröffentlichten Textzeugen aus Tebtynis hinzu, ehe 2007 weitere vier Fragmente aus der gleichen Epoche und Region publiziert wurden.[1] Das neue Material enthält Abschnitte, die bisher nicht bekannt waren, und bietet damit weitere wertvolle Erweiterungen der ägyptisch-religiösen Texte.
Bei dem sogenannten Nutbuch handelt es sich um innerägyptische Übersetzungen und Kommentierungen, die auf Inschriften und Papyri aus verschiedenen Epochen überliefert sind. Mit den Ausführungen des Nutbuches liegt ein Handbuch zur religiösen Astronomie vor, das in dieser Form als einzigartig anzusehen ist und zusammenhängend die Konzepte des Alten Ägyptens in eigenen Worten darlegt. Die mindestens fast dreitausend Jahre andauernde Tradierung und die ergiebige Fundlage in Tebtynis, einem sonst unbekannten Ort, beweist das Festhalten an den mythologischen Vorgaben des Nutbuches während der altägyptischen Geschichte.
Forschungsgeschichte und Versionen des Nutbuches
Pharaonische Zeit
Schon sehr früh konzentrierte sich das Interesse der Ägyptologie auf die astronomischen Teile des sogenannten Nutbuches. Als erstes verfügbar für die moderne Forschung war die Fassung R im Grab Ramses IV., die sich auf das Nutbild und die Dekanlisten beschränkt. Der Text wurde erstmals von Jean-François Champollion und Ippolito Rosellini sowie später von Heinrich Brugsch kopiert. Erik Hornung gab im Jahr 1990 im Rahmen einer Neubehandlung die Gesamtpublikation „Zwei ramessidische Königsgräber” heraus.[2]
„Sethos-Schrift”: Darstellung der 36 Dekane
Die 1933 im Osireion in Abydos entdeckte „Sethos-Schrift” (S)[3] brachte große Fortschritte, zumal die Fassung S den ältesten Beleg darstellt. Adriaan de Bucks Übersetzungsversuche der kryptographischen Teile des Nutbuches[4] gab der Entschlüsselung des Nutbuches entscheidende Impulse. Das Dekankapitel fand jedoch zunächst in der Forschung wenig Interesse, da sich die Textzusammenhänge nur sehr schwer erschließen ließen. Völlig vernachlässigt wurde das Mondkapitel, das in pharaonischer Zeit nur in der „Sethos-Schrift” belegt ist. Der in der Vergangenheit in Publikationen benutzte Bearbeitungsstand hatte bis zur im Jahr 2007 vorgenommenen Neubearbeitung durch Alexandra von Lieven die Standardedition von Otto Neugebauer und Richard Anthony Parker „Egyptian astronomical Texts” als Grundlage.
Im Jahr 1977 veröffentlichte Jan Assmann die Fassung M aus dem Grab der Mutirdis,[5] die aus der 26. Dynastie stammt. Neue Erkenntnisse konnten aus der Fassung M nicht gewonnen werden, da einerseits der Inhalt weitestgehend der Intention der „Sethos-Schrift” folgt und andererseits nur in sehr schlechter Erhaltung vorliegt. Die „Sethos-Schrift” weicht in einigen Passagen von den Fassungen R und M ab und zeigt im Vergleich die Abbildung der Göttin Nut in unterschiedlichen Dimensionierungen. Das größere Nutbild bezieht sich auf das Buch von der Nacht, die kleinere Diagonalversion dagegen auf das Nutbild des Nutbuches, die jedoch in ihrer Ausführung unvollendet blieb. Einzelabschnitte in anderen Epochen, die den Inhalten der „Sethos-Schrift” entsprechen, werden „Sethos-1A-Familie” oder „Sethos 1B-Familie” genannt.
Tebtynis-Fassungen (2. Jahrhundert n. Chr.)
Das Tebtynis-Textmaterial ist aufgrund seiner komplexen Grabungs- und Erwerbungsgeschichte auf der ganzen Welt verstreut. Hinzu kommt, dass mehrere Tausend Fragmente unsortiert in den Museen unveröffentlicht vorliegen und jedes Mal neu durchgesehen werden müssen. In der Konsequenz können deshalb sehr leicht Tebtynis-Fragmente übersehen werden. Darüber hinaus ist nicht klar, ob in Museen und Privatsammlungen weitere bislang unentdeckte Texte vorhanden sind. Tatsächlich hatte Siegfried Schott um 1930 Fragmente im Kunsthandel gesehen, deren Verbleib bis heute unbekannt ist.
Die Papyri pCarlsberg 1 als PC1 und pCarlsberg 1a als PC1a wurden 1940[6] beziehungsweise 1960 editiert. Diese Fassungen lieferten eine problemlose Lesung und boten von den Ägyptern ergänzend demotische Kommentare. Aus diesem Grund basierten die meisten Veröffentlichungen zum sogenannten Nutbuch auf den Tebtynis-Versionen. Erschwerend wirkte sich lange Zeit die falsche Annahme aus, dass die „Sethos-Schrift” im Osireion nicht zum Nutbuch gehöre. Lediglich Winfried Barta sah den Zusammenhang dieser Texte.[7] PC1 und PC1a stammen vom selben Schreiber, sowohl im hieratischen wie auch im demotischen Text. Bemerkenswert ist die Textverlängerung älterer Vorlagen. Dieser Umstand konnte erst durch das Auffinden weiterer Textfragmente in jüngster Zeit festgestellt werden. Frühere Annahmen, dass Textverkürzungen vorliegen, werden damit hinfällig.
Die 1998 bearbeiteten Papyri-Fragmente pBerlin 14403b als PC228[1] stechen durch sorgfältiges Layout und schöne Schrift heraus. Der Verfasser dieser Fragmente hatte das in der Demotistik bekannte Amt des Nun-Schreibers inne. Einen gravierenden Unterschied innerhalb der Tebtynis-Fragmente PC228 zeigt die Teilversion pCarlsberg 497 als PC497, die sich als einziger Text detailgetreu an die Vorlage der „Sethos-Schrift” hält. Besonders auffällig ist das Fehlen der gleichen Abschnitte wie in der erschlossenen „Sethos-Schrift” und dessen ansonsten textlichen Übereinstimmung. Dieser Befund lässt nur den Schluss zu, dass im zweiten Jahrhundert n. Chr. die ursprünglichen Nutbuch-Inschriften nicht mehr komplett vorlagen.
Der 2001 entdeckte Papyrus pOxford 79/105 (jetzt Berkeley) zeigt als Fassung O[1] starke Korrumpierungen, die auf ältere Vorlagen als Entwurf verweisen und danach in der Bearbeitung verändert wurden. Ähnliche Vorgehensweisen sind für bebilderte Papyri häufiger zu beobachten.[8]
Entstehungszeit des Nutbuches
Darstellung des Sesostris III. als Sphinxkopf
Bereits die ältere Forschung hatte die beiden Dekan-Listen des Nutbuches untersucht. Deren Angaben enthalten Sternzahlen und Namen, die mit dem idealen Sopdet-Aufgang am 1. Achet I verbunden sind. Teilweise werden auch Dekannamen ohne besondere Zuweisung im Nutbuch genannt.[9] Die Widersprüche der Dekanlisten lassen deshalb deutlich unterschiedliche Entstehungszeitpunkte erkennen. Die Daten-Liste zeigt eine Bearbeitung im Mittleren Reich unter Sesostris III. in seinem siebten Regierungsjahr, was sich mit der Nennung des heliakischen Aufgang von Sirius am 16. Peret IV im selben Jahr deckt und etwa auf die Zeit von 1880 bis 1850 v. Chr. einzugrenzen ist. Die Korrektheit dieser Angaben ist durch unterschiedliche Berechnungsmethoden von mehreren Ägyptologen als sicher anzunehmen.[9] Christian Leitz möchte daher eine ursprüngliche Entstehungszeit um einen Sothis-Zyklus früher für etwa 3324 v. Chr. postulieren; Sesostris III. habe dann eine Anpassung der Dekane vorgenommen.[10] Als Grund wird einerseits der astronomische Umstand angeführt, dass im Mittleren Reich keine siebzigtägige Unsichtbarkeitsdauer von Sirius gegeben war und andererseits das Kalenderdatum von Sopdet im Nutbuch eine besondere Wichtigkeit gehabt haben muss.
Als sicher wird in diesem Zusammenhang die Verbindung der Balsamierungsdauer von 70 Tagen zu tatsächlich durchgeführten Beobachtungen angenommen, die in der Folgezeit kanonisch wurde. Die Erwähnung von Sopdet in den Pyramidentexten spielt ebenfalls eine gewichtige Rolle. Jedoch kann aus dieser mythologischen Verbindung kein Zusammenhang mit dem Nutbuch abgeleitet werden.[9] Das Nutbuch verwendet die kanonische Unsichtbarkeitsdauer deshalb, weil sie kanonisch geworden ist, woraus sich aber nicht automatisch die Entstehungszeit des Nutbuches begründen lässt. Sicherlich hatte das Sirius-Datum für das Alltagsleben der Ägypter keine besonders große Bedeutung, weshalb es andere Ursachen geben muss, die eine Aufnahme des 16. Peret IV im Nutbuch veranlassten.[11]
In diesem Zusammenhang fällt die veränderte Einteilung der Dekan-Sterne in den Dekan-Listen des Nutbuches auf, die auf neue Beobachtungstechniken deuten. Die ursprüngliche Reihenfolge hing von den heliakischen und akronychischen Aufgängen der jeweiligen Dekane ab. Diese Form hatte aber den methodischen Nachteil, Unwägbarkeiten der Witterungsverhältnisse nicht korrigieren zu können. Eine konstante und zuverlässige Einteilung war daher nicht möglich. Die Beobachtungsverlegung in die Nachtstunden minimierte das Unsicherheitsrisiko erheblich. Die alten Dekan-Listen verloren anschließend an Bedeutung, da deren Daten nicht mehr für die neue Dekanreihenfolge verwendet werden konnten.
Unklar bleibt die Herkunft und Vorgeschichte der Bestandteile des Nutbuches. Obwohl die sprachhistorischen Untersuchungen die Existenz der Nutbuchtexte im Alten Reich beweist, liegen keine fassbaren Belege vor. Ältere andere Vorlagen ergeben mit den neuen Dekan-Listen im Hinblick auf technische Neuerungen (Erfindung der Wasseruhr) das hypothetische Ablaufszenario: Sesostris III. beschloss, das wichtigste Wissen über die religiöse Astronomie zusammenzustellen.[12] Verschiedene Einzeltexte, die bis in das Alte Reich zurückreichen, darunter auch das Nutbild, wurden mit dem mythologischen Werk „Grundriss des Laufes der Sterne” sowie dem Mond- und Planetenkapitel ergänzt. Zwischen der Saitenzeit und der frühen Epoche der Ptolemäer entsprangen weitere Kommentare zum Nutbuch, die im Fortgang mit Kommentaren ständig ergänzt wurden, um die alte Tradierung zu gewährleisten.[12]
Räumliche Anordnung des Nutbuches
Zirkumpolarsterne (Grab Sethos I.)
Alle Nutbuchversionen weisen als Gemeinsamkeit die Platzierung in der Westhälfte der Sarkophaghalle des jeweiligen Grabinhabers auf. Gegenüber, in der Osthälfte, war die Abbildung vom Buch der Nacht in der Balsamierungshalle angebracht. Dieser stilistische Bruch der sonst üblichen Ausrichtungen ist markant. Die Ursache dürfte im Inhalt des Nutbuches zu suchen sein, das sich schwerpunktmäßig mit dem Sonnenuntergang und dem Nachthimmel beschäftigt. Den Abschluss bildet der Sonnenaufgang, der im Nutbuch nur eine Nebenrolle einnimmt.
Bei der Kombination der Bücher vom Tag und von der Nacht befindet sich das Buch vom Tag auf dem angemessenen Ostteil und das Buch von der Nacht entsprechend auf dem Westteil. Nur im Grab von Ramses VI. wählten die Erbauer die nord-südliche Richtung, um die gesamte Korridorlänge nutzen zu können. Das Buch vom Tag ist dort auf dem Südteil und das Buch von der Nacht auf dem Nordteil abgebildet. Die Gleichsetzung von Norden und Westen ist im Zusammenhang mit dem Untergang der Sonne zu sehen, die im Westen unter den Horizont sinkt und danach nicht mehr sichtbar ist. Selbige Unsichtbarkeit ist für den Norden gegeben.
Für den Süden gilt parallel die Verbindung vom Mittagsstand der Sonne und ihrem Aufgang im Osten symbolisch für die Sichtbarkeit am Tage. Das Erklärungsmuster besteht somit aus Ost/Süd = Tag und West/Nord = Abwesenheit der Sonne = Nacht. Im Grab von Scheschonq III. ist der seltene Fall gegeben, dass die Texte des Buches von der Nacht nicht an der Decke stehen, sondern sich gemäß dem Erklärungsmuster an der Nord- und Westwand befinden; in den Sonnenheiligtümern von Medinet Habu und Taharqa am Heiligen See nur an der Westwand sowie in Deir el-Bahari an der Nordseite der Ostwand. Das Nutbuch und das Buch vom Tage sind dagegen nirgendwo als Wanddarstellungen zu sehen.
Im Darstellungssystem des Nutbuches ist eine klare Einteilung vorhanden. Völlig anders ist die Situation bei den Unterweltsbüchern, wo keine bevorzugte Himmelsrichtung feststellbar ist. Dieser Umstand deckt sich mit dem Zustand der Schriftsysteme der jeweiligen Bücher und bestätigt die Beobachtung, dass ein Dekorationsprogramm für das Nutbuch, nicht jedoch für die Unterweltsbücher bestand. Die fehlende Abstimmung beider Komponenten lässt auf unterschiedliche Entstehungszeiten schließen.
Hier unterbrechen wir,wer sich weiter dafür interressiert,dem sei der Link empfohlen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Nutbuch
Bislang sind in der pharaonischen Zeit nur drei verschiedene vollständige Aufzeichnungen des Nutbuches belegt. Daneben ergänzen sich Teile des Nutbuches in zahlreichen Grabanlagen mit Abschnitten der Stundenbücher. Das Motiv des Sonnenaufgangs als mythologische Wiedergeburt ist dabei das vorherrschende Thema. Die Ägyptologie bezeichnet diese Abschnitte, je nach Zugehörigkeit zu den tradierten Vorlagen, als „Nutbuch-Familientexte”. Abfassungen aus der Zeit des zweiten Jahrhunderts n. Chr. kamen zunächst in Form von zwei veröffentlichten Textzeugen aus Tebtynis hinzu, ehe 2007 weitere vier Fragmente aus der gleichen Epoche und Region publiziert wurden.[1] Das neue Material enthält Abschnitte, die bisher nicht bekannt waren, und bietet damit weitere wertvolle Erweiterungen der ägyptisch-religiösen Texte.
Bei dem sogenannten Nutbuch handelt es sich um innerägyptische Übersetzungen und Kommentierungen, die auf Inschriften und Papyri aus verschiedenen Epochen überliefert sind. Mit den Ausführungen des Nutbuches liegt ein Handbuch zur religiösen Astronomie vor, das in dieser Form als einzigartig anzusehen ist und zusammenhängend die Konzepte des Alten Ägyptens in eigenen Worten darlegt. Die mindestens fast dreitausend Jahre andauernde Tradierung und die ergiebige Fundlage in Tebtynis, einem sonst unbekannten Ort, beweist das Festhalten an den mythologischen Vorgaben des Nutbuches während der altägyptischen Geschichte.
Forschungsgeschichte und Versionen des Nutbuches
Pharaonische Zeit
Schon sehr früh konzentrierte sich das Interesse der Ägyptologie auf die astronomischen Teile des sogenannten Nutbuches. Als erstes verfügbar für die moderne Forschung war die Fassung R im Grab Ramses IV., die sich auf das Nutbild und die Dekanlisten beschränkt. Der Text wurde erstmals von Jean-François Champollion und Ippolito Rosellini sowie später von Heinrich Brugsch kopiert. Erik Hornung gab im Jahr 1990 im Rahmen einer Neubehandlung die Gesamtpublikation „Zwei ramessidische Königsgräber” heraus.[2]
„Sethos-Schrift”: Darstellung der 36 Dekane
Die 1933 im Osireion in Abydos entdeckte „Sethos-Schrift” (S)[3] brachte große Fortschritte, zumal die Fassung S den ältesten Beleg darstellt. Adriaan de Bucks Übersetzungsversuche der kryptographischen Teile des Nutbuches[4] gab der Entschlüsselung des Nutbuches entscheidende Impulse. Das Dekankapitel fand jedoch zunächst in der Forschung wenig Interesse, da sich die Textzusammenhänge nur sehr schwer erschließen ließen. Völlig vernachlässigt wurde das Mondkapitel, das in pharaonischer Zeit nur in der „Sethos-Schrift” belegt ist. Der in der Vergangenheit in Publikationen benutzte Bearbeitungsstand hatte bis zur im Jahr 2007 vorgenommenen Neubearbeitung durch Alexandra von Lieven die Standardedition von Otto Neugebauer und Richard Anthony Parker „Egyptian astronomical Texts” als Grundlage.
Im Jahr 1977 veröffentlichte Jan Assmann die Fassung M aus dem Grab der Mutirdis,[5] die aus der 26. Dynastie stammt. Neue Erkenntnisse konnten aus der Fassung M nicht gewonnen werden, da einerseits der Inhalt weitestgehend der Intention der „Sethos-Schrift” folgt und andererseits nur in sehr schlechter Erhaltung vorliegt. Die „Sethos-Schrift” weicht in einigen Passagen von den Fassungen R und M ab und zeigt im Vergleich die Abbildung der Göttin Nut in unterschiedlichen Dimensionierungen. Das größere Nutbild bezieht sich auf das Buch von der Nacht, die kleinere Diagonalversion dagegen auf das Nutbild des Nutbuches, die jedoch in ihrer Ausführung unvollendet blieb. Einzelabschnitte in anderen Epochen, die den Inhalten der „Sethos-Schrift” entsprechen, werden „Sethos-1A-Familie” oder „Sethos 1B-Familie” genannt.
Tebtynis-Fassungen (2. Jahrhundert n. Chr.)
Das Tebtynis-Textmaterial ist aufgrund seiner komplexen Grabungs- und Erwerbungsgeschichte auf der ganzen Welt verstreut. Hinzu kommt, dass mehrere Tausend Fragmente unsortiert in den Museen unveröffentlicht vorliegen und jedes Mal neu durchgesehen werden müssen. In der Konsequenz können deshalb sehr leicht Tebtynis-Fragmente übersehen werden. Darüber hinaus ist nicht klar, ob in Museen und Privatsammlungen weitere bislang unentdeckte Texte vorhanden sind. Tatsächlich hatte Siegfried Schott um 1930 Fragmente im Kunsthandel gesehen, deren Verbleib bis heute unbekannt ist.
Die Papyri pCarlsberg 1 als PC1 und pCarlsberg 1a als PC1a wurden 1940[6] beziehungsweise 1960 editiert. Diese Fassungen lieferten eine problemlose Lesung und boten von den Ägyptern ergänzend demotische Kommentare. Aus diesem Grund basierten die meisten Veröffentlichungen zum sogenannten Nutbuch auf den Tebtynis-Versionen. Erschwerend wirkte sich lange Zeit die falsche Annahme aus, dass die „Sethos-Schrift” im Osireion nicht zum Nutbuch gehöre. Lediglich Winfried Barta sah den Zusammenhang dieser Texte.[7] PC1 und PC1a stammen vom selben Schreiber, sowohl im hieratischen wie auch im demotischen Text. Bemerkenswert ist die Textverlängerung älterer Vorlagen. Dieser Umstand konnte erst durch das Auffinden weiterer Textfragmente in jüngster Zeit festgestellt werden. Frühere Annahmen, dass Textverkürzungen vorliegen, werden damit hinfällig.
Die 1998 bearbeiteten Papyri-Fragmente pBerlin 14403b als PC228[1] stechen durch sorgfältiges Layout und schöne Schrift heraus. Der Verfasser dieser Fragmente hatte das in der Demotistik bekannte Amt des Nun-Schreibers inne. Einen gravierenden Unterschied innerhalb der Tebtynis-Fragmente PC228 zeigt die Teilversion pCarlsberg 497 als PC497, die sich als einziger Text detailgetreu an die Vorlage der „Sethos-Schrift” hält. Besonders auffällig ist das Fehlen der gleichen Abschnitte wie in der erschlossenen „Sethos-Schrift” und dessen ansonsten textlichen Übereinstimmung. Dieser Befund lässt nur den Schluss zu, dass im zweiten Jahrhundert n. Chr. die ursprünglichen Nutbuch-Inschriften nicht mehr komplett vorlagen.
Der 2001 entdeckte Papyrus pOxford 79/105 (jetzt Berkeley) zeigt als Fassung O[1] starke Korrumpierungen, die auf ältere Vorlagen als Entwurf verweisen und danach in der Bearbeitung verändert wurden. Ähnliche Vorgehensweisen sind für bebilderte Papyri häufiger zu beobachten.[8]
Entstehungszeit des Nutbuches
Darstellung des Sesostris III. als Sphinxkopf
Bereits die ältere Forschung hatte die beiden Dekan-Listen des Nutbuches untersucht. Deren Angaben enthalten Sternzahlen und Namen, die mit dem idealen Sopdet-Aufgang am 1. Achet I verbunden sind. Teilweise werden auch Dekannamen ohne besondere Zuweisung im Nutbuch genannt.[9] Die Widersprüche der Dekanlisten lassen deshalb deutlich unterschiedliche Entstehungszeitpunkte erkennen. Die Daten-Liste zeigt eine Bearbeitung im Mittleren Reich unter Sesostris III. in seinem siebten Regierungsjahr, was sich mit der Nennung des heliakischen Aufgang von Sirius am 16. Peret IV im selben Jahr deckt und etwa auf die Zeit von 1880 bis 1850 v. Chr. einzugrenzen ist. Die Korrektheit dieser Angaben ist durch unterschiedliche Berechnungsmethoden von mehreren Ägyptologen als sicher anzunehmen.[9] Christian Leitz möchte daher eine ursprüngliche Entstehungszeit um einen Sothis-Zyklus früher für etwa 3324 v. Chr. postulieren; Sesostris III. habe dann eine Anpassung der Dekane vorgenommen.[10] Als Grund wird einerseits der astronomische Umstand angeführt, dass im Mittleren Reich keine siebzigtägige Unsichtbarkeitsdauer von Sirius gegeben war und andererseits das Kalenderdatum von Sopdet im Nutbuch eine besondere Wichtigkeit gehabt haben muss.
Als sicher wird in diesem Zusammenhang die Verbindung der Balsamierungsdauer von 70 Tagen zu tatsächlich durchgeführten Beobachtungen angenommen, die in der Folgezeit kanonisch wurde. Die Erwähnung von Sopdet in den Pyramidentexten spielt ebenfalls eine gewichtige Rolle. Jedoch kann aus dieser mythologischen Verbindung kein Zusammenhang mit dem Nutbuch abgeleitet werden.[9] Das Nutbuch verwendet die kanonische Unsichtbarkeitsdauer deshalb, weil sie kanonisch geworden ist, woraus sich aber nicht automatisch die Entstehungszeit des Nutbuches begründen lässt. Sicherlich hatte das Sirius-Datum für das Alltagsleben der Ägypter keine besonders große Bedeutung, weshalb es andere Ursachen geben muss, die eine Aufnahme des 16. Peret IV im Nutbuch veranlassten.[11]
In diesem Zusammenhang fällt die veränderte Einteilung der Dekan-Sterne in den Dekan-Listen des Nutbuches auf, die auf neue Beobachtungstechniken deuten. Die ursprüngliche Reihenfolge hing von den heliakischen und akronychischen Aufgängen der jeweiligen Dekane ab. Diese Form hatte aber den methodischen Nachteil, Unwägbarkeiten der Witterungsverhältnisse nicht korrigieren zu können. Eine konstante und zuverlässige Einteilung war daher nicht möglich. Die Beobachtungsverlegung in die Nachtstunden minimierte das Unsicherheitsrisiko erheblich. Die alten Dekan-Listen verloren anschließend an Bedeutung, da deren Daten nicht mehr für die neue Dekanreihenfolge verwendet werden konnten.
Unklar bleibt die Herkunft und Vorgeschichte der Bestandteile des Nutbuches. Obwohl die sprachhistorischen Untersuchungen die Existenz der Nutbuchtexte im Alten Reich beweist, liegen keine fassbaren Belege vor. Ältere andere Vorlagen ergeben mit den neuen Dekan-Listen im Hinblick auf technische Neuerungen (Erfindung der Wasseruhr) das hypothetische Ablaufszenario: Sesostris III. beschloss, das wichtigste Wissen über die religiöse Astronomie zusammenzustellen.[12] Verschiedene Einzeltexte, die bis in das Alte Reich zurückreichen, darunter auch das Nutbild, wurden mit dem mythologischen Werk „Grundriss des Laufes der Sterne” sowie dem Mond- und Planetenkapitel ergänzt. Zwischen der Saitenzeit und der frühen Epoche der Ptolemäer entsprangen weitere Kommentare zum Nutbuch, die im Fortgang mit Kommentaren ständig ergänzt wurden, um die alte Tradierung zu gewährleisten.[12]
Räumliche Anordnung des Nutbuches
Zirkumpolarsterne (Grab Sethos I.)
Alle Nutbuchversionen weisen als Gemeinsamkeit die Platzierung in der Westhälfte der Sarkophaghalle des jeweiligen Grabinhabers auf. Gegenüber, in der Osthälfte, war die Abbildung vom Buch der Nacht in der Balsamierungshalle angebracht. Dieser stilistische Bruch der sonst üblichen Ausrichtungen ist markant. Die Ursache dürfte im Inhalt des Nutbuches zu suchen sein, das sich schwerpunktmäßig mit dem Sonnenuntergang und dem Nachthimmel beschäftigt. Den Abschluss bildet der Sonnenaufgang, der im Nutbuch nur eine Nebenrolle einnimmt.
Bei der Kombination der Bücher vom Tag und von der Nacht befindet sich das Buch vom Tag auf dem angemessenen Ostteil und das Buch von der Nacht entsprechend auf dem Westteil. Nur im Grab von Ramses VI. wählten die Erbauer die nord-südliche Richtung, um die gesamte Korridorlänge nutzen zu können. Das Buch vom Tag ist dort auf dem Südteil und das Buch von der Nacht auf dem Nordteil abgebildet. Die Gleichsetzung von Norden und Westen ist im Zusammenhang mit dem Untergang der Sonne zu sehen, die im Westen unter den Horizont sinkt und danach nicht mehr sichtbar ist. Selbige Unsichtbarkeit ist für den Norden gegeben.
Für den Süden gilt parallel die Verbindung vom Mittagsstand der Sonne und ihrem Aufgang im Osten symbolisch für die Sichtbarkeit am Tage. Das Erklärungsmuster besteht somit aus Ost/Süd = Tag und West/Nord = Abwesenheit der Sonne = Nacht. Im Grab von Scheschonq III. ist der seltene Fall gegeben, dass die Texte des Buches von der Nacht nicht an der Decke stehen, sondern sich gemäß dem Erklärungsmuster an der Nord- und Westwand befinden; in den Sonnenheiligtümern von Medinet Habu und Taharqa am Heiligen See nur an der Westwand sowie in Deir el-Bahari an der Nordseite der Ostwand. Das Nutbuch und das Buch vom Tage sind dagegen nirgendwo als Wanddarstellungen zu sehen.
Im Darstellungssystem des Nutbuches ist eine klare Einteilung vorhanden. Völlig anders ist die Situation bei den Unterweltsbüchern, wo keine bevorzugte Himmelsrichtung feststellbar ist. Dieser Umstand deckt sich mit dem Zustand der Schriftsysteme der jeweiligen Bücher und bestätigt die Beobachtung, dass ein Dekorationsprogramm für das Nutbuch, nicht jedoch für die Unterweltsbücher bestand. Die fehlende Abstimmung beider Komponenten lässt auf unterschiedliche Entstehungszeiten schließen.
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