Der Java-Mensch
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Der Java-Mensch
Als Java-Mensch werden Fossilien bezeichnet, die erstmals am Ufer des Solo-Flusses (auch: Bengawan Solo) bei Trinil in Ost-Java entdeckt wurden und der Gattung Homo zugeordnet werden. Die Funde waren zunächst als Anthropopithecus bezeichnet worden, später als Pithecanthropus erectus. Heute werden sie von den meisten Paläoanthropologen der Art Homo erectus zugeordnet, wobei ihre Herkunft gelegentlich durch den Zusatz eines Unterart-Epithetons betont wird: Homo erectus javanicus.
Die Funde von Eugène Dubois: Schädeldach, Molar und Femur
Die entsprechenden Funde sammeln sich derzeit in zwei Zeitfenstern - zum einen datiert mit einem Alter von 1,51 bis 0,9 Millionen Jahren (Fundorte: Sangiran und Trinil) und zum anderen datiert mit einem Alter von rund 550 bis 140 Tausend Jahren (Fundort: Solo, oder alternativ Ngandong, heutiger Fundname: Homo soloensis). Ihre Einordnung erfuhr durch weitere Funde, Untersuchungen und Erkenntnisse in jüngerer Zeit entsprechende Aktualisierungen. Insbesonderen die damit nahegelegten Hinweise zu möglichen Wanderungs-Wellen in den entsprechenden Regionen werden in Fachkreisen diskutiert. Als Zeit- und Raum-Nachbar gilt der Peking-Mensch mit einer Alters-Angabe im Bereich 420 bis 850 Tausend Jahren.
Das erste Fossil des Java-Menschen wurde 1891 von Eugène Dubois in Trinil entdeckt; es war zugleich der erste Fund eines Fossils der Hominini außerhalb Europas. Nach heutigem Kenntnisstand wird ihm ein Alter von rund einer Million Jahre zugeschrieben.[1]
Fundgeschichte
Gabriel von Max: Versuch einer bildhaften Darstellung des Urmenschen Pithecanthropus alalus (spätes 19. Jahrhundert), Vorstudie zu einem Ölgemälde[2]
1871 hatte Charles Darwin in seinem Werk Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl vermutet,[3] der Mensch habe sich in Afrika entwickelt, da seine nächsten Verwandten – Schimpansen und Gorillas – dort beheimatet sind. Im Gegensatz zu Darwin hatte Ernst Haeckel drei Jahre zuvor (1868) in seiner Natürlichen Schöpfungsgeschichte die Ansicht vertreten, dass „die meisten Anzeichen auf das südliche Asien“ hindeuteten.[4] Haeckel stützte seine Mutmaßung vor allem auf den Vergleich von Behaarung, Hautfarbe und Schädelform der damals als primitiv geltenden, heute als indigen bezeichneten Völker Afrikas und Asiens mit den Menschenaffen. Haeckel räumte jedoch zugleich ein: „Vielleicht war aber auch das östliche Afrika der Ort, an welchem zuerst die Entstehung des Urmenschen aus den menschenähnlichen Affen erfolgte; vielleicht auch ein jetzt unter den Spiegel des indischen Oceans versunkener Kontinent, welcher sich im Süden des jetzigen Asiens einerseits östlich bis nach den Sunda-Inseln, andrerseits westlich bis nach Madagaskar und Afrika erstreckte.“ Den hypothetischen Urmenschen nannte Haeckel „Homo primigenius oder Pithecanthropus primigenius“, wobei er einen gleitenden Übergang von hypothetischen „Affenmenschen (Pithecanthropi)“ zu sprachlosen „Urmenschen (Alali)“ vermutete.
Die Bezeichnung Pithecanthropus ist abgeleitet von altgriechisch πίθηκος, ausgesprochen píthēkos („Affe“) und anthropos („Mensch“). Die Pluralbildung ‚Alali‘ und das zugehörige Epitheton alalus ist abgeleitet von altgriechisch ἄλαλος („sprachlos“, „stumm“).
Haeckels Hypothese, die Sunda-Inseln seien der Rest eines versunkenen Kontinents, auf dem sich vorzeitliche Menschenaffen zu den Vorfahren des Menschen und der anderen jetztzeitlichen Menschenaffen entwickelten, faszinierte den jungen holländischen Militärarzt Eugène Dubois derart, dass er sich 1877 nach Sumatra versetzen ließ, um im Gebiet des malaiischen Archipels nach Fossilien zu suchen. In seinem Buch Die Frühzeit des Menschen beschreibt Friedemann Schrenk Dubois' Vorgehensweise wie folgt: „Besessen von seiner Idee, begann er an einer Stelle in Java zu graben, die nach heutigen Vorstellungen als völlig aussichtslos gelten würde. Er grub in einem Gebiet, wo im Umkreis von Tausenden von Kilometern noch nie zuvor auch nur die kleinste Andeutung von Resten eines Urmenschen gefunden wurde – und er grub auf den Zentimeter genau an der richtigen Stelle.“[5] Dubois kannte allerdings Hinweise von Bauern, die dort Tierfossilien gefunden hatten.[6]
Dubois entdeckte 1891 das Fragment eines Schädeldaches sowie einen Zahn (dessen Zuordnung zur Gattung Homo heute als unsicher gilt), im folgenden Jahr zudem einen vollständig erhaltenen Oberschenkelknochen. Hatte Dubois seine beiden ersten Funde noch als Vorfahren der afrikanischen nicht-homininen Menschenaffen interpretiert und daher der Gattung Anthropopithecus [7]zugeordnet, war er nach dem Fund des Oberschenkelknochens überzeugt davon, dass dieser fossile „Menschenaffe“ bereits aufrecht gehen konnte. Daraufhin verwendete Dubois in seinem Arbeitsbericht für das 3. Quartal 1892, in dem er unter anderem den Oberschenkelknochen genau beschrieb – beiläufig und ohne formelle Diagnose – für Schädeldach, Zahn und Beinknochen die Bezeichnung Anthropopithecus erectus Eug. Dubois („aufrecht gehender Menschenaffe“).[8] Dieser Quartalsbericht, der möglicherweise erst 1893 gedruckt vorlag, wurde so zur Erstbeschreibung einer neuen Art.
1894 war Dubois dann überzeugt, den von Haeckel vorhergesagten Urmenschen gefunden zu haben, so dass er seine Fossilfunde von da an als Pithecanthropus erectus („aufrecht gehender Affenmensch“) bezeichnete. [9] [10] [11]
Im Jahr 2007 stieß ein Student, der fossile Muschelschalen untersuchte, im Naturkundemuseum Naturalis in Leiden auf eine dort deponierte Muschelschalen-Sammlung von Eugène Dubois, die aus der von Dubois so genannten Hauptknochenschicht stammte.[12] Es stellte sich heraus, dass zahlreiche Schalen mit Hilfe eines spitzen Gegenstands durchbohrt worden waren, an Stellen, die dem Öffnen der Schalen von noch lebenden Muscheln dienten. Zudem wies eine Muschelschale mehrere zickzack-förmige Ritzungen auf; die Schalen wurden in die Zeit vor 540.000 bis 430.000 Jahren datiert, weswegen die Bohrungen und Ritzungen Homo erectus zugeschrieben wurden.[13]
Endgültige Namensgebung
Schädeldach „Sangiran II“ (Homo erectus, Original, 1,5 mya), Sammlung Koenigswald im Naturmuseum Senckenberg. Man beachte den Überaugenwulst über dem linken Auge.
Modell eines vollständigen Schädels, Zoologische Sammlung Rostock
Dubois' Deutung blieb lange Zeit umstritten. Der deutsche Anatom Hans Virchow [14] schrieb die Funde von Java beispielsweise einem fossilen Riesen-Gibbon zu. Dies begann sich erst zu ändern, nachdem in den 1920er-Jahren die Peking-Menschen entdeckt worden waren. Zudem wurden Anfang der 1930er-Jahre in der Nachbarschaft von Trinil weitere Fossilien geborgen: 1931 hatten Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald und Carel ter Haar bei Ngandong mehrere Schädelfragmente entdeckt, die von dem niederländischen Forscher Willem Oppennoorth als Homo soloensis benannt wurden;[15] 1936 erklärte von Koenigswald die fossile Schädeldecke eines Kindes zum Holotypus der neuen Art Homo modjokertensis (benannt nach der Stadt Mojokerto)[16]; das 1937 in 33 Fragmenten entdeckte Schädeldach Sangiran II (siehe Abbildung) ordnete von Königswald der Art Pithecanthropus erectus zu, „da es völlig mit Ihrem Fund von Trinil übereinstimmt“, wie er in einem Brief an Dubois schrieb;[17] Franz Weidenreich wies später weiteren Funden aus der gleichen Region (u. a. bei Sangiran) die Bezeichnungen Pithecanthropus robustus und Pithecanthropus dubios zu.
1950 ordnete von Königswald seinen Fund Sangiran IV nicht mehr als Homo modjokertensis, sondern als Homo erectus modjokertensis ein.[18] Im gleichen Jahr schlug zudem Ernst Mayr während eines Symposiums des Cold Spring Harbor Laboratory vor, die insgesamt bis dahin noch immer sehr wenigen Funde einheitlich der Gattung Homo zuzuweisen. Dies wurde von den dort versammelten, weltweit führenden Paläoanthropologen aufgegriffen, mit der Folge, dass nur das zuletzt von Eugène Dubois verwendete Art-Epitheton erectus beibehalten wurde und bis in die Gegenwart in der Bezeichnung Homo erectus erhalten blieb. Dubois Fund Trinil 2 wurde so zum Typusexemplar von Homo erectus. Aber erst seit 1980 werden auf Vorschlag des US-amerikanischen Paläontologen Albert Santa Luca tatsächlich alle Homo-Funde aus Java als Homo erectus bezeichnet.[19] Ob dies korrekt war, wurde 1997 aber wieder angezweifelt, da die Fundstellen der anfangs Homo soloensis genannten Fossilien als Folge von Bodenumlagerungen nicht sicher datiert werden konnten und möglicherweise zum Teil nur 27.000 Jahre alt sind.[20] Im Jahr 2011 ergab dann jedoch eine 40Ar-39Ar-Datierung eine untere Altersgrenze von 143.000 ± 20.000 Jahren und eine obere von 546.000 ± 12.000 Jahren.[21]
Auswirkungen der Funde von Java
Nachdem die bis dahin ältesten Vormenschen-Fossilien auf Java und in den 1920er-Jahren bei Peking gefunden worden waren, setzte sich unter den Paläoanthropologen die Meinung durch, dass – wie ja schon 1868 von Ernst Haeckel vermutet – die Urmenschen sich in Asien entwickelt hatten. Ein 1925 in Südafrika entdecktes, wesentlich älteres Fossil (mehr als zwei Millionen Jahre) – genannt Kind von Taung und der neuen Gattung und Art Australopithecus africanus zugeordnet – wurde daher erst 1947 von den führenden Paläoanthropologen ihrer Epoche als Vorfahre des Menschen anerkannt. Erst danach gewann die Out-of-Africa-Theorie verstärkt Anhänger.
Einer Ende 2011 publizierten Studie zufolge waren in Sangiran bis dahin mehr als 80 Fossilien von Homo erectus geborgen worden, und zwar aus Fundschichten, die mit Hilfe der 40Ar-39Ar-Methode auf ein Alter von 1,51 bis 0,9 Millionen Jahre datiert wurden.[22] Dieser Studie zufolge unterscheiden sich die Sangiran-Funde so deutlich von den jüngeren, als Peking-Menschen bezeichneten Fossilien, dass beide Homo-erectus--Populationen möglicherweise unabhängig voneinander – in zwei getrennten Wellen – von Afrika kommend in Asien eingewandert sind.
Mögliche Weiterentwicklung
In einer detaillierten Studie über die morphologischen Besonderheiten des Schädels LB1 – des Holotypus von Homo floresiensis – wurde im Jahr 2011 die stammesgeschichtliche Herleitung dieses Fossils von den Java-Menschen als am ehesten wahrscheinlich ausgewiesen.[23]
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Die Funde von Eugène Dubois: Schädeldach, Molar und Femur
Die entsprechenden Funde sammeln sich derzeit in zwei Zeitfenstern - zum einen datiert mit einem Alter von 1,51 bis 0,9 Millionen Jahren (Fundorte: Sangiran und Trinil) und zum anderen datiert mit einem Alter von rund 550 bis 140 Tausend Jahren (Fundort: Solo, oder alternativ Ngandong, heutiger Fundname: Homo soloensis). Ihre Einordnung erfuhr durch weitere Funde, Untersuchungen und Erkenntnisse in jüngerer Zeit entsprechende Aktualisierungen. Insbesonderen die damit nahegelegten Hinweise zu möglichen Wanderungs-Wellen in den entsprechenden Regionen werden in Fachkreisen diskutiert. Als Zeit- und Raum-Nachbar gilt der Peking-Mensch mit einer Alters-Angabe im Bereich 420 bis 850 Tausend Jahren.
Das erste Fossil des Java-Menschen wurde 1891 von Eugène Dubois in Trinil entdeckt; es war zugleich der erste Fund eines Fossils der Hominini außerhalb Europas. Nach heutigem Kenntnisstand wird ihm ein Alter von rund einer Million Jahre zugeschrieben.[1]
Fundgeschichte
Gabriel von Max: Versuch einer bildhaften Darstellung des Urmenschen Pithecanthropus alalus (spätes 19. Jahrhundert), Vorstudie zu einem Ölgemälde[2]
1871 hatte Charles Darwin in seinem Werk Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl vermutet,[3] der Mensch habe sich in Afrika entwickelt, da seine nächsten Verwandten – Schimpansen und Gorillas – dort beheimatet sind. Im Gegensatz zu Darwin hatte Ernst Haeckel drei Jahre zuvor (1868) in seiner Natürlichen Schöpfungsgeschichte die Ansicht vertreten, dass „die meisten Anzeichen auf das südliche Asien“ hindeuteten.[4] Haeckel stützte seine Mutmaßung vor allem auf den Vergleich von Behaarung, Hautfarbe und Schädelform der damals als primitiv geltenden, heute als indigen bezeichneten Völker Afrikas und Asiens mit den Menschenaffen. Haeckel räumte jedoch zugleich ein: „Vielleicht war aber auch das östliche Afrika der Ort, an welchem zuerst die Entstehung des Urmenschen aus den menschenähnlichen Affen erfolgte; vielleicht auch ein jetzt unter den Spiegel des indischen Oceans versunkener Kontinent, welcher sich im Süden des jetzigen Asiens einerseits östlich bis nach den Sunda-Inseln, andrerseits westlich bis nach Madagaskar und Afrika erstreckte.“ Den hypothetischen Urmenschen nannte Haeckel „Homo primigenius oder Pithecanthropus primigenius“, wobei er einen gleitenden Übergang von hypothetischen „Affenmenschen (Pithecanthropi)“ zu sprachlosen „Urmenschen (Alali)“ vermutete.
Die Bezeichnung Pithecanthropus ist abgeleitet von altgriechisch πίθηκος, ausgesprochen píthēkos („Affe“) und anthropos („Mensch“). Die Pluralbildung ‚Alali‘ und das zugehörige Epitheton alalus ist abgeleitet von altgriechisch ἄλαλος („sprachlos“, „stumm“).
Haeckels Hypothese, die Sunda-Inseln seien der Rest eines versunkenen Kontinents, auf dem sich vorzeitliche Menschenaffen zu den Vorfahren des Menschen und der anderen jetztzeitlichen Menschenaffen entwickelten, faszinierte den jungen holländischen Militärarzt Eugène Dubois derart, dass er sich 1877 nach Sumatra versetzen ließ, um im Gebiet des malaiischen Archipels nach Fossilien zu suchen. In seinem Buch Die Frühzeit des Menschen beschreibt Friedemann Schrenk Dubois' Vorgehensweise wie folgt: „Besessen von seiner Idee, begann er an einer Stelle in Java zu graben, die nach heutigen Vorstellungen als völlig aussichtslos gelten würde. Er grub in einem Gebiet, wo im Umkreis von Tausenden von Kilometern noch nie zuvor auch nur die kleinste Andeutung von Resten eines Urmenschen gefunden wurde – und er grub auf den Zentimeter genau an der richtigen Stelle.“[5] Dubois kannte allerdings Hinweise von Bauern, die dort Tierfossilien gefunden hatten.[6]
Dubois entdeckte 1891 das Fragment eines Schädeldaches sowie einen Zahn (dessen Zuordnung zur Gattung Homo heute als unsicher gilt), im folgenden Jahr zudem einen vollständig erhaltenen Oberschenkelknochen. Hatte Dubois seine beiden ersten Funde noch als Vorfahren der afrikanischen nicht-homininen Menschenaffen interpretiert und daher der Gattung Anthropopithecus [7]zugeordnet, war er nach dem Fund des Oberschenkelknochens überzeugt davon, dass dieser fossile „Menschenaffe“ bereits aufrecht gehen konnte. Daraufhin verwendete Dubois in seinem Arbeitsbericht für das 3. Quartal 1892, in dem er unter anderem den Oberschenkelknochen genau beschrieb – beiläufig und ohne formelle Diagnose – für Schädeldach, Zahn und Beinknochen die Bezeichnung Anthropopithecus erectus Eug. Dubois („aufrecht gehender Menschenaffe“).[8] Dieser Quartalsbericht, der möglicherweise erst 1893 gedruckt vorlag, wurde so zur Erstbeschreibung einer neuen Art.
1894 war Dubois dann überzeugt, den von Haeckel vorhergesagten Urmenschen gefunden zu haben, so dass er seine Fossilfunde von da an als Pithecanthropus erectus („aufrecht gehender Affenmensch“) bezeichnete. [9] [10] [11]
Im Jahr 2007 stieß ein Student, der fossile Muschelschalen untersuchte, im Naturkundemuseum Naturalis in Leiden auf eine dort deponierte Muschelschalen-Sammlung von Eugène Dubois, die aus der von Dubois so genannten Hauptknochenschicht stammte.[12] Es stellte sich heraus, dass zahlreiche Schalen mit Hilfe eines spitzen Gegenstands durchbohrt worden waren, an Stellen, die dem Öffnen der Schalen von noch lebenden Muscheln dienten. Zudem wies eine Muschelschale mehrere zickzack-förmige Ritzungen auf; die Schalen wurden in die Zeit vor 540.000 bis 430.000 Jahren datiert, weswegen die Bohrungen und Ritzungen Homo erectus zugeschrieben wurden.[13]
Endgültige Namensgebung
Schädeldach „Sangiran II“ (Homo erectus, Original, 1,5 mya), Sammlung Koenigswald im Naturmuseum Senckenberg. Man beachte den Überaugenwulst über dem linken Auge.
Modell eines vollständigen Schädels, Zoologische Sammlung Rostock
Dubois' Deutung blieb lange Zeit umstritten. Der deutsche Anatom Hans Virchow [14] schrieb die Funde von Java beispielsweise einem fossilen Riesen-Gibbon zu. Dies begann sich erst zu ändern, nachdem in den 1920er-Jahren die Peking-Menschen entdeckt worden waren. Zudem wurden Anfang der 1930er-Jahre in der Nachbarschaft von Trinil weitere Fossilien geborgen: 1931 hatten Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald und Carel ter Haar bei Ngandong mehrere Schädelfragmente entdeckt, die von dem niederländischen Forscher Willem Oppennoorth als Homo soloensis benannt wurden;[15] 1936 erklärte von Koenigswald die fossile Schädeldecke eines Kindes zum Holotypus der neuen Art Homo modjokertensis (benannt nach der Stadt Mojokerto)[16]; das 1937 in 33 Fragmenten entdeckte Schädeldach Sangiran II (siehe Abbildung) ordnete von Königswald der Art Pithecanthropus erectus zu, „da es völlig mit Ihrem Fund von Trinil übereinstimmt“, wie er in einem Brief an Dubois schrieb;[17] Franz Weidenreich wies später weiteren Funden aus der gleichen Region (u. a. bei Sangiran) die Bezeichnungen Pithecanthropus robustus und Pithecanthropus dubios zu.
1950 ordnete von Königswald seinen Fund Sangiran IV nicht mehr als Homo modjokertensis, sondern als Homo erectus modjokertensis ein.[18] Im gleichen Jahr schlug zudem Ernst Mayr während eines Symposiums des Cold Spring Harbor Laboratory vor, die insgesamt bis dahin noch immer sehr wenigen Funde einheitlich der Gattung Homo zuzuweisen. Dies wurde von den dort versammelten, weltweit führenden Paläoanthropologen aufgegriffen, mit der Folge, dass nur das zuletzt von Eugène Dubois verwendete Art-Epitheton erectus beibehalten wurde und bis in die Gegenwart in der Bezeichnung Homo erectus erhalten blieb. Dubois Fund Trinil 2 wurde so zum Typusexemplar von Homo erectus. Aber erst seit 1980 werden auf Vorschlag des US-amerikanischen Paläontologen Albert Santa Luca tatsächlich alle Homo-Funde aus Java als Homo erectus bezeichnet.[19] Ob dies korrekt war, wurde 1997 aber wieder angezweifelt, da die Fundstellen der anfangs Homo soloensis genannten Fossilien als Folge von Bodenumlagerungen nicht sicher datiert werden konnten und möglicherweise zum Teil nur 27.000 Jahre alt sind.[20] Im Jahr 2011 ergab dann jedoch eine 40Ar-39Ar-Datierung eine untere Altersgrenze von 143.000 ± 20.000 Jahren und eine obere von 546.000 ± 12.000 Jahren.[21]
Auswirkungen der Funde von Java
Nachdem die bis dahin ältesten Vormenschen-Fossilien auf Java und in den 1920er-Jahren bei Peking gefunden worden waren, setzte sich unter den Paläoanthropologen die Meinung durch, dass – wie ja schon 1868 von Ernst Haeckel vermutet – die Urmenschen sich in Asien entwickelt hatten. Ein 1925 in Südafrika entdecktes, wesentlich älteres Fossil (mehr als zwei Millionen Jahre) – genannt Kind von Taung und der neuen Gattung und Art Australopithecus africanus zugeordnet – wurde daher erst 1947 von den führenden Paläoanthropologen ihrer Epoche als Vorfahre des Menschen anerkannt. Erst danach gewann die Out-of-Africa-Theorie verstärkt Anhänger.
Einer Ende 2011 publizierten Studie zufolge waren in Sangiran bis dahin mehr als 80 Fossilien von Homo erectus geborgen worden, und zwar aus Fundschichten, die mit Hilfe der 40Ar-39Ar-Methode auf ein Alter von 1,51 bis 0,9 Millionen Jahre datiert wurden.[22] Dieser Studie zufolge unterscheiden sich die Sangiran-Funde so deutlich von den jüngeren, als Peking-Menschen bezeichneten Fossilien, dass beide Homo-erectus--Populationen möglicherweise unabhängig voneinander – in zwei getrennten Wellen – von Afrika kommend in Asien eingewandert sind.
Mögliche Weiterentwicklung
In einer detaillierten Studie über die morphologischen Besonderheiten des Schädels LB1 – des Holotypus von Homo floresiensis – wurde im Jahr 2011 die stammesgeschichtliche Herleitung dieses Fossils von den Java-Menschen als am ehesten wahrscheinlich ausgewiesen.[23]
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