Ars amatoria
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Ars amatoria
Ars amatoria, auch Ars amandi (lat. Liebeskunst) ist ein Lehrgedicht in drei Büchern des römischen Dichters Ovid, entstanden um das Jahr 1 v. Chr.
Abgehandelt werden drei wichtige Themenkreise:
Wo kann ein Mann in Rom ein Mädchen kennenlernen?
Wie kann ein Mann ihre Liebe gewinnen?
Wie kann ein Mann sich seine Partnerin erhalten?
Nachdem eine erste Veröffentlichung in zwei Büchern ein großer Erfolg gewesen zu sein scheint, schrieb Ovid ein drittes Buch, das die drei Themen analog für Frauen behandelt.
Ovid stellt sich zwar in die lange antike Tradition des antiken Lehrgedichts, bricht sie aber auch. So schrieb er z. B. statt in Hexametern in Elegischen Distichen: Die Elegie war die übliche lyrische Form für Liebesgedichte. Trotz seiner wiederholten Beteuerungen, Wahreres als seine Muse könnten auch keine der berühmtesten antiken Orakelstätten von Delphi oder Didyma verkünden, vermittelt er keine Informationen, die dem Leser oder der Leserin neu gewesen sein konnten. Stattdessen gibt er Hinweise wie etwa den, man solle als Kavalier beim Wagenrennen im Circus Maximus der neben einem sitzenden Dame galant den Staub vom Kleid bürsten, auch wenn dort gar kein Staub sei; dass man der Angebeteten in Liebesbriefen das Blaue vom Himmel herunter versprechen solle – an Versprechungen könne jeder Dahergelaufene reich sein; oder dass eine klein gewachsene Frau ihren Verehrer besser im Liegen empfangen solle, dabei aber darauf achten müsse, dass die Füße unter dem Gewand verborgen blieben, damit die wahre Größe nicht zu erkennen sei. Beim Ratschlag, gegenüber dem Nebenbuhler gelassene Souveränität zu zeigen („Sei geduldig mit deinem Rivalen“), gibt der Dichter an, dass die Eifersucht ihm „nicht nur einmal einen Streich gespielt“ habe.
Er gibt keine Ratschläge, die unverzüglich anwendbar wären, sondern verwendet hintergründige Gleichnisse, während es vordergründig darum geht, das Thema in all seinen Aspekten so gebildet wie abwechslungsreich im urbanen Plauderton abzuhandeln: Im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass man im Theater gut jemanden kennenlernen könne, referiert Ovid – ganz poeta doctus – z. B. die Geschichte vom Raub der Sabinerinnen.
Oder er schildert die Liebe mit ironischen Anspielungen als Kriegsdienst, der angeblich striktesten Gehorsam gegenüber den verehrten Frauen erfordere; oder aber er rät den Frauen, ihre Verehrer künstlich eifersüchtig zu machen, um sie nicht durch allzu große Sicherheit nachlässig werden zu lassen: Zu diesem Zweck soll eine eingeweihte Sklavin mit dem Ruf: „Perimus“ – „Wir sind verloren!“ das Tête-à-tête unterbrechen, sodass sich der jugendliche Liebhaber eine Zeitlang im Schrank verstecken müsse.
Zurückgreifend auf Details aus der griechischen Mythologie, aus dem römischen Alltag und aus dem allgemein menschlichen Leben werden die Standardsituationen und Klischees des Themas abgehandelt. Diese Topik entnimmt Ovid, obwohl mehrfach behauptet, seine erotischen Empfehlungen seien „longo usu“, „durch langjährige Praxis“ erprobt, aus der literarischen Tradition, nämlich aus der lateinischen Liebeselegie und wahrscheinlich auch aus der (zum großen Teil verlorenen) hellenistischen erotischen Dichtung.
Titelblatt einer Ausgabe der „Ars amatoria“, Frankfurt 1644
Ovids Stil wird nie derb oder obszön. Naturgemäß kann er das „Peinliche“ nicht ganz auslassen, „alma Dione / praecipue nostrum est, quod pudet, inquit opus“ „denn das Peinliche ist im besonderen Maße unsere Sache, spricht die huldvolle Venus“. Im engeren Sinne Sexuelles wird aber nur jeweils gegen Ende der beiden Teile abgehandelt. Am Ende des zweiten Buchs geht es um die Freuden eines gemeinsamen Orgasmus, außerdem schreibt er: „Odi concubitus, qui non utrumque resolvunt. / Hoc est, cur pueri tangar amore minus“ („Ich mag keinen Geschlechtsverkehr, der nicht beide entspannt. Das ist auch der Grund, warum ich Knabenliebe weniger liebe“ [sic!]).
Am Ende des dritten Teils werden dann die Stellungen beim Geschlechtsverkehr durchdekliniert, für die die Frauen Maß am eigenen Körper nehmen sollten.
Das Werk war zwar ein so großer Erfolg, dass der Dichter im gleichen Stil noch Remedia amoris (Gegenmittel gegen die Liebe) nachschob, doch an allerhöchster Stelle war man ganz und gar nicht erbaut: Die frivole Liebeskunst passte nicht in das politische Programm des Kaisers Augustus, der nach den römischen Bürgerkriegen eine sittliche Erneuerung des Staates plante, und war angeblich einer der Gründe für die lebenslange Verbannung Ovids nach Tomis am Schwarzen Meer im heutigen Rumänien.
Allerdings ist es historisch wahrscheinlicher, dass das Werk nur einen willkommenen Vorwand lieferte, die politischen Ursachen der Verbannung zu verschleiern; dafür spricht, dass Ovid erst acht Jahre nach dem Erscheinen des Buches verbannt wurde, aber gleichzeitig mit prominenten Gegnern des Augustus.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Abgehandelt werden drei wichtige Themenkreise:
Wo kann ein Mann in Rom ein Mädchen kennenlernen?
Wie kann ein Mann ihre Liebe gewinnen?
Wie kann ein Mann sich seine Partnerin erhalten?
Nachdem eine erste Veröffentlichung in zwei Büchern ein großer Erfolg gewesen zu sein scheint, schrieb Ovid ein drittes Buch, das die drei Themen analog für Frauen behandelt.
Ovid stellt sich zwar in die lange antike Tradition des antiken Lehrgedichts, bricht sie aber auch. So schrieb er z. B. statt in Hexametern in Elegischen Distichen: Die Elegie war die übliche lyrische Form für Liebesgedichte. Trotz seiner wiederholten Beteuerungen, Wahreres als seine Muse könnten auch keine der berühmtesten antiken Orakelstätten von Delphi oder Didyma verkünden, vermittelt er keine Informationen, die dem Leser oder der Leserin neu gewesen sein konnten. Stattdessen gibt er Hinweise wie etwa den, man solle als Kavalier beim Wagenrennen im Circus Maximus der neben einem sitzenden Dame galant den Staub vom Kleid bürsten, auch wenn dort gar kein Staub sei; dass man der Angebeteten in Liebesbriefen das Blaue vom Himmel herunter versprechen solle – an Versprechungen könne jeder Dahergelaufene reich sein; oder dass eine klein gewachsene Frau ihren Verehrer besser im Liegen empfangen solle, dabei aber darauf achten müsse, dass die Füße unter dem Gewand verborgen blieben, damit die wahre Größe nicht zu erkennen sei. Beim Ratschlag, gegenüber dem Nebenbuhler gelassene Souveränität zu zeigen („Sei geduldig mit deinem Rivalen“), gibt der Dichter an, dass die Eifersucht ihm „nicht nur einmal einen Streich gespielt“ habe.
Er gibt keine Ratschläge, die unverzüglich anwendbar wären, sondern verwendet hintergründige Gleichnisse, während es vordergründig darum geht, das Thema in all seinen Aspekten so gebildet wie abwechslungsreich im urbanen Plauderton abzuhandeln: Im Zusammenhang mit dem Hinweis, dass man im Theater gut jemanden kennenlernen könne, referiert Ovid – ganz poeta doctus – z. B. die Geschichte vom Raub der Sabinerinnen.
Oder er schildert die Liebe mit ironischen Anspielungen als Kriegsdienst, der angeblich striktesten Gehorsam gegenüber den verehrten Frauen erfordere; oder aber er rät den Frauen, ihre Verehrer künstlich eifersüchtig zu machen, um sie nicht durch allzu große Sicherheit nachlässig werden zu lassen: Zu diesem Zweck soll eine eingeweihte Sklavin mit dem Ruf: „Perimus“ – „Wir sind verloren!“ das Tête-à-tête unterbrechen, sodass sich der jugendliche Liebhaber eine Zeitlang im Schrank verstecken müsse.
Zurückgreifend auf Details aus der griechischen Mythologie, aus dem römischen Alltag und aus dem allgemein menschlichen Leben werden die Standardsituationen und Klischees des Themas abgehandelt. Diese Topik entnimmt Ovid, obwohl mehrfach behauptet, seine erotischen Empfehlungen seien „longo usu“, „durch langjährige Praxis“ erprobt, aus der literarischen Tradition, nämlich aus der lateinischen Liebeselegie und wahrscheinlich auch aus der (zum großen Teil verlorenen) hellenistischen erotischen Dichtung.
Titelblatt einer Ausgabe der „Ars amatoria“, Frankfurt 1644
Ovids Stil wird nie derb oder obszön. Naturgemäß kann er das „Peinliche“ nicht ganz auslassen, „alma Dione / praecipue nostrum est, quod pudet, inquit opus“ „denn das Peinliche ist im besonderen Maße unsere Sache, spricht die huldvolle Venus“. Im engeren Sinne Sexuelles wird aber nur jeweils gegen Ende der beiden Teile abgehandelt. Am Ende des zweiten Buchs geht es um die Freuden eines gemeinsamen Orgasmus, außerdem schreibt er: „Odi concubitus, qui non utrumque resolvunt. / Hoc est, cur pueri tangar amore minus“ („Ich mag keinen Geschlechtsverkehr, der nicht beide entspannt. Das ist auch der Grund, warum ich Knabenliebe weniger liebe“ [sic!]).
Am Ende des dritten Teils werden dann die Stellungen beim Geschlechtsverkehr durchdekliniert, für die die Frauen Maß am eigenen Körper nehmen sollten.
Das Werk war zwar ein so großer Erfolg, dass der Dichter im gleichen Stil noch Remedia amoris (Gegenmittel gegen die Liebe) nachschob, doch an allerhöchster Stelle war man ganz und gar nicht erbaut: Die frivole Liebeskunst passte nicht in das politische Programm des Kaisers Augustus, der nach den römischen Bürgerkriegen eine sittliche Erneuerung des Staates plante, und war angeblich einer der Gründe für die lebenslange Verbannung Ovids nach Tomis am Schwarzen Meer im heutigen Rumänien.
Allerdings ist es historisch wahrscheinlicher, dass das Werk nur einen willkommenen Vorwand lieferte, die politischen Ursachen der Verbannung zu verschleiern; dafür spricht, dass Ovid erst acht Jahre nach dem Erscheinen des Buches verbannt wurde, aber gleichzeitig mit prominenten Gegnern des Augustus.
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