Johann Heinrich Voß
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Johann Heinrich Voß
Johann Heinrich Voß (* 20. Februar 1751 in Sommerstorf; † 29. März 1826 in Heidelberg) war ein deutscher Dichter und ein bedeutender Übersetzer der Epen Homers (Ilias und Odyssee) sowie anderer griechischer und römischer Klassiker.
Johann Heinrich Voß, Sepiazeichnung von Joseph Nicolaus Peroux
Leben
Herkunft
Johann Heinrich Voß wurde als unehelicher Sohn des Landmanns Johann Heinrich Voß (1714–1778) und der Organistentochter Katharina Dorothea Karsten (1718–1798) in Sommerstorf bei Waren (Müritz) geboren. Seine Eltern heirateten kurz nach der Geburt ihres Sohnes im April 1751. Der Vater hatte als ehemaliger Kammerdiener viel von der Welt gesehen. Er ließ sich als Zolleinnehmer, Gastwirt und Schulhalter in Penzlin nieder. Der Großvater war ein aus der Leibeigenschaft entlassener Handwerker. Für Voß war diese Herkunft aus der untersten Gesellschaftsschicht sein Leben lang prägend, besonders in seiner Beurteilung der Französischen Revolution und des Adels.
Voß wuchs als Ältester unter fünf Geschwistern in Penzlin auf. Nachdem er 1766 bis 1769 die Gelehrtenschule in Neubrandenburg besucht hatte, nahm er eine schlecht vergütete Hauslehrerstelle in Ankershagen an, weil er für ein Studium kein Geld hatte.
Göttingen
Auf Einladung von Heinrich Christian Boie, dessen Aufmerksamkeit er durch Gedichtbeiträge für den von Boie begründeten Göttinger Musenalmanach erregt hatte, besuchte er seit 1772 die Universität Göttingen. Hier studierte er Philologie und wurde einer der Gründer und der führende Geist des ersten deutschen Dichterbundes, des berühmten Göttinger Hainbundes. Der Bund traf sich oft in seiner kleinen Stube in der Barfüßergasse.
Am 6. Juni 1774 wurde er Mitglied der Hamburger Freimaurerloge „Zu den drei Rosen“ und dort auch am 22. April 1775 zusammen mit Friedrich Leopold Graf Stolberg zum Meister erhoben. 1786 verließ er die Freimaurerei im Streit[1] mit der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. In zwei Briefen begründete er dies damit, dass die „Geheimbündelei“ eine Täuschung sei; er glaube nicht an die vorgeblichen Ziele, und die „geheimen Oberen“ seien offensichtlich die Jesuiten – eine zu dieser Zeit häufig vertretene Verschwörungstheorie.
Nach Abschluss des Studiums 1775 überließ Boie ihm die alleinige Redaktion des Musenalmanachs, den er bis 1800 herausgab, von 1780 bis 1788 zusammen mit Leopold Friedrich Günther von Goeckingk.
Wandsbek und Otterndorf
Johann Heinrich Voss, Gemälde von Georg Friedrich Adolph Schöner, 1797, Gleimhaus Halberstadt
Marie Christine Ernestine Voss, geb. Boie, Gemälde von Georg Friedrich Adolph Schöner, 1797, Gleimhaus Halberstadt
Voß zog nach Wandsbek in die Nachbarschaft von Matthias Claudius. 1777 heiratete er Boies jüngste Schwester Ernestine (1756–1834). Von ihren Kindern wurde Hans Voß ein bekannter Architekt, während Heinrich und Abraham ebenfalls Philologen wurden und das Werk des Vaters fortführten. Der Sohn Wilhelm wurde Arzt in Eutin.
1778 wurde Voß Rektor der Lateinschule in Otterndorf an der Elbmündung. Er schätzte das für diese Zeit ungewöhnlich freie und liberale Land Hadeln, dessen Hauptort Otterndorf war und dessen Bewohner schon im Mittelalter Wert auf eine Lateinschule für die Bürger der Stadt und Bauern der Umgebung gelegt hatten.
Im Spätsommer 1781 erkrankten Voß und seine gesamte Familie schwer am Marschenfieber. In dem Gedicht An den Wind (1780) hatte Voß schon die schlechte Wasserqualität in Otterndorf beschrieben. Diese Stadt, direkt an der Unterelbe im Einmündungsbereich des Stromes in die Nordsee gelegen, hatte ein Grundwasser mit sehr hohem Salzgehalt. Deshalb wurde oft das Trinkwasser aus höheren Gebieten, der Geest in der Wingst oder dem Westerberg, durch Fuhrgespanne für ca. 1 Taler pro Fass geliefert. Das konnten sich aber nicht alle Menschen leisten. 1782 verließ Voß mit seiner Familie den Ort.
Eutin
Auf Vermittlung seines Hainbund-Freundes Friedrich Stolberg übernahm Voß 1782 die Stellung als Rektor des Gymnasiums in Eutin (der heutigen Johann-Heinrich-Voß-Schule). Er wohnte hier nach kürzeren Aufenthalten in der Wasserstraße und im provisorischen Rathaus, das wenig später zum Witwenpalais umgebaut wurde, seit dem 1. Mai 1784 im „Voß-Haus“.[2] 1786 wurde er Hofrat. Die Jahre in Eutin wurden seine produktivste Zeit, deren Ende durch das Zerwürfnis mit Friedrich Stolberg eingeleitet wurde. Um die beiden Freunde herum sammelte sich der sogenannte Eutiner Kreis. 1802 ersuchte Voß um seine Versetzung in den Ruhestand.
Jena und Heidelberg
Von 1802 bis 1805 weilte er als Privatier in Jena. Im benachbarten Weimar war sein Sohn Heinrich von 1804 bis 1806 als Professor am dortigen Wilhelm-Ernst-Gymnasium tätig.
Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus in Heidelberg (heute Friedrich-Ebert-Grundschule)
Obwohl Goethe ihn in seiner Nähe zu halten wünschte, folgte er der Berufung (durch die badische Regierung) zur Übernahme einer hochdotierten Sinekure-Professur an der Universität Heidelberg, die es ihm ermöglichte, sich bis zu seinem Tod völlig seinen literarischen Arbeiten, Übersetzungen und antiquarischen Forschungen zu widmen.
Johann Heinrich Voß starb am 29. März 1826 und wurde auf dem St.-Anna-Friedhof in Heidelberg beigesetzt. Seine Gebeine wurden später auf den Heidelberger Bergfriedhof umgebettet. Auf seiner Grabstätte in der Abteilung D befindet sich eine originalgetreue Nachbildung des Familiengrabmals mit der Widmungsinschrift seiner Witwe Ernestine Voß.[3]
Familie
Aus seiner Ehe mit Marie Christine Ernestine (1756–1834)[4], einer Schwester von Heinrich Christian Boie (1744–1806), stammten vier Söhne:
Heinrich Voß (1779–1822), Professor für Philologie in Heidelberg
Wilhelm Voss (1781–1840), Arzt
Hans Voß (1783–1849), Architekt
Abraham Voß (1785–1847), Altphilologe und Pädagoge
Der Sohn Abraham wurde nach Johann Abraham Peter Schulz benannt, einem Freund des Vaters.
Wirken
Übersetzungen
Titelblatt des Erstdrucks
Einband des obigen Erstdrucks
Voß war ein Mann von bemerkenswerter geistiger Unabhängigkeit und kraftvoller Sprache. In erster Linie sind es die Übersetzungen der großen Epen Homers, denen er seinen Platz in der deutschen Literatur verdankt. Seine Übersetzungen zeigen nicht nur profunde Gelehrsamkeit und Kenntnis der antiken Sprachen und Verskunst, sondern auch vollendete Beherrschung der deutschen Sprache.
Die berühmtesten seiner Übersetzungen sind die der homerischen Epen Ilias und Odyssee. Am bekanntesten wurde seine Übersetzung der Odyssee, die 1781 „auf Kosten des Verfassers“[5] erschien und deren einprägsame, bildhafte Sprache Generationen deutscher Leser mit Homer vertraut machte. Durch Voß’ Übersetzung der Ilias wurde auch Goethe angeregt, und zwar zu dem unvollendeten Werk Achilleis. Voß übersetzte auch Hesiod, Theokrit, Bion und Moschos, Vergil, Ovid, Horaz, Tibull, Properz und andere klassische Dichter. Von Tibull bereitete er eine kritische Ausgabe vor.
Außerdem übersetzte er Antoine Gallands französische Übertragung der Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht (1782–1785); die erste deutsche Fassung überhaupt.
1818 bis 1829 veröffentlichte er in neun Bänden eine Übersetzung der Dramen William Shakespeares, die er mit Hilfe seiner Söhne Heinrich und Abraham angefertigt hatte, die ebenfalls Gelehrte und befähigte Übersetzer waren.
Voß' Verdienste um die Übersetzung der Klassiker fasste sein Zeitgenosse August Thieme in eine Strophe seines Gedichtes Weihe aus dem Jahre 1809:
Der biedre Voß, von dessen Silberwage
Es Hella, Hella, durch Germanien klingt;
Der bei der Füsse gleichem Wechselschlage
Streng um den Strophentanz den Zügel schlingt,
Und aus der Sprache Grüften hoch zu Tage
Uns unermeßlich reiche Schätze bringt. –
O, viele nennen sich die Eingeweihten,
Doch er nur ist der Fürst der deutschen Saiten!
Eigene Gedichte
In den Jahren 1785 bis 1795 veröffentlichte Voß in zwei Ausgaben eine Sammlung eigener Gedichte, die er später erweiterte. Die beste seiner poetischen Arbeiten ist wohl sein idyllisches Gedicht Luise (1795), in dem er mit viel Erfolg versuchte, zeitgenössisches deutsches Geistesleben und Gefühl in den Formen klassischer (antiker) Poesie auszudrücken, also unter anderem in Hexametern. Goethe regte er dadurch zu dessen Vers-Epos Hermann und Dorothea an, das 1797 erschien (siehe auch Goethes Reineke Fuchs von 1793, ebenfalls in Hexametern).
Einige Autoren vermuten, dass der bekannte Trinkspruch „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang“ von Voß gedichtet wurde.[6]
Theoretische Schriften
In den Mythologischen Briefen (zwei Bände, 1794) und in seiner Antisymbolik (zwei Bände, 1824–1826), die er in Opposition zu Georg Friedrich Creuzer (1771–1858) schrieb, und in anderen Schriften trug Voß Wesentliches zum Studium der Mythologie bei.
Er betätigte sich auch als Fürsprecher des Rechts auf Religionsfreiheit. Zu einer Zeit, als zahlreiche deutsche Romantiker zur römisch-katholischen Kirche konvertierten, trat er durch einen aufsehenerregenden Artikel im Sophronizon (1819), einer von Paulus herausgegebenen Zeitung, hervor, der sich gegen den 1800 erfolgten Übertritt seines ehemaligen Freundes Friedrich Leopold Graf zu Stolberg zum Katholizismus wandte.
Ehrungen
Gedenkstätten
Das ehemalige Wohnhaus in Otterndorf, heute Museum
Das Haus, in dem Rektor Voß in Otterndorf wohnte, ist heute ein Voß-Museum. Auch Teile von ständigen Ausstellungen in anderen Museen und Sonderausstellungen sind seinem Leben und Werk gewidmet.
Eine Bronzebüste von Voß wurde 1883 am Gymnasium von Eutin aufgestellt (heute die Carl-Maria-von-Weber-Schule, eines der beiden Gymnasien in Eutin neben der Johann-Heinrich-Voß-Schule). Weitere Voß-Büsten stehen unweit der Stadtkirche am Marktplatz von Penzlin sowie an der Südseite der Severikirche in Otterndorf.
Voß als Namensgeber
Seinen Namen tragen der Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung, der jährlich von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen wird, sowie der Johann-Heinrich-Voß-Preis für Literatur.
In mehreren Städten wurden Straßen, Wege oder Plätze nach Johann Heinrich Voß benannt (unter anderem in Bremen, Göttingen, Neubrandenburg, Otterndorf). Auch Schulen sind nach ihm benannt (in Eutin, Neubrandenburg, Penzlin).
Der am 11. Oktober 1990 entdeckte Asteroid (23473) Voss wurde nach ihm benannt.
Schriften
Deutsche Sonderbriefmarke von 2001 zum 250. Geburtstag von Voß
Die Leibeigenschaft. In: Musen-Almanach. 1776.
Luise. Ein laendliches Gedicht in drei Idyllen. Nicolovius, Königsberg 1795 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
Zeitmessung der deutschen Sprache. Beilage zu den Oden und Elegien. Nicolovius, Königsberg 1802.
Abriß meines Lebens. Fröbel, Rudolstadt 1818, Nachdruck: Wald, Karben 1996.
Briefe. Hrsg. von Abraham Voß. 3 Bände. Brüggemann, Halberstadt 1829–1833; Nachdruck: Olms, Hildesheim 1971.
Sämmtliche poetische Werke. Hrsg. von Abraham Voß. Müller, Leipzig 1835.
Johann Heinrich Voß. Werke in einem Band. Ausgewählt und eingeleitet von Hedwig Voegt. Aufbau-Verlag, Berlin 1983.
Gedichte. Auswahl und einführende Texte: Klaus Langenfeld. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2001.
Die kleinen Idyllen. Mit einer Einführung zum Verständnis der Idyllen und einem Nachwort herausgegeben von Klaus Langenfeld. Akademischer Verlag Heinz, Stuttgart 2004.
Ali Baba und vierzig Räuber. Erzählungen aus Tausend und eine Nacht. Hrsg. von Ernst-Peter Wieckenberg. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-61608-2.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Johann Heinrich Voß, Sepiazeichnung von Joseph Nicolaus Peroux
Leben
Herkunft
Johann Heinrich Voß wurde als unehelicher Sohn des Landmanns Johann Heinrich Voß (1714–1778) und der Organistentochter Katharina Dorothea Karsten (1718–1798) in Sommerstorf bei Waren (Müritz) geboren. Seine Eltern heirateten kurz nach der Geburt ihres Sohnes im April 1751. Der Vater hatte als ehemaliger Kammerdiener viel von der Welt gesehen. Er ließ sich als Zolleinnehmer, Gastwirt und Schulhalter in Penzlin nieder. Der Großvater war ein aus der Leibeigenschaft entlassener Handwerker. Für Voß war diese Herkunft aus der untersten Gesellschaftsschicht sein Leben lang prägend, besonders in seiner Beurteilung der Französischen Revolution und des Adels.
Voß wuchs als Ältester unter fünf Geschwistern in Penzlin auf. Nachdem er 1766 bis 1769 die Gelehrtenschule in Neubrandenburg besucht hatte, nahm er eine schlecht vergütete Hauslehrerstelle in Ankershagen an, weil er für ein Studium kein Geld hatte.
Göttingen
Auf Einladung von Heinrich Christian Boie, dessen Aufmerksamkeit er durch Gedichtbeiträge für den von Boie begründeten Göttinger Musenalmanach erregt hatte, besuchte er seit 1772 die Universität Göttingen. Hier studierte er Philologie und wurde einer der Gründer und der führende Geist des ersten deutschen Dichterbundes, des berühmten Göttinger Hainbundes. Der Bund traf sich oft in seiner kleinen Stube in der Barfüßergasse.
Am 6. Juni 1774 wurde er Mitglied der Hamburger Freimaurerloge „Zu den drei Rosen“ und dort auch am 22. April 1775 zusammen mit Friedrich Leopold Graf Stolberg zum Meister erhoben. 1786 verließ er die Freimaurerei im Streit[1] mit der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland. In zwei Briefen begründete er dies damit, dass die „Geheimbündelei“ eine Täuschung sei; er glaube nicht an die vorgeblichen Ziele, und die „geheimen Oberen“ seien offensichtlich die Jesuiten – eine zu dieser Zeit häufig vertretene Verschwörungstheorie.
Nach Abschluss des Studiums 1775 überließ Boie ihm die alleinige Redaktion des Musenalmanachs, den er bis 1800 herausgab, von 1780 bis 1788 zusammen mit Leopold Friedrich Günther von Goeckingk.
Wandsbek und Otterndorf
Johann Heinrich Voss, Gemälde von Georg Friedrich Adolph Schöner, 1797, Gleimhaus Halberstadt
Marie Christine Ernestine Voss, geb. Boie, Gemälde von Georg Friedrich Adolph Schöner, 1797, Gleimhaus Halberstadt
Voß zog nach Wandsbek in die Nachbarschaft von Matthias Claudius. 1777 heiratete er Boies jüngste Schwester Ernestine (1756–1834). Von ihren Kindern wurde Hans Voß ein bekannter Architekt, während Heinrich und Abraham ebenfalls Philologen wurden und das Werk des Vaters fortführten. Der Sohn Wilhelm wurde Arzt in Eutin.
1778 wurde Voß Rektor der Lateinschule in Otterndorf an der Elbmündung. Er schätzte das für diese Zeit ungewöhnlich freie und liberale Land Hadeln, dessen Hauptort Otterndorf war und dessen Bewohner schon im Mittelalter Wert auf eine Lateinschule für die Bürger der Stadt und Bauern der Umgebung gelegt hatten.
Im Spätsommer 1781 erkrankten Voß und seine gesamte Familie schwer am Marschenfieber. In dem Gedicht An den Wind (1780) hatte Voß schon die schlechte Wasserqualität in Otterndorf beschrieben. Diese Stadt, direkt an der Unterelbe im Einmündungsbereich des Stromes in die Nordsee gelegen, hatte ein Grundwasser mit sehr hohem Salzgehalt. Deshalb wurde oft das Trinkwasser aus höheren Gebieten, der Geest in der Wingst oder dem Westerberg, durch Fuhrgespanne für ca. 1 Taler pro Fass geliefert. Das konnten sich aber nicht alle Menschen leisten. 1782 verließ Voß mit seiner Familie den Ort.
Eutin
Auf Vermittlung seines Hainbund-Freundes Friedrich Stolberg übernahm Voß 1782 die Stellung als Rektor des Gymnasiums in Eutin (der heutigen Johann-Heinrich-Voß-Schule). Er wohnte hier nach kürzeren Aufenthalten in der Wasserstraße und im provisorischen Rathaus, das wenig später zum Witwenpalais umgebaut wurde, seit dem 1. Mai 1784 im „Voß-Haus“.[2] 1786 wurde er Hofrat. Die Jahre in Eutin wurden seine produktivste Zeit, deren Ende durch das Zerwürfnis mit Friedrich Stolberg eingeleitet wurde. Um die beiden Freunde herum sammelte sich der sogenannte Eutiner Kreis. 1802 ersuchte Voß um seine Versetzung in den Ruhestand.
Jena und Heidelberg
Von 1802 bis 1805 weilte er als Privatier in Jena. Im benachbarten Weimar war sein Sohn Heinrich von 1804 bis 1806 als Professor am dortigen Wilhelm-Ernst-Gymnasium tätig.
Gedenktafel am ehemaligen Wohnhaus in Heidelberg (heute Friedrich-Ebert-Grundschule)
Obwohl Goethe ihn in seiner Nähe zu halten wünschte, folgte er der Berufung (durch die badische Regierung) zur Übernahme einer hochdotierten Sinekure-Professur an der Universität Heidelberg, die es ihm ermöglichte, sich bis zu seinem Tod völlig seinen literarischen Arbeiten, Übersetzungen und antiquarischen Forschungen zu widmen.
Johann Heinrich Voß starb am 29. März 1826 und wurde auf dem St.-Anna-Friedhof in Heidelberg beigesetzt. Seine Gebeine wurden später auf den Heidelberger Bergfriedhof umgebettet. Auf seiner Grabstätte in der Abteilung D befindet sich eine originalgetreue Nachbildung des Familiengrabmals mit der Widmungsinschrift seiner Witwe Ernestine Voß.[3]
Familie
Aus seiner Ehe mit Marie Christine Ernestine (1756–1834)[4], einer Schwester von Heinrich Christian Boie (1744–1806), stammten vier Söhne:
Heinrich Voß (1779–1822), Professor für Philologie in Heidelberg
Wilhelm Voss (1781–1840), Arzt
Hans Voß (1783–1849), Architekt
Abraham Voß (1785–1847), Altphilologe und Pädagoge
Der Sohn Abraham wurde nach Johann Abraham Peter Schulz benannt, einem Freund des Vaters.
Wirken
Übersetzungen
Titelblatt des Erstdrucks
Einband des obigen Erstdrucks
Voß war ein Mann von bemerkenswerter geistiger Unabhängigkeit und kraftvoller Sprache. In erster Linie sind es die Übersetzungen der großen Epen Homers, denen er seinen Platz in der deutschen Literatur verdankt. Seine Übersetzungen zeigen nicht nur profunde Gelehrsamkeit und Kenntnis der antiken Sprachen und Verskunst, sondern auch vollendete Beherrschung der deutschen Sprache.
Die berühmtesten seiner Übersetzungen sind die der homerischen Epen Ilias und Odyssee. Am bekanntesten wurde seine Übersetzung der Odyssee, die 1781 „auf Kosten des Verfassers“[5] erschien und deren einprägsame, bildhafte Sprache Generationen deutscher Leser mit Homer vertraut machte. Durch Voß’ Übersetzung der Ilias wurde auch Goethe angeregt, und zwar zu dem unvollendeten Werk Achilleis. Voß übersetzte auch Hesiod, Theokrit, Bion und Moschos, Vergil, Ovid, Horaz, Tibull, Properz und andere klassische Dichter. Von Tibull bereitete er eine kritische Ausgabe vor.
Außerdem übersetzte er Antoine Gallands französische Übertragung der Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht (1782–1785); die erste deutsche Fassung überhaupt.
1818 bis 1829 veröffentlichte er in neun Bänden eine Übersetzung der Dramen William Shakespeares, die er mit Hilfe seiner Söhne Heinrich und Abraham angefertigt hatte, die ebenfalls Gelehrte und befähigte Übersetzer waren.
Voß' Verdienste um die Übersetzung der Klassiker fasste sein Zeitgenosse August Thieme in eine Strophe seines Gedichtes Weihe aus dem Jahre 1809:
Der biedre Voß, von dessen Silberwage
Es Hella, Hella, durch Germanien klingt;
Der bei der Füsse gleichem Wechselschlage
Streng um den Strophentanz den Zügel schlingt,
Und aus der Sprache Grüften hoch zu Tage
Uns unermeßlich reiche Schätze bringt. –
O, viele nennen sich die Eingeweihten,
Doch er nur ist der Fürst der deutschen Saiten!
Eigene Gedichte
In den Jahren 1785 bis 1795 veröffentlichte Voß in zwei Ausgaben eine Sammlung eigener Gedichte, die er später erweiterte. Die beste seiner poetischen Arbeiten ist wohl sein idyllisches Gedicht Luise (1795), in dem er mit viel Erfolg versuchte, zeitgenössisches deutsches Geistesleben und Gefühl in den Formen klassischer (antiker) Poesie auszudrücken, also unter anderem in Hexametern. Goethe regte er dadurch zu dessen Vers-Epos Hermann und Dorothea an, das 1797 erschien (siehe auch Goethes Reineke Fuchs von 1793, ebenfalls in Hexametern).
Einige Autoren vermuten, dass der bekannte Trinkspruch „Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang“ von Voß gedichtet wurde.[6]
Theoretische Schriften
In den Mythologischen Briefen (zwei Bände, 1794) und in seiner Antisymbolik (zwei Bände, 1824–1826), die er in Opposition zu Georg Friedrich Creuzer (1771–1858) schrieb, und in anderen Schriften trug Voß Wesentliches zum Studium der Mythologie bei.
Er betätigte sich auch als Fürsprecher des Rechts auf Religionsfreiheit. Zu einer Zeit, als zahlreiche deutsche Romantiker zur römisch-katholischen Kirche konvertierten, trat er durch einen aufsehenerregenden Artikel im Sophronizon (1819), einer von Paulus herausgegebenen Zeitung, hervor, der sich gegen den 1800 erfolgten Übertritt seines ehemaligen Freundes Friedrich Leopold Graf zu Stolberg zum Katholizismus wandte.
Ehrungen
Gedenkstätten
Das ehemalige Wohnhaus in Otterndorf, heute Museum
Das Haus, in dem Rektor Voß in Otterndorf wohnte, ist heute ein Voß-Museum. Auch Teile von ständigen Ausstellungen in anderen Museen und Sonderausstellungen sind seinem Leben und Werk gewidmet.
Eine Bronzebüste von Voß wurde 1883 am Gymnasium von Eutin aufgestellt (heute die Carl-Maria-von-Weber-Schule, eines der beiden Gymnasien in Eutin neben der Johann-Heinrich-Voß-Schule). Weitere Voß-Büsten stehen unweit der Stadtkirche am Marktplatz von Penzlin sowie an der Südseite der Severikirche in Otterndorf.
Voß als Namensgeber
Seinen Namen tragen der Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung, der jährlich von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen wird, sowie der Johann-Heinrich-Voß-Preis für Literatur.
In mehreren Städten wurden Straßen, Wege oder Plätze nach Johann Heinrich Voß benannt (unter anderem in Bremen, Göttingen, Neubrandenburg, Otterndorf). Auch Schulen sind nach ihm benannt (in Eutin, Neubrandenburg, Penzlin).
Der am 11. Oktober 1990 entdeckte Asteroid (23473) Voss wurde nach ihm benannt.
Schriften
Deutsche Sonderbriefmarke von 2001 zum 250. Geburtstag von Voß
Die Leibeigenschaft. In: Musen-Almanach. 1776.
Luise. Ein laendliches Gedicht in drei Idyllen. Nicolovius, Königsberg 1795 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv).
Zeitmessung der deutschen Sprache. Beilage zu den Oden und Elegien. Nicolovius, Königsberg 1802.
Abriß meines Lebens. Fröbel, Rudolstadt 1818, Nachdruck: Wald, Karben 1996.
Briefe. Hrsg. von Abraham Voß. 3 Bände. Brüggemann, Halberstadt 1829–1833; Nachdruck: Olms, Hildesheim 1971.
Sämmtliche poetische Werke. Hrsg. von Abraham Voß. Müller, Leipzig 1835.
Johann Heinrich Voß. Werke in einem Band. Ausgewählt und eingeleitet von Hedwig Voegt. Aufbau-Verlag, Berlin 1983.
Gedichte. Auswahl und einführende Texte: Klaus Langenfeld. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 2001.
Die kleinen Idyllen. Mit einer Einführung zum Verständnis der Idyllen und einem Nachwort herausgegeben von Klaus Langenfeld. Akademischer Verlag Heinz, Stuttgart 2004.
Ali Baba und vierzig Räuber. Erzählungen aus Tausend und eine Nacht. Hrsg. von Ernst-Peter Wieckenberg. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-61608-2.
Quelle - literatur & Einzelnachweise
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