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Der Neoklassizismus

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Der Neoklassizismus Empty Der Neoklassizismus

Beitrag  checker So Apr 26, 2015 11:46 am

Neoklassizismus (oder Neuklassizismus) wird in der deutschsprachigen Kunstgeschichte der letzte formal einheitliche Stil der Bildenden Kunst und Architektur des Historismus im frühen 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Kulturraum genannt. Der eklektizistische Stil gilt gleichzeitig als Beginn der Moderne.[1] Für den Architekturstil der 1930er Jahre wird auch der Begriff modernistischer Klassizismus verwendet.[2]

Der Neoklassizismus 220px-Bundesarchiv_Bild_183-67419-0002%2C_Dresden%2C_Deutsche_Hygiene-Museum
Hygienemuseum in Dresden, Wilhelm Kreis, 1928–30

In der Malerei und Plastik sind bei Carlo Carrà, Giorgio de Chirico, Adolf von Hildebrand, Aristide Maillol, Pablo Picasso und Ignatius Taschner neoklassizistische Einflüsse zu erkennen.

In der Architektur bilden sich mit dem Neoklassizismus die bautechnischen und formalen Prinzipien der klassischen Moderne heraus, während die Ornamentik der Baustile Jugendstil, Art Nouveau und Liberty zurücktritt. Es werden noch einmal Ideen der griechischen und römischen Antike, des Barock und des Klassizismus, und klassizistische Elemente der Renaissance (Andrea Palladio) aufgenommen, die sich im monumentalen Erscheinungsbild, in Säulenanordnungen, in der räumlichen Disposition (rechtwinklige Grundrisse, Symmetrie) und in der tektonischen Struktur zeigen.

Der Neoklassizismus 800px-Amtrak30thStreetStationExterior2007
Philadelphia 30th Street Station, Graham, Anderson, Probst & White, 1929–1933

Der Neoklassizismus 640px-Equitable_Building_%28Manhattan%29
Das Equitable Building in New York, 1903-1905

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Detlev-Rohwedder-Haus (früher Reichsluftfahrtministerium) in Berlin, Ernst Sagebiel, 1935

Begriff

Der Begriff wird in der deutschen Kunstgeschichte anders verwendet als in anderen europäischen Sprachen und bezeichnet hier den im 20. Jahrhundert entwickelten Stil, der in Abgrenzung zum Klassizismus des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts als Neoklassizismus bezeichnet wird.

Im Unterschied zum deutschen Sprachgebrauch ist der Klassizismusbegriff im Englischen, Französischen und weiteren europäischen Sprachen breiter gefasst und bezeichnet dort Stilphänomene, die bereits zur Zeit der Renaissance (beispielsweise der Palladianismus) und des Barock auftraten und sich dadurch auszeichnen, dass sie sich an der Architektur der griechisch-römischen Antike (der Klassik) orientieren. Die später auf das Rokoko folgende erneute Hinwendung zu antiken Architekturvorbildern (die im Deutschen nun erst unter der Bezeichnung Klassizismus bekannt ist) wird deshalb auf französisch als néoclassicisme, englisch als Neoclassicism und italienisch als neoclassicismo bezeichnet.

Die neoklassizistische Architektur kann im Englischen mit New Classical architecture und im Italienischen mit Nuova architettura classica übersetzt werden.

Entwicklung in der Architektur

Der Neoklassizismus Schuko_Palace_of_Soviets_1932
Der projektierte Palast der Sowjets, Gemeinschaftsarbeit der Architekten Boris Iofan und Wladimir Schtschuko, 1932

Der Neoklassizismus 800px-Behrens_d%C3%BCsseld_vodafon_ehem_mannesmann_vordereingang
Eingang der Hauptverwaltung Mannesmann in Düsseldorf von Peter Behrens, 1912

Der Neoklassizismus Bundesarchiv_Bild_146-1985-064-24A%2C_Berlin%2C_Neue_Reichskanzlei%2C_Gartenfront
Säulenportal der Neuen Reichskanzlei in Berlin, Albert Speer, 1937–39

Der Neoklassizismus 800px-Hotel_Adlon_%28Berlin%29
Das Hotel Adlon am Pariser Platz in Berlin von Patzschke, Klotz & Partner, 1997

Neoklassizismus ist auf dem Gebiet der Architektur Stilbezeichnung und Sammelbegriff für eine Vielzahl von Strömungen des 20. Jahrhunderts mit unterschiedlichen regionalen Ausprägungen, die sich auf antike oder klassizistische Vorbilder beriefen.

Die Anfänge des Neoklassizismus in den USA können im Gefolge der „World’s Columbian Exposition“ in Chicago von 1893 datiert werden. Sie basieren auf der Anknüpfung an Traditionen der École des Beaux-Arts in Paris, die in den folgenden Jahrzehnten das gesamte offizielle Bauen in den USA prägen. Im Unterschied zu den USA ist das Auftreten des Neoklassizismus in Deutschland um 1908 als eine Reaktion auf den Jugendstil und gewisse erste Tendenzen zur Sachlichkeit im Umkreis des Deutschen Werkbundes zu verstehen. Dabei waren es einige der herausragendsten Vertreter des Jugendstils, wie Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich, die sich in den Jahren vor und nach dem Ersten Weltkrieg den klassischen Formen zuwandten. Seit den 1920er Jahren steht der Neoklassizismus im deutschsprachigen Raum in gewisser Konkurrenz zunächst zum Expressionismus und schließlich zu der funktionalistisch begründeten Erneuerungsbewegung des Bauhauses und der Neuen Sachlichkeit. Bei aller Rivalität zum radikalen Erneuerungswillen des Bauhauses sind beim Neoklassizismus in Deutschland, Frankreich und Skandinavien in der Tendenz zur formalen Vereinfachung gewisse Gemeinsamkeiten zu beobachten, was sich besonders im Werk von Architekten wie Heinrich Tessenow, Theodor Fischer oder Gunnar Asplund zeigen lässt. Der deutsche Neoklassizismus und die ihm verwandten Ausprägungen der 1920er und 30er Jahren in Europa zeichnen sich durch Reduktion oder gar vollständige Fortlassung des Decorums aus, weshalb oft fließende Übergänge zum Erscheinungsbild der Neuen Sachlichkeit zu beobachten sind, wie z. B. beim Palais de Tokyo in Paris. Dabei ergaben sich in Frankreich auch Überschneidungen mit dem Art déco der 1920er bis 40er Jahre.

Anfang des 20. Jahrhunderts tritt der Neoklassizismus in vielen Ländern Europas und Amerikas zunächst unabhängig von der jeweiligen Staatsform in Erscheinung und erlangt so auch in vielen demokratisch regierten Ländern öffentliche Geltung. Doch wird er im Laufe der 1930er Jahre von den neuen totalitären Regimen in Deutschland, Italien und der Sowjetunion im Rahmen ihrer kunstpolitischen Lenkungsversuche und propagandistischen Selbstdarstellung zum repräsentativen, ins Monumentale übersteigerten Staatsstil erhoben. Für den sowjetischen Einflussbereich blieb der Neoklassizismus bis weit in die 1950er Jahre verbindlich und fand seine Ausgestaltung als sozialistischer Neoklassizismus, im Dritten Reich zur typischen Nationalsozialistischen Architektur. Diese politische Vereinnahmung des Neoklassizismus durch totalitäre Regime führte in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zusammenbruch des Faschismus und auch vor dem Hintergrund der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten zu einer symbolischen Abwertung durch Identifikation klassizistischer Formen mit totalitärer Herrschaftsarchitektur. Die allgemeine Ächtung verstärkte sich im Nachkriegsdeutschland auch in dem Bemühen um eine Rehabilitierung des Bauhauses, das nun als Repräsentant einer fortschrittlichen wie demokratischen Kultur galt. Dagegen wurde der Neoklassizismus, soweit er sich nicht durch Verzicht auf das Decorum der klassischen Moderne angenähert hatte, häufig als Inbegriff einer rückwärtsgewandten, autoritären und das Individuum einschüchternden Architekturauffassung beurteilt. Seine Bauten galten ähnlich wie die Werke des Historismus im Kontext kunsthistorischer Fortschrittserzählungen als epigonal, unzeitgemäß oder gar reaktionär.

Obwohl die neuere kunsthistorische Forschung die symbolische Abwertung des Neoklassizismus unter Hinweis auf die faschistische Variante der klassischen Moderne im Italien der 1930er Jahre relativieren konnte und zugleich das symbolische Gegenleitbild eines fortschrittlichen wie demokratischen Bauhausstils immer fragwürdiger erscheinen lässt, ist in Deutschland die Diskreditierung des Neoklassizismus von anhaltender Aktualität. So etwa wurden in dem erbitterten öffentlichen Architekturstreit der 1990er Jahre zum Wiederaufbau Berlins nach der Wiedervereinigung die Befürworter einer massiv wie monumental anmutenden Architektur der symbolischen Anknüpfung an Bauformen des Faschismus verdächtigt. Auch wenn solche Debatten im Laufe des letzten Jahrzehnts an polemischer Schärfe verloren haben und sich inzwischen eine Reihe von prominenten Wiederaufbauten, wie etwa das Hotel Adlon in Berlin, klassizistischer Formen bedienen, ist der Neoklassizismus in der öffentlichen Debatte weiterhin dem Vorwurf einer politischen wie künstlerischen Rückwärtsgewandtheit ausgesetzt. An deutschen Architekturhochschulen ist der klassische Formenkanon kein Bestandteil der gestalterischen Entwurfslehre und wird lediglich im Kontext der Fächer Baugeschichte und Denkmalpflege behandelt.
Beispiele für neoklassizistische Bauten
Deutsches Kaiserreich

In Düsseldorf die Mannesmann-Verwaltung; in Köln die Festhalle der Werkbundausstellung 1914 (zerstört).
Serkowitz, heute Stadtteil von Radebeul, das Landhaus Weintraubenstraße 5 von Oskar Menzel, 1912/1913.
Das Rathaus in Herne von Architekt Wilhelm Kreis (Düsseldorf), 1912.

Nationalsozialistischer Neoklassizismus

Der Neoklassizismus 1024px-Nuremberg_Aerial_Kongresshalle
Die Kongresshalle aus der Luft, Nürnberg


In München der Ehrentempel für die Gefallenen der Bewegung und das Haus der Kunst
Reichszeugmeisterei
Berlin, die Neue Reichskanzlei und das Olympiastadion
Weimar das Gauforum
Nürnberg, Kongresshalle

Bulgarien

Bauten des Architekten Georgi Owtscharow

Rumänien


Bauten des Architekten Duiliu Marcu in Bukarest, insbesondere der Victoria-Palast

Vereinigte Staaten

30th Street Station in Philadelphia, Pennsylvania
Lincoln Memorial in Washington D.C.
National Gallery of Art in Washington, D.C.

Skandinavien

Das finnische Parlament, Eduskuntatalo, in Helsinki; in Stockholm die Stadtbücherei und das Krematorium.

Türkei

Der Neoklassizismus 800px-Ankara_Anitkabir1
Das Mausoleum Anıtkabir, 1938–1953 Ankara


Das Mausoleum Atatürks, Anıtkabir und das jetzige Parlamentsgebäude

Frankreich

Paris das Palais de Chaillot 1937 und das Palais de Tokyo 1937.

Italienischer Faschismus

In Rom das Hauptgebäude der Universität La Sapienza, das Foro Italico, die Esposizione Universale di Roma.

Sozialistischer Neoklassizismus

In St. Petersburg das Haus der Sowjets; in Kiew der Palast des Zentralkomitees der kommunistischen Partei; in Moskau das Hauptgebäude der Lomonossow-Universität; in Bukarest der Parlamentspalast; in Warschau der Kulturpalast; in Dresden die Bebauung am Altmarkt; in Magdeburg zahlreiche zentrale Innenstadtbauten; in Leipzig die Ringbebauung mit Opernhaus; in Berlin die Karl-Marx-Allee; in Rostock die Lange Straße.

Der Neoklassizismus 640px-15-04-25-Goldener-Saal-Zeppelintrib%C3%BCne-N%C3%BCrnberg-RalfR-DSCF4463_4_5
Goldener Saal, Zeppelinfeld, Nürnberg

Quelle - literatur & einzelnachweise
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