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    Der Talmud

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    Der Talmud Empty Der Talmud

    Beitrag  checker Di Feb 24, 2015 8:28 am

    Der Talmud (hebräisch ‏תַּלְמוּד‎, deutsch Belehrung, Studium) ist eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums. Er besteht aus zwei Teilen, der älteren Mischna und der jüngeren Gemara, und liegt in zwei Ausgaben vor, dem Babylonischen (Talmud Bavli) und dem Jerusalemer Talmud (Talmud Jeruschalmi). Der Talmud enthält selbst keine Gesetzestexte, sondern zeigt auf, wie die Regeln der Tora in der Praxis und im Alltag von den Rabbinen verstanden und ausgelegt wurden.

    Der Talmud 220px-Rom2
    Babylonischer Talmud, Titelblatt der Wilnaer Ausgabe, 1880 bis 1886, der gebräuchlichsten Ausgabe des Talmud

    Entstehung und Bedeutung

    Der Talmud liegt in zwei großen Ausgaben vor. Nach Umfang und inhaltlichem Gewicht ist der Talmud Bavli, der Babylonische Talmud (abgekürzt: bT), das bedeutendere Werk. Er entstand in den relativ großen, geschlossenen jüdischen Siedlungsgebieten, die nach der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im judenfreundlicheren Perserreich existierten, genauer gesagt in Sura und Pumbedita. Dieses Gebiet wurde im Judentum traditionell als „Babylon“ bezeichnet, obwohl eine Stadt oder ein Staat solchen Namens seit dem Untergang des neubabylonischen Reiches im 5. Jahrhundert v. Chr. nicht mehr existierte. Als maßgebliche Autoren gelten die Rabbiner Abba Arikha (genannt Raw), Samuel Jarchinai (Mar) sowie Rav Aschi.

    Daneben steht der erheblich kürzere, in seinen Bestimmungen oft weniger strenge und weniger wichtige Talmud Jeruschalmi, der in Palästina entstand. Im Altertum nannte man ihn talmud eretz israel (Talmud Land Israel) oder auch talmud de-maaraba (Talmud des Westens). Heute nennt man ihn meist Talmud Jeruschalmi (Jerusalemer Talmud). In der wissenschaftlichen Literatur wird er als „Palästinischer Talmud“ bezeichnet (abgekürzt: pT).[1] Christliche Gelehrte nennen ihn bisweilen auch Palästinensischer Talmud. [2] [3] Hier gilt nach jüdischer Tradition, die auf Maimonides zurückgeht, als wichtigster Autor Rabbi Jochanan.

    Wenn einfach vom Talmud gesprochen wird, ist in der Regel der Babylonische Talmud gemeint.

    Der erste Druck des Talmud stammt von Daniel Bomberg, einem aus Antwerpen stammenden Christen, der zwischen 1516 und 1539 in Venedig tätig war. Die von Bomberg eingeführte Folio-Zählung wird heute noch benutzt.

    Aufbau und Inhalt

    Der Talmud Talmud-Berachoth
    Babylonischer Talmud (Wilnaer Ausgabe): Beginn des Traktats „Berachoth“. In der Mitte die Mischna, ab Zeile 14 die Gemara (beginnend mit der hervorgehobenen Abkürzung „גמ“). Innen (hier: rechter Rand) der Kommentar von Raschi, außen (hier: linker Rand) spätere Kommentare.

    Es gibt verschiedene Methoden der Stoffgliederung im Talmud:
    Überlieferungsschichten

    Kernstück des Talmud ist die Mischna (hebräisch: משנה (Lehre durch) Wiederholung). Es handelt sich hierbei um jenen Teil der Tora (hebräisch ‏תּוֹרָה‎), den Gott nach jüdischer Tradition Moses am Berg Sinai mündlich offenbart hat und der in der Folgezeit auch zunächst nur mündlich weitergegeben, im 1. oder 2. Jahrhundert schließlich aber doch kodifiziert wurde. Ihre endgültige Form gefunden hat die in Hebräisch abgefasste Mischna im 2. Jahrhundert unter redaktioneller Federführung von Jehuda ha-Nasi. Sie ist im Babylonischen und im Jerusalemer Talmud im Wesentlichen identisch.

    Die zweite Schicht des Talmud ist die Gemara (aramäisch: גמרא Lehre, Wissenschaft), die aus Kommentaren und Analysen zur Mischna in aramäischer Sprache besteht. Sie sind die Frucht umfangreicher und tief philosophischer Diskussionen unter jüdischen Gelehrten insbesondere in den Akademien von Sura und Pumbedita. Ausgehend von den meist rein juristischen Fragestellungen wurden Verbindungen zu anderen Gebieten wie Medizin, Naturwissenschaft, Geschichte oder Pädagogik hergestellt. Auch wurde der eher sachliche Stil der Mischna mit diversen Fabeln, Sagen, Gleichnissen, Rätseln etc. angereichert. Die Gemara war zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert abgeschlossen. Anders als die einheitliche Mischna weichen die Fassungen der Gemara in der babylonischen und der palästinischen Talmudausgabe voneinander ab.

    Beim Babylonischen Talmud kommen schließlich als dritte Schicht die Kommentare aus späterer Zeit hinzu. Hervorzuheben sind insofern insbesondere jene von Rabbi Schlomo ben Jizchak (genannt „Raschi“), einem im 11. Jahrhundert in Frankreich und Deutschland wirkenden Talmud-Gelehrten.

    Die ständige Fortentwicklung der Tradition durch Diskussionen, Kommentare und Analysen prägt den durchgängig dialektischen Stil des Talmud. Das bevorzugte Mittel der Darstellung ist der Dialog zwischen verschiedenen rabbinischen Lehrmeinungen, der am Ende zu einer Entscheidung führt und den maßgeblichen Stand der Tradition wiedergibt.

    Üblicherweise sind die einzelnen Textteile so angeordnet, dass sich die Mischna in der Mitte jeder Seite befindet. Links und unten wird sie L-förmig von der Gemara umrahmt. Der Textstreifen am oberen Innenrand einer Seite enthält die Kommentare Raschis, der am Außenrand und ggf. am unteren Rand schließlich etwaige weitere Kommentare.
    Funktionale und stilistische Einteilung

    Quer zur bereits genannten Einteilung des Talmud in die drei Überlieferungsschichten steht die Einteilung in die praxisnahe Auslegung der gesetzlichen Vorschriften (Halacha, הלכה) und die erzählerischen und erbaulichen (homiletischen) Betrachtungen (Aggada, אגדה). Sie findet sich nur in den beiden Kommentarschichten, jedoch kaum in der nahezu ausschließlich aus Halacha bestehenden Mischna.

    In seinem Gedicht Jehuda Ben Halevy vergleicht Heinrich Heine die Halacha mit einer „Fechterschule, wo die besten dialektischen Athleten (…) ihre Kämpferspiele trieben“. Die Aggada, die er fälschlich „Hagada“ nennt, sei indes „ein Garten, hochphantastisch“, in dem es „schöne alte Sagen, Engelmärchen und Legenden“ gebe, „stille Märtyrerhistorien, Festgesänge, Weisheitssprüche (…)“.
    Sachliche Einteilung

    Eine dritte Gliederungssystematik schließlich fußt auf sachlichen Prinzipien. Beide Talmude sind, wie die ihnen zugrundeliegende Mischna, in 6 „Ordnungen“ (Seder, סדר) eingeteilt, diese wiederum in 7 bis 12 Traktate (masechet, מסכת). Die Traktate wiederum bestehen aus Abschnitten und letztlich aus einzelnen Mischnajot.

    Die Titel der Ordnungen lauten:

    Seraim (זרעים, „Aussaat“): Landwirtschaftliche Abgaben an Priester, sozial Bedürftige, Fremdlinge
    Moed (מועד, „Festzeiten“): Fest- und Fasttage
    Naschim (נשים, „Frauen“): Familienrecht
    Nesikin (נזיקין, „Schäden“): Straf- und Schadensersatzrecht
    Kodaschim (קדשים, „Heiligtümer“): Opferkult u. a.
    Tohorot (טהרות, „Reinigungen“): Reinheit von Opferstätten u. a.

    Sprache

    Neben dem Hebräischen ist vor allem Aramäisch Sprache des Talmuds. Der Talmud wird gewöhnlich in den Originalsprachen studiert.

    Im Jüdischen Verlag erschien 1929 bis 1936 die erste und bisher einzige vollständige und unzensierte deutsche Übersetzung des Babylonischen Talmud. Die Übersetzung stammt von Lazarus Goldschmidt. Diese Ausgabe umfasst 12 Bände[4]. Im Seitenaufbau weicht sie von den gängigen Ausgaben ab. Die Mischna ist in Kapitälchen gesetzt. Darunter folgt die Gemara im normalen Satz. Sie wird jeweils mit dem in Großbuchstaben gesetzten Wort „Gemara“ eingeleitet. Zusätzliche Anmerkungen zur Mischna oder Gemara sind als Fußnoten gesetzt. In der Originalausgabe und in den Nachdrucken gibt es nur ein Inhaltsverzeichnis pro Band, kein Gesamtverzeichnis für alle Bände. Auch die Einteilung in Sektionen geben diese Verzeichnisse nicht wieder.
    Der Missbrauch des Talmud im Antijudaismus und Antisemitismus

    Da der Talmud in der Wahrnehmung sehr mit dem Wesen des Judentums selbst identifiziert wurde, richteten sich Angriffe gegen das Judentum meist auch gegen diesen.
    Antike

    Bereits frühzeitig wurde Juden die Beschäftigung mit dem Religionsgesetz mehrfach untersagt. Solch ein Verbot wird von der rabbinischen Geschichtsschreibung als einer der Gründe des Bar-Kochba-Aufstands angegeben. Im Jahr 553 erließ Kaiser Justinian I. ein Gesetz, das Juden das Studium der deuterosis verbot, womit die Mischna oder Beschäftigung mit der Halacha allgemein gemeint war. Papst Leo VI. erneuerte später dieses Verbot. [5]

    Der Talmud Yerushalmi_Talmud
    Palästinischer Talmud, mittelalterliche Handschrift aus der Kairoer Geniza

    Mittelalter

    Im Mittelalter kam es zu stärkeren Anfeindungen gegenüber dem Talmud. Manche dieser Angriffe stammten von zum Christentum konvertierten Juden. So ging die Talmuddisputation von Paris 1240 von dem Konvertiten Nikolaus Donin aus, der 1224 von den Rabbinern in den Bann getan worden war und 1236 zum Christentum konvertiert war. 1238 forderte er in einer Schrift mit 35 Punkten gegen den Talmud dessen Verbot von Papst Gregor IX. Als Folge der Disputation zwischen Donin und Rabbi Jechiel ben Josef kam es 1242 zur ersten großen Talmudverbrennung.

    1244 verfügte Papst Innozenz IV. zunächst die Vernichtung aller Ausgaben des Talmud. Er revidierte dieses Urteil 1247 auf jüdische Bitte hin, veranlasste aber die Zensur des Talmud und beauftragte gleichzeitig eine Untersuchungskommission der Universität von Paris, der 40 Sachverständige angehörten, darunter Albertus Magnus. Die Kommission kam zu einer erneuten Verurteilung, die 1248 verkündet wurde.[6]

    In einer weiteren Disputation über den Talmud zwischen dem vom Judentum abgefallenen und konvertierten Pablo Christiani und dem jüdischen Gelehrten Rabbi Moses ben Nachman 1263 in Barcelona erklärte der spanische König dagegen Rabbi Moses ben Nachman zum Sieger. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts gingen dann Disputationen, Konzile und Kirchenversammlungen mit Verboten, Beschlagnahmungen und Verbrennungen des Talmud einher. Papst Julius III. ließ im Jahr 1553 in Rom das Werk beschlagnahmen und die eingesammelten Exemplare am 9. September, dem jüdischen Neujahrstag, öffentlich verbrennen. Danach trat die Inquisition auf den Plan, die in einem Dekret Talmudverbrennungen den Herrschern in allen christlichen Ländern empfahl. Unter Androhen ihres Vermögensverlustes sollten Juden zur Ablieferung der Talmudexemplare binnen dreier Tage gezwungen werden. Christen sollten mit der Exkommunikation belangt werden, falls sie es wagen sollten, den Talmud zu lesen, aufzubewahren oder Juden in dieser Sache behilflich zu sein.[7]

    In judenfeindlichen Publikationen wurden Stellen aus dem Talmud zitiert, um die jüdische Religion und Tradition in Misskredit zu bringen.[8][9] Teilweise handelt es sich bei den „Zitaten“ um Fälschungen. Aber auch die echten Zitate sind in der Regel aus dem Zusammenhang gerissen und tragen der im Talmud vorherrschenden Form der dialogischen, oft kontroversen Annäherung an ein Thema nicht Rechnung. Im talmudischen Diskurs werden oft auch bewusst unhaltbare Thesen (etwa: „Nichtjuden sind keine Menschen“) in die Diskussion geworfen, um sie daraufhin im Dialog zu widerlegen. Antijudaisten verwenden bis in die Gegenwart bevorzugt solche „Thesen“, verschweigen jedoch die folgenden Antithesen, so dass ein verfälschter Gesamteindruck der religiösen Leitlinien des Talmuds und der jüdischen Religion insgesamt entsteht.

    Eine seltene Ausnahme war der Humanist Johannes Reuchlin, der als erster deutscher und nichtjüdischer Hebraist gilt, welcher zum besseren Verständnis die hebräische Sprache und Schrift erlernte. Er veröffentlichte eine hebräische Grammatik, schrieb über die Kabbala und verteidigte den Talmud und die jüdischen Schriften im Streit mit Johannes Pfefferkorn.[10]

    Neuzeit

    Der Talmud 800px-Talmud_set
    Babylonischer Talmud, moderne Ausgabe in 20 Bänden

    Der Reformator Martin Luther forderte 1543 in seiner Schrift Von den Juden und ihren Lügen neben dem Verbrennen von Synagogen und jüdischen Häusern auch die Konfiszierung aller jüdischen Bücher einschließlich des Talmuds. Aber auch die katholische Kirche setzte in der Gegenreformation den Talmud 1559 auf den ersten Index verbotener Bücher.

    Im 17. Jahrhundert gab es einige Humanisten und christliche Hebraisten, welche den Talmud gegen den damaligen Antijudaismus in Schutz nahmen und versuchten, mit Hilfe des Talmuds und der rabbinischen Literatur das Neue Testament und das Christentum besser zu verstehen. Der Basler Theologe Johann Buxtorf der Jüngere übersetzte 1629 das religionsphilosophische Werk Führer der Unschlüssigen des mittelalterlichen jüdischen Gelehrten Maimonides und vollendete 1639 das von seinem Vater Johann Buxtorf dem Älteren begonnene Lexicon chaldaicum, talmudicum et rabbinicum.[11] Der anglikanische Theologe John Lightfoot stellte in Horae Hebraicae Talmudicae von 1685 erstmals die talmudischen Parallelen zum Neuen Testament zusammen.

    Der antijüdische Autor Johann Andreas Eisenmenger sammelte die Textstellen aus der ihm bekannten rabbinischen Literatur, besonders des Talmuds, die geeignet waren, das Judentum zu diskreditieren und antijüdische Vorurteile zu bestärken, und veröffentlichte sie 1700 unter dem Titel Entdecktes Judenthum. Das Werk gilt als das populärste der zahlreichen von christlichen Autoren gegen die rabbinische Literatur verfassten Polemiken und diente beispielsweise auch für August Rohlings Hetzschrift Der Talmudjude und für viele Antisemiten des 19. und 20. Jahrhunderts als Quelle für ihre Diffamierungen.[12]

    Die Praxis, den Talmud zur Verunglimpfung des Judentums und der Juden zu missbrauchen, ist auch heute verbreitet, sowohl im christlich religiösen Antijudaismus wie im islamisch-religiösen Antijudaismus und im säkularen Antisemitismus.[13]
    Ausgaben

    Der babylonische Talmud. Ausgewählt, übersetzt und erklärt von Reinhold Mayer. Wilhelm Goldmann, München 1963 (etwa 600 Seiten)
    Lazarus Goldschmidt (Übersetzer): Der Babylonische Talmud, 12 Bde., Frankfurt/M. 2002, ISBN 3-633-54200-0 (Nachdruck; ursprünglich Berlin 1929–1936)
    I. Epstein, Hg., The Babylonian Talmud. Translated into English with notes, glossary and indices, 35 Bde., London 1935–1952 (Nachdruck in 18 Bänden London 1961)
    The Schottenstein Edition Talmud Bavli. English Edition. Mesorah Artscroll. New York
    The Safra Edition Talmud Bavli. Französische Übersetzung aus dem Mesorah Artscroll Verlag. New York

    Konkordanzen

    Chayim Yehoshua Kasovsky, Thesaurus Talmudis. Concordantiae Verborum quae in Talmude Babilonico reperiuntur, 41 Bände, Jerusalem 1954–1982
    Biniamin Kosowsky, Thesaurus Nominum Quae in Talmude Babylonico Reperiuntur, Jerusalem 1976 ff.

    Siehe auch

    Liste der Mischnatraktate
    Gesamtverzeichnis der deutschsprachigen Talmudausgabe
    Tora

    Jeschiwa
    Klaus (Talmudschule)
    Soferim

    Quelle - Literatur & Einzelnachweise
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