Die keltische Kunst
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Die keltische Kunst
Die keltische Kunst beginnt in der Eisenzeit, der sogenannten La-Tène-Zeit (Lt). Es handelt sich um kein einheitliches Phänomen, sondern die keltische Kunst zeigt starke regionale und chronologische Unterschiede.
Keltischer Zeremonienhelm aus Eisen, Bronze, Gold, Silber und Korallen; 3. Jahrhundert v. Chr., Fundort: Agris (Charente), heute im Musée d'Angoulême
Keltische Scheibe aus Auvers-sur-Oise (Val-d'Oise), Gold auf Bronze, Anfang 4. Jhs. v. Chr., heute im Cabinet des Médailles der Bibliothèque Nationale, Paris
Forschungsgeschichte
Der Begriff „keltische Kunst“ wurde durch den englischen Antiquar John Kemble (1807–1857) geprägt. Beeinflusst durch die Brüder Grimm suchte er den Unterschied zwischen Kelten und Angelsachsen an Bodenfunden festzumachen. Er identifizierte vor allem ein dreiteiliges Fischblasenmuster (trumpet scroll) als typisch keltisch. Seine Ideen wurden von William Wilde in Dublin und Augustus Franks in London aufgegriffen. Franks identifizierte den Wandsworth- und den Battersea-Schild sowie Pferdegeschirr aus einem Hortfund in den Polden Hills als keltisch, obwohl antike Autoren die Bewohner der britischen Inseln nie als Kelten bezeichnet hatten.
Paul Jacobsthal, ein klassischer Archäologe aus Marburg, entwickelte die grundlegende Aufteilung der Latènekunst, die auch heute noch Gültigkeit besitzt. Allerdings sieht man heute schärfere regionale Unterschiede, während Jacobsthal noch eine einzige, in ganz Mitteleuropa weitgehend gleichartige keltische Kunst sah. Weitere wichtige Studien zur Latènekunst stammen von Otto-Herman Frey (Marburg), und Majolie Lenerz-de Wilde (Münster).
Chronologie
Die Latènezeit wird nach der Stilentwicklung in folgende Perioden eingeteilt:
Periode Beginn um (v. Chr.) nach P. Jacobsthal
Lt A 475/450 Early Style
Lt B1 380/350 Waldalgesheim Style
Lt B2 320/300 Plastic Style
Lt C1 250/235 Plastic Style/Sword Style
Lt C2 190/180 Sword Style
Lt D1 130/120
Lt D2 60/50
Lt D3 20/15
römische Eroberung
Entwicklung der La-Tène-Kunst
Paul Jacobsthal bemerkte in seinen Ausführungen zur La-Tène-Kunst ein rasches und unvermitteltes Auftreten der La-Tène-Formen, die sich in ihrer Gestaltung deutlich von den vorherigen geometrischen Ornamenten der hallstattzeitlichen Kunst unterschieden. Die griechischen Elemente der frühen Phase erklärte er durch einen indirekten, zeitlich verzögerten Import über den etruskischen Kulturraum. Die griechischen Formen wären demnach nicht von zeitgleich in Griechenland vorhandenen Elementen abgeleitet, sondern von Formen, die bereits einige Zeit bestanden hatten und erst allmählich Einzug in den Formenbestand der keltischen Handwerker fand.[1] So lässt sich auch der starke etruskische Einfluss zu Beginn der La-Tène-Kunst erklären, den wir auch durch Importe fassen können. Die Muster sind auf Schmuckstücken (Hals- und Armreifen, Schwertgriffen, Fibeln) aus Bronze, seltener aus Gold zu finden. Einlagen von Koralle, Bernstein und rotem Email sorgen für Farbeffekte.
Beispiele des Frühlatènestils sind in den Gräbern von Somme-Bionne (Frankreich), Schwarzenbach und Reinheim (Saarland), Kleinaspergle (Baden-Württemberg), Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) und vom Dürrnberg in Österreich zu finden. Daneben kommen komplizierte geometrische Muster vor, die teilweise mit einem Zirkel konstruiert wurden (zum Beispiel Hofheim, Hessen).
Gürtelschnallen aus Eisen, (Eisenschnitt), Saint-Germain-en-Laye
Die vier Stile der keltischen Kunst
P. Jacobsthal definierte verschiedene Stile und versuchte, eine relative Chronologie zu erstellen. An den Beginn der La-Tène-Kunst setzte er den "Early Style", darauf sollte der "Waldalgesheim Style" folgen, darauf der "Plastic Style" und der "Sword Style". Letztere zwei Stile stellten eine Weiterführung und Entwicklung des zweiten Stiles dar, der als zeitlicher Fixpunkt in seiner Chronologie diente.[2]
Early Style
Die frühen Motive der keltischen Kunst sind stark durch etruskische Importstücke beeinflusst, die ihrerseits wiederum ihre Formen und Ideen aus dem griechischen Raum schöpfte. Die intensiven überregionalen Kontakte der Kelten vorm allem mit dem etruskischen Kulturraum sind also entscheidend. Dieser Grundbestand an Formen wurde von den keltischen Handwerkern als Basis für die Entwicklung eigener Ornamente verwendet[3]. Diese sind rein dekorativ. Beispiele: Gräber von Schwarzenbach im Saarland
Waldalgesheim Style
Der Waldalgesheim-Stil (nach dem Waldalgesheimer Fürstengrab im Hunsrück) oder Rankenstil ist der erste von den Kelten eigenständig entwickelte Kunststil.[3] Er zeichnet sich durch komplexe Muster aus Ranken, ineinander gehakten Spiralen, Schleifen und Scheiben aus. Hier sind besonders geometrisch geordnete Pflanzenmuster häufig. Die Ranken und Palmetten des mediterranen Vorbilds wurden in ihre Einzelbestandteile aufgelöst und einzeln nebeneinandergestellt, oder, im Falle der S-Spiralen, kunstvoll miteinander verschlungen. Oft lassen sich die Einzelornamente kaum voneinander unterscheiden. Figürliche Darstellungen fehlen nahezu komplett.
Beispiele: Waldalgesheim im Hunsrück, Hoppstädten in Rheinland-Pfalz.
Plastic Style
Dieser Stil zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Plastizität der abgebildeten Tiere und Menschen aus. Die meist abstrakten Muster sind sehr stark vom Untergrund abgehoben. Typisch sind verschlungene S-Spiralen und Triskele.
Sword Style
Dieser Stil war vor allem in Österreich, Böhmen und Ungarn verbreitet. Er wurde größtenteils anhand von Ornamenten auf Schwertscheiden definiert, worauf auch die Benennung des Stiles zurückgeht.
In der Spätlatènekunst verschwindet das komplexe Verschlingen von Einzelmotiven weitgehend, wir finden jetzt Darstellungen einzelner Tiere, wie Eber, Hirsche, oder Rinder, die in der Frühlatènekunst weitgehend fehlen, sowie von Pferden und menschlichen Köpfen.
Britannien
In der späten Eisenzeit gab es auch in Großbritannien Elemente des plastischen Stils (Battersea-Schild, Snettisham Torques etc.), die aber ein typisch insulares Gepräge zeigen. In der Aylesford-Kultur in Südengland sind besonders S-Spiralen und Gefäßaufsätze in Form von Masken typisch.
Irland
Die irische Kunst der Kaiserzeit nahm zahlreiche Anregungen aus Britannien auf. Die Fibeln des 4.-7. Jh zeigen einfache geometrische Muster, aber auch verschlungene S-Spiralen und „trumpet scrolls“. Die Hängebecken folgen römischen Vorbildern, aber mit Spiralmustern auf den Henkelattaschen. Sie wurden meist im Angelsächsischen Siedlungsgebiet gefunden, es ist also nicht sicher, dass sie tatsächlich in Irland hergestellt wurden.
Irland im Frühmittelalter
Die frühmittelalterliche Kunst Irlands entstand aus einem Gemisch einheimisch eisenzeitlicher, römischer, germanischer, wikingischer und mittelmeerischer Einflüsse. Die verschlungenen Muster des germanischen Tierstils, wie er von den spätrömischen Militärgürteln und später angelsächsischen Artefakten bekannt war, wurden mit Anregungen aus der Buchmalerei des nahen Ostens verbunden, so entstanden die Ranken- und Knotenmuster, die sich auf den Ringfibeln des 7.-8 Jh finden.
Buchillustration
Die Knotenmuster illustrierter Manuskripte des 8.-10 Jh werden oft als typisch keltisch bezeichnet. Der Stil war aber zu dieser Zeit weit verbreitet. Das berühmte Book of Kells (8. Jh.) zum Beispiel, wurde entweder in Northumbrien, in Ost-Schottland (Pikten) oder auf Iona hergestellt und kam wahrscheinlich erst im 11. Jh. nach Irland.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Keltischer Zeremonienhelm aus Eisen, Bronze, Gold, Silber und Korallen; 3. Jahrhundert v. Chr., Fundort: Agris (Charente), heute im Musée d'Angoulême
Keltische Scheibe aus Auvers-sur-Oise (Val-d'Oise), Gold auf Bronze, Anfang 4. Jhs. v. Chr., heute im Cabinet des Médailles der Bibliothèque Nationale, Paris
Forschungsgeschichte
Der Begriff „keltische Kunst“ wurde durch den englischen Antiquar John Kemble (1807–1857) geprägt. Beeinflusst durch die Brüder Grimm suchte er den Unterschied zwischen Kelten und Angelsachsen an Bodenfunden festzumachen. Er identifizierte vor allem ein dreiteiliges Fischblasenmuster (trumpet scroll) als typisch keltisch. Seine Ideen wurden von William Wilde in Dublin und Augustus Franks in London aufgegriffen. Franks identifizierte den Wandsworth- und den Battersea-Schild sowie Pferdegeschirr aus einem Hortfund in den Polden Hills als keltisch, obwohl antike Autoren die Bewohner der britischen Inseln nie als Kelten bezeichnet hatten.
Paul Jacobsthal, ein klassischer Archäologe aus Marburg, entwickelte die grundlegende Aufteilung der Latènekunst, die auch heute noch Gültigkeit besitzt. Allerdings sieht man heute schärfere regionale Unterschiede, während Jacobsthal noch eine einzige, in ganz Mitteleuropa weitgehend gleichartige keltische Kunst sah. Weitere wichtige Studien zur Latènekunst stammen von Otto-Herman Frey (Marburg), und Majolie Lenerz-de Wilde (Münster).
Chronologie
Die Latènezeit wird nach der Stilentwicklung in folgende Perioden eingeteilt:
Periode Beginn um (v. Chr.) nach P. Jacobsthal
Lt A 475/450 Early Style
Lt B1 380/350 Waldalgesheim Style
Lt B2 320/300 Plastic Style
Lt C1 250/235 Plastic Style/Sword Style
Lt C2 190/180 Sword Style
Lt D1 130/120
Lt D2 60/50
Lt D3 20/15
römische Eroberung
Entwicklung der La-Tène-Kunst
Paul Jacobsthal bemerkte in seinen Ausführungen zur La-Tène-Kunst ein rasches und unvermitteltes Auftreten der La-Tène-Formen, die sich in ihrer Gestaltung deutlich von den vorherigen geometrischen Ornamenten der hallstattzeitlichen Kunst unterschieden. Die griechischen Elemente der frühen Phase erklärte er durch einen indirekten, zeitlich verzögerten Import über den etruskischen Kulturraum. Die griechischen Formen wären demnach nicht von zeitgleich in Griechenland vorhandenen Elementen abgeleitet, sondern von Formen, die bereits einige Zeit bestanden hatten und erst allmählich Einzug in den Formenbestand der keltischen Handwerker fand.[1] So lässt sich auch der starke etruskische Einfluss zu Beginn der La-Tène-Kunst erklären, den wir auch durch Importe fassen können. Die Muster sind auf Schmuckstücken (Hals- und Armreifen, Schwertgriffen, Fibeln) aus Bronze, seltener aus Gold zu finden. Einlagen von Koralle, Bernstein und rotem Email sorgen für Farbeffekte.
Beispiele des Frühlatènestils sind in den Gräbern von Somme-Bionne (Frankreich), Schwarzenbach und Reinheim (Saarland), Kleinaspergle (Baden-Württemberg), Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) und vom Dürrnberg in Österreich zu finden. Daneben kommen komplizierte geometrische Muster vor, die teilweise mit einem Zirkel konstruiert wurden (zum Beispiel Hofheim, Hessen).
Gürtelschnallen aus Eisen, (Eisenschnitt), Saint-Germain-en-Laye
Die vier Stile der keltischen Kunst
P. Jacobsthal definierte verschiedene Stile und versuchte, eine relative Chronologie zu erstellen. An den Beginn der La-Tène-Kunst setzte er den "Early Style", darauf sollte der "Waldalgesheim Style" folgen, darauf der "Plastic Style" und der "Sword Style". Letztere zwei Stile stellten eine Weiterführung und Entwicklung des zweiten Stiles dar, der als zeitlicher Fixpunkt in seiner Chronologie diente.[2]
Early Style
Die frühen Motive der keltischen Kunst sind stark durch etruskische Importstücke beeinflusst, die ihrerseits wiederum ihre Formen und Ideen aus dem griechischen Raum schöpfte. Die intensiven überregionalen Kontakte der Kelten vorm allem mit dem etruskischen Kulturraum sind also entscheidend. Dieser Grundbestand an Formen wurde von den keltischen Handwerkern als Basis für die Entwicklung eigener Ornamente verwendet[3]. Diese sind rein dekorativ. Beispiele: Gräber von Schwarzenbach im Saarland
Waldalgesheim Style
Der Waldalgesheim-Stil (nach dem Waldalgesheimer Fürstengrab im Hunsrück) oder Rankenstil ist der erste von den Kelten eigenständig entwickelte Kunststil.[3] Er zeichnet sich durch komplexe Muster aus Ranken, ineinander gehakten Spiralen, Schleifen und Scheiben aus. Hier sind besonders geometrisch geordnete Pflanzenmuster häufig. Die Ranken und Palmetten des mediterranen Vorbilds wurden in ihre Einzelbestandteile aufgelöst und einzeln nebeneinandergestellt, oder, im Falle der S-Spiralen, kunstvoll miteinander verschlungen. Oft lassen sich die Einzelornamente kaum voneinander unterscheiden. Figürliche Darstellungen fehlen nahezu komplett.
Beispiele: Waldalgesheim im Hunsrück, Hoppstädten in Rheinland-Pfalz.
Plastic Style
Dieser Stil zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Plastizität der abgebildeten Tiere und Menschen aus. Die meist abstrakten Muster sind sehr stark vom Untergrund abgehoben. Typisch sind verschlungene S-Spiralen und Triskele.
Sword Style
Dieser Stil war vor allem in Österreich, Böhmen und Ungarn verbreitet. Er wurde größtenteils anhand von Ornamenten auf Schwertscheiden definiert, worauf auch die Benennung des Stiles zurückgeht.
In der Spätlatènekunst verschwindet das komplexe Verschlingen von Einzelmotiven weitgehend, wir finden jetzt Darstellungen einzelner Tiere, wie Eber, Hirsche, oder Rinder, die in der Frühlatènekunst weitgehend fehlen, sowie von Pferden und menschlichen Köpfen.
Britannien
In der späten Eisenzeit gab es auch in Großbritannien Elemente des plastischen Stils (Battersea-Schild, Snettisham Torques etc.), die aber ein typisch insulares Gepräge zeigen. In der Aylesford-Kultur in Südengland sind besonders S-Spiralen und Gefäßaufsätze in Form von Masken typisch.
Irland
Die irische Kunst der Kaiserzeit nahm zahlreiche Anregungen aus Britannien auf. Die Fibeln des 4.-7. Jh zeigen einfache geometrische Muster, aber auch verschlungene S-Spiralen und „trumpet scrolls“. Die Hängebecken folgen römischen Vorbildern, aber mit Spiralmustern auf den Henkelattaschen. Sie wurden meist im Angelsächsischen Siedlungsgebiet gefunden, es ist also nicht sicher, dass sie tatsächlich in Irland hergestellt wurden.
Irland im Frühmittelalter
Die frühmittelalterliche Kunst Irlands entstand aus einem Gemisch einheimisch eisenzeitlicher, römischer, germanischer, wikingischer und mittelmeerischer Einflüsse. Die verschlungenen Muster des germanischen Tierstils, wie er von den spätrömischen Militärgürteln und später angelsächsischen Artefakten bekannt war, wurden mit Anregungen aus der Buchmalerei des nahen Ostens verbunden, so entstanden die Ranken- und Knotenmuster, die sich auf den Ringfibeln des 7.-8 Jh finden.
Buchillustration
Die Knotenmuster illustrierter Manuskripte des 8.-10 Jh werden oft als typisch keltisch bezeichnet. Der Stil war aber zu dieser Zeit weit verbreitet. Das berühmte Book of Kells (8. Jh.) zum Beispiel, wurde entweder in Northumbrien, in Ost-Schottland (Pikten) oder auf Iona hergestellt und kam wahrscheinlich erst im 11. Jh. nach Irland.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
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