Der zweite Prager Fenstersturz
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Der zweite Prager Fenstersturz
Der zweite Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 ist die von Vertretern der protestantischen Stände begangene Gewalthandlung an den königlichen Statthaltern Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie dem Kanzleisekretär Philipp Fabricius. Er markiert den Beginn des Dreißigjährigen Krieges und stellt einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte Europas dar.
Eine nicht zeitgenössische Darstellung des Fenstersturzes aus dem Theatrum Europaeum.
Geschichte
Fenster im Seitenflügel des Alten Königspalastes in Prag
Dieser Ausschnitt eines Flugblattes von 1618 zeigt keinen Misthaufen, sondern Steine. Die hier nicht abgebildete Legende zu dem Holzschnitt erklärt, dass dank Gottes die von den Statthaltern ausgehende Gefahr abgewendet worden sei, und sich später einer davon im Kloster verstecken wollte (rechte Bildhälfte).
Fenster im Seitenflügel des Alten Königspalastes in Prag
Geschichte
Der Fenstersturz erfolgte als Fanal während des Böhmischen Ständeaufstandes. Die überwiegend protestantischen Stände warfen ihrem katholischen Landesherrn, Kaiser Matthias und dem 1617 zum Nachfolger gewählten böhmischen König Ferdinand von Steiermark (nach 1619 auch Kaiser) vor, die von Kaiser Rudolf II. im Majestätsbrief von 1609 zugestandene Religionsfreiheit der Protestanten zu verletzen.
Nach Auflösung der Ständeversammlung zogen am 23. Mai 1618 knapp 200 Vertreter der protestantischen Stände unter der Führung von Heinrich Matthias von Thurn zur Prager Burg und warfen nach einem improvisierten Schauprozess die in der dortigen böhmischen Hofkanzlei anwesenden königlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus einem Fenster etwa 17 Meter tief in den Burggraben, wobei alle drei, teilweise schwer verletzt, überlebten. Der zuerst hinausgestürzte Martinitz berichtet über den Sturz Slavatas:
Sie haben erst die Finger seiner Hand, mit der er sich festgehalten hat, bis aufs Blut zerschlagen und ihn durch das Fenster ohne Hut, im schwarzen samtenen Mantel hinab geworfen. Er ist auf die Erde gefallen, hat sich noch 8 Ellen tiefer als Martinitz in den Graben gewälzt und sich sehr mit dem Kopf in seinen schweren Mantel verwickelt.[1]
Slavata berichtet Folgendes über seinen eigenen Sturz, wobei er von sich selbst in der dritten Person spricht:
Graf Slavata hat sich an dem steinernen Gesims des untersten Fensters angestoßen und ist auf der Erde mit dem Kopf noch auf einen Stein gefallen.[1]
Der Fall Slavatas endete also unsanft, wenn auch durch ein Fenstersims etwas gebremst. Martinitz schreibt über den Fall des Sekretärs:
Haben letztlich noch den Herrn Magister Phillip Fabricius, röm. kais. Rat und Kgr. Böhmens Sekretarius […], in den Graben geworfen.[1]
Der glimpfliche Ausgang des Gewaltakts wurde auf verschiedene Weise begründet. Die weitverbreitete Erklärung, die Defenestrierten seien auf einem Misthaufen gelandet, der sich unter dem Fenster angesammelt hatte, dürfte eine anekdotische Erfindung späterer Zeiten sein und wird in den Erinnerungen der Beteiligten beider Parteien nicht erwähnt. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich im Burggraben der Prager Burg ausgerechnet unter den Fenstern der Ratskanzlei ein Misthaufen befunden haben soll.[2] Bei der Misthaufen-Legende dürfte es sich um die protestantische Antwort darauf handeln, dass Katholiken die Rettung der Defenestrierten mit der Hilfe der Jungfrau Maria erklärten.
Ursachen des glimpflichen Ausgangs dürften die damalige Mode und das kühle Wetter gewesen sein. Alle Beteiligten trugen weite schwere Mäntel, die den Fall stark dämpften.[3] Hinzu kommt, dass die Fenster, aus denen die drei geworfen wurden, sehr klein waren und sie somit nicht mit Schwung nach draußen befördert werden konnten. Außerdem haben sich alle drei gewehrt und Martinitz hielt sich noch am Sims fest, als er bereits draußen hing. Zudem ist die Wand unterhalb des Fensters nicht gerade, sondern nach außen angeschrägt, sodass die drei wohl eher hinunterrutschten als fielen.[4]
Die böhmischen Ständevertreter waren verblüfft darüber, dass die drei den Sturz relativ unbeschadet überstanden hatten, und schickten ihnen hastig einige Schüsse hinterher, die allesamt ihr Ziel verfehlten, da die Schützen durch das Gedränge an den Fenstern am sauberen Zielen gehindert wurden.[2] Unterschlupf und Schutz fanden die Statthalter anschließend bei der katholischen Adeligen Polyxena von Lobkowicz.
Dieses Defenestrieren war eine härtere Version des Werfens eines Fehdehandschuhs, eine Kriegserklärung an den Kaiser. Der Fenstersturz markierte den Beginn des Aufstands der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger und gilt als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648).
Siehe auch
Erster Prager Fenstersturz
Dritter Prager Fenstersturz
Quelle - literatur & einzelnachweise
Eine nicht zeitgenössische Darstellung des Fenstersturzes aus dem Theatrum Europaeum.
Geschichte
Fenster im Seitenflügel des Alten Königspalastes in Prag
Dieser Ausschnitt eines Flugblattes von 1618 zeigt keinen Misthaufen, sondern Steine. Die hier nicht abgebildete Legende zu dem Holzschnitt erklärt, dass dank Gottes die von den Statthaltern ausgehende Gefahr abgewendet worden sei, und sich später einer davon im Kloster verstecken wollte (rechte Bildhälfte).
Fenster im Seitenflügel des Alten Königspalastes in Prag
Geschichte
Der Fenstersturz erfolgte als Fanal während des Böhmischen Ständeaufstandes. Die überwiegend protestantischen Stände warfen ihrem katholischen Landesherrn, Kaiser Matthias und dem 1617 zum Nachfolger gewählten böhmischen König Ferdinand von Steiermark (nach 1619 auch Kaiser) vor, die von Kaiser Rudolf II. im Majestätsbrief von 1609 zugestandene Religionsfreiheit der Protestanten zu verletzen.
Nach Auflösung der Ständeversammlung zogen am 23. Mai 1618 knapp 200 Vertreter der protestantischen Stände unter der Führung von Heinrich Matthias von Thurn zur Prager Burg und warfen nach einem improvisierten Schauprozess die in der dortigen böhmischen Hofkanzlei anwesenden königlichen Statthalter Jaroslav Borsita Graf von Martinitz und Wilhelm Slavata sowie den Kanzleisekretär Philipp Fabricius aus einem Fenster etwa 17 Meter tief in den Burggraben, wobei alle drei, teilweise schwer verletzt, überlebten. Der zuerst hinausgestürzte Martinitz berichtet über den Sturz Slavatas:
Sie haben erst die Finger seiner Hand, mit der er sich festgehalten hat, bis aufs Blut zerschlagen und ihn durch das Fenster ohne Hut, im schwarzen samtenen Mantel hinab geworfen. Er ist auf die Erde gefallen, hat sich noch 8 Ellen tiefer als Martinitz in den Graben gewälzt und sich sehr mit dem Kopf in seinen schweren Mantel verwickelt.[1]
Slavata berichtet Folgendes über seinen eigenen Sturz, wobei er von sich selbst in der dritten Person spricht:
Graf Slavata hat sich an dem steinernen Gesims des untersten Fensters angestoßen und ist auf der Erde mit dem Kopf noch auf einen Stein gefallen.[1]
Der Fall Slavatas endete also unsanft, wenn auch durch ein Fenstersims etwas gebremst. Martinitz schreibt über den Fall des Sekretärs:
Haben letztlich noch den Herrn Magister Phillip Fabricius, röm. kais. Rat und Kgr. Böhmens Sekretarius […], in den Graben geworfen.[1]
Der glimpfliche Ausgang des Gewaltakts wurde auf verschiedene Weise begründet. Die weitverbreitete Erklärung, die Defenestrierten seien auf einem Misthaufen gelandet, der sich unter dem Fenster angesammelt hatte, dürfte eine anekdotische Erfindung späterer Zeiten sein und wird in den Erinnerungen der Beteiligten beider Parteien nicht erwähnt. Es ist auch unwahrscheinlich, dass sich im Burggraben der Prager Burg ausgerechnet unter den Fenstern der Ratskanzlei ein Misthaufen befunden haben soll.[2] Bei der Misthaufen-Legende dürfte es sich um die protestantische Antwort darauf handeln, dass Katholiken die Rettung der Defenestrierten mit der Hilfe der Jungfrau Maria erklärten.
Ursachen des glimpflichen Ausgangs dürften die damalige Mode und das kühle Wetter gewesen sein. Alle Beteiligten trugen weite schwere Mäntel, die den Fall stark dämpften.[3] Hinzu kommt, dass die Fenster, aus denen die drei geworfen wurden, sehr klein waren und sie somit nicht mit Schwung nach draußen befördert werden konnten. Außerdem haben sich alle drei gewehrt und Martinitz hielt sich noch am Sims fest, als er bereits draußen hing. Zudem ist die Wand unterhalb des Fensters nicht gerade, sondern nach außen angeschrägt, sodass die drei wohl eher hinunterrutschten als fielen.[4]
Die böhmischen Ständevertreter waren verblüfft darüber, dass die drei den Sturz relativ unbeschadet überstanden hatten, und schickten ihnen hastig einige Schüsse hinterher, die allesamt ihr Ziel verfehlten, da die Schützen durch das Gedränge an den Fenstern am sauberen Zielen gehindert wurden.[2] Unterschlupf und Schutz fanden die Statthalter anschließend bei der katholischen Adeligen Polyxena von Lobkowicz.
Dieses Defenestrieren war eine härtere Version des Werfens eines Fehdehandschuhs, eine Kriegserklärung an den Kaiser. Der Fenstersturz markierte den Beginn des Aufstands der böhmischen Protestanten gegen die katholischen Habsburger und gilt als Auslöser des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648).
Siehe auch
Erster Prager Fenstersturz
Dritter Prager Fenstersturz
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