Hugo Preuß
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Hugo Preuß
Hugo Preuß (* 28. Oktober 1860 in Berlin; † 9. Oktober 1925 ebenda) war ein deutscher Staatsrechtslehrer und Politiker. Der Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) gilt als „Vater“ der Weimarer Reichsverfassung.
Erste Kabinettssitzung des Kabinetts Scheidemann am 13. Februar 1919 in Weimar. V.l.: Ulrich Rauscher, Pressechef der Reichsregierung, Robert Schmidt, Ernährung, Eugen Schiffer, Finanzen, Philipp Scheidemann, Reichskanzler, Otto Landsberg, Justiz, Rudolf Wissell, Wirtschaft, Gustav Bauer, Arbeit, Ulrich von Brockdorff-Rantzau, Auswärtiges, Eduard David ohne Portefeuille, Hugo Preuß (stehend), Inneres, Johannes Giesberts, Post, Johannes Bell, Kolonien, Georg Gothein, Schatz, Gustav Noske, Reichswehr
Leben und Beruf
Preuß wurde 1860 in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren. Ab 1879 studierte er Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. 1883 legte er beim Berliner Kammergericht sein erstes Staatsexamen ab und promovierte im selben Jahr an der juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen mit einer nicht veröffentlichten Arbeit im Römischen Recht (Eviktionsregreß des in possessorio unterlegenen Käufers). Er brach sein Referendariat aber ab, um Wissenschaftler zu werden. 1889 habilitierte er sich in Staatsrecht an der Universität Berlin und arbeitete, da er ungetauft dort nicht Professor werden konnte, als Privatdozent für öffentliches Recht. 1891 trat er der Gesellschaft der Freunde bei (einem Berliner jüdischen Verein). Erst 1906 erhielt er seine erste Professur an der neu gegründeten Handelshochschule Berlin, 1918 wurde er deren Rektor.[1][2]
Als Schüler Otto von Gierkes war Preuß wie dieser Anhänger der organischen Staatstheorie[3] und der Genossenschaftstheorie. Im Hinblick auf den Gedanken der Selbstverwaltung war sein Vorbild der preußische Reformer Freiherr vom Stein.
Politik
1895 wurde er Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung für die Freisinnige Vereinigung, von 1910 bis 1918 war er ehrenamtlicher Stadtrat des Berliner Magistrats für die Fortschrittliche Volkspartei, innerhalb derer er dem linken Flügel angehörte. 1918 war er Mitbegründer der liberalen DDP. Von 1919 bis 1925 war er Mitglied der Preußischen Landesversammlung und des Preußischen Landtags.
Nach der Novemberrevolution wurde Preuß am 15. November 1918 zum Staatssekretär des Reichsamts des Innern berufen und mit dem Entwurf einer Reichsverfassung beauftragt. Für dieses Amt und diese Aufgabe hatte der Rat der Volksbeauftragten neben Preuß die Berufung Max Webers erwogen,[4] was später – offensichtlich wegen Webers ablehnender Haltung gegenüber der Revolution – unterblieb.[5] Preuß war seinerseits von der Parlamentarismustheorie Robert Redslobs beeinflusst. Die von ihm am 3. Februar 1919 vorgelegte Verfassung wurde nicht vollständig umgesetzt. Kritik kam vor allem von konservativer Seite, für die der Entwurf zu sehr der Paulskirchenverfassung ähnelte; man hätte auf dieser Seite des politischen Spektrums eine Anlehnung an die preußische Verfassung von 1848/50 bevorzugt. Dabei fürchteten die Kritiker insbesondere eine Zentralisierung infolge der Neuaufteilung der bisher von Preußen dominierten föderalistischen Struktur und der Abschaffung der Reservatrechte. Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung ermöglichte Hitler 1933 die Außerkraftsetzung von Grund- und Menschenrechten.
Im Kabinett Philipp Scheidemann war Preuß von Februar bis Juni 1919 erster Reichsinnenminister der Weimarer Republik. Von ihm stammt der Begriff Obrigkeitsstaat, den er 1916 prägte.[6]
Preuß war Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Sein Judentum nahm die NS-Propaganda später zum Anlass, die Weimarer Republik und ihre Verfassung als „undeutsch“ zu diskreditieren.
Ehrungen
Der Platz vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist ihm zu Ehren Hugo-Preuß-Platz benannt.
Eine Straße in Kassel-Wilhelmshöhe ist nach ihm benannt.
Eine Brücke am Berliner Humboldthafen hieß von 1928 bis 1933 Hugo-Preuß-Brücke. Das Nachfolgebauwerk trägt diesen Namen seit 2004.
Die Familiengrabstätte auf dem Urnenfriedhof Gerichtstraße in Berlin-Wedding ist seit 1952 ein Ehrengrab des Landes Berlin.[7]
Werke
Gesammelte Schriften. Im Auftrag der Hugo-Preuß-Gesellschaft e.V. 5 Bde., hrsg. von Detlef Lehnert, Tübingen 2007ff. [bisher 4 Bde. erschienen], Bd. 1: Politik und Gesellschaft im Kaiserreich, 2007; Bd. 2: Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, 2009; Bd. 3: Verfassungsentwürfe, Verfassungskommentare, Verfassungtheorie [noch nicht erschienen]; Bd. 4: Politik und Verfassung in der Weimarer Republik, 2008; Bd. 5: Kommunalwissenschaft und Kommunalpolitik, 2012.
Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Habel, Berlin 1886 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
Gemeinde, Staat, Reich, 1889
Das städtische Amtsrecht in Preußen, 1902
Die Entwicklung des deutschen Städtewesens. Bd. 1: Entwicklungsgeschichte der deutschen Städteverfassung, 1906
Stadt und Staat, 1909
Zur preussischen Verwaltungsreform, 1910
Das deutsche Volk und die Politik, 1915
Deutschlands republikanische Reichsverfassung, 1921
Vom Obrigkeitsstaat zum Volksstaat, 1921
Um die Weimarer Reichsverfassung, 1924
Staat, Recht und Freiheit. Aus vierzig Jahren deutscher Politik und Geschichte, Tübingen 1926 (Gesammelte Aufsätze von Hugo Preuß, hrsg. von Theodor Heuss)
Verfassungspolitische Entwicklungen in Deutschland und Westeuropa, hrsg. von Hedwig Hintze, Berlin 1927
Reich und Länder. Bruchstücke eines Kommentars zur Verfassung des Deutschen Reiches, hrsg. von Gerhard Anschütz, Berlin 1928
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Erste Kabinettssitzung des Kabinetts Scheidemann am 13. Februar 1919 in Weimar. V.l.: Ulrich Rauscher, Pressechef der Reichsregierung, Robert Schmidt, Ernährung, Eugen Schiffer, Finanzen, Philipp Scheidemann, Reichskanzler, Otto Landsberg, Justiz, Rudolf Wissell, Wirtschaft, Gustav Bauer, Arbeit, Ulrich von Brockdorff-Rantzau, Auswärtiges, Eduard David ohne Portefeuille, Hugo Preuß (stehend), Inneres, Johannes Giesberts, Post, Johannes Bell, Kolonien, Georg Gothein, Schatz, Gustav Noske, Reichswehr
Leben und Beruf
Preuß wurde 1860 in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren. Ab 1879 studierte er Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität und der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. 1883 legte er beim Berliner Kammergericht sein erstes Staatsexamen ab und promovierte im selben Jahr an der juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen mit einer nicht veröffentlichten Arbeit im Römischen Recht (Eviktionsregreß des in possessorio unterlegenen Käufers). Er brach sein Referendariat aber ab, um Wissenschaftler zu werden. 1889 habilitierte er sich in Staatsrecht an der Universität Berlin und arbeitete, da er ungetauft dort nicht Professor werden konnte, als Privatdozent für öffentliches Recht. 1891 trat er der Gesellschaft der Freunde bei (einem Berliner jüdischen Verein). Erst 1906 erhielt er seine erste Professur an der neu gegründeten Handelshochschule Berlin, 1918 wurde er deren Rektor.[1][2]
Als Schüler Otto von Gierkes war Preuß wie dieser Anhänger der organischen Staatstheorie[3] und der Genossenschaftstheorie. Im Hinblick auf den Gedanken der Selbstverwaltung war sein Vorbild der preußische Reformer Freiherr vom Stein.
Politik
1895 wurde er Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung für die Freisinnige Vereinigung, von 1910 bis 1918 war er ehrenamtlicher Stadtrat des Berliner Magistrats für die Fortschrittliche Volkspartei, innerhalb derer er dem linken Flügel angehörte. 1918 war er Mitbegründer der liberalen DDP. Von 1919 bis 1925 war er Mitglied der Preußischen Landesversammlung und des Preußischen Landtags.
Nach der Novemberrevolution wurde Preuß am 15. November 1918 zum Staatssekretär des Reichsamts des Innern berufen und mit dem Entwurf einer Reichsverfassung beauftragt. Für dieses Amt und diese Aufgabe hatte der Rat der Volksbeauftragten neben Preuß die Berufung Max Webers erwogen,[4] was später – offensichtlich wegen Webers ablehnender Haltung gegenüber der Revolution – unterblieb.[5] Preuß war seinerseits von der Parlamentarismustheorie Robert Redslobs beeinflusst. Die von ihm am 3. Februar 1919 vorgelegte Verfassung wurde nicht vollständig umgesetzt. Kritik kam vor allem von konservativer Seite, für die der Entwurf zu sehr der Paulskirchenverfassung ähnelte; man hätte auf dieser Seite des politischen Spektrums eine Anlehnung an die preußische Verfassung von 1848/50 bevorzugt. Dabei fürchteten die Kritiker insbesondere eine Zentralisierung infolge der Neuaufteilung der bisher von Preußen dominierten föderalistischen Struktur und der Abschaffung der Reservatrechte. Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung ermöglichte Hitler 1933 die Außerkraftsetzung von Grund- und Menschenrechten.
Im Kabinett Philipp Scheidemann war Preuß von Februar bis Juni 1919 erster Reichsinnenminister der Weimarer Republik. Von ihm stammt der Begriff Obrigkeitsstaat, den er 1916 prägte.[6]
Preuß war Mitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Sein Judentum nahm die NS-Propaganda später zum Anlass, die Weimarer Republik und ihre Verfassung als „undeutsch“ zu diskreditieren.
Ehrungen
Der Platz vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt ist ihm zu Ehren Hugo-Preuß-Platz benannt.
Eine Straße in Kassel-Wilhelmshöhe ist nach ihm benannt.
Eine Brücke am Berliner Humboldthafen hieß von 1928 bis 1933 Hugo-Preuß-Brücke. Das Nachfolgebauwerk trägt diesen Namen seit 2004.
Die Familiengrabstätte auf dem Urnenfriedhof Gerichtstraße in Berlin-Wedding ist seit 1952 ein Ehrengrab des Landes Berlin.[7]
Werke
Gesammelte Schriften. Im Auftrag der Hugo-Preuß-Gesellschaft e.V. 5 Bde., hrsg. von Detlef Lehnert, Tübingen 2007ff. [bisher 4 Bde. erschienen], Bd. 1: Politik und Gesellschaft im Kaiserreich, 2007; Bd. 2: Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie im Kaiserreich, 2009; Bd. 3: Verfassungsentwürfe, Verfassungskommentare, Verfassungtheorie [noch nicht erschienen]; Bd. 4: Politik und Verfassung in der Weimarer Republik, 2008; Bd. 5: Kommunalwissenschaft und Kommunalpolitik, 2012.
Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Habel, Berlin 1886 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
Gemeinde, Staat, Reich, 1889
Das städtische Amtsrecht in Preußen, 1902
Die Entwicklung des deutschen Städtewesens. Bd. 1: Entwicklungsgeschichte der deutschen Städteverfassung, 1906
Stadt und Staat, 1909
Zur preussischen Verwaltungsreform, 1910
Das deutsche Volk und die Politik, 1915
Deutschlands republikanische Reichsverfassung, 1921
Vom Obrigkeitsstaat zum Volksstaat, 1921
Um die Weimarer Reichsverfassung, 1924
Staat, Recht und Freiheit. Aus vierzig Jahren deutscher Politik und Geschichte, Tübingen 1926 (Gesammelte Aufsätze von Hugo Preuß, hrsg. von Theodor Heuss)
Verfassungspolitische Entwicklungen in Deutschland und Westeuropa, hrsg. von Hedwig Hintze, Berlin 1927
Reich und Länder. Bruchstücke eines Kommentars zur Verfassung des Deutschen Reiches, hrsg. von Gerhard Anschütz, Berlin 1928
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