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Der Investiturstreit

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Der Investiturstreit  Empty Der Investiturstreit

Beitrag  Andy Mi Feb 11, 2015 9:57 pm

Der Investiturstreit war der Höhepunkt eines politischen Konfliktes im mittelalterlichen Europa zwischen geistlicher und weltlicher Macht um die Amtseinsetzung von Geistlichen (Investitur) durch die weltliche Macht. Als Zeit des Investiturstreites gelten für gewöhnlich die Jahre ab 1076 (Hoftag in Worms) bis zur Kompromisslösung des Wormser Konkordates im Jahre 1122.

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Mathilde von Tuszien und Hugo von Cluny als Fürsprecher Heinrichs IV. (Vita Mathildis des Donizio, um 1115. Vatikanstadt, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 4922, fol. 49v)

Ursache

Schon im fränkischen Reich besaßen die fränkischen Könige das Recht auf Einsetzung der Bischöfe. Dieses Recht begründeten sie mit dem Eigenkirchenrecht, welches einem Grundherrn mit Gotteshäusern auf seinem Gebiet erlaubte, auf deren Verwaltung Einfluss zu nehmen. Seit der Einführung des sogenannten Reichskirchensystems ab Otto I. wurde dieses Recht auf die Amtseinsetzung Geistlicher wie Bischöfe und Äbte durch die römisch-deutschen Kaiser wichtiger für deren Herrschaft im Reich, da den Bischöfen und Äbten wichtige Rechte und Funktionen, wie zum Beispiel Grafenrechte, in der Reichsverwaltung verliehen worden waren. Die römisch-deutschen Kaiser nach Otto I. sahen sich weiterhin als Eigentümer aller Kirchen und bestimmten bei vielen Wahlen von Erzbischöfen, Bischöfen und Äbten mit. Die Kritiker dieses Systems nannten diese Praktik Laieninvestitur, weil die Einsetzung in das geistliche Amt durch Nicht-Geistliche (Laien) vorgenommen wurde. Sie befürchteten, dass dadurch bei der Amtseinsetzung mehr Wert auf Loyalität zum Landesherrn als auf geistliche Bildung und charakterliche Eignung gelegt werden würde.

Da die Eigenkirchen und Eigenklöster von ihren Besitzern gekauft, getauscht und vererbt werden konnten, verloren sie immer mehr ihren religiösen Zweck, während sie gleichzeitig mehr an wirtschaftlicher Bedeutung gewannen. Mit dem Verkauf von Gotteshäusern gingen ebenfalls die Ämter, eventuelle Reliquien und Pfründen in den Besitz des Käufers über. Bis zum Beginn der Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts und der Cluniazensischen Reform, ausgehend vom Kloster Cluny, wurde in diesem Vorgehen nichts Unrechtes gesehen.

König Heinrich III. machte sich in seiner Amtszeit (1039–1056) zum Unterstützer der Kirchenreformen und sah es als des Königs Aufgabe an, auch die Römisch-katholische Kirche zu reformieren. 1046 amtierten drei miteinander konkurrierende Päpste (Benedikt IX., Gregor VI. und Silvester III.). Heinrich ließ alle drei auf Wunsch der Synode von Sutri absetzen und durch den reformgesinnten Clemens II. aus Deutschland ersetzen. Bis Clemens 1047 starb, arbeiteten beide an der Verbesserung aller christlichen Kirchen zusammen. Den meisten Reformern ging es aber im Wesentlichen darum, das Amt des Papstes dem Einfluss des römischen Stadtadels zu entziehen. Heinrichs Nachfolger wurde sein sechs Jahre alter Sohn Heinrich IV., in dessen Amtszeit die Auseinandersetzungen mit dem seit 1073 amtierenden Papst Gregor VII. fielen.
Simonie als Grundübel

Die kirchliche Reformbewegung sah in der Simonie – dem Kauf oder Verkauf kirchlicher Ämter, Pfründen, Sakramente, Reliquien oder ähnlichem – das Grundübel der Zeit, da sich einerseits die Praxis stark gegen biblische Interpretationen wandte und sich andererseits durch die Abschaffung der Simonie eine engere Bindung an Rom ergäbe. Von vielen Synoden wurde wiederholt gefordert, dass Kleriker auf keinen Fall von Laien Kirchenstellen annehmen sollten, weder für Geld noch geschenkt. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Abschaffung simonistischer Abhängigkeiten – von Laien als auch von Klerikern.
Standpunkte einzelner Personen zur Laieninvestitur

Der prinzipielle Unterschied zwischen den adeligen Eigenkirchenherren und dem König, das „sacerdotium“, wurde von Kirchenrechtlern seit der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts immer wieder in Zweifel gezogen. Der 1025 gestorbene Bischof Burchard von Worms stellte das Kirchenrecht über das weltliche Recht, bezeichnete die Kaiser ebenso wie die Könige als Laien und verurteilte die Erhebung ins Bischofsamt mit der Unterstützung von Laien. Ebenso lehnte Wazzo von Lüttich es ab, dass Bischöfe dem König in Fragen des Amtes Rechenschaft schuldig seien, und sah die Treueverpflichtung nur noch in weltlichen Angelegenheiten als gegeben an.

Allerdings war man sich auch innerhalb der Reformpartei nicht einig, wie weit der Einfluss des Königs an der Bischofseinsetzung gehen dürfe. Die Vertreter einer extremeren Position, wie beispielsweise Humbert von Silva Candida, lehnten die Investitur durch weltliche Herrscher ab. In der Abhandlung „Adversus Simoniacos“ betrachtete er auch Könige als Laien. Zusammen mit der Vorstellung, dass kein Mensch etwas von einem anderen umsonst bekommen könne – diese Idee wurde von Humbert im zweiten Buch von „Adversus Simoniacos“ entwickelt – folgt, dass die Verleihung von Kirchengut durch den König zumindest simonistische Tendenzen hat.

Neben der Nähe zur Simonie kritisierte Humbert den Einfluss, den die Könige auf die Vergabe von Bischofsstühlen hatten, auch grundsätzlich. Er berief sich dabei auf Papst Leo den Großen. Dieser hatte 458/59 in einem Responsum an Rusticus von Narbonne formuliert, dass keine vernünftige Überlegung es zulasse, dass zu den Bischöfen auch Personen gerechnet würden, „die weder von den Geistlichen gewählt noch von der Bevölkerung erbeten, noch von den Bischöfen ihrer Kirchenprovinz mit der Billigung des Metropoliten geweiht worden seien“.

Einen gemäßigteren Standpunkt nahm Petrus Damiani ein. Er kritisierte die Mitwirkung der weltlichen Kräfte an der Investitur nicht grundsätzlich. Ihm war nur wichtig, dass die Wahl und Ernennung der Bischöfe nach kanonischem Recht ablief. Damiani konnte beide Punkte dadurch vereinigen, dass er die Übergabe von Ring und Stab nicht als Weihe betrachtete.

Verlauf
Auslöser des Streits

Der Investiturstreit  640px-Exil_und_Tod_Gregors_VII.
Otto von Freising, „Weltchronik“: Die Flucht Gregors VII. aus Rom 1084 (oben), Exil und Tod Gregors in Salerno (1085) (unten), 1177–1185, Jena, Thüringer Universitäts-Landesbibliothek: Ms. Bos. q. 6, fol. 79r

Auslöser des Streits zwischen Kaiser und Papst wurden Meinungsverschiedenheiten in der Besetzung des Amtes des Erzbischofs von Mailand. Das 11. Jahrhundert in Mailand war vor allem durch die starke Stellung der radikal reformerischen Pataria geprägt. Diese machte es auch dem vom König eingesetzten Erzbischof Wido schwer, weshalb Wido sich 1070 dazu entschloss, sein Amt niederzulegen und seine Insignien an den König zurückzuschicken. Als Heinrich IV. daraufhin im Jahr 1071 das Erzbistum Mailand mit dem von Papst Alexander II. exkommunizierten Erzbischof Gottfried besetzen wollte, spitzte sich die Situation weiter zu, und der Führer der Pataria, der Ritter Erlembald, setzte kurzerhand den Kanonisten Atto als eigenen Erzbischof ein.

Kurze Zeit später verstarb Papst Alexander II. am 21. April 1073. Mitten in den Mailänder Konflikt trat ein neuer Protagonist. In einem tumultuarischen Verfahren wurde der Erzdiakon Hildebrand noch während der Beisetzung Alexanders zum Papst erwählt, welcher sich fortan Gregor VII. nannte. Er war geprägt von religiösem Eifer und der Überzeugung von der Suprematie des Papsttums gegenüber dem Königtum. Für Gregor stand die Freiheit der Kirche, die libertas ecclesiae, im Vordergrund seines Handelns. Seine Überzeugungen werden v.a. im Dictatus Papae vom März 1075 deutlich, welches in der Forschung zumeist als Gedankennotiz verstanden wird. In zwei Sätzen verdeutlicht Gregor hier sein Verständnis der Beziehungen zwischen Reich und Kirche. Darunter fällt auch seine Überzeugung von der geistlichen Binde- und Lösegewalt des Papstes, d.h. die Berechtigung weltliche Herrscher, auch den König, von ihren Ämtern zu entheben, und dessen Vasallen vom Treueid zu befreien. Nach Rudolf Schieffer war das Dictatus papae jedoch eher in gedanklicher Vorbereitung auf eine Auseinandersetzung mit dem französischen König Philipp I. formuliert. Lediglich in der Rückbetrachtung verrät es einiges über das Amtsverständnis des Papstes zu der Zeit, als er in den direkten Konflikt mit Heinrich trat.

Dennoch war die Haltung Gregors zu Heinrich nach seinem Amtsantritt zunächst versöhnlich. Erst die weitere Konfrontation im Mailänder Bischofsstreit trübte das Verhältnis. Nachdem Erlembald 1075 gestorben war und die Pataria dadurch geschwächt wurde, griff Heinrich in die Auseinandersetzungen ein und ernannte Tedald zum neuen Erzbischof. Seinen zuvor eingesetzten Kandidaten Gottfried ließ er somit fallen. Es begannen Verhandlungen zwischen Papst Gregor VII. und dem König, bei denen einige Reichsbischöfe die Laieninvestitur durch den König unterstützten. Die Verhandlungen schlugen aber fehl. Als Heinrich schließlich noch zwei weitere Bischöfe in Spoleto und Fermo, welche mitten im Kirchenstaat lagen, investierte, eskalierte die Situation. Der Papst exkommunizierte als Warnung einige Ratgeber des Königs. In einem Brief vom Dezember 1075 ermahnte Gregor VII. den König mit recht harschen Worten wegen seines Umgangs mit den gebannten Räten und drohte ihm ebenfalls mit der Bannung, sollte Heinrich nicht einlenken.

Hoftag in Worms

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Heinrich IV. Ausschnitt aus einem Evangeliar aus St. Emmeram, nach 1106. Krakau, Bibliothek des Domkapitels 208, fol. 2v

Durch diese Drohung sah sich Heinrich IV. in seiner Königswürde angegriffen und verbündete sich auf dem Hoftag in Worms am 24. Januar 1076 mit dem deutschen Episkopat. Möglich wurde dies durch die ablehnende Haltung der salischen Reichskirche gegen die Reformbestrebungen des Papstes. Zusammen mit zwei Erzbischöfen und 24 Bischöfen, der Mehrheit des deutschen Episkopats, forderte Heinrich den Papst, der als Hildebrand und falscher Mönch angesprochen wurde, auf, vom Stuhle Petri herabzusteigen, da seine Erhebung illegal gewesen sei. Unberücksichtigt blieb dabei die Tatsache, dass man Gregor VII. die vergangenen drei Jahre anerkannt hatte. Auf einer Synode in Piacenza im Februar 1076 schlossen sich die oberitalienischen Bischöfe der Absetzungserklärung an und wagten sogar den Schritt, den Papst für exkommuniziert zu erklären.

„Heinrich, nicht durch Anmaßung, sondern durch Gottes gerechte Anordnung König, an Hildebrand, nicht mehr Papst, sondern falscher Mönch. […] Du scheutest dich nicht nur nicht, die Lenker der heiligen Kirche, nämlich Erzbischöfe, Bischöfe und Priester, die doch Gesalbte des Herrn sind, anzutasten, nein, wie Knechte, die nicht wissen, was ihr Herr tut, zertratest du sie unter deinen Füßen und gewannst dir dabei die Zustimmung aus dem Munde des Pöbels. […] Aber du hast unsere Demut für Furcht gehalten und dich daher nicht gescheut, dich sogar gegen die uns von Gott verliehene königliche Gewalt zu erheben; du hast zu drohen gewagt, du würdest sie uns nehmen, als ob in deiner und nicht in Gottes Hand Königs- und Kaiserherrschaft lägen. […] So steige du denn, der du durch diesen Fluch und das Urteil aller unserer Bischöfe und unser eigenes verdammt bist, herab, verlasse den apostolischen Stuhl, den du dir angemaßt hast. […] Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab, steige herab!“[1]

Zur Legitimation dieser Amtsenthebung wurde angeführt, dass der Patricius das Recht habe, den Papst zu ernennen oder zumindest seine Wahl zu bestätigen. Dies war durch Heinrich IV. nicht geschehen. Als weiteren Grund wurde angegeben, dass sich Gregor gegen die Reichsrechte in Rom und Italien aufs Schwerste vergriffen habe.

Synode 1076 in Rom

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Darstellung Gregors VII. Beginn der Vita Gregorii VII. Pauls von Bernried, Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek, Cod. 12, fol. 181v.

Die Antwort von Gregor kam umgehend. Auf der Fastensynode in Rom 1076 erklärte er den König für abgesetzt, sprach über ihn den Bann aus und befreite all seine Untertanen vom Treueid. Damit griff Gregor VII. zu einer bisher nie da gewesenen Maßnahme. Dass er sich zu einem solchen Akt durchaus legitimiert sah, wurde bereits im Dictatus papae durch die Hervorhebung der päpstlichen Binde- und Lösegewalt deutlich, die auch im folgenden Quellenzitat wieder angesprochen wird. In einem Gebet an den Apostel Petrus formulierte er:

„[…] Und es ist mir durch deine Gnade von Gott die Macht gegeben zu binden und zu lösen im Himmel und auf Erden. Hierauf fest vertrauend untersage ich, […] dem Sohne des Kaisers Heinrich, der sich gegen deine Kirche in unerhörtem Stolze erhoben hat, die Herrschaft über das ganze Reich der Deutschen und über Italien, und ich löse alle Christen von den Banden des Eides, den sie ihm geschworen haben oder noch schwören werden, und ich verbiete, dass ihm jemand wie seinem König dient. […] Denn mit Gebannten hat er verkehrt, meine Ermahnungen, die ich ihm, wofür du mein Zeuge bist, um seines Seelenheiles willen gesandt habe, hat er in den Wind geschlagen, und er hat sich von deiner Kirche getrennt, weil er sie zu spalten versucht hat, schlage ich ihm an deiner statt mit dem Bande des Anathems.“[1]

Die Absetzung Heinrichs begründete Gregor damit, dass Heinrich sich gegen die kirchlichen Hoheitsrechte aufgelehnt habe und somit kein König mehr sein könne. Wem von Gott die Hoheit entzogen worden sei, verdiene auch nicht mehr, diese faktisch innezuhaben. Damit wurden alle Untertanen vom Treueid, den sie Heinrich geleistet hatten, entbunden. Wegen des Umgangs mit Exkommunizierten, den Heinrich trotz Mahnungen nicht aufgeben wollte, wurde er zudem exkommuniziert. Dieser Bann betraf nicht den König, sondern den Christen Heinrich, da es einem Christen untersagt ist, mit Gebannten Umgang zu pflegen und sich der päpstlichen Autorität zu widersetzen. Auch Erzbischof Siegfried vom Mainz wurde als Gastgeber der Synode gebannt, die anderen anwesenden Bischöfe wurden suspendiert. Ihnen wurde jedoch die Möglichkeit gewährt, wieder in ihre Ämter eingesetzt zu werden, sofern sie Reue zeigten.
Gang nach Canossa
→ Hauptartikel: Gang nach Canossa

Zahlreiche Bischöfe, die noch in Worms auf der Seite Heinrichs standen, wandten sich nun nach dem Bannspruch von ihm ab und hofften auf Begnadigung durch Unterwerfung. Auch unter den deutschen Fürsten verlor Heinrich an Rückhalt. Sachsen ging durch einen neuen Aufstand verloren. Die von Otto von Northeim und den süddeutschen Herzögen, dem Bayern Welf IV. und dem Schwaben Rudolf von Rheinfelden, geführte Fürstenopposition kam daher im Oktober 1076 in Tribur am Rhein zusammen und verhandelte über die Wahl eines neuen Königs. Heinrich lagerte derweil in Oppenheim auf der gegenüberliegenden Rheinseite. Nach längeren Verhandlungen einigte man sich auf eine neuerliche Zusammenkunft am 2. Februar 1077 in Augsburg, zu der auch der Papst geladen wurde. Sollte Heinrich bis dahin nicht vom Bann losgesprochen worden sein, werde man zur Wahl eines neuen Königs schreiten und Heinrich für abgesetzt erklären. Weiterhin musste der König die Absetzungsaufforderung an den Papst widerrufen und sich dazu verpflichten Gehorsam und Genugtuung zu leisten.

Das geplante Zusammentreffen Gregors mit der Fürstenopposition im Februar 1077 in Augsburg, bei welchem Gregor als Schiedsrichter fungieren sollte, wusste Heinrich zu verhindern. Um den Papst noch vor dessen Treffen mit den abtrünnigen Fürsten abzufangen, brach Heinrich im Dezember 1076 mit Frau und Kind sowie einem kleinen Gefolge nach Italien auf. Über den Mont Cenis überschritt er die Alpen im Westen. Da die süddeutschen Herzöge die anderen Alpenpässe versperrten, wählte er den Weg über Burgund. Nachdem Gregor VII. von der Reise Heinrichs erfuhr, fürchtete er eine kriegerische Auseinandersetzung. Er wollte daher einer Begegnung mit Heinrich ausweichen und zog sich auf die Burg Canossa der ihm wohlgesinnten Markgräfin Mathilde von Tuszien zurück. Heinrich erfuhr dies und wollte mit Hilfe der Markgräfin über ein Treffen verhandeln. Die Verhandlungen scheiterten jedoch. Am Festtag der Bekehrung des Heiligen Paulus zog Heinrich IV. im härenen Büßergewand und barfuß (so die Darstellung des Chronisten Lampert von Hersfeld) vor die Burg Canossa. Drei Tage später, am 28. Januar 1077, löste der Papst Heinrich schließlich nach Fürsprache der Markgräfin und seines ebenfalls anwesenden Taufpaten, des Abtes Hugo von Cluny, vom Kirchenbann und reichte ihm die Eucharistie. Heinrich musste jedoch zuvor einen Eid leisten, dass er sich einem Schiedsgericht und dem Urteil des Papstes stellen wird sowie freies Geleit für Gregor gewährt. Die Investiturfrage wurde nicht verhandelt. Das anschließende gemeinsame Versöhnungsmahl fand nach der Überlieferung in frostiger Atmosphäre statt.

Trotz Rekonziliation Heinrichs gedachte Gregor VII. seine Reise nach Augsburg anzutreten. Durch kluges Taktieren gelang es Heinrich aber immer wieder eine Zusammenkunft des Papstes mit der Fürstenopposition zu verhindern. Diese schritt schließlich am 15. März 1077 im fränkischen Forchheim, ungeachtet der Befreiung Heinrichs vom Anathem, zur Wahl eines neuen Königs. Neben dem sächsischen Herzog Otto von Northeim und den süddeutschen Herzögen waren auch zahlreiche Bischofe sowie zwei Legaten des Papstes – als Beobachter gesandt – anwesend. Die Wahl fiel schließlich auf Heinrichs Schwager Rudolf von Rheinfelden. Dieser musste jedoch zuvor versprechen, die freie, kanonische Wahl der Bischöfe zu garantieren und auf eine Erbfolge sowie ein Designationsrecht zu verzichten. Der König sollte auch in Zukunft durch die Fürsten gewählt werden. Weiterhin verzichtete er auf das Recht zur Investitur mit Ring und Stab (investitura cum baculum et anulum). Am 26. März wurde Rudolf durch Erzbischof Siegfried von Mainz geweiht und gekrönt. Der Papst vermied es jedoch zunächst, sich für einen der beiden Könige zu entscheiden. Die folgenden Jahre waren durch eine neutrale Politik Gregors geprägt, welcher es sich offen hielt, für eine Seite Partei zu ergreifen.
Kriegerische Phase des Investiturstreits

Nach der Rückkehr Heinrichs ins Reich kam es zu diversen Bürgerkriegen sowie zu Auseinandersetzungen um die (Doppel-)Besetzung von Fürstentümern und Bistümern. 1078 sprach der Papst schließlich ein allgemeines Investiturverbot aus. Da Heinrich aber weiterhin ohne Rücksprache mit dem Papst Bischöfe investierte, galt die Friedens- und Schiedsrichterpolitik des Papstes spätestens 1080 als gescheitert. Gregor VII. wiederholte das Investiturverbot, sprach erneut den Bann über Heinrich aus und schlug sich somit auf die Seite Rudolfs von Rheinfelden. Der Aufwind für die Fürstenopposition währte jedoch nicht lange. In der Schlacht an der Weißen Elster am 15. Oktober 1080 musste Heinrich zwar eine Niederlage einstecken, doch hatte Rudolf von Rheinfelden angeblich im Kampf seine rechte Hand verloren und starb wenige Tage später an seinen Verletzungen. Den Verlust der Schwurhand interpretierten die Anhänger Heinrichs propagandistisch als Gottesurteil und konnten so die Fürstenopposition diskreditieren und weiter schwächen.

Während Heinrichs erste Bannung 1077 zu einem Abfall seiner Unterstützer führte, verlieh die erneute Bannung dem König Auftrieb und stärkte die Anti-Gregorianer. Auf einer Synode in Brixen wählten die anwesenden Bischöfe Wibert von Ravenna zum neuen Papst. Um diesen nun nach Rom zu führen und um sich dort von seinem Papst zum Kaiser krönen zu lassen, stieß Heinrich gegen Süden vor. Im dritten Anlauf gelang es ihm schließlich 1084 die Leostadt und die Peterskirche einzunehmen. Gregor flüchtete in die Engelsburg, von wo aus er die formelle Wahl und anschließende Inthronisation Wiberts als Clemens III. beobachten konnte. Einen Tag später, an Ostern 1084, krönte Clemens III. Heinrich und seine Gemahlin Bertha von Turin zu Kaiser und Kaiserin. Verspätet erhielt Papst Gregor VII. nun Unterstützung von den in Süditalien herrschenden Normannen unter Robert Guiskard. Heinrich IV. musste sich nun zurückziehen, doch wurde Rom von den Normannen als geplünderte und verwüstete Stadt zurückgelassen. Der Unmut richtete sich daher nun auch gegen Gregor, der ins Exil nach Salerno flüchtete. Dort starb er am 25. Mai 1085. Sein Nachfolger wurde nach ziemlich genau einjähriger Sedisvakanz der Abt Desiderius von Montecassino, der den Namen Viktor III. annahm, jedoch bereits im September 1087 verstarb. Wiederum erst nach einigen Monaten folgte ihm Odo von Ostia im März 1088 als Urban II. auf die cathedra petri.
Investiturstreit nach Papst Gregor VII.

Unter Urban II., der wie Gregor VII. als Reformpapst gilt, wuchs die Macht des Papsttums wieder an. Die Kreuzzugspredigt im Jahr 1095 in Clermont, die zum Ersten Kreuzzug führte, zeigt dies deutlich. Urbans Nachfolger Paschalis II. exkommunizierte Heinrich IV. ein weiteres Mal. Mit einer Wallfahrt nach Jerusalem wollte sich Heinrich IV. vom Bann lösen. Sein Sohn Heinrich V., der vom Papst unterstützt wurde, nahm seinen Vater jedoch im Jahr 1105 gefangen. Es gelang Heinrich IV. aber, aus Ingelheim nach Köln zu entkommen und schließlich in Lüttich Zuflucht zu finden. Herzog Heinrich I. von Niederlothringen, Graf Gottfried von Namur und Bischof Otbert von Lüttich hielten treu zu ihm. Auch mit Philipp I. von Frankreich knüpfte er Beziehungen an. Der starke Anhang, den der Kaiser in Niederlothringen fand, zwang Heinrich V. dorthin zu ziehen, um auf Lüttich vorzustoßen. Der Angriff auf die Stadt misslang aber. Am Gründonnerstag 1106 wurden seine Truppen an der Maasbrücke bei Visé geschlagen. Ein neuer Waffengang schien unvermeidbar – da starb Heinrich IV. plötzlich am 7. August 1106 in Lüttich.

In England (1105/07 im Konkordat von Westminster) und Frankreich (1107) kam es zu einer Einigung in Fragen der Investitur. Nur im Heiligen Römischen Reich schwelte der Konflikt weiter. Im Jahr 1111 nahm König Heinrich V. Papst Paschalis II. gefangen. Der Papst wurde gezwungen, dem König das Investiturrecht zu übertragen und Heinrich zum Kaiser zu krönen. Der Papst schloss daraufhin am 11. April 1111 den Vertrag von Ponte Mammolo. Demnach habe die Wahl der Bischöfe und Äbte in Zukunft frei, aber mit Genehmigung des Königs zu erfolgen. Daran anschließend sollte dann die Investitur durch den König mit Ring und Stab erfolgen. Der Papst erklärte sich bereit, Heinrich zum Kaiser zu krönen, was am 13. April auch geschah. Im Gegenzug verpflichtete sich der König, die Gefangenen freizulassen, und zur Treue und Gehorsam gegenüber dem Papst, allerdings nur, soweit dies im Einklang mit den Rechten des Reiches sei. Der Vertrag wurde sofort heftig kritisiert und von den Befürwortern der Kirchenreform abgelehnt.

Auf der Synode in Fritzlar im Jahre 1118 wurde, unter dem Vorsitz des päpstlichen Kardinallegaten Kuno von Praeneste, der vom inzwischen verstorbenen Papst Paschalis II. über Heinrich V. verhängte Bann durch einen erneuten Bann des neuen Papstes Gelasius II. bestätigt.
Wormser Konkordat und Folgen
→ Hauptartikel: Wormser Konkordat

Im Jahr 1119 trafen sich Papst Calixt II. und Kaiser Heinrich V., um eine Einigung herbeizuführen. Diese wurde schließlich 1122 mit dem Wormser Konkordat erzielt, welches seinen Ursprung unter anderem bei Ivo von Chartres hat. Kaiser Heinrich V. akzeptierte den Anspruch der Kirche auf das Recht der Investitur und verzichtete auf die Investitur mit Ring und Stab. Des Weiteren gewährte er jeder Kirche die Wahlfreiheit der Investitur. Im Gegenzug räumte Papst Calixt II. ein, dass die Wahl der deutschen Bischöfe und Äbte in Gegenwart kaiserlicher Abgeordneter verhandelt, der Gewählte aber mit den Regalien, die mit seinem geistlichen Amt verbunden waren, vom Kaiser durch das Zepter belehnt werden solle („Zepterlehen“). Kaiser Lothar III. räumte zudem der Kirche das Recht ein, zuerst Ring und Stab zu verleihen, wodurch der Einfluss des Kaisers auf die Einsetzung von Bischöfen praktisch verloren ging. Dem Wormser Konkordat vergleichbare Vereinbarungen wurden bereits 1107 mit England (Konkordat von Westminster) und Frankreich, später dann 1208 mit Aragon, 1213 mit England und 1268 mit Frankreich geschlossen und nochmals später mit Schweden und Norwegen.

Der Investiturstreit war damit beigelegt, doch hatte das Kaisertum dadurch starke Einbußen erlitten. Die sakrale Aura des Kaisers war erschüttert und die bis dahin bestehende Einheit von Kaisertum und Papsttum aufgehoben, wie auch das Reichskirchensystem faktisch zertrümmert, wenn auch nicht beseitigt wurde. Die Bischöfe bauten ihre Territorien aus, was teils in Konkurrenz zu den weltlichen Fürsten geschah, womit der Territorialisierung des Reiches Vorschub geleistet wurde – sehr zu Lasten des Königtums. All dies führte zur Neuorientierung der Idee des Kaisertums unter den Staufern, die bemüht waren, die Idee des Kaisertums auf eine neue Grundlage zu stellen, wobei die Problematik des Verhältnisses des Imperiums zum Papsttum (und des sich verstärkenden Antagonismus zwischen den beiden Universalgewalten) bis ins Spätmittelalter Bestand hatte.

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