Bibeltexte zur Homosexualität
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Bibeltexte zur Homosexualität
Einige Texte der Bibel beziehen sich auf homosexuelle Handlungen. Die Tora verbietet Analverkehr zwischen Männern und bedroht die Beteiligten mit Todesstrafe (Lev 18,22; 20,13). Drei Stellen der Paulusbriefe nennen diesen als eins von vielen Kennzeichen gottloser Menschen (1 Kor 6,9; Röm 1,26f.; 1 Tim 1,10). Im Judentum begründeten die Toraverbote, im Christentum zudem die Stellen der Paulusbriefe traditionell die Verurteilung von Homosexualität als Sünde. Da lesbische Sexualität im Tanach nicht vorkommt, wurde diese im Judentum nur indirekt mitverboten oder erlaubt.[1]
Seit etwa 1900, verstärkt seit den 1970er Jahren im Kontext der Lesben- und Schwulenbewegung wird in der Bibelexegese über diese und andere Textstellen diskutiert. Jüdisch-orthodoxe und christlich-evangelikale Ausleger entnehmen daraus meist weiterhin ein durchgehendes und gegenwärtig gültiges Verbot praktizierter, vor allem männlicher Homosexualität. Viele historisch-kritische Ausleger verweisen demgegenüber darauf, dass Homosexualität als individuelles Identitätsmerkmal, Partnerschaft und Liebe in der Bibel nicht vorkommt und das Konzept einer homosexuellen Konstitution oder Orientierung im Altertum unbekannt war.[2] Homosexuelle Akte würden in der Bibel nur als Bestandteil von Fremdkulten, als Vergewaltigung, Prostitution und außereheliche Promiskuität verurteilt.[3] Deshalb ist umstritten, ob und wieweit diese Texte für die heutige Sexualethik herangezogen werden können.[4]
Übersicht
Die Bibel wird im Judentum und im Christentum auf verschiedene Weisen als zu befragende und begründende Instanz für ethische Positionen anerkannt. Beim Thema Homosexualität ist jedoch schon die Auswahl von Bibelstellen umstritten, nicht erst deren Auslegung. Nur wenige Bibelstellen beziehen sich eindeutig auf homosexuelle Handlungen; ihre Relevanz für die Gegenwart ist bei jedem Einzeltext stark umstritten. Folgende Bibelstellen spielen in der Diskussion eine wichtige Rolle:[5]
Tanach/ Altes Testament (AT) Textgattung Inhalt
Gen 1,27 / 2,18.22-24 Schöpfungserzählung Gott schuf den Menschen als Mann und Frau,
damit sie sich zu einem Paar vereinen und Partner füreinander sind
Lev 18,22 Rechtssatz Verbot des Analverkehrs zwischen Männern
Lev 20,13 Rechtssatz Todesstrafe für Analverkehr zwischen Männern
Gen 19,5 Erzählung Männergruppe verlangt Vergewaltigung zweier männlicher Gäste
Neues Testament (NT)
1 Kor 6,9 Lasterkatalog Päderastie gehört zu den Taten Gottloser, die sie vom Reich Gottes ausschließt
Röm 1,26-27 Gerichtsrede Homosexueller Verkehr ist Folge von Götzendienst
1 Tim 1,10 Lasterkatalog Päderastie gehört zu den Kennzeichen Ungläubiger
Bei weiteren Stellen im AT und NT ist umstritten, ob sie Homosexualität mitbetreffen:
Dtn 23,18 Rechtssatz Verbot des Verkehrs mit Prostituierten in Israel
Ri 19,22ff. Erzählung Männergruppe verlangt Vergewaltigung eines Mannes
und vergewaltigt dann dessen Frau
Mk 7,20f. Tora-Auslegung Unreinheit entsteht aus bösen Gedanken
Mk 10,6-9 Tora-Auslegung Verbot der Ehescheidung
Jud 7 Mahnrede Warnung vor Überschreitung gottgesetzter Grenzen
2 Petr 2,6ff. Mahnrede Warnung vor Irrlehre und sexueller Freizügigkeit
Bei einigen Stellen im AT und NT werden homoerotische Konnotationen erwogen:
Rut 1,16f. Bundesvertrag Beistandszusage zweier verwandter und verwitweter Frauen
2Sam 1,26 Totenklage Trauer nach Verlust eines geliebten Freundes
Mt 8,5-13 Heilungswunder Heilung des Sklaven eines Römers
Joh 13,23 Passionsbericht Einführung des Lieblingsjüngers beim Abendmahl Jesu
Tanach / Altes Testament
Toragebote (Lev 18/20)
Lev 18,22 EU: Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.
Lev 20,13 EU: Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen.
Beide Rechtssätze stehen im Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26), das auf die umfassende „Heiligung“ des erwählten Volkes der Israeliten als Antwort und Entsprechung zur Heiligkeit JHWHs abzielt (Lev 20,26). Nach aktuellem Forschungsstand entstand dieses Rechtskorpus im babylonischen Exil (586-539 v. Chr.) und wurde danach nochmals überarbeitet. Dabei wurden die Gebote für Priester (Lev 1-16) um kultische und ethische Gebote für alle Israeliten ergänzt, die auf die „Reinheit“ des Gottesvolks zielten und die älteren Gesetzeskorpora verbinden sollten.[6] Die Kapitel 18-20 bilden eine an männliche „Laien“ adressierte Sinneinheit, in deren Zentrum das Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18f.) steht. Die Kapitel Lev 18 und 20 handeln von „Unreinheiten, die durch den Kult nicht beseitigt werden können“. Lev 18 führt verbotene sexuelle Tatbestände auf, die Vers 29 summarisch als todeswürdige Vergehen beurteilt. Lev 20 wiederholt viele dieser Tatbestände und bedroht jeden Einzelfall mit einer bestimmten Strafe, oft der Todesstrafe. Strafzweck war der Ausschluss der Täter aus dem Gottesvolk.[7]
Die Verbotssätze lauten auf Hebräisch nicht „Liege nicht bei einem Mann“, sondern wörtlich: „Nicht soll liegen, was männlich ist, wie Liegende bei einer Frau.“[8] Der Talmud-Traktat Sanhedrin 54a erörterte, welche sexuelle Handlung gemeint ist: Da „Liegen bei einer Frau“ in der Bibel den Geschlechtsverkehr eines Mannes mit einer Frau bezeichne, meine der Plural „Liegende“ zwei Arten davon, den vaginalen und den analen Verkehr. Analog dazu sei Männern die anale Penetration und die anale Rezeption verboten. Lev 18,22 rede den penetrierenden Mann an („Du…“), aber nach Lev 20,13 sei auch der penetrierte Sexualpartner todeswürdig. Traktat Yevamot 83b ergänzt, auch jeder vaginale oder anale Verkehr mit einem Androgyn sei verboten, weil dieser als Mann zu definieren sei. Andere Formen von Homosexualität wurden weder erörtert noch verboten.[9] Philologische Untersuchungen der 1990er Jahre bestätigten: Das hebräische Verb šakab („liegen mit…“, „bei … schlafen“) umschreibe zusammen mit dem Subjekt zakar („Mann, Männliches“) an anderen Bibelstellen eindeutig „kopulieren“ mit einer Frau. Mit der Wendung „wie das Liegen bei / das Beilager einer Frau“ verbiete der Satz dem aktiv wie dem passiv beteiligten Mann den Analverkehr. Deshalb sei keine Vergewaltigung gemeint.[10] Viele christliche Exegeten sind dieser Exegese gefolgt.[11]
Der Ausdruck „Gräuel“ (to ebah) bezeichnet in der deuteronomistischen Theologie stereotyp aus Kanaan und von anderen Völkern übernommene Kultpraktiken, die gemäß dem Ersten Gebot des Dekalogs als Götzendienst verurteilt wurden und in Israel unbedingt abgeschafft werden sollten.[12] Er erscheint in der Tora erstmals in Lev 18,22. In Vers 21 werden Menschenopfer für den Götzen Moloch verboten, die in der Bibel als schlimmster Gräuel fremder Völker galten. Vers 23 verurteilt sexuellen Verkehr mit Tieren (Zoophilie) als „Schändliches“. In Lev 20 erscheint der Ausdruck „Gräuel“ nur in Vers 13. Daraus folgern viele Exegeten, dass diese Taten als besonders schwere kultische Vergehen galten, weil sie ausländischen Bräuchen folgten, damit die Identität des erwählten Gottesvolkes gefährdeten und den Verlust des Landes heraufbeschworen. Deshalb habe Lev 18-20 nicht nur den Israeliten, sondern auch den in Israel lebenden Fremden dafür die Todesstrafe angedroht.[13]
Wolfgang Stegemann (1988) und Renate Jost (2006) haben dieser Annahme widersprochen: Der Analverkehr werde hier nur wegen der „Feminisierung“ des penetrierten Mannes verboten. Es gehe um demütigende Gewaltakte wie in Gen 19 und Ri 19, die Macht und Überlegenheit demonstrieren sollten. Egalitäre Männerbeziehungen und eine homosexuelle Kultur seien davon nicht betroffen.[14]
Zudem wird das Verbot des Analverkehrs aus dem Tabu erklärt, lebensspendendes Sperma zu vergeuden. Diese Vergeudung bedrohte aus damaliger Sicht die patriarchalische Gesellschaftsstruktur, die religiöse Identität Israels und seinen Fortbestand.[15] Weil nur das männliche Sperma als lebenserzeugend galt, sei der Kontakt mit dem Sperma eines anderen Mannes und die weibliche Rolle und Position des penetrierten Mannes als „Gräuel“ tabuisiert worden. Aus diesem Grund seien auch Masturbation (Gen 38,7-10) und der Kontakt von Sperma mit Menstruationsblut (Lev 18,19; 20,18) tabuisiert worden. Weil die Frau als dem Mann unterlegen und unterworfen galt, habe man weibliches und männliches Verhalten streng unterschieden und auch Travestie als „Gräuel“ verboten (Dtn 22,5).[16] Travestie war als Kult der babylonischen Göttin Ištar (Astarte) in Israel bekannt.[17] Diesen Hintergrund lege auch das Verbot von Paarungen verschiedener Vieharten, Aussaat verschiedener Samen und aus verschiedenen Fäden (Sorten) gewobener Kleidung (Lev 19,19) nahe.[18]
Andere erklären das Verbot des Analverkehrs zwischen Männern nicht aus spezifisch israelitischen Tabus, sondern aus altorientalischen Geschlechterrollen.[19] Sie verweisen auf ein ähnliches Verbot im persischen Zend-Avesta (32,101): Ein Mann, der „bei einem Männlichen wie ein Mann bei einer Frau liegt“, sei ein Daeva (Unheilsbringer, Dämon) und solle auch ohne Obrigkeitsbefehl von Jedem getötet werden. Der Text wird frühestens in das 6. Jahrhundert v. Chr. datiert.[20]
Das Verbot wird in der Bibel nirgends wiederholt und zitiert.[21] Auch Anklagen und Hinrichtungen deswegen sind nicht überliefert. Gleichwohl nahm Erhard S. Gerstenberger an, Strafgebote für Verehrer fremder Götter wie Dtn 17,4 hätten auch für praktizierende Homosexuelle gegolten. Sie seien in Israel gesellschaftlich verfolgt worden.[22]
Gender-Theologen wie Stefan Alkier (2009) folgern aus dem Befund: „Hier wird jedenfalls nicht ‚Homosexualität‘, sondern bestenfalls ein kleiner Ausschnitt aus dem, was heute mit dem Konzept ‚Homosexualität‘ assoziiert wird, verworfen.“ Liebe, Partnerschaft, Zärtlichkeit und Erotik zwischen Mann und Mann, Frau und Frau würden in der Bibel nicht verboten, ja nicht einmal als Problem gesehen.[23]
Konservative Ausleger dagegen betrachten Lev 18,22 und 20,13 als unbedingtes, von Zeitumständen unabhängiges Verbot von jeder Art Homosexualität. Da es auch Nichtisraeliten die Todesstrafe androhe, sei es nicht auf vergangene Fremdkulte begrenzt, sondern habe auch im Urchristentum weitergegolten.[24] Werner Führer verwies darauf, dass im Kontext auch Inzest (Lev 18,6-18; 20,11-12) und Ehebruch (Lev 18,21; 20,10) verboten werden. Er folgerte, diese Gebote seien eine „Ausführungsbestimmung zum sechsten (siebenten) Gebot“ (dem Ehebruchverbot), hätten also den gleichen Rang wie die Zehn Gebote und seien im Ersten Gebot verankert. Homosexuelle Praxis sei somit für Gottes Volk apodiktisch ausgeschlossen und unter keinen Umständen mit dem Glauben an den Gott Israels vereinbar.[25]
Sodom (Gen 19)
→ Hauptartikel: Sodom und Gomorrha
Gen 19,1-29 EU erzählt, wie zwei männliche Gottesboten („Engel“) Lot, den Neffen Abrahams, besuchen und er sie zur Übernachtung einlädt. Darauf umstellen die männlichen Bewohner der Stadt Sodom sein Haus und bedrohen seine Gäste mit kollektiver Vergewaltigung (v. 5): „Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Heraus mit ihnen, wir wollen mit ihnen verkehren.“ Lot nennt dieses Vorhaben ein „Verbrechen“ und versucht, die Sodomiter mit dem Angebot davon abzubringen (v. : „Seht, ich habe zwei Töchter, die noch keinen Mann erkannt haben. Ich will sie euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur jenen Männern tut nichts an; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten.“ Darauf bedrohen sie ihn als Fremden selbst. Die Gottesboten schützen Lot und seine Familie, indem sie die Sodomiter mit Blindheit schlagen, und verhelfen den Bedrohten dann zur Flucht aus der Stadt. Dem folgt Gottes vernichtendes Strafgericht an Sodom und der benachbarten Stadt Gomorrha.
Nach traditioneller christlicher Exegese galt die göttliche Bestrafung von Homosexualität als „widernatürlicher Unzucht“ („Sodomie“) als Thema des Textes. Dagegen sah Derrick Sherwin Bailey 1955 die Verletzung des altorientalischen Gastrechts als sein Thema an und schloss einen Bezug zur Homosexualität aus. Dabei verstand er das hebräische Verb yada („erkennen“) in Vers 5 als „kennenlernen“, nicht als „Geschlechtsverkehr haben“.[26] Er argumentierte, yada habe in der Bibel nur an wenigen Stellen sexuelle Bedeutung und bezeichne dann immer den heterosexuellen Geschlechtsverkehr. Für homosexuellen Verkehr werde sonst das Verb šakab verwendet, so dass es in Vers 5 nicht um Homosexualität gehe.
Vertreter der christlichen Ex-Gay-Bewegung wie Joe Dallas, Bob Davies und Roland Werner wiesen diese Exegese zurück: Yada in Vers 5 sei sexuell gemeint, weil auch die Jungfräulichkeit von Lots Töchtern mit diesem Verb ausgedrückt werde. Ginge es nur um den Bruch des Gastrechts, wäre weder Lots Reaktion auf das „Übel“ der Angreifer (Vers 7) noch Gottes Vernichtung der gesamten Städte mit allen ihren Bewohnern verständlich. Das Verhalten der Sodomiter werde schon vorher insgesamt gerügt (Gen 13,13; 18,20f.), so dass Homosexualität dort üblich gewesen sein könne. Gen 19 beschreibe nur den strafauslösenden Höhepunkt dieser Perversion. Damit würden also sowohl einvernehmliche wie gewaltsame homosexuelle Akte verurteilt. Auch im NT (Jud 7, 2Petr 2,7) werde Sodoms Sünde als „Unzucht“, also beständiges sexuelles Verhalten bezeichnet. Schon im 2. Jahrhundert hätten christliche Ausleger darunter Homosexualität verstanden.[27]
Die meisten historisch-kritischen Exegeten sehen wie Bailey den Bruch des Gastrechts, nicht Homosexualität als solche als das gemeinte Vergehen der Sodomiter an. Anders als Bailey deuten sie yada in Vers 5 jedoch analog zu Vers 8 als sexuelle Gewalt: Die Sodomiter hätten eine Massenvergewaltigung vorgehabt, da sonst das Ersatzangebot Lots, seine Töchter zu entjungfern, keinen Sinn ergebe. Bei ihrer Forderung an Lot gehe es jedoch nicht um homosexuelles Begehren, sondern um die Behandlung fremder Männer wie eine Frau und als Sexualobjekt, um sie zu unterwerfen und zu demütigen.[28] George Edwards beurteilte das Verlangen der Sodomiter 1984 als „phallische Aggression“, verursacht durch „übermäßige fremdenfeindliche Arroganz“.[29] Der Alttestamentler Martti Nissinen wies nach, dass Massenvergewaltigung von Männern durch heterosexuelle Männer im Altertum ein verbreitetes Mittel zur sexuellen Erniedrigung von Feinden war.[30] Zahlreiche heutige Exegeten sehen daher den Bruch des Gastrechts durch eine Massenvergewaltigung, nicht sexuelle Paarbeziehungen zwischen Männern als das, was Gen 19 als „Sünde Sodoms“ verurteile. Michael Brinkschröder aktualisiert den Text befreiungstheologisch: Gen 19 verurteile eher Gewalt an Homosexuellen, wenn man sich die beiden männlichen Engel als homosexuelles Paar vorstelle.[31]
Der Text gehört zum Abraham-Lot-Sagenkreis und bildet mit Gen 13 und 18 eine literarische Einheit. Nach Lots Trennung von Abraham (Gen 12) lässt er sich in Sodom nieder. Gen 13,13ff. erwähnt bereits die Bosheit der Sodomiter und kündigt Sodoms Vernichtung an. Der Handlungsverlauf von Gen 18 und 19 ist teilweise parallel gegliedert. Fremden Besuchern, anonymen Gottesboten, wird Gastfreundschaft gewährt, die sie mit einer göttlichen Gabe erwidern: in Gen 18 mit der Verheißung eines Sohnes für die hochbetagten Erzeltern Abraham und Sara, in Gen 19 mit der Rettung Lots und seiner Familie aus Gottes Strafgericht. Nach beiden Besuchen werden Stammväter ganzer Völker geboren. Zudem verknüpfen Kontrastmotive die Texte: Der Besuch in Mamre geschieht tags und verläuft friedlich, der in Sodom nachts und unter äußerst bedrohlichen Umständen. Der späten Schwangerschaft Saras stehen sexuelle Gewalt und Zeugung von Nachkommen durch Inzest (Gen 19,30-38) gegenüber. Hauptakteur in beiden Kapiteln ist JHWH, der seine Boten von Abraham zu Lot sendet und Sodom einer Prüfung unterzieht (Gen 18,16-33), aus der Lot als einziger vor Gottes Gericht verschonter Gerechter hervorgeht.[32]
Das Motiv des „Erkennens“ durchzieht die Texteinheit: So wie Gott Abraham als gerecht „erkennt“ (Gen 18,19) und ihm darum auf übernatürliche Weise einen Sohn schenkt, so will er „wissen“ (Gen 18,21), wie es um die Rechtschaffenheit der Sodomiter steht, für deren Schonung Abraham eintritt. Diese wiederum wollen Lots fremde Gäste „erkennen“ (Gen 19,5), worauf Lot ihnen seine Töchter anbietet, die noch von keinem Mann „erkannt“ worden seien (19,. Laut Michael Brinkschröder bezeichnet das Verb in Vers 5 daher ein gegen Gottes Recht gerichtetes gewaltsames sexuelles Handeln. Als ebenso schweres Unrecht erweise sich Lots Anbieten seiner Töchter, mit dem er sie der Gewalt ausliefert und sich so zum Richter über Leben und Tod seiner Nachkommen macht. Während er damit scheitert, wahren die Boten beide Male Gottes Autorität: In Mamre decken sie Saras Zweifel an Gottes Verheißung und somit Gottes Allwissen auf, in Sodom schlagen sie die Sodomiter mit Blindheit, machen ihre moralische Verdorbenheit anschaulich und verhindern ihr verbrecherisches Vorhaben. Somit sei die gnädige Durchsetzung der Rechtsordnung Gottes das eigentliche Thema dieser Texteinheit.[33]
Dabei setzten die Vätergeschichten (Gen 11-34) laut Wolfgang Oswald noch nicht die in der Heilsgeschichte erst später offenbarte schriftliche Tora voraus, sondern eine Art Naturrecht, das den ethischen Maßstäben der Profetie des 8. Jahrhunderts entsprach („Recht und Gerechtigkeit“ bei Amos, „Solidarität/ Hingabe“ bei Hosea). Einzelne Vätergeschichten veranschaulichen exemplarisch Schutz der Fremden, der Gäste, der Familie (Inzestverbot) und der Menschenwürde von Frauen (Gen 34). Sie behaften die Nachbarvölker der Israeliten auf diese Rechte, gehen also von ihrer allgemeinen Bekanntheit aus. Demnach sei Gen 19 nicht als erzählerische Ausführung der Verbote Lev 18/20 und nicht als Anweisung zur Bestrafung von Homosexualität zu deuten.[34]
Der Untergang Sodoms und Gomorrhas wird im Tanach häufiger als alle übrigen Ereignisse der Väterzeit erwähnt. Homosexualität wird dabei nie genannt. Als Freveltaten Sodoms galten stattdessen soziale Vergewaltigung (Jes 1,9f.), Ehebruch, Lüge, Ermutigen des Übeltäters (Jer 23,14), Anmaßung, Überfluss, verweigertes Teilen mit den Armen und sorglose Ruhe (Ez 16,49). Claus Westermann sah das Gottesgericht über die beiden Städte daher als konstanten Kern der biblischen Überlieferung, die Freveltaten als beliebig austauschbar an. Die Verse Gen 19,4-9 seien den Schriftpropheten nicht bekannt gewesen, gehörten also einer jüngeren Überlieferung an.[35] Martin Stowasser folgerte aus diesem Befund: „Eine implizite negative Beurteilung von Homosexualität in Gen 19 bleibt daher fragwürdig und würde sich genau genommen nur auf homosexuelle Vergewaltigung beziehen.“[36]
Gibea (Ri 19)
Ri 19,15-30 EU erzählt von einem Leviten, der nach einem mehrtägigen Besuch seines Schwiegervaters mit seiner Nebenfrau, einem Knecht und Lasttieren von Betlehem an Jerusalem vorbei nach Gibea im Stammesgebiet der Benjaminiter zieht und dort von einem alten Mann als Gast aufgenommen wird. Während des Abendessens umringen Stadtbewohner das Haus des Gastgebers und fordern (v. 22): „Bring den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist; wir wollen unseren Mutwillen mit ihm treiben.“ Er lehnt mit Verweis auf das Gastrecht ab (v. 23): „Nein, meine Brüder, so etwas Schlimmes dürft ihr nicht tun. Dieser Mann ist als Gast in mein Haus gekommen; darum dürft ihr keine solche Schandtat begehen.“ Er bietet stattdessen seine jungfräuliche Tochter und die Nebenfrau des Leviten an. Nachdem dieser seine Nebenfrau hinausbringt, vergewaltigen die Männer sie die ganze Nacht lang. Am Morgen findet ihr Mann sie bewusstlos oder tot vor der Haustür liegend und transportiert sie in seinen Heimatort. Dort zerteilt er sie in zwölf Stücke und schickt die Teile „in das ganze Gebiet Israels“, um zum Nachdenken über die Tat aufzurufen. Daraufhin beschließt der damalige Zwölfstämmebund der Israeliten einen Rachefeldzug gegen die Benjaminiter.
Die Erzählung ist literarisch eng mit Gen 19,1-29 verwandt, enthält mehrere sprachlich fast identische Wendungen und ist anfangs ähnlich gegliedert: Der Ankunft und Aufnahme des/der Fremden folgen Überfall, Abwehr des Überfalls und Ersatzangebot des Wirts. Anders als Lots Töchter in Gen 19 wird die Frau in Ri 19 ausgeliefert und vergewaltigt. Das Verbrechen endet mit dem Tod des Opfers, der den folgenden Krieg veranlasst. Das ausgeführte Verbrechen an der Frau hat somit stärkeres Gewicht als der Vergewaltigungsversuch an ihrem Mann. Die meisten Exegeten nehmen an, dass Ri 19 älter ist als Gen 19 und als dessen literarische Vorlage diente. Sie datieren beide Texte in das 8. vorchristliche Jahrhundert vor der Zerstörung Samarias (722 v. Chr.), als das Nordreich Israel von Zerfall und starker Rechtsunsicherheit bedroht war.[37]
Der Levit stellt das Verbrechen an ihm rückblickend als Mordversuch dar (Ri 20,5), ohne den Vergewaltigungsversuch zu erwähnen. Nach Ilse Müllner (1995) war schon die Bedrohung, „im Akt der Feminisierung zum Opfer gemacht zu werden“, für damalige Männer äußerst demütigend. Darum hätten sie sie anderen Männern gegenüber verschwiegen. Der Vergewaltigungsversuch sei nicht als homosexuelle Begierde, sondern als sexuelle Gewalt gegen Fremde zu verstehen: „Die Bedrohung, die vom fremden Mann ausgeht, wird dadurch abgewehrt, dass dieser fremde Mann feminisiert wird.“ Sie wies damit eine ältere Deutung von Hans-Winfried Jüngling (1981) zurück. Dieser meinte, die Frevler hätten von Anfang an die Nebenfrau des Leviten vergewaltigen wollen und die Vergewaltigung des Mannes nur gefordert, um den Wirt zur Auslieferung der Frau zu nötigen.[38] Damit habe Jüngling den „Gewaltakt mit der Waffe der Sexualität“ gegen den fremden Mann übersehen und Homosexualität auf sexuelle Begierde reduziert, die sich ausschließlich auf Männer richten könne.[39]
Die „Schandtat von Gibea“ wird in der Bibel nirgends aufgegriffen. Die Evangelische Kirche in Deutschland lässt Ri 19 und Gen 19 in Stellungnahmen zur Homosexualität seit 1992 außer Betracht, weil es dort „um Demütigungen und um einen Gewaltakt geht“.[40]
Die Qedeschen
Einige Verse zur Königszeit des Reiches Juda erwähnen qedeschen (Kultdiener). Die Israeliten hätten diesen schweren „Gräuel“ der Kanaaniter unter König Rehabeam nachgeahmt (1 Kön 14,24), aber Asa (15,12), Joschafat (22,47) und Joschija (2 Kön 23,7) hätten diese Personen gemäß JHWHs Willen beseitigt.
Das hebräische Wort qedeschen (Plural von קָדֵשׁ, qadesch) bedeutet wörtlich „Geweihte“, wird aber in deutschen Bibelübersetzungen oft mit „Hierodulen“, „Tempelhurer“, „Weihedirnen“ (Hos 4,14) oder „Lustknaben“ (Hi 36,14) übersetzt. Dahinter steht die seit James George Frazer (Golden Bough 1922) übliche These, dieses weibliche und männliche Personal sei an Kultorten zur organisierten Tempelprostitution verfügbar gewesen. Diese sei in Kanaan wie auch in Mesopotamien als Imitation der Heiligen Hochzeit von Fruchtbarkeitsgottheiten geübt worden.[41]
Die Einheitsübersetzung von Dtn 23,18 EU lautet daher: „Unter den Frauen Israels soll es keine sakrale Prostitution geben, und unter den Männern Israels soll es keine sakrale Prostitution geben.“ Diese Übersetzung von qedeschen wurde aus dem parallel gebauten Folgevers gefolgert, der „Hurenlohn“ als Tempelspende verbietet. Das scheint Einkünfte aus erwerbsmäßig getriebener Prostitution von Frauen und Männern im Tempel vorauszusetzen.[42]
Seit 1992 stellen mehrere Bibelwissenschaftler diese Thesen in Frage, weil es weder für einen kanaanäischen Fruchtbarkeitskult noch für sakrale oder kultische Prostitution im Raum Israels direkte Belege gebe. Die dazu herangezogenen Bibelstellen gäben die unterstellte sexuelle Konnotation des Ausdrucks qedeschen und Bezüge auf Sexualriten nicht her. Welchen homosexuellen Kult Dtn 23,18 angeblich mit verbiete, sei vollends unklar, da Homosexualität nicht als Fruchtbarkeitsritus denkbar war.[43]
Welche Praktiken der qedeschen wegen der alleinigen Verehrung JHWHs in Israel abgelehnt wurden, ist ungeklärt.[44] Hermann-Josef Stipp schließt aus, dass in Dtn 23,18 israelitische Kultprostituierte gemeint sind, weil das Verbot dann im krassen Widerspruch zum deuteronomisch eingeschärften Ersten Gebot nichtisraelitische Kultprostituierte zugelassen hätte. Er folgerte: Es könne hier nur um profane Prostitution gehen. Homosexuelle Prostitution von Männern und Frauen werde hier nur den Israeliten, nicht allgemein verboten. Damit erhärtet er, dass es in der Bibel kein zeitübergreifendes Verbot von Homosexualität gebe.[45]
David und Jonatan
Umarmung zwischen David und Jonatan in einer Illustration des 14. Jahrhunderts
1 Sam 18,1-4 EU: Nach dem Gespräch Davids mit Saul schloss Jonatan David in sein Herz. Und Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben. […] Jonatan schloss mit David einen Bund, weil er ihn wie sein eigenes Leben liebte. Er zog den Mantel, den er anhatte, aus und gab ihn David, ebenso seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel.
2 Sam 1,26 EU: Weh ist mir um dich, mein Bruder Jonatan. Du warst mir sehr lieb. Wunderbarer war deine Liebe für mich als die Liebe der Frauen.
Diese Aussagen sind Teil der Aufstiegsgeschichte Davids (1Sam 16-2Sam , die sein Königtum über Gesamtisrael als Gottes Vorsehung legitimieren sollte, da er kein Sohn seines Vorgängers König Saul war. Dazu beschreibt sie auch Davids enges persönliches und politisches Bündnis mit Jonatan, einem der Söhne Sauls und Thronanwärter.[46]
Seit 1900 deuteten manche Autoren im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen von Magnus Hirschfeld diese Stellen beiläufig als literarische Hinweise auf eine homoerotische oder homosexuelle Beziehung.[47] Thomas Horner (1978) sah eine sexuelle Konnotation des Wortes „lieben“ (hebr. chafez) in jenen Bibelstellen.[48]
Erhard Gerstenberger (1993) meinte: Da 2 Sam 1,26 Frauen- und Männerliebe direkt vergleiche, könne David durchaus neben acht Hauptfrauen auch eine homosexuelle Beziehung gehabt haben. Er folgerte, die Todesstrafenforderung in Lev 20,13 sei erst nachexilisch entstanden.[49] Für Karl Hoheisel (1994) kann „lieben“ in 1 Sam 19,1 und 2 Sam 1,26 auch „erotisch begehren“ bedeuten. Davids Totenklage klinge „wie die kürzeste Form gleichgeschlechtlicher Liebe“ und beschreibe diese zwar nicht als quasi eheliche Gemeinschaft, doch mit einer „Intimität, die bis an die äußersten Grenzen inniger Freundschaft oder politischer Verschwörung geht.“ Zur Zeit Davids hätten die benachbarten Philister, bei denen Homosexualität vermutlich nichts Anstößiges gehabt habe, die Sexualnormen der israelitischen Oberschicht beeinflusst. Deren Verhalten sei von den Sexualnormen der Tora abgewichen. Die Weisheitsliteratur der Königszeit wiederhole die Verbote Lev 18,22 und 20,13 nicht. Demnach hätten die Endredakteure der Samuelbücher eine homosexuelle Partnerschaft Davids nicht unbedingt als skandalös empfunden. Die Samuelstellen könnten auf eine „Liaison zweier Bisexueller“ hindeuten.[50] Sigrid Schroer und Thomas Staubli (1996) fanden im Hohenlied Wendungen, die 1 Sam 18,1.4 („liebte … wie sein eigenes Leben/ wie seine Seele“) und 1 Sam 19,1 („hatte … sehr gern“) ähnelten: In Hld 1,7 und 3,1-4 bezeichnet eine Frau ihren Geliebten als „den, den meine Seele liebt“, um ihre tiefe erotische Sehnsucht auszudrücken.[51]
Markus Zehnder (1998) betonte demgegenüber: Die Texte zur Freundschaft Davids und Jonatans enthielten keine sexuellen Motive und nicht die für Geschlechtsverkehr üblichen hebräischen Verben šakab („liegen“) und yada („er-kennen“). Sie stellten ihren Bund durchgehend in den Kontext politischer Vorgänge und Absichten, um David nicht als Feind des Hauses Saul zu zeigen.[52] Der Neutestamentler Robert A. J. Gagnon (2001) schloss eine sexuelle Beziehung zwischen David und Jonatan aus, weil von beiden im Kontext sexuelle Beziehungen mit Frauen, Heirat, Ehebruch und Konkubinate berichtet werden. Die Autoren der Samuelbücher hätten ihre emotionale Freundschaft hervorgehoben, weil sie keine anstößige homosexuelle Beziehung darin fanden.[53] Die meisten Exegeten gehen allenfalls von nichtsexuellen homoerotischen Anklängen der Samueltexte aus.[54]
Lesbische Sexualität
Der Tanach erwähnt nirgends sexuelle Handlungen zwischen Frauen. Das Verbot des Analverkehrs (Lev 18,22) spricht nur Männer an, während das Verbot der Zoophilie (Lev 18,23) die Frau erwähnt. Historisch-kritische Exegeten erklären den Unterschied verschieden: Homoerotik zwischen Frauen sei in biblischer Zeit nicht als Sexualität betrachtet worden, da dabei kein Sperma ausgeschüttet wird. Frauen seien nicht als mit Männern gleichrangig bewertet worden. Biblische Autoren hätten lesbische Sexualität nicht gekannt. Andere meinen, das Verbot des männlichen Analverkehrs beziehe sich auf alle Homosexualität und schließe lesbische Handlungen ein.[55] Die meisten Historiker folgern jedoch, sexuelle Handlungen zwischen Frauen seien für die Israeliten nicht strafwürdig gewesen.[56]
In Rut 1,16-17 EU verspricht die Moabiterin Ruth der Israelitin Noemi: „Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein. Der Herr soll mir dies und das antun – nur der Tod wird mich von dir scheiden.“ Dieses Versprechen bezieht sich im Kontext auf den Beistand einer Schwiegertochter für ihre Schwiegermutter, nachdem deren Mann und Söhne gestorben waren, so dass sie nun ohne Versorger und ohne Schutz dastand. Es ist ähnlich wie ein Bundesvertrag formuliert und wird traditionell als Ehegelübde bei christlichen Trauungen zitiert, aktuell auch bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.
Seit den 1930er Jahren deuteten manche Romanautoren diese Stelle als Liebeserklärung im Sinn einer lesbischen Partnerschaft. Diese habe auch nach Ruths Wiederheirat Bestand gehabt.[57] Thomas Horner räumte ein, dass der Wortlaut keine sexuelle Komponente enthalte. Doch seien die beiden Frauen während und wegen dieses ehe-ähnlichen Versprechens keine sexuellen Beziehungen zu Männern eingegangen. Noemi habe sich nie wieder, Ruth habe sich erst viel später an einen älteren Mann wie an einen Vater gebunden.[58] Die meisten Bibelexegeten bestreiten diese Deutung, weil laut dem Kontext beide Frauen zuvor, Ruth auch danach mit einem Mann verheiratet waren und gerade der Verlust ihrer Ehegatten als Anlass ihrer engen Freundschaft dargestellt wird.[59] In Rut 3,9 sagt Ruth zu dem Israeliten Boaz: „Breite den Zipfel deines Gewandes über deine Magd…“. Diese Wendung war wie in Ez 16,8 ein symbolischer Heitratsantrag.[60]
Neues Testament
Evangelien
Die Haltung des Jesus von Nazaret zur Tora war für alle Urchristen maßgebend. Jedoch überliefern 24 von 27 NT-Schriften, darunter die vier Evangelien, keine Aussagen über homosexuelles Verhalten. Die Evangelien stellen heraus, dass Jesus die Tora erfüllte und dies von seinen Jüngern erwartete (Mt 5,17-19), zeigen aber auch, dass er die Tora auf einzigartige und souveräne Weise interpretierte, so dass sie den Armen, Notleidenden und ausgegrenzten Randgruppen zugutekam. Dass Jesus Homosexualität nicht thematisierte, wird daher gegensätzlich gedeutet. Dabei erkennen beide Seiten Jesu konkretes Verhalten zu bestimmten Torageboten als Maßstab zur ethischen Beurteilung von Homosexualität an.
Evangelikale Ausleger nehmen an, Jesus habe sich nur zu strittigen Torageboten geäußert, also die biblischen Verbote homosexuellen Verkehrs wie das damalige palästinische Judentum als gültig vorausgesetzt. Heinzpeter Hempelmann meinte (2001): Da die Evangelien auffälliges Abweichen Jesu von der überlieferten Tora-Auslegung hervorhoben, hätten sie eine Duldung von Homosexualität als enormen Skandal vermerkt. Jesu Schweigen sei daher nicht als solche Duldung zu deuten. Vielmehr habe er Homosexualität wie alle toratreuen Juden abgelehnt.[61] Robert Gagnon meinte (2003): Weil die Tora Homosexualität, Inzest und Zoophilie eindeutig verbietet, sei im Judentum des 1. Jahrhunderts darüber kein Auslegungsstreit aufgekommen, während man über heterosexuelle Untreue und Ehescheidung gestritten und abweichende Minderheitsmeinungen zugelassen habe.[62]
Gendertheologen und liberale Moraltheologen wie Valerie Hinck und Wiebke Krohn nehmen dagegen an, Homosexualität habe für Jesus keine theologische Bedeutung gehabt. Wäre sie für ihn ein Problem gewesen, hätte er wie bei anderen Streitthemen dazu Stellung genommen. Sie schließen aus Jesu Zuwendung zu damals moralisch verdammten Randgruppen, Leprakranken, Prostituierten, Ehebrecherinnen und Samaritanern, dass Jesus auch Homosexuelle nicht verurteilt und von Gottes Heil ausgeschlossen habe. Sie verweisen darauf, dass er das Gebot der Nächstenliebe mit der Gottesliebe gleichstellte und so allen übrigen Torageboten überordnete.[63] Hedwig Porsch fasste zusammen: „Für ihn ist Heuchelei ein viel größeres Hindernis für das Reich Gottes als die Einhaltung bestimmter Sexualformen.“[64]
Mk 7,21f.
Mk 7,21f. EU: „Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.“
Dieser Laster-Katalog nennt an erster Stelle porneia („Unzucht“). Der Ausdruck bezeichnete im Judentum damals alle Formen von Sexualverkehr außerhalb der religiös normativen heterosexuellen Einehe in Abgrenzung von griechisch-römischen Verhaltensweisen, darunter beiläufig auch homosexuellen Verkehr.[65] Für konservative Exegeten belegt diese Stelle, dass Jesus die Toraverbote von Ehebruch, Inzest, Zoophilie und Homosexualität in Lev 18-23 bekräftigt habe, so dass sie im Christentum gültig geblieben seien. Er habe mit Mk 7,19 die Speise- und Zeremonialgesetze aufgehoben, aber in Mk 7,21-23 die moralischen Gebote wiederholt.[66]
Sozialgeschichtlich orientierte Exegeten bezweifeln, dass Jesus porneia wie Lev 18-23 verstand.[67] Denn nach der Logienquelle waren seine Adressaten und Anhänger Bettelarme, Tagelöhner, Fischer und landlose Kleinbauern. Sie gehörten somit zur verarmten, verschuldeten und machtlosen Landbevölkerung Palästinas (Am haaretz: Mt 4,23; 5,3). Manche gebildeten Schriftgelehrten und die städtische, vom Jerusalemer Tempelkult abhängige Oberschicht der Sadduzäer waren seine Gegner. Ihre Tora-Auslegung zielte auf die uneingeschränkte Geltung der Tora und berücksichtigte das Landvolk kaum.[68]
Andere verweisen auf den Kontext der Stelle. In Mk 7,15 heißt es: „Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.“ Jesus habe hier die jüdischen Reinheitsvorschriften aufgehoben und die innere, geistige Reinheit anstelle der äußerlichen Reinheit betont. Damit habe er auch das Toraverbot homosexueller Handlungen relativiert.[69]
Beide Sichtweisen betrachten Mk 7,1-23 als literarische Einheit. Historisch-kritische Exegeten bestreiten diese und halten darin nur Mk 7,15 für authentisch, weil die Aussage mit anderen Jesusworten übereinstimmt: Die Ursache aller Unreinheit sei das menschliche Herz, aus dem die bösen Gedanken kommen, auf die böse Taten folgen. Erst in der nichtöffentlichen Jüngerbelehrung (Mk 7,17ff.) heißt es: „Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein.“ Diese Deutung und der folgende Lasterkatalog stammten von Urchristen. Sie definierten Reinheit nicht mehr kultisch, sondern sozial, um ihre Mission unter Nichtjuden zu erleichtern.[70] Das fünfte bis siebte der Zehn Gebote steht hinter der Reihe „Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier“.[71] Nach aktuellem Forschungsstand hat Jesus in Mk 7 die Speisegebote der Tora (Lev 11) nicht aufgehoben, sondern bekräftigt, indem er halachische Reinigungsriten wie das Händewaschen zurückwies und die Autorität der damaligen Toralehrer bestritt.[72]
Mk 10,6-9
Nach Mk 10,6-9 EU (par. Mt 19,4-6) antwortete Jesus auf eine Pharisäerfrage nach dem Recht zur Ehescheidung: „Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. […] Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet.“
Weil das nahe Gottes Reich die Schöpfung erneuern werde, stellte Jesus den Schöpferwillen aktuell gegen manche Toragebote und folgerte daraus die unauflösliche Einehe als Ort legitimer Sexualität, das strikte Verbot der Scheidung und der Wiederheirat Geschiedener.[73] Damit wies er das Toragebot Dtn 24,1 zurück, das einem israelitischen Mann die Scheidung erlaubte, wenn er ein Ehevergehen seiner Gattin schriftlich bezeugte und ihr eine Scheideurkunde aushändigte (Mk 10,2-5). Da die erste Ehe für Jesus unauflösbar blieb, beurteilte er eine Wiederheirat als Ehebruch. Diese strenge Position vertrat damals auch die Rabbinerschule Schammai. Sie gilt als Versuch, jüdische Frauen angesichts damaligen sozialer Entwurzelungsprozesse vor männlicher Willkür und Rechtlosigkeit zu schützen.[74] Die Einschränkung „außer bei Unzucht“ (Mt 19,9) relativierte das unbedingte Scheidungsverbot wieder und gilt allgemein als matthäischer Zusatz.[75]
Für Wolfhart Pannenberg verbietet dieses Jesuswort, die heterosexuelle Ehe als eine Lebensform unter anderen zu betrachten und mit homosexuellen Lebensgemeinschaften gleichzustellen.[76] Für Ulrich Mauser begründet Gen 1-2 alle sexualethischen Aussagen Jesu und des NT. Danach sei Heterosexualität wie der aufeinander bezogene Unterschied von Mann und Frau eine ontologische Bestimmung. Sexualität sei auf das lebenslange Zusammensein mit einem Partner angelegt und diene unlösbar der Fürsorge für Kinder und Familie und der Gemeinschaft. Die moderne Sicht von Homosexualität als „Orientierung“ erhebe dagegen die Wünsche und Bedürfnisse des Individuums zum höchsten Maß. Beide Sichten seien unvereinbar.[77]
Konservative Autoren betonen, dass Jesus in allen von ihm überlieferten konkreten Aussagen bezüglich sexueller Reinheit in seinen Erwartungen deutlich über das hinausgehe, was im Alten Testament und im palästinischen Judentum des ersten Jahrhunderts üblich war. So radikalisiere Jesus das alttestamentliche Ehebruchsverbot (Mt 5,27-30 EU) und verbiete in den drei synoptischen Evangelien und bei Paulus die Ehescheidung mit der Begründung, dass eine Wiederheirat Ehebruch sei (Mt 5,23 EU) (Mk 10,11-12 EU) (Lk 16,18 EU) (1 Kor 7,11-12 EU). Im Markusevangelium begründet Jesus das Ehescheidungsverbot mit der Schöpfungsgeschichte und der dort von Gott eingesetzten, untrennbaren heterosexuellen Ehe (Mk 10,2-12 EU), was konservativen Autoren als implizite Ablehnung von gleichgeschlechtlichen sexuellen Beziehungen interpretieren.[78][79]
Sie verweisen zudem darauf, dass Jesus sich Sündern zugewandt und in seine Gemeinschaft eingeschlossen habe, aber nicht um sie in ihrem Verhalten zu bestärken, sondern um sie zur Umkehr zu bewegen. In den drei Beispielen im Umgang mit Frauen, die sich sexuell verfehlt hatten, gebe es keine Anzeichen, dass er ihr Fehlverhalten gutheiße. Er habe die Ehebrecherin nicht verurteilt, sondern sie zu einem Leben nach Gottes Gebot aufgefordert („nicht mehr sündigen“), was sexualethisch und nicht ontologisch zu verstehen sei. Der Frau in Lukas 7 werden laut Robert Gagnon die Sünden vergeben, sie werden nicht toleriert. Die Samaritanerin am Brunnen (Joh 4 EU) wird zur Evangelistin.[80]
Nach Andreas Mohr spitzt Jesus dem Zeugnis der Evangelien zufolge das jüdisch-hellenistische Eheverständnis gemäß seinem Konzept der mitmenschlichen bzw. göttlichen Philanthropie zu (Mt 5,27-30 EU); wobei in allen drei synoptischen Evangelien die Ehescheidung mit der Begründung, dass eine Wiederheirat Ehebruch sei (Mt 5,23 EU) (Mk 10,11-12 EU) (Lk 16,18 EU) (1 Kor 7,11-12 EU), verboten wird. Der Bruch der Ehe habe zugleich den Bruch einer menschlichen Gemeinschaft dargestellt, welcher vor allem die geschiedenen Frauen in der damaligen patriarchalen Gesellschaft in eine prekäre soziale Lage gebracht habe und dem geschiedenen Ehepartner, zumeist der geschiedenen Gattin, Herzeleid zugefügt habe.[81] Liberale Ausleger argumentieren, dass eine bloße positive Darstellung der heterosexuellen Ehe an und für sich noch keineswegs beinhalten müsse, dass parallel dazu auch sämtliche anderen Formen von zwischenmenschlicher Partnerschaft abzulehnen seien, da von der Hochschätzung eines Phänomens üblicherweise den Prinzipien der philosophischen und theologischen Logik zufolge methodisch nicht automatisch auf die angeblich damit einhergehende Negierung sämtlicher übrigen denkbaren Erscheinungsformen und Phänomene eines Themenkreises rückgeschlossen werden dürfe.[82] Jesus erscheine in den Schilderungen der Evangelien insgesamt als deutlicher „Nonkonformist“ mit Blick auf die Moral- und Gesellschaftsvorstellungen seiner Zeit, der sich – z. B. was seinen Umgang mit Prostituierten anbelangte, die auch nicht in gesetzeskonforme heterosexuelle Ehen eingebunden gewesen seien – als im philanthropischen Sinne eher milde und von der Strenge pharisäischer Kreise deutlich abweichend positioniert habe (Lk 7,36-50 EU). Dieser Umstand deute darauf hin, dass nicht einfach davon auszugehen sei, Jesus habe bezüglich aller durch ihn direkt nicht erwähnten Phänomene und Themenkreise automatisch mit der traditionell-pharisäischen bzw. saduzzäischen Thorauslegung seiner Zeit übereingestimmt.[83]
Mt 8,5-13
Mt 8,5-13 EU: „Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. […] Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.“
Für „Knecht“ steht im Griechischen hier pais („Junge, Kind“). In der synoptischen Parallele Lk 7,1-10 EU steht dabei das Adjektiv entimos („intim, geliebt“). So bezeichneten höhergestellte Römer jüngere, auch für Päderastie verfügbare Sklaven. Im Ausland tätige römische Militärführer nahmen oft ihre Sklaven dorthin mit.[84] Im Anschluss an Thomas Horner (1978) vertreten daher einige Exegeten die These, der pais sei ein Lustsklave des Centurio gewesen. Die intensive Bitte des befehlsgewohnten Offiziers um seine Heilung zeige eine homosexuelle Liebe. Da Jesus diese emotionale Bitte gelobt und den pais vorbehaltlos geheilt habe, habe er diese Liebesbeziehung offenbar gebilligt.[85]
Robert Gagnon wies diese Auslegung zurück: pais bezeichne hier einen leiblichen Sohn des Centurio, wie es die Logienquelle und Joh 4,46-54 nahelegten. Der Römer hatte laut Lk 7,5 eine Synagoge gestiftet, sei also ein „gottesfürchtiger“ Nichtjude gewesen. Die jüdischen Ältesten, die Jesus laut Lk 7,4 seine Bitte überbrachten, hätten Päderastie wie alle damaligen toratreuen Juden strikt abgelehnt. Mt 5,19 betone die Geltung aller Toragebote für Christen. Jesus habe die Sexualethik der Tora verschärft und Ausnahmeregeln aufgehoben (Mt 5,27-32). Hätte er hier eine sexuelle Beziehung gebilligt, so hätte er auch Nötigung und Vergewaltigung bejaht, zu der römische Sklavenhalter sich berechtigt sahen.[86] William Loader ergänzte: Auch wenn ein sexuelles Verhältnis zu Sklaven bei Römern üblich gewesen sei, lasse sich aus Jesu Reaktion keine Billigung ableiten. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass er einer päderastischen Ausbeutung von Sklaven nicht widersprochen hätte.[87]
Aktuelle historisch-kritische Kommentare beachten diese Debatte nicht. Matthias Konradt erklärt die Perikope als vom Evangelisten gestaltetes Wunder Jesu an einem Nichtjuden, das dessen Vertrauen mit dem Unglauben in Israel kontrastiert, um den nachösterlichen Auftrag Jesu zur Völkermission (Mt 28,19) vorzubereiten.[88]
Weiter geht es in Teil 2
Seit etwa 1900, verstärkt seit den 1970er Jahren im Kontext der Lesben- und Schwulenbewegung wird in der Bibelexegese über diese und andere Textstellen diskutiert. Jüdisch-orthodoxe und christlich-evangelikale Ausleger entnehmen daraus meist weiterhin ein durchgehendes und gegenwärtig gültiges Verbot praktizierter, vor allem männlicher Homosexualität. Viele historisch-kritische Ausleger verweisen demgegenüber darauf, dass Homosexualität als individuelles Identitätsmerkmal, Partnerschaft und Liebe in der Bibel nicht vorkommt und das Konzept einer homosexuellen Konstitution oder Orientierung im Altertum unbekannt war.[2] Homosexuelle Akte würden in der Bibel nur als Bestandteil von Fremdkulten, als Vergewaltigung, Prostitution und außereheliche Promiskuität verurteilt.[3] Deshalb ist umstritten, ob und wieweit diese Texte für die heutige Sexualethik herangezogen werden können.[4]
Übersicht
Die Bibel wird im Judentum und im Christentum auf verschiedene Weisen als zu befragende und begründende Instanz für ethische Positionen anerkannt. Beim Thema Homosexualität ist jedoch schon die Auswahl von Bibelstellen umstritten, nicht erst deren Auslegung. Nur wenige Bibelstellen beziehen sich eindeutig auf homosexuelle Handlungen; ihre Relevanz für die Gegenwart ist bei jedem Einzeltext stark umstritten. Folgende Bibelstellen spielen in der Diskussion eine wichtige Rolle:[5]
Tanach/ Altes Testament (AT) Textgattung Inhalt
Gen 1,27 / 2,18.22-24 Schöpfungserzählung Gott schuf den Menschen als Mann und Frau,
damit sie sich zu einem Paar vereinen und Partner füreinander sind
Lev 18,22 Rechtssatz Verbot des Analverkehrs zwischen Männern
Lev 20,13 Rechtssatz Todesstrafe für Analverkehr zwischen Männern
Gen 19,5 Erzählung Männergruppe verlangt Vergewaltigung zweier männlicher Gäste
Neues Testament (NT)
1 Kor 6,9 Lasterkatalog Päderastie gehört zu den Taten Gottloser, die sie vom Reich Gottes ausschließt
Röm 1,26-27 Gerichtsrede Homosexueller Verkehr ist Folge von Götzendienst
1 Tim 1,10 Lasterkatalog Päderastie gehört zu den Kennzeichen Ungläubiger
Bei weiteren Stellen im AT und NT ist umstritten, ob sie Homosexualität mitbetreffen:
Dtn 23,18 Rechtssatz Verbot des Verkehrs mit Prostituierten in Israel
Ri 19,22ff. Erzählung Männergruppe verlangt Vergewaltigung eines Mannes
und vergewaltigt dann dessen Frau
Mk 7,20f. Tora-Auslegung Unreinheit entsteht aus bösen Gedanken
Mk 10,6-9 Tora-Auslegung Verbot der Ehescheidung
Jud 7 Mahnrede Warnung vor Überschreitung gottgesetzter Grenzen
2 Petr 2,6ff. Mahnrede Warnung vor Irrlehre und sexueller Freizügigkeit
Bei einigen Stellen im AT und NT werden homoerotische Konnotationen erwogen:
Rut 1,16f. Bundesvertrag Beistandszusage zweier verwandter und verwitweter Frauen
2Sam 1,26 Totenklage Trauer nach Verlust eines geliebten Freundes
Mt 8,5-13 Heilungswunder Heilung des Sklaven eines Römers
Joh 13,23 Passionsbericht Einführung des Lieblingsjüngers beim Abendmahl Jesu
Tanach / Altes Testament
Toragebote (Lev 18/20)
Lev 18,22 EU: Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.
Lev 20,13 EU: Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen.
Beide Rechtssätze stehen im Heiligkeitsgesetz (Lev 17-26), das auf die umfassende „Heiligung“ des erwählten Volkes der Israeliten als Antwort und Entsprechung zur Heiligkeit JHWHs abzielt (Lev 20,26). Nach aktuellem Forschungsstand entstand dieses Rechtskorpus im babylonischen Exil (586-539 v. Chr.) und wurde danach nochmals überarbeitet. Dabei wurden die Gebote für Priester (Lev 1-16) um kultische und ethische Gebote für alle Israeliten ergänzt, die auf die „Reinheit“ des Gottesvolks zielten und die älteren Gesetzeskorpora verbinden sollten.[6] Die Kapitel 18-20 bilden eine an männliche „Laien“ adressierte Sinneinheit, in deren Zentrum das Gebot der Nächstenliebe (Lev 19,18f.) steht. Die Kapitel Lev 18 und 20 handeln von „Unreinheiten, die durch den Kult nicht beseitigt werden können“. Lev 18 führt verbotene sexuelle Tatbestände auf, die Vers 29 summarisch als todeswürdige Vergehen beurteilt. Lev 20 wiederholt viele dieser Tatbestände und bedroht jeden Einzelfall mit einer bestimmten Strafe, oft der Todesstrafe. Strafzweck war der Ausschluss der Täter aus dem Gottesvolk.[7]
Die Verbotssätze lauten auf Hebräisch nicht „Liege nicht bei einem Mann“, sondern wörtlich: „Nicht soll liegen, was männlich ist, wie Liegende bei einer Frau.“[8] Der Talmud-Traktat Sanhedrin 54a erörterte, welche sexuelle Handlung gemeint ist: Da „Liegen bei einer Frau“ in der Bibel den Geschlechtsverkehr eines Mannes mit einer Frau bezeichne, meine der Plural „Liegende“ zwei Arten davon, den vaginalen und den analen Verkehr. Analog dazu sei Männern die anale Penetration und die anale Rezeption verboten. Lev 18,22 rede den penetrierenden Mann an („Du…“), aber nach Lev 20,13 sei auch der penetrierte Sexualpartner todeswürdig. Traktat Yevamot 83b ergänzt, auch jeder vaginale oder anale Verkehr mit einem Androgyn sei verboten, weil dieser als Mann zu definieren sei. Andere Formen von Homosexualität wurden weder erörtert noch verboten.[9] Philologische Untersuchungen der 1990er Jahre bestätigten: Das hebräische Verb šakab („liegen mit…“, „bei … schlafen“) umschreibe zusammen mit dem Subjekt zakar („Mann, Männliches“) an anderen Bibelstellen eindeutig „kopulieren“ mit einer Frau. Mit der Wendung „wie das Liegen bei / das Beilager einer Frau“ verbiete der Satz dem aktiv wie dem passiv beteiligten Mann den Analverkehr. Deshalb sei keine Vergewaltigung gemeint.[10] Viele christliche Exegeten sind dieser Exegese gefolgt.[11]
Der Ausdruck „Gräuel“ (to ebah) bezeichnet in der deuteronomistischen Theologie stereotyp aus Kanaan und von anderen Völkern übernommene Kultpraktiken, die gemäß dem Ersten Gebot des Dekalogs als Götzendienst verurteilt wurden und in Israel unbedingt abgeschafft werden sollten.[12] Er erscheint in der Tora erstmals in Lev 18,22. In Vers 21 werden Menschenopfer für den Götzen Moloch verboten, die in der Bibel als schlimmster Gräuel fremder Völker galten. Vers 23 verurteilt sexuellen Verkehr mit Tieren (Zoophilie) als „Schändliches“. In Lev 20 erscheint der Ausdruck „Gräuel“ nur in Vers 13. Daraus folgern viele Exegeten, dass diese Taten als besonders schwere kultische Vergehen galten, weil sie ausländischen Bräuchen folgten, damit die Identität des erwählten Gottesvolkes gefährdeten und den Verlust des Landes heraufbeschworen. Deshalb habe Lev 18-20 nicht nur den Israeliten, sondern auch den in Israel lebenden Fremden dafür die Todesstrafe angedroht.[13]
Wolfgang Stegemann (1988) und Renate Jost (2006) haben dieser Annahme widersprochen: Der Analverkehr werde hier nur wegen der „Feminisierung“ des penetrierten Mannes verboten. Es gehe um demütigende Gewaltakte wie in Gen 19 und Ri 19, die Macht und Überlegenheit demonstrieren sollten. Egalitäre Männerbeziehungen und eine homosexuelle Kultur seien davon nicht betroffen.[14]
Zudem wird das Verbot des Analverkehrs aus dem Tabu erklärt, lebensspendendes Sperma zu vergeuden. Diese Vergeudung bedrohte aus damaliger Sicht die patriarchalische Gesellschaftsstruktur, die religiöse Identität Israels und seinen Fortbestand.[15] Weil nur das männliche Sperma als lebenserzeugend galt, sei der Kontakt mit dem Sperma eines anderen Mannes und die weibliche Rolle und Position des penetrierten Mannes als „Gräuel“ tabuisiert worden. Aus diesem Grund seien auch Masturbation (Gen 38,7-10) und der Kontakt von Sperma mit Menstruationsblut (Lev 18,19; 20,18) tabuisiert worden. Weil die Frau als dem Mann unterlegen und unterworfen galt, habe man weibliches und männliches Verhalten streng unterschieden und auch Travestie als „Gräuel“ verboten (Dtn 22,5).[16] Travestie war als Kult der babylonischen Göttin Ištar (Astarte) in Israel bekannt.[17] Diesen Hintergrund lege auch das Verbot von Paarungen verschiedener Vieharten, Aussaat verschiedener Samen und aus verschiedenen Fäden (Sorten) gewobener Kleidung (Lev 19,19) nahe.[18]
Andere erklären das Verbot des Analverkehrs zwischen Männern nicht aus spezifisch israelitischen Tabus, sondern aus altorientalischen Geschlechterrollen.[19] Sie verweisen auf ein ähnliches Verbot im persischen Zend-Avesta (32,101): Ein Mann, der „bei einem Männlichen wie ein Mann bei einer Frau liegt“, sei ein Daeva (Unheilsbringer, Dämon) und solle auch ohne Obrigkeitsbefehl von Jedem getötet werden. Der Text wird frühestens in das 6. Jahrhundert v. Chr. datiert.[20]
Das Verbot wird in der Bibel nirgends wiederholt und zitiert.[21] Auch Anklagen und Hinrichtungen deswegen sind nicht überliefert. Gleichwohl nahm Erhard S. Gerstenberger an, Strafgebote für Verehrer fremder Götter wie Dtn 17,4 hätten auch für praktizierende Homosexuelle gegolten. Sie seien in Israel gesellschaftlich verfolgt worden.[22]
Gender-Theologen wie Stefan Alkier (2009) folgern aus dem Befund: „Hier wird jedenfalls nicht ‚Homosexualität‘, sondern bestenfalls ein kleiner Ausschnitt aus dem, was heute mit dem Konzept ‚Homosexualität‘ assoziiert wird, verworfen.“ Liebe, Partnerschaft, Zärtlichkeit und Erotik zwischen Mann und Mann, Frau und Frau würden in der Bibel nicht verboten, ja nicht einmal als Problem gesehen.[23]
Konservative Ausleger dagegen betrachten Lev 18,22 und 20,13 als unbedingtes, von Zeitumständen unabhängiges Verbot von jeder Art Homosexualität. Da es auch Nichtisraeliten die Todesstrafe androhe, sei es nicht auf vergangene Fremdkulte begrenzt, sondern habe auch im Urchristentum weitergegolten.[24] Werner Führer verwies darauf, dass im Kontext auch Inzest (Lev 18,6-18; 20,11-12) und Ehebruch (Lev 18,21; 20,10) verboten werden. Er folgerte, diese Gebote seien eine „Ausführungsbestimmung zum sechsten (siebenten) Gebot“ (dem Ehebruchverbot), hätten also den gleichen Rang wie die Zehn Gebote und seien im Ersten Gebot verankert. Homosexuelle Praxis sei somit für Gottes Volk apodiktisch ausgeschlossen und unter keinen Umständen mit dem Glauben an den Gott Israels vereinbar.[25]
Sodom (Gen 19)
→ Hauptartikel: Sodom und Gomorrha
Gen 19,1-29 EU erzählt, wie zwei männliche Gottesboten („Engel“) Lot, den Neffen Abrahams, besuchen und er sie zur Übernachtung einlädt. Darauf umstellen die männlichen Bewohner der Stadt Sodom sein Haus und bedrohen seine Gäste mit kollektiver Vergewaltigung (v. 5): „Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Heraus mit ihnen, wir wollen mit ihnen verkehren.“ Lot nennt dieses Vorhaben ein „Verbrechen“ und versucht, die Sodomiter mit dem Angebot davon abzubringen (v. : „Seht, ich habe zwei Töchter, die noch keinen Mann erkannt haben. Ich will sie euch herausbringen. Dann tut mit ihnen, was euch gefällt. Nur jenen Männern tut nichts an; denn deshalb sind sie ja unter den Schutz meines Daches getreten.“ Darauf bedrohen sie ihn als Fremden selbst. Die Gottesboten schützen Lot und seine Familie, indem sie die Sodomiter mit Blindheit schlagen, und verhelfen den Bedrohten dann zur Flucht aus der Stadt. Dem folgt Gottes vernichtendes Strafgericht an Sodom und der benachbarten Stadt Gomorrha.
Nach traditioneller christlicher Exegese galt die göttliche Bestrafung von Homosexualität als „widernatürlicher Unzucht“ („Sodomie“) als Thema des Textes. Dagegen sah Derrick Sherwin Bailey 1955 die Verletzung des altorientalischen Gastrechts als sein Thema an und schloss einen Bezug zur Homosexualität aus. Dabei verstand er das hebräische Verb yada („erkennen“) in Vers 5 als „kennenlernen“, nicht als „Geschlechtsverkehr haben“.[26] Er argumentierte, yada habe in der Bibel nur an wenigen Stellen sexuelle Bedeutung und bezeichne dann immer den heterosexuellen Geschlechtsverkehr. Für homosexuellen Verkehr werde sonst das Verb šakab verwendet, so dass es in Vers 5 nicht um Homosexualität gehe.
Vertreter der christlichen Ex-Gay-Bewegung wie Joe Dallas, Bob Davies und Roland Werner wiesen diese Exegese zurück: Yada in Vers 5 sei sexuell gemeint, weil auch die Jungfräulichkeit von Lots Töchtern mit diesem Verb ausgedrückt werde. Ginge es nur um den Bruch des Gastrechts, wäre weder Lots Reaktion auf das „Übel“ der Angreifer (Vers 7) noch Gottes Vernichtung der gesamten Städte mit allen ihren Bewohnern verständlich. Das Verhalten der Sodomiter werde schon vorher insgesamt gerügt (Gen 13,13; 18,20f.), so dass Homosexualität dort üblich gewesen sein könne. Gen 19 beschreibe nur den strafauslösenden Höhepunkt dieser Perversion. Damit würden also sowohl einvernehmliche wie gewaltsame homosexuelle Akte verurteilt. Auch im NT (Jud 7, 2Petr 2,7) werde Sodoms Sünde als „Unzucht“, also beständiges sexuelles Verhalten bezeichnet. Schon im 2. Jahrhundert hätten christliche Ausleger darunter Homosexualität verstanden.[27]
Die meisten historisch-kritischen Exegeten sehen wie Bailey den Bruch des Gastrechts, nicht Homosexualität als solche als das gemeinte Vergehen der Sodomiter an. Anders als Bailey deuten sie yada in Vers 5 jedoch analog zu Vers 8 als sexuelle Gewalt: Die Sodomiter hätten eine Massenvergewaltigung vorgehabt, da sonst das Ersatzangebot Lots, seine Töchter zu entjungfern, keinen Sinn ergebe. Bei ihrer Forderung an Lot gehe es jedoch nicht um homosexuelles Begehren, sondern um die Behandlung fremder Männer wie eine Frau und als Sexualobjekt, um sie zu unterwerfen und zu demütigen.[28] George Edwards beurteilte das Verlangen der Sodomiter 1984 als „phallische Aggression“, verursacht durch „übermäßige fremdenfeindliche Arroganz“.[29] Der Alttestamentler Martti Nissinen wies nach, dass Massenvergewaltigung von Männern durch heterosexuelle Männer im Altertum ein verbreitetes Mittel zur sexuellen Erniedrigung von Feinden war.[30] Zahlreiche heutige Exegeten sehen daher den Bruch des Gastrechts durch eine Massenvergewaltigung, nicht sexuelle Paarbeziehungen zwischen Männern als das, was Gen 19 als „Sünde Sodoms“ verurteile. Michael Brinkschröder aktualisiert den Text befreiungstheologisch: Gen 19 verurteile eher Gewalt an Homosexuellen, wenn man sich die beiden männlichen Engel als homosexuelles Paar vorstelle.[31]
Der Text gehört zum Abraham-Lot-Sagenkreis und bildet mit Gen 13 und 18 eine literarische Einheit. Nach Lots Trennung von Abraham (Gen 12) lässt er sich in Sodom nieder. Gen 13,13ff. erwähnt bereits die Bosheit der Sodomiter und kündigt Sodoms Vernichtung an. Der Handlungsverlauf von Gen 18 und 19 ist teilweise parallel gegliedert. Fremden Besuchern, anonymen Gottesboten, wird Gastfreundschaft gewährt, die sie mit einer göttlichen Gabe erwidern: in Gen 18 mit der Verheißung eines Sohnes für die hochbetagten Erzeltern Abraham und Sara, in Gen 19 mit der Rettung Lots und seiner Familie aus Gottes Strafgericht. Nach beiden Besuchen werden Stammväter ganzer Völker geboren. Zudem verknüpfen Kontrastmotive die Texte: Der Besuch in Mamre geschieht tags und verläuft friedlich, der in Sodom nachts und unter äußerst bedrohlichen Umständen. Der späten Schwangerschaft Saras stehen sexuelle Gewalt und Zeugung von Nachkommen durch Inzest (Gen 19,30-38) gegenüber. Hauptakteur in beiden Kapiteln ist JHWH, der seine Boten von Abraham zu Lot sendet und Sodom einer Prüfung unterzieht (Gen 18,16-33), aus der Lot als einziger vor Gottes Gericht verschonter Gerechter hervorgeht.[32]
Das Motiv des „Erkennens“ durchzieht die Texteinheit: So wie Gott Abraham als gerecht „erkennt“ (Gen 18,19) und ihm darum auf übernatürliche Weise einen Sohn schenkt, so will er „wissen“ (Gen 18,21), wie es um die Rechtschaffenheit der Sodomiter steht, für deren Schonung Abraham eintritt. Diese wiederum wollen Lots fremde Gäste „erkennen“ (Gen 19,5), worauf Lot ihnen seine Töchter anbietet, die noch von keinem Mann „erkannt“ worden seien (19,. Laut Michael Brinkschröder bezeichnet das Verb in Vers 5 daher ein gegen Gottes Recht gerichtetes gewaltsames sexuelles Handeln. Als ebenso schweres Unrecht erweise sich Lots Anbieten seiner Töchter, mit dem er sie der Gewalt ausliefert und sich so zum Richter über Leben und Tod seiner Nachkommen macht. Während er damit scheitert, wahren die Boten beide Male Gottes Autorität: In Mamre decken sie Saras Zweifel an Gottes Verheißung und somit Gottes Allwissen auf, in Sodom schlagen sie die Sodomiter mit Blindheit, machen ihre moralische Verdorbenheit anschaulich und verhindern ihr verbrecherisches Vorhaben. Somit sei die gnädige Durchsetzung der Rechtsordnung Gottes das eigentliche Thema dieser Texteinheit.[33]
Dabei setzten die Vätergeschichten (Gen 11-34) laut Wolfgang Oswald noch nicht die in der Heilsgeschichte erst später offenbarte schriftliche Tora voraus, sondern eine Art Naturrecht, das den ethischen Maßstäben der Profetie des 8. Jahrhunderts entsprach („Recht und Gerechtigkeit“ bei Amos, „Solidarität/ Hingabe“ bei Hosea). Einzelne Vätergeschichten veranschaulichen exemplarisch Schutz der Fremden, der Gäste, der Familie (Inzestverbot) und der Menschenwürde von Frauen (Gen 34). Sie behaften die Nachbarvölker der Israeliten auf diese Rechte, gehen also von ihrer allgemeinen Bekanntheit aus. Demnach sei Gen 19 nicht als erzählerische Ausführung der Verbote Lev 18/20 und nicht als Anweisung zur Bestrafung von Homosexualität zu deuten.[34]
Der Untergang Sodoms und Gomorrhas wird im Tanach häufiger als alle übrigen Ereignisse der Väterzeit erwähnt. Homosexualität wird dabei nie genannt. Als Freveltaten Sodoms galten stattdessen soziale Vergewaltigung (Jes 1,9f.), Ehebruch, Lüge, Ermutigen des Übeltäters (Jer 23,14), Anmaßung, Überfluss, verweigertes Teilen mit den Armen und sorglose Ruhe (Ez 16,49). Claus Westermann sah das Gottesgericht über die beiden Städte daher als konstanten Kern der biblischen Überlieferung, die Freveltaten als beliebig austauschbar an. Die Verse Gen 19,4-9 seien den Schriftpropheten nicht bekannt gewesen, gehörten also einer jüngeren Überlieferung an.[35] Martin Stowasser folgerte aus diesem Befund: „Eine implizite negative Beurteilung von Homosexualität in Gen 19 bleibt daher fragwürdig und würde sich genau genommen nur auf homosexuelle Vergewaltigung beziehen.“[36]
Gibea (Ri 19)
Ri 19,15-30 EU erzählt von einem Leviten, der nach einem mehrtägigen Besuch seines Schwiegervaters mit seiner Nebenfrau, einem Knecht und Lasttieren von Betlehem an Jerusalem vorbei nach Gibea im Stammesgebiet der Benjaminiter zieht und dort von einem alten Mann als Gast aufgenommen wird. Während des Abendessens umringen Stadtbewohner das Haus des Gastgebers und fordern (v. 22): „Bring den Mann heraus, der in dein Haus gekommen ist; wir wollen unseren Mutwillen mit ihm treiben.“ Er lehnt mit Verweis auf das Gastrecht ab (v. 23): „Nein, meine Brüder, so etwas Schlimmes dürft ihr nicht tun. Dieser Mann ist als Gast in mein Haus gekommen; darum dürft ihr keine solche Schandtat begehen.“ Er bietet stattdessen seine jungfräuliche Tochter und die Nebenfrau des Leviten an. Nachdem dieser seine Nebenfrau hinausbringt, vergewaltigen die Männer sie die ganze Nacht lang. Am Morgen findet ihr Mann sie bewusstlos oder tot vor der Haustür liegend und transportiert sie in seinen Heimatort. Dort zerteilt er sie in zwölf Stücke und schickt die Teile „in das ganze Gebiet Israels“, um zum Nachdenken über die Tat aufzurufen. Daraufhin beschließt der damalige Zwölfstämmebund der Israeliten einen Rachefeldzug gegen die Benjaminiter.
Die Erzählung ist literarisch eng mit Gen 19,1-29 verwandt, enthält mehrere sprachlich fast identische Wendungen und ist anfangs ähnlich gegliedert: Der Ankunft und Aufnahme des/der Fremden folgen Überfall, Abwehr des Überfalls und Ersatzangebot des Wirts. Anders als Lots Töchter in Gen 19 wird die Frau in Ri 19 ausgeliefert und vergewaltigt. Das Verbrechen endet mit dem Tod des Opfers, der den folgenden Krieg veranlasst. Das ausgeführte Verbrechen an der Frau hat somit stärkeres Gewicht als der Vergewaltigungsversuch an ihrem Mann. Die meisten Exegeten nehmen an, dass Ri 19 älter ist als Gen 19 und als dessen literarische Vorlage diente. Sie datieren beide Texte in das 8. vorchristliche Jahrhundert vor der Zerstörung Samarias (722 v. Chr.), als das Nordreich Israel von Zerfall und starker Rechtsunsicherheit bedroht war.[37]
Der Levit stellt das Verbrechen an ihm rückblickend als Mordversuch dar (Ri 20,5), ohne den Vergewaltigungsversuch zu erwähnen. Nach Ilse Müllner (1995) war schon die Bedrohung, „im Akt der Feminisierung zum Opfer gemacht zu werden“, für damalige Männer äußerst demütigend. Darum hätten sie sie anderen Männern gegenüber verschwiegen. Der Vergewaltigungsversuch sei nicht als homosexuelle Begierde, sondern als sexuelle Gewalt gegen Fremde zu verstehen: „Die Bedrohung, die vom fremden Mann ausgeht, wird dadurch abgewehrt, dass dieser fremde Mann feminisiert wird.“ Sie wies damit eine ältere Deutung von Hans-Winfried Jüngling (1981) zurück. Dieser meinte, die Frevler hätten von Anfang an die Nebenfrau des Leviten vergewaltigen wollen und die Vergewaltigung des Mannes nur gefordert, um den Wirt zur Auslieferung der Frau zu nötigen.[38] Damit habe Jüngling den „Gewaltakt mit der Waffe der Sexualität“ gegen den fremden Mann übersehen und Homosexualität auf sexuelle Begierde reduziert, die sich ausschließlich auf Männer richten könne.[39]
Die „Schandtat von Gibea“ wird in der Bibel nirgends aufgegriffen. Die Evangelische Kirche in Deutschland lässt Ri 19 und Gen 19 in Stellungnahmen zur Homosexualität seit 1992 außer Betracht, weil es dort „um Demütigungen und um einen Gewaltakt geht“.[40]
Die Qedeschen
Einige Verse zur Königszeit des Reiches Juda erwähnen qedeschen (Kultdiener). Die Israeliten hätten diesen schweren „Gräuel“ der Kanaaniter unter König Rehabeam nachgeahmt (1 Kön 14,24), aber Asa (15,12), Joschafat (22,47) und Joschija (2 Kön 23,7) hätten diese Personen gemäß JHWHs Willen beseitigt.
Das hebräische Wort qedeschen (Plural von קָדֵשׁ, qadesch) bedeutet wörtlich „Geweihte“, wird aber in deutschen Bibelübersetzungen oft mit „Hierodulen“, „Tempelhurer“, „Weihedirnen“ (Hos 4,14) oder „Lustknaben“ (Hi 36,14) übersetzt. Dahinter steht die seit James George Frazer (Golden Bough 1922) übliche These, dieses weibliche und männliche Personal sei an Kultorten zur organisierten Tempelprostitution verfügbar gewesen. Diese sei in Kanaan wie auch in Mesopotamien als Imitation der Heiligen Hochzeit von Fruchtbarkeitsgottheiten geübt worden.[41]
Die Einheitsübersetzung von Dtn 23,18 EU lautet daher: „Unter den Frauen Israels soll es keine sakrale Prostitution geben, und unter den Männern Israels soll es keine sakrale Prostitution geben.“ Diese Übersetzung von qedeschen wurde aus dem parallel gebauten Folgevers gefolgert, der „Hurenlohn“ als Tempelspende verbietet. Das scheint Einkünfte aus erwerbsmäßig getriebener Prostitution von Frauen und Männern im Tempel vorauszusetzen.[42]
Seit 1992 stellen mehrere Bibelwissenschaftler diese Thesen in Frage, weil es weder für einen kanaanäischen Fruchtbarkeitskult noch für sakrale oder kultische Prostitution im Raum Israels direkte Belege gebe. Die dazu herangezogenen Bibelstellen gäben die unterstellte sexuelle Konnotation des Ausdrucks qedeschen und Bezüge auf Sexualriten nicht her. Welchen homosexuellen Kult Dtn 23,18 angeblich mit verbiete, sei vollends unklar, da Homosexualität nicht als Fruchtbarkeitsritus denkbar war.[43]
Welche Praktiken der qedeschen wegen der alleinigen Verehrung JHWHs in Israel abgelehnt wurden, ist ungeklärt.[44] Hermann-Josef Stipp schließt aus, dass in Dtn 23,18 israelitische Kultprostituierte gemeint sind, weil das Verbot dann im krassen Widerspruch zum deuteronomisch eingeschärften Ersten Gebot nichtisraelitische Kultprostituierte zugelassen hätte. Er folgerte: Es könne hier nur um profane Prostitution gehen. Homosexuelle Prostitution von Männern und Frauen werde hier nur den Israeliten, nicht allgemein verboten. Damit erhärtet er, dass es in der Bibel kein zeitübergreifendes Verbot von Homosexualität gebe.[45]
David und Jonatan
Umarmung zwischen David und Jonatan in einer Illustration des 14. Jahrhunderts
1 Sam 18,1-4 EU: Nach dem Gespräch Davids mit Saul schloss Jonatan David in sein Herz. Und Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben. […] Jonatan schloss mit David einen Bund, weil er ihn wie sein eigenes Leben liebte. Er zog den Mantel, den er anhatte, aus und gab ihn David, ebenso seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel.
2 Sam 1,26 EU: Weh ist mir um dich, mein Bruder Jonatan. Du warst mir sehr lieb. Wunderbarer war deine Liebe für mich als die Liebe der Frauen.
Diese Aussagen sind Teil der Aufstiegsgeschichte Davids (1Sam 16-2Sam , die sein Königtum über Gesamtisrael als Gottes Vorsehung legitimieren sollte, da er kein Sohn seines Vorgängers König Saul war. Dazu beschreibt sie auch Davids enges persönliches und politisches Bündnis mit Jonatan, einem der Söhne Sauls und Thronanwärter.[46]
Seit 1900 deuteten manche Autoren im Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen von Magnus Hirschfeld diese Stellen beiläufig als literarische Hinweise auf eine homoerotische oder homosexuelle Beziehung.[47] Thomas Horner (1978) sah eine sexuelle Konnotation des Wortes „lieben“ (hebr. chafez) in jenen Bibelstellen.[48]
Erhard Gerstenberger (1993) meinte: Da 2 Sam 1,26 Frauen- und Männerliebe direkt vergleiche, könne David durchaus neben acht Hauptfrauen auch eine homosexuelle Beziehung gehabt haben. Er folgerte, die Todesstrafenforderung in Lev 20,13 sei erst nachexilisch entstanden.[49] Für Karl Hoheisel (1994) kann „lieben“ in 1 Sam 19,1 und 2 Sam 1,26 auch „erotisch begehren“ bedeuten. Davids Totenklage klinge „wie die kürzeste Form gleichgeschlechtlicher Liebe“ und beschreibe diese zwar nicht als quasi eheliche Gemeinschaft, doch mit einer „Intimität, die bis an die äußersten Grenzen inniger Freundschaft oder politischer Verschwörung geht.“ Zur Zeit Davids hätten die benachbarten Philister, bei denen Homosexualität vermutlich nichts Anstößiges gehabt habe, die Sexualnormen der israelitischen Oberschicht beeinflusst. Deren Verhalten sei von den Sexualnormen der Tora abgewichen. Die Weisheitsliteratur der Königszeit wiederhole die Verbote Lev 18,22 und 20,13 nicht. Demnach hätten die Endredakteure der Samuelbücher eine homosexuelle Partnerschaft Davids nicht unbedingt als skandalös empfunden. Die Samuelstellen könnten auf eine „Liaison zweier Bisexueller“ hindeuten.[50] Sigrid Schroer und Thomas Staubli (1996) fanden im Hohenlied Wendungen, die 1 Sam 18,1.4 („liebte … wie sein eigenes Leben/ wie seine Seele“) und 1 Sam 19,1 („hatte … sehr gern“) ähnelten: In Hld 1,7 und 3,1-4 bezeichnet eine Frau ihren Geliebten als „den, den meine Seele liebt“, um ihre tiefe erotische Sehnsucht auszudrücken.[51]
Markus Zehnder (1998) betonte demgegenüber: Die Texte zur Freundschaft Davids und Jonatans enthielten keine sexuellen Motive und nicht die für Geschlechtsverkehr üblichen hebräischen Verben šakab („liegen“) und yada („er-kennen“). Sie stellten ihren Bund durchgehend in den Kontext politischer Vorgänge und Absichten, um David nicht als Feind des Hauses Saul zu zeigen.[52] Der Neutestamentler Robert A. J. Gagnon (2001) schloss eine sexuelle Beziehung zwischen David und Jonatan aus, weil von beiden im Kontext sexuelle Beziehungen mit Frauen, Heirat, Ehebruch und Konkubinate berichtet werden. Die Autoren der Samuelbücher hätten ihre emotionale Freundschaft hervorgehoben, weil sie keine anstößige homosexuelle Beziehung darin fanden.[53] Die meisten Exegeten gehen allenfalls von nichtsexuellen homoerotischen Anklängen der Samueltexte aus.[54]
Lesbische Sexualität
Der Tanach erwähnt nirgends sexuelle Handlungen zwischen Frauen. Das Verbot des Analverkehrs (Lev 18,22) spricht nur Männer an, während das Verbot der Zoophilie (Lev 18,23) die Frau erwähnt. Historisch-kritische Exegeten erklären den Unterschied verschieden: Homoerotik zwischen Frauen sei in biblischer Zeit nicht als Sexualität betrachtet worden, da dabei kein Sperma ausgeschüttet wird. Frauen seien nicht als mit Männern gleichrangig bewertet worden. Biblische Autoren hätten lesbische Sexualität nicht gekannt. Andere meinen, das Verbot des männlichen Analverkehrs beziehe sich auf alle Homosexualität und schließe lesbische Handlungen ein.[55] Die meisten Historiker folgern jedoch, sexuelle Handlungen zwischen Frauen seien für die Israeliten nicht strafwürdig gewesen.[56]
In Rut 1,16-17 EU verspricht die Moabiterin Ruth der Israelitin Noemi: „Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein. Der Herr soll mir dies und das antun – nur der Tod wird mich von dir scheiden.“ Dieses Versprechen bezieht sich im Kontext auf den Beistand einer Schwiegertochter für ihre Schwiegermutter, nachdem deren Mann und Söhne gestorben waren, so dass sie nun ohne Versorger und ohne Schutz dastand. Es ist ähnlich wie ein Bundesvertrag formuliert und wird traditionell als Ehegelübde bei christlichen Trauungen zitiert, aktuell auch bei der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare.
Seit den 1930er Jahren deuteten manche Romanautoren diese Stelle als Liebeserklärung im Sinn einer lesbischen Partnerschaft. Diese habe auch nach Ruths Wiederheirat Bestand gehabt.[57] Thomas Horner räumte ein, dass der Wortlaut keine sexuelle Komponente enthalte. Doch seien die beiden Frauen während und wegen dieses ehe-ähnlichen Versprechens keine sexuellen Beziehungen zu Männern eingegangen. Noemi habe sich nie wieder, Ruth habe sich erst viel später an einen älteren Mann wie an einen Vater gebunden.[58] Die meisten Bibelexegeten bestreiten diese Deutung, weil laut dem Kontext beide Frauen zuvor, Ruth auch danach mit einem Mann verheiratet waren und gerade der Verlust ihrer Ehegatten als Anlass ihrer engen Freundschaft dargestellt wird.[59] In Rut 3,9 sagt Ruth zu dem Israeliten Boaz: „Breite den Zipfel deines Gewandes über deine Magd…“. Diese Wendung war wie in Ez 16,8 ein symbolischer Heitratsantrag.[60]
Neues Testament
Evangelien
Die Haltung des Jesus von Nazaret zur Tora war für alle Urchristen maßgebend. Jedoch überliefern 24 von 27 NT-Schriften, darunter die vier Evangelien, keine Aussagen über homosexuelles Verhalten. Die Evangelien stellen heraus, dass Jesus die Tora erfüllte und dies von seinen Jüngern erwartete (Mt 5,17-19), zeigen aber auch, dass er die Tora auf einzigartige und souveräne Weise interpretierte, so dass sie den Armen, Notleidenden und ausgegrenzten Randgruppen zugutekam. Dass Jesus Homosexualität nicht thematisierte, wird daher gegensätzlich gedeutet. Dabei erkennen beide Seiten Jesu konkretes Verhalten zu bestimmten Torageboten als Maßstab zur ethischen Beurteilung von Homosexualität an.
Evangelikale Ausleger nehmen an, Jesus habe sich nur zu strittigen Torageboten geäußert, also die biblischen Verbote homosexuellen Verkehrs wie das damalige palästinische Judentum als gültig vorausgesetzt. Heinzpeter Hempelmann meinte (2001): Da die Evangelien auffälliges Abweichen Jesu von der überlieferten Tora-Auslegung hervorhoben, hätten sie eine Duldung von Homosexualität als enormen Skandal vermerkt. Jesu Schweigen sei daher nicht als solche Duldung zu deuten. Vielmehr habe er Homosexualität wie alle toratreuen Juden abgelehnt.[61] Robert Gagnon meinte (2003): Weil die Tora Homosexualität, Inzest und Zoophilie eindeutig verbietet, sei im Judentum des 1. Jahrhunderts darüber kein Auslegungsstreit aufgekommen, während man über heterosexuelle Untreue und Ehescheidung gestritten und abweichende Minderheitsmeinungen zugelassen habe.[62]
Gendertheologen und liberale Moraltheologen wie Valerie Hinck und Wiebke Krohn nehmen dagegen an, Homosexualität habe für Jesus keine theologische Bedeutung gehabt. Wäre sie für ihn ein Problem gewesen, hätte er wie bei anderen Streitthemen dazu Stellung genommen. Sie schließen aus Jesu Zuwendung zu damals moralisch verdammten Randgruppen, Leprakranken, Prostituierten, Ehebrecherinnen und Samaritanern, dass Jesus auch Homosexuelle nicht verurteilt und von Gottes Heil ausgeschlossen habe. Sie verweisen darauf, dass er das Gebot der Nächstenliebe mit der Gottesliebe gleichstellte und so allen übrigen Torageboten überordnete.[63] Hedwig Porsch fasste zusammen: „Für ihn ist Heuchelei ein viel größeres Hindernis für das Reich Gottes als die Einhaltung bestimmter Sexualformen.“[64]
Mk 7,21f.
Mk 7,21f. EU: „Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.“
Dieser Laster-Katalog nennt an erster Stelle porneia („Unzucht“). Der Ausdruck bezeichnete im Judentum damals alle Formen von Sexualverkehr außerhalb der religiös normativen heterosexuellen Einehe in Abgrenzung von griechisch-römischen Verhaltensweisen, darunter beiläufig auch homosexuellen Verkehr.[65] Für konservative Exegeten belegt diese Stelle, dass Jesus die Toraverbote von Ehebruch, Inzest, Zoophilie und Homosexualität in Lev 18-23 bekräftigt habe, so dass sie im Christentum gültig geblieben seien. Er habe mit Mk 7,19 die Speise- und Zeremonialgesetze aufgehoben, aber in Mk 7,21-23 die moralischen Gebote wiederholt.[66]
Sozialgeschichtlich orientierte Exegeten bezweifeln, dass Jesus porneia wie Lev 18-23 verstand.[67] Denn nach der Logienquelle waren seine Adressaten und Anhänger Bettelarme, Tagelöhner, Fischer und landlose Kleinbauern. Sie gehörten somit zur verarmten, verschuldeten und machtlosen Landbevölkerung Palästinas (Am haaretz: Mt 4,23; 5,3). Manche gebildeten Schriftgelehrten und die städtische, vom Jerusalemer Tempelkult abhängige Oberschicht der Sadduzäer waren seine Gegner. Ihre Tora-Auslegung zielte auf die uneingeschränkte Geltung der Tora und berücksichtigte das Landvolk kaum.[68]
Andere verweisen auf den Kontext der Stelle. In Mk 7,15 heißt es: „Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.“ Jesus habe hier die jüdischen Reinheitsvorschriften aufgehoben und die innere, geistige Reinheit anstelle der äußerlichen Reinheit betont. Damit habe er auch das Toraverbot homosexueller Handlungen relativiert.[69]
Beide Sichtweisen betrachten Mk 7,1-23 als literarische Einheit. Historisch-kritische Exegeten bestreiten diese und halten darin nur Mk 7,15 für authentisch, weil die Aussage mit anderen Jesusworten übereinstimmt: Die Ursache aller Unreinheit sei das menschliche Herz, aus dem die bösen Gedanken kommen, auf die böse Taten folgen. Erst in der nichtöffentlichen Jüngerbelehrung (Mk 7,17ff.) heißt es: „Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein.“ Diese Deutung und der folgende Lasterkatalog stammten von Urchristen. Sie definierten Reinheit nicht mehr kultisch, sondern sozial, um ihre Mission unter Nichtjuden zu erleichtern.[70] Das fünfte bis siebte der Zehn Gebote steht hinter der Reihe „Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier“.[71] Nach aktuellem Forschungsstand hat Jesus in Mk 7 die Speisegebote der Tora (Lev 11) nicht aufgehoben, sondern bekräftigt, indem er halachische Reinigungsriten wie das Händewaschen zurückwies und die Autorität der damaligen Toralehrer bestritt.[72]
Mk 10,6-9
Nach Mk 10,6-9 EU (par. Mt 19,4-6) antwortete Jesus auf eine Pharisäerfrage nach dem Recht zur Ehescheidung: „Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. […] Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Auch eine Frau begeht Ehebruch, wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet.“
Weil das nahe Gottes Reich die Schöpfung erneuern werde, stellte Jesus den Schöpferwillen aktuell gegen manche Toragebote und folgerte daraus die unauflösliche Einehe als Ort legitimer Sexualität, das strikte Verbot der Scheidung und der Wiederheirat Geschiedener.[73] Damit wies er das Toragebot Dtn 24,1 zurück, das einem israelitischen Mann die Scheidung erlaubte, wenn er ein Ehevergehen seiner Gattin schriftlich bezeugte und ihr eine Scheideurkunde aushändigte (Mk 10,2-5). Da die erste Ehe für Jesus unauflösbar blieb, beurteilte er eine Wiederheirat als Ehebruch. Diese strenge Position vertrat damals auch die Rabbinerschule Schammai. Sie gilt als Versuch, jüdische Frauen angesichts damaligen sozialer Entwurzelungsprozesse vor männlicher Willkür und Rechtlosigkeit zu schützen.[74] Die Einschränkung „außer bei Unzucht“ (Mt 19,9) relativierte das unbedingte Scheidungsverbot wieder und gilt allgemein als matthäischer Zusatz.[75]
Für Wolfhart Pannenberg verbietet dieses Jesuswort, die heterosexuelle Ehe als eine Lebensform unter anderen zu betrachten und mit homosexuellen Lebensgemeinschaften gleichzustellen.[76] Für Ulrich Mauser begründet Gen 1-2 alle sexualethischen Aussagen Jesu und des NT. Danach sei Heterosexualität wie der aufeinander bezogene Unterschied von Mann und Frau eine ontologische Bestimmung. Sexualität sei auf das lebenslange Zusammensein mit einem Partner angelegt und diene unlösbar der Fürsorge für Kinder und Familie und der Gemeinschaft. Die moderne Sicht von Homosexualität als „Orientierung“ erhebe dagegen die Wünsche und Bedürfnisse des Individuums zum höchsten Maß. Beide Sichten seien unvereinbar.[77]
Konservative Autoren betonen, dass Jesus in allen von ihm überlieferten konkreten Aussagen bezüglich sexueller Reinheit in seinen Erwartungen deutlich über das hinausgehe, was im Alten Testament und im palästinischen Judentum des ersten Jahrhunderts üblich war. So radikalisiere Jesus das alttestamentliche Ehebruchsverbot (Mt 5,27-30 EU) und verbiete in den drei synoptischen Evangelien und bei Paulus die Ehescheidung mit der Begründung, dass eine Wiederheirat Ehebruch sei (Mt 5,23 EU) (Mk 10,11-12 EU) (Lk 16,18 EU) (1 Kor 7,11-12 EU). Im Markusevangelium begründet Jesus das Ehescheidungsverbot mit der Schöpfungsgeschichte und der dort von Gott eingesetzten, untrennbaren heterosexuellen Ehe (Mk 10,2-12 EU), was konservativen Autoren als implizite Ablehnung von gleichgeschlechtlichen sexuellen Beziehungen interpretieren.[78][79]
Sie verweisen zudem darauf, dass Jesus sich Sündern zugewandt und in seine Gemeinschaft eingeschlossen habe, aber nicht um sie in ihrem Verhalten zu bestärken, sondern um sie zur Umkehr zu bewegen. In den drei Beispielen im Umgang mit Frauen, die sich sexuell verfehlt hatten, gebe es keine Anzeichen, dass er ihr Fehlverhalten gutheiße. Er habe die Ehebrecherin nicht verurteilt, sondern sie zu einem Leben nach Gottes Gebot aufgefordert („nicht mehr sündigen“), was sexualethisch und nicht ontologisch zu verstehen sei. Der Frau in Lukas 7 werden laut Robert Gagnon die Sünden vergeben, sie werden nicht toleriert. Die Samaritanerin am Brunnen (Joh 4 EU) wird zur Evangelistin.[80]
Nach Andreas Mohr spitzt Jesus dem Zeugnis der Evangelien zufolge das jüdisch-hellenistische Eheverständnis gemäß seinem Konzept der mitmenschlichen bzw. göttlichen Philanthropie zu (Mt 5,27-30 EU); wobei in allen drei synoptischen Evangelien die Ehescheidung mit der Begründung, dass eine Wiederheirat Ehebruch sei (Mt 5,23 EU) (Mk 10,11-12 EU) (Lk 16,18 EU) (1 Kor 7,11-12 EU), verboten wird. Der Bruch der Ehe habe zugleich den Bruch einer menschlichen Gemeinschaft dargestellt, welcher vor allem die geschiedenen Frauen in der damaligen patriarchalen Gesellschaft in eine prekäre soziale Lage gebracht habe und dem geschiedenen Ehepartner, zumeist der geschiedenen Gattin, Herzeleid zugefügt habe.[81] Liberale Ausleger argumentieren, dass eine bloße positive Darstellung der heterosexuellen Ehe an und für sich noch keineswegs beinhalten müsse, dass parallel dazu auch sämtliche anderen Formen von zwischenmenschlicher Partnerschaft abzulehnen seien, da von der Hochschätzung eines Phänomens üblicherweise den Prinzipien der philosophischen und theologischen Logik zufolge methodisch nicht automatisch auf die angeblich damit einhergehende Negierung sämtlicher übrigen denkbaren Erscheinungsformen und Phänomene eines Themenkreises rückgeschlossen werden dürfe.[82] Jesus erscheine in den Schilderungen der Evangelien insgesamt als deutlicher „Nonkonformist“ mit Blick auf die Moral- und Gesellschaftsvorstellungen seiner Zeit, der sich – z. B. was seinen Umgang mit Prostituierten anbelangte, die auch nicht in gesetzeskonforme heterosexuelle Ehen eingebunden gewesen seien – als im philanthropischen Sinne eher milde und von der Strenge pharisäischer Kreise deutlich abweichend positioniert habe (Lk 7,36-50 EU). Dieser Umstand deute darauf hin, dass nicht einfach davon auszugehen sei, Jesus habe bezüglich aller durch ihn direkt nicht erwähnten Phänomene und Themenkreise automatisch mit der traditionell-pharisäischen bzw. saduzzäischen Thorauslegung seiner Zeit übereingestimmt.[83]
Mt 8,5-13
Mt 8,5-13 EU: „Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. […] Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.“
Für „Knecht“ steht im Griechischen hier pais („Junge, Kind“). In der synoptischen Parallele Lk 7,1-10 EU steht dabei das Adjektiv entimos („intim, geliebt“). So bezeichneten höhergestellte Römer jüngere, auch für Päderastie verfügbare Sklaven. Im Ausland tätige römische Militärführer nahmen oft ihre Sklaven dorthin mit.[84] Im Anschluss an Thomas Horner (1978) vertreten daher einige Exegeten die These, der pais sei ein Lustsklave des Centurio gewesen. Die intensive Bitte des befehlsgewohnten Offiziers um seine Heilung zeige eine homosexuelle Liebe. Da Jesus diese emotionale Bitte gelobt und den pais vorbehaltlos geheilt habe, habe er diese Liebesbeziehung offenbar gebilligt.[85]
Robert Gagnon wies diese Auslegung zurück: pais bezeichne hier einen leiblichen Sohn des Centurio, wie es die Logienquelle und Joh 4,46-54 nahelegten. Der Römer hatte laut Lk 7,5 eine Synagoge gestiftet, sei also ein „gottesfürchtiger“ Nichtjude gewesen. Die jüdischen Ältesten, die Jesus laut Lk 7,4 seine Bitte überbrachten, hätten Päderastie wie alle damaligen toratreuen Juden strikt abgelehnt. Mt 5,19 betone die Geltung aller Toragebote für Christen. Jesus habe die Sexualethik der Tora verschärft und Ausnahmeregeln aufgehoben (Mt 5,27-32). Hätte er hier eine sexuelle Beziehung gebilligt, so hätte er auch Nötigung und Vergewaltigung bejaht, zu der römische Sklavenhalter sich berechtigt sahen.[86] William Loader ergänzte: Auch wenn ein sexuelles Verhältnis zu Sklaven bei Römern üblich gewesen sei, lasse sich aus Jesu Reaktion keine Billigung ableiten. Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass er einer päderastischen Ausbeutung von Sklaven nicht widersprochen hätte.[87]
Aktuelle historisch-kritische Kommentare beachten diese Debatte nicht. Matthias Konradt erklärt die Perikope als vom Evangelisten gestaltetes Wunder Jesu an einem Nichtjuden, das dessen Vertrauen mit dem Unglauben in Israel kontrastiert, um den nachösterlichen Auftrag Jesu zur Völkermission (Mt 28,19) vorzubereiten.[88]
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Teil 2
Mt 5,22
Mt 5,22 EU: „Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“
Das mit „Dummkopf“ übersetzte Wort raka gilt als Transliteration des aramäischen Wortes rekah („leer, hohl“) und wird meist als Schimpfwort („Hohlkopf, hirnloser Tor/Narr“) gedeutet.[89] Der Aramäist Friedrich Schulthess (1922) leitete es jedoch von rakkah („zart, weich, schwach“) ab. Dieses aramäische Adjektiv bezeichne in femininer Form auch einen Mann mit weiblichen Eigenschaften, um ihn herabzusetzen.[90] Dem folgend nahmen manche Exegeten an, das Wort sei wie das griechische malakos (1 Kor 6,9) homosexuell konnotiert und eine schwere Beleidigung jüdischer Männer gewesen. Jesus habe in Mt 5,22 also das öffentliche Verächtlichmachen Homosexueller verurteilt.[91]
Robert Gagnon wandte ein: Falls raka in Mt 5,22 Männer als „weibisch“ beschimpfe, bedeute Jesu Verbot, dass er darin eine unrechtmäßige, existenz-zerstörende Verleumdung sah, eben weil Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert war. Gagnon verwies auf Joachim Jeremias, der keine Belege für die Deutung von raka als „weibisch“ sah.[92]
Joh 13,23
→ Hauptartikel: Lieblingsjünger
Joh 13,23 EU: „Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte.“
Dieser nicht namentlich genannte Jünger erscheint an weiteren Stellen des Johannesevangeliums: Ihm vertraut der sterbende Jesus seine Mutter an (19,26), er bezeugt als erster Jünger vor Simon Petrus das leere Grab (20,2) und den Auferstandenen (21,7). Von ihm sagt Jesus, er werde das Ende des Petrus überdauern (21,20). Zuletzt wird er mit dem Autor des Evangeliums identifiziert (21,24).
Die christliche Ikonografie stellte ihn seit dem frühen Mittelalter oft androgyn dar und regte Spekulationen über eine homoerotische Freundschaft Jesu an.[93] Für den Literaturwissenschaftler George Steiner (1996) ähnelt die in Joh 13,23 dargestellte Intimität antiken Texten über homoerotische Freundschaften zwischen Lehrer und Schüler, etwa bei Platon.[94] Der Theologe Theodore Jennings (2003) beschrieb den Lieblingsjünger als „schwulen Freund“ Jesu.[95]
In der historisch-kritischen Exegese spielt diese Deutung keine Rolle. Martti Nissinen (1998) verwies darauf, dass antike Texte auch vom Liegen eines Schülers an der Seite seines Lehrers sprachen, wenn beide verschiedenen Geschlechts waren. Es handele sich um eine allgemeine Konvention, die nicht auf eine erotische oder sexuelle Beziehung hindeute.[96] Der Lieblingsjünger gilt als literarische Symbolfigur, die die Zeugnisaufgabe aller nachösterlichen Apostel repräsentiert. Dass Jesus ihn besonders und mehr als die übrigen Jünger geliebt habe, weist Klaus Wengst als Fehldeutung zurück.[97]
Briefe
Im NT beziehen sich nur drei Stellen in den Paulusbriefen explizit auf homosexuelles Verhalten. Sie kennzeichnen es als eine von mehreren Formen sexuellen und sozialen Fehlverhaltens, die Bestandteil und Folge des Unglaubens von heterosexuellen Nichtchristen seien. Dabei sind damalige Gesellschaftsverhältnisse mit im Blick.
1 Kor 6,9f.
1 Kor 6,9f. EU: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.
Die hervorgehobenen Worte lauten im griechischen Original malakoi („Weichlinge“) und arsenokoites („mit-Männern-Lieger“). Das zweite Wort kommt nur noch in 1Tim 1,10 und in wenigen außerbiblischen Reaktionen auf diese NT-Stellen vor. Die Kombination mit malakoi kommt nur hier vor. Die Einheitsübersetzung dieser Ausdrücke folgt der Lutherbibel und bezieht sie auf Päderastie, die in der damaligen Gesellschaft üblich war. Die griechische Septuaginta bezeichnete homosexuell aktive Männer generell als paidophthoros („Jungen-Missbraucher“).[98]
Malakoi war lange mit „Weibische“ übersetzt worden. Erst seit etwa 1960 wurde es mit „Lustknaben“ oder „männliche Prostituierte“ übersetzt oder mit arsenokoites als „Sodomie“ oder „Perversion“ zusammengefasst. Seitdem wurde arsenokoites öfter mit „sexuell Perverse“, „männliche Homosexuelle“, „homosexuelle Täter“ oder „praktizierende Homosexuelle“ übersetzt. Dale Martin lehnt diese Übersetzungen als ideologische Deutungen ab, da das „mit-Männern-liegen“ in der Antike weder auf Homosexuelle begrenzt war noch allgemein als Abnormalität gewertet wurde. Malakos habe viele verschiedene als weiblich abgewertete Eigenschaften von Männern bezeichnet, ohne deren Sexualität zu definieren.[99]
Paulus nennt die Worte im Rahmen eines Laster-Katalogs, setzte also voraus, dass das Verhalten dieser beiden Personentypen seinen Adressaten ebenso bekannt war wie die übrigen Laster und nicht erläutert werden musste. Daher nehmen viele Exegeten an, dass er auf Lev 18,23 anspielte, wo der Analverkehr zwischen Männern im Hebräischen als „Liegen eines Männlichen wie mit einer Frau“ umschrieben wird. Arsenokoites wird auf aktiv penetrierende, Malakoi auf sich-penetrieren-lassende Männer bezogen.[100]
Der Katalog zählt Verhaltensweisen von „gottlosen“ bzw. „ungerechten“ Menschen der Umwelt auf. Paulus betont, sie hätten keinen Anteil am Reich Gottes, verfielen also Gottes Gericht. Damit bekräftigt er seine Forderung in 1 Kor 6,1-6: Christen sollten interne Konflikte durch Vermittlung und Rechtsverzicht innerhalb ihrer Gemeinde beilegen und nicht gegeneinander vor heidnischen Gerichten prozessieren. Das entspricht 1 Kor 5,9-13 EU: Christen müssten die sexuell Zügellosen (pornei), Habgierigen, Götzenanbeter, Lästerer, Räuber oder Säufer unter ihren Mitchristen aus der Gemeinde ausschließen. Sie sollten aber nicht jeden Kontakt mit den „Unzüchtigen dieser Welt“ abbrechen, sondern Gott das Urteil über sie überlassen. Mit dem Oberbegriff porneia bezeichnet Paulus außereheliche, besonders von heterosexuellen Männern damals geübte Sexualität: etwa mit fremden Ehefrauen, Konkubinen, Prostituierten, Sklaven, als Inzest oder Päderastie.[101]
Vor dem historischen Hintergrund, dass die nicht mit sozialer Ächtung oder Strafe bedrohten Erscheinungsformen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens innerhalb der römisch-heidnischen Welt sich hauptsächlich zwischen Herren bzw. Sklavenhaltern einerseits und Sklaven bzw. Sklavenknaben anderseits vollzogen, zudem häufig mit dem Bereich der Prostitution eng verwoben waren oder direkt in Gestalt von Prostitution erschienen, wird klar, warum sich μαλακός und ἀρσενοκοίτης im 1. Korintherbrief jeweils auf den passiven (μαλακός, d. h. den Lustknaben) bzw. aktiven (ἀρσενοκοίτης, d. h. den erwachsenen, römischen Bürger als Sklavenhalter bzw. als jemand, der gegen Geld die Dienste zumeist versklavter männlicher Prostituierter in Anspruch nimmt) Partner im Rahmen einer in die Zusammenhänge von „Herr“ und „Sklave“ bzw. „Kunde“ und „Prostituierter“ eingebundenen Konfiguration der „römisch-priapisch“ strukturierten, antiken und daher vormodernen Sexualität beziehen[102][103]: Es ging einerseits um Sexualbeziehungen zwischen freien Römern und Sklaven, also um ein deutliches rechtliches und gesellschaftliches Machtgefälle zwischen den Beteiligten, andererseits waren diese Kontakte oftmals in den Rahmen gleichgeschlechtlicher Prostitution eingebunden, im Osten des Imperium Romanum zudem möglicherweise auch noch verbunden mit dem Phänomen der kultischen Prostitution im Rahmen polytheistischer Gepflogenheiten.[104] Auf das monogame Zusammenleben zweier erwachsener Männer der Gegenwart, die in beiderseitigem Einverständnis und auf gleicher gesellschaftlicher Augenhöhe freiwillig zusammenleben, lassen sich allein aufgrund dieser geschichtlichen Hintergründe weder Röm. 1, 27 noch 1. Kor. 6,9 noch 1. Tim. 1, 9/10 anwenden.[105]
Röm 1,26f.
Der Römerbrief entstand 56 in Korinth und richtet sich an eine nicht von Paulus gegründete, überwiegend heidenchristliche und verfolgte Gemeinde in Rom. Paulus entfaltet darin sein Verständnis Jesu Christi als rettende, zum Leben führende Glaubensgerechtigkeit für alle Völker (Röm 1,17). Im ersten Hauptteil (Röm 1,18-3,20) will er die Unentschuldbarkeit von Nichtjuden und Juden angesichts des in seiner Schöpfung offenbaren Willens Gottes aufweisen.[106] Die „profetische Gerichtsrede“ gegen die Nichtjuden (Röm 1,18-32) stellt zunächst fest: Gottes Zorn decke alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen auf. Die Vernunft könne Gott von jeher aus seiner Schöpfung erkennen. Trotzdem hätten die Nichtjuden Gott nicht geehrt und ihm nicht gedankt, sondern seien „dem Nichtigen verfallen“ und hätten seine unvergängliche Herrlichkeit gegen Abbildungen vergänglicher Menschen und Tiere vertauscht. Infolgedessen habe Gott sie ihren Begierden ausgeliefert, so dass sie in „Unreinheit“ gerieten und ihre eigenen Leiber „schändeten“. Als erstes Beispiel dafür nennt er in Röm 1,26f. EU:
Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung.
Darauf folgt ein Lasterkatalog für soziales „Tun, was nicht recht ist“, der mit dem Fazit endet: „Sie wissen, dass, die solches tun, nach Gottes Recht den Tod verdienen“, dennoch gefallen ihnen andere Unrechtstäter (1,28-32). Damit schließt sich der Argumentationsgang: So wie Menschen sich gegen Gott entschieden, obwohl er für sie erkennbar sei, so entschieden sie sich gegen sein ihnen bekanntes Recht und zögen so unvermeidbar sein Gericht auf sich.[107]
Die Wendung „Darum lieferte Gott sie …aus“ verweist auf das biblische Prinzip des Tun-Ergehen-Zusammenhangs: Weil die Menschen den Schöpfer mit den Geschöpfen vertauschten, habe Gott sie der Vertauschung ihrer natürlichen mit unnatürlichen Leidenschaften überlassen. Unreinheit und Unzucht seien vom Menschen selbst gewählte, von Gott zugelassene Folgen der Ablehnung des Schöpfers, den alle aus seiner Schöpfung erkennen konnten. Demnach sah Paulus homosexuelle Praktiken bei Griechen und Römern als direkte Wirkung von Gottesleugnung und Idolatrie. Darum erwähnte er diese Praktiken nur im beschreibenden Teil des Römerbriefs, nicht in der Paränese für seine Adressaten. Er schrieb also nicht gegen homosexuelle Christen und dachte nicht an eheähnliche homosexuelle Paarbindungen.[108]
Worin der Verkehr der Frauen „gegen die Natur“ (para physin) in v. 26 besteht, ist unklar, da das Objekt „mit Männern“ und die Wendung „entbrannten in Begierde zueinander“ fehlen und kein anderes Objekt angegeben ist. Antike jüdische Texte verstanden unter „widernatürlichem“ Geschlechtsverkehr von Frauen die streng verbotene Zoophilie (Lev 18,23; 20,16); weibliche Homosexualität behandelten sie nicht. Martin Stowasser zufolge meint v. 26 Analverkehr von Männern mit Frauen als Empfängnisverhütung. Wie bei männlicher Homosexualität in v. 27 habe Paulus jede Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, als widernatürlich betrachtet.[109] Auch Michael Theobald bezweifelt, dass Paulus in v. 26 lesbische Liebe verurteilte, da diese weder im AT noch in der jüdischen Tradition problematisiert wurde. Hinter der Gerichtsrede stehe das Argument der geschaffenen Polarität von Mann und Frau zur Vermehrung (Gen 1,26-28). Als „naturgemäß“ (kata physin) habe im Judentum wie im Hellenismus seit Platons „Timaios“ nur auf Fortpflanzung zielende Sexualität gegolten. Jedoch habe Paulus bewusst von „Menschen“, nicht bloß von „Heiden“ gesprochen, um in Röm 2,1 die Juden auf ihre Urteile über Nichtjuden zu behaften.[110]
Die Wortwahl in v. 27 theleiai („Weibliches“) für Frauen, arsenes („Männliche“) für Männer wird oft als Anspielung auf Gen 1,27 gedeutet. Die Septuaginta übersetzte diesen Vers der Schöpfungsgeschichte mit denselben Worten. Das Wort physis bedeutete in der damaligen Stoa die harmonisch geordnete „Natur“, die Paulus mit der „Schöpfung“ (ktisis, Röm 1,20.25) gleichsetzte. Daraus folgert Marlis Gielen, Paulus habe Homosexualität als eklatante Abkehr von der Gottebenbildlichkeit des Menschen als Mann und Frau verurteilt. Denn nur in der Einehe hatte Sexualität für ihn ihren schöpfungsgemäßen Ort (1 Kor 7,2-5). Deshalb habe er sich Homosexualität nur als bewusste Abkehr von „natürlicher“ Heterosexualität vorstellen können. Sie sei für ihn eine Form der „Unzucht“ gewesen, die jeden bedrohe, der Sexualität nicht innerhalb der Ehe auslebe.[111]
Jedoch bezieht Gielen v. 26 auf weibliche Homosexualität, weil v. 27 betont mit „ebenso“ beginnt, das Widernatürliche im Tausch des heterosexuellen gegen den homosexuellen Verkehr sieht und Paulus im Kontext nicht mit der Zeugung neuen Lebens argumentiert. Sie verwies auf 1 Kor 7,2-5, wonach Sexualität im Rahmen der Ehe auch zur Triebbefriedigung dient. Dann wäre Röm 1,26 die einzige Bibelstelle, die explizit weibliche Homosexualität erwähnt. Dies erklärt Gielen damit, dass Paulus sexualethische Themen auch sonst immer aus weiblicher und männlicher Perspektive erörterte.[112]
1 Tim 1,10
1 Tim 1,10 EU: Das Gesetz ist … nicht für den Gerechten bestimmt, sondern für Gesetzlose und Ungehorsame, für Gottlose und Sünder, für Menschen ohne Glauben und Ehrfurcht, für solche, die Vater oder Mutter töten, für Mörder, Unzüchtige, Knabenschänder, Menschenhändler, für Leute, die lügen und Meineide schwören und all das tun, was gegen die gesunde Lehre verstößt.
Hier lehrte Paulus um 68 wie schon um 48 im Galaterbrief die Bedeutung der Tora für Christen: Das „Gesetz“ sei eben für gesetzlose Menschen bestimmt, um deren Sünden aufzudecken. Damit grenzte er sich gegen judenchristliche „Irrlehrer“ in seinen Gemeinden ab, die das Einhalten kultischer Toragebote weiterhin zur Heilsbedingung auch für Heidenchristen machten. Dabei ging Paulus von der Weitergeltung vor allem des Dekalogs für alle Christen aus. Sein Lasterkatalog stellt analog zu den „Gräueln“ in der Tora verschiedene, für Christen inakzeptable Verhaltensweisen zusammen. Die Liste orientiert sich am ersten und vierten bis achten Gebot des Dekalogs (Gott allein ehren, Vater und Mutter ehren, nicht morden, nicht die Ehe brechen, nicht stehlen, nicht falsch aussagen).
Die arsenokoites bezeichnen wie in 1 Kor 6,9 Päderasten als Beispiel für damalige Homosexuelle. Sie verstießen für Paulus wie heterosexuelle „Unzüchtige“ gegen das Ehebruchverbot. Praktizierte Homosexualität war für ihn also ein mit Ehebruch, Mord und Raub gleichrangiger Bruch des Gotteswillens. Alle aufgezählten Vergehen verstießen für ihn gegen die „gesunde Lehre“, nämlich die dem Evangelium zu- und untergeordnete, von Jesus Christus endgültig erfüllte und maßgebend ausgelegte Tora. Demnach galt für Homosexuelle dasselbe Heilsangebot wie für alle anderen „Gesetzlosen“: Die Zusammenstellung schließt eine endgültige Verdammung Homosexueller aus.[113]
Jud 7
Der Autor des Judasbriefs warnt seine Adressaten vor „Gottlosen“ (Irrlehrern) in der eigenen Gemeinde (Vers 4). Mit Beispielen aus der biblischen Vergangenheit (Vers 5-7) veranschaulicht er den Zusammenhang zwischen moralischem Fehlverhalten und Gottes Gericht (Jud 7 EU): „So sind auch Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte, die gleicherweise wie sie Unzucht getrieben haben und anderem Fleisch nachgegangen sind, zum Beispiel gesetzt und leiden die Pein des ewigen Feuers.“ Mit diesen Sodomitern vergleicht er die Irrlehrer seiner Gegenwart, denen also dasselbe Gericht drohe (Jud 8 EU): „Ebenso sind auch diese Träumer, die ihr Fleisch beflecken, jede Herrschaft verachten und die himmlischen Mächte lästern.“
Die Wendung „anderem Fleisch nachgehen“ (wörtlich: „nach einem anderen Fleisch gehen“) wurde oft als homosexuelles Verhalten gedeutet. Einige Bibelausgaben übersetzen sie bis heute mit „un-“ oder „wider-natürlicher Lust“ und tragen damit eine im Wortlaut nicht enthaltene Deutung ein. Exegeten wie Bailey, John McNeill und William Countryman haben diese Deutung zurückgewiesen: Die Wendung könne nicht homosexuellen Verkehr bezeichnen, da sie gerade die Unterschiede der Beteiligten betone. Gemeint sei im Kontext eine sexuelle Inkompatibilität zwischen Menschen und Engeln.[114] Auch außerhalb des NT wurde homosexuelles Verhalten im Griechischen nicht als Umgang mit „anders geartetem Fleisch“ umschrieben.[115]
Da sich „gleicherweise wie sie“ grammatisch auf das Subjekt des vorangehenden Verses zurückbezieht, wird das gemeinte Verhalten aus Jud 6 EU gefolgert: „Auch die Engel, die ihren himmlischen Rang nicht bewahrten, sondern ihre Behausung verließen, hat er für das Gericht des großen Tages festgehalten mit ewigen Banden in der Finsternis.“ So wie diese Engel den ihnen zugewiesenen Herrschaftsraum verlassen hätten, so hätten Sodom und Gomorrah Unzucht getrieben: nämlich versucht, sich an den Engeln zu vergehen, die Lot besuchten. Der Briefautor sah die vergleichbare Sünde also nicht in der Homosexualität, sondern in einer Grenzüberschreitung zwischen Menschen und Wesen Gottes. Dahinter steht die mythische Erzählung von Gen 6,1-4, wonach himmlische Gottessöhne mit menschlichen Frauen Kinder gezeugt hätten, die zu Riesen und Helden der Vorzeit herangewachsen seien.
Die Verbindung von göttlichen mit menschlichen Wesen beurteilte die jüdische Auslegungstradition, etwa der Äthiopische Henoch, zeitlich parallel zum Urchristentum als schweres, unvergebbares Vergehen, für das Gott die gefallenen Engel ewig gestraft habe. Die Bezeichnung „ewiges Feuer“ entsprach der damaligen jüdischen Auslegung von Gen 19, die ein unterirdisches Weiterwirken des Gerichts über Sodom und Gomorrah annahm. Daher aktualisierten viele jüdische und urchristliche Texte Gen 19, jedoch meist mit Bezug auf den Bruch der Gastfreundschaft, nicht auf Homosexualität (darunter Mk 6,11; Mt 10,15; 11,24; Lk 10,12; 17,29). So meint „anderem Fleisch nachgehen“ hier sexuelle Übergriffe auf andersartige, nicht gleichartige Wesen. Entsprechend wirft Vers 8 Häretikern im Adressatenkreis vor, sie hätten die Grenze zwischen Gott und Mensch überschritten, indem sie göttliche Autorität verachteten.[116]
2 Petr 2,6ff
2 Petr 2,6ff. EU: „Auch die Städte Sodom und Gomorra hat er eingeäschert und zum Untergang verurteilt, als ein Beispiel für alle Gottlosen in späteren Zeiten. Den gerechten Lot aber, der unter dem ausschweifenden Leben der Gottesverächter litt, hat er gerettet; denn dieser Gerechte, der mitten unter ihnen wohnte, musste Tag für Tag ihr gesetzwidriges Tun sehen und hören, und das quälte den gerechten Mann Tag für Tag. Der Herr kann die Frommen aus der Prüfung retten; bei den Ungerechten aber kann er warten, um sie am Tag des Gerichts zu bestrafen, besonders die, die sich von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen und die Macht des Herrn verachten. Diese frechen und anmaßenden Menschen schrecken nicht davor zurück, die überirdischen Mächte zu lästern…“
Die Mahnrede ähnelt der des Judasbriefs, von dem 2 Petr literarisch abhängt. Die am Gegensatz von „Gottlosen“ zu „Gerechten“ orientierte Wortwahl ähnelt Röm 1, so dass der Autor als Paulusschüler gilt.[117] Auch er warnt seine Leser vor Irrlehrern im eigenen Kreis (Vers 1), erinnert an die Verwahrungshaft der gefallenen Engel (Vers 4), die Sintflut (Vers 5), den Untergang Sodoms (Vers 6) und die Leugnung himmlischer Autorität durch die Irrlehrer (Vers 10). Er beschreibt sie als Menschen, die „den Herrn und Retter Jesus Christus erkannt hatten“, sich dann aber vom „Weg der Gerechtigkeit“ abwandten und in den „Schmutz dieser Welt“ zurückkehrten (Vers 20f.). Diese ehemaligen Christen setzen das „ausschweifende Leben“ der Sodomiter als „üppiges Leben“, „Genusssucht“, „prassen und schwelgen“, „Augen für die Ehebrecherin haben“, Anlocken haltloser Menschen, „Habgier“, falsche Prophetie nach dem Vorbild Bileams, „geschwollene und nichts sagende Reden“ fort. Die Erwähnung einer „Ehebrecherin“ verweist auf heterosexuelle Promiskuität mit Prostituierten. Die Wendung „von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen“ stand in griechischen Bibelübersetzungen für Libertinage, nicht für Homosexualität.[118]
Trotzdem setzen manche konservativen Ausleger jene Häresie, vor der 2 Petr warnt, mit Homosexualität oder der Schwulen- und Lesbenbewegung der Gegenwart gleich.[119] Homosexuelle Christen beziehen sich demgegenüber auf 1 Petr 3,8-10 EU: „Endlich aber: seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl und brüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkung mit Kränkung! Stattdessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen.“ Demnach stehe Gottes Segen homosexuellen ebenso wie heterosexuellen Paaren zu.[120]
Bibel
deutschsprachige Veröffentlichungen
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Michael Theobald: Röm. 1, 26 f.: Eine paulinische Weisung zur Homosexualität? Plädoyer für einen vernünftigen Umgang mit der Schrift. In: Michael Theobald: Studien zum Römerbrief. 2. Auflage, Tübingen 2003, S. 511–518
Holger Tiedemann: Paulus und das Begehren. Liebe, Lust und letzte Ziele, oder: Das Gesetz in den Gliedern. Radius, Stuttgart 2002, ISBN 3871732516
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Jack Rogers: Jesus, the Bible and Homosexuality. Explode the Myths, heal the Church. Westminster John Knox Press, 2010, ISBN 066423397X (Textauszug online)
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Klaus Dede: Jesus – schwul? Die Kirchen, die Christen und die Liebe – Eine Antwort. Schutter, Lahr 2006, ISBN 3-932429-17-6
Theodore Jennings: The Man Jesus Loved: Homoerotic Narratives from the New Testament. Pilgrim Press, 2003, ISBN 0-8298-1535-X (Rezension von Robert A. J. Gagnon: Was Jesus in a Sexual Relationship with the Beloved Disciple? PDF)
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Mt 5,22 EU: „Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.“
Das mit „Dummkopf“ übersetzte Wort raka gilt als Transliteration des aramäischen Wortes rekah („leer, hohl“) und wird meist als Schimpfwort („Hohlkopf, hirnloser Tor/Narr“) gedeutet.[89] Der Aramäist Friedrich Schulthess (1922) leitete es jedoch von rakkah („zart, weich, schwach“) ab. Dieses aramäische Adjektiv bezeichne in femininer Form auch einen Mann mit weiblichen Eigenschaften, um ihn herabzusetzen.[90] Dem folgend nahmen manche Exegeten an, das Wort sei wie das griechische malakos (1 Kor 6,9) homosexuell konnotiert und eine schwere Beleidigung jüdischer Männer gewesen. Jesus habe in Mt 5,22 also das öffentliche Verächtlichmachen Homosexueller verurteilt.[91]
Robert Gagnon wandte ein: Falls raka in Mt 5,22 Männer als „weibisch“ beschimpfe, bedeute Jesu Verbot, dass er darin eine unrechtmäßige, existenz-zerstörende Verleumdung sah, eben weil Homosexualität gesellschaftlich nicht akzeptiert war. Gagnon verwies auf Joachim Jeremias, der keine Belege für die Deutung von raka als „weibisch“ sah.[92]
Joh 13,23
→ Hauptartikel: Lieblingsjünger
Joh 13,23 EU: „Einer von den Jüngern lag an der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte.“
Dieser nicht namentlich genannte Jünger erscheint an weiteren Stellen des Johannesevangeliums: Ihm vertraut der sterbende Jesus seine Mutter an (19,26), er bezeugt als erster Jünger vor Simon Petrus das leere Grab (20,2) und den Auferstandenen (21,7). Von ihm sagt Jesus, er werde das Ende des Petrus überdauern (21,20). Zuletzt wird er mit dem Autor des Evangeliums identifiziert (21,24).
Die christliche Ikonografie stellte ihn seit dem frühen Mittelalter oft androgyn dar und regte Spekulationen über eine homoerotische Freundschaft Jesu an.[93] Für den Literaturwissenschaftler George Steiner (1996) ähnelt die in Joh 13,23 dargestellte Intimität antiken Texten über homoerotische Freundschaften zwischen Lehrer und Schüler, etwa bei Platon.[94] Der Theologe Theodore Jennings (2003) beschrieb den Lieblingsjünger als „schwulen Freund“ Jesu.[95]
In der historisch-kritischen Exegese spielt diese Deutung keine Rolle. Martti Nissinen (1998) verwies darauf, dass antike Texte auch vom Liegen eines Schülers an der Seite seines Lehrers sprachen, wenn beide verschiedenen Geschlechts waren. Es handele sich um eine allgemeine Konvention, die nicht auf eine erotische oder sexuelle Beziehung hindeute.[96] Der Lieblingsjünger gilt als literarische Symbolfigur, die die Zeugnisaufgabe aller nachösterlichen Apostel repräsentiert. Dass Jesus ihn besonders und mehr als die übrigen Jünger geliebt habe, weist Klaus Wengst als Fehldeutung zurück.[97]
Briefe
Im NT beziehen sich nur drei Stellen in den Paulusbriefen explizit auf homosexuelles Verhalten. Sie kennzeichnen es als eine von mehreren Formen sexuellen und sozialen Fehlverhaltens, die Bestandteil und Folge des Unglaubens von heterosexuellen Nichtchristen seien. Dabei sind damalige Gesellschaftsverhältnisse mit im Blick.
1 Kor 6,9f.
1 Kor 6,9f. EU: Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.
Die hervorgehobenen Worte lauten im griechischen Original malakoi („Weichlinge“) und arsenokoites („mit-Männern-Lieger“). Das zweite Wort kommt nur noch in 1Tim 1,10 und in wenigen außerbiblischen Reaktionen auf diese NT-Stellen vor. Die Kombination mit malakoi kommt nur hier vor. Die Einheitsübersetzung dieser Ausdrücke folgt der Lutherbibel und bezieht sie auf Päderastie, die in der damaligen Gesellschaft üblich war. Die griechische Septuaginta bezeichnete homosexuell aktive Männer generell als paidophthoros („Jungen-Missbraucher“).[98]
Malakoi war lange mit „Weibische“ übersetzt worden. Erst seit etwa 1960 wurde es mit „Lustknaben“ oder „männliche Prostituierte“ übersetzt oder mit arsenokoites als „Sodomie“ oder „Perversion“ zusammengefasst. Seitdem wurde arsenokoites öfter mit „sexuell Perverse“, „männliche Homosexuelle“, „homosexuelle Täter“ oder „praktizierende Homosexuelle“ übersetzt. Dale Martin lehnt diese Übersetzungen als ideologische Deutungen ab, da das „mit-Männern-liegen“ in der Antike weder auf Homosexuelle begrenzt war noch allgemein als Abnormalität gewertet wurde. Malakos habe viele verschiedene als weiblich abgewertete Eigenschaften von Männern bezeichnet, ohne deren Sexualität zu definieren.[99]
Paulus nennt die Worte im Rahmen eines Laster-Katalogs, setzte also voraus, dass das Verhalten dieser beiden Personentypen seinen Adressaten ebenso bekannt war wie die übrigen Laster und nicht erläutert werden musste. Daher nehmen viele Exegeten an, dass er auf Lev 18,23 anspielte, wo der Analverkehr zwischen Männern im Hebräischen als „Liegen eines Männlichen wie mit einer Frau“ umschrieben wird. Arsenokoites wird auf aktiv penetrierende, Malakoi auf sich-penetrieren-lassende Männer bezogen.[100]
Der Katalog zählt Verhaltensweisen von „gottlosen“ bzw. „ungerechten“ Menschen der Umwelt auf. Paulus betont, sie hätten keinen Anteil am Reich Gottes, verfielen also Gottes Gericht. Damit bekräftigt er seine Forderung in 1 Kor 6,1-6: Christen sollten interne Konflikte durch Vermittlung und Rechtsverzicht innerhalb ihrer Gemeinde beilegen und nicht gegeneinander vor heidnischen Gerichten prozessieren. Das entspricht 1 Kor 5,9-13 EU: Christen müssten die sexuell Zügellosen (pornei), Habgierigen, Götzenanbeter, Lästerer, Räuber oder Säufer unter ihren Mitchristen aus der Gemeinde ausschließen. Sie sollten aber nicht jeden Kontakt mit den „Unzüchtigen dieser Welt“ abbrechen, sondern Gott das Urteil über sie überlassen. Mit dem Oberbegriff porneia bezeichnet Paulus außereheliche, besonders von heterosexuellen Männern damals geübte Sexualität: etwa mit fremden Ehefrauen, Konkubinen, Prostituierten, Sklaven, als Inzest oder Päderastie.[101]
Vor dem historischen Hintergrund, dass die nicht mit sozialer Ächtung oder Strafe bedrohten Erscheinungsformen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens innerhalb der römisch-heidnischen Welt sich hauptsächlich zwischen Herren bzw. Sklavenhaltern einerseits und Sklaven bzw. Sklavenknaben anderseits vollzogen, zudem häufig mit dem Bereich der Prostitution eng verwoben waren oder direkt in Gestalt von Prostitution erschienen, wird klar, warum sich μαλακός und ἀρσενοκοίτης im 1. Korintherbrief jeweils auf den passiven (μαλακός, d. h. den Lustknaben) bzw. aktiven (ἀρσενοκοίτης, d. h. den erwachsenen, römischen Bürger als Sklavenhalter bzw. als jemand, der gegen Geld die Dienste zumeist versklavter männlicher Prostituierter in Anspruch nimmt) Partner im Rahmen einer in die Zusammenhänge von „Herr“ und „Sklave“ bzw. „Kunde“ und „Prostituierter“ eingebundenen Konfiguration der „römisch-priapisch“ strukturierten, antiken und daher vormodernen Sexualität beziehen[102][103]: Es ging einerseits um Sexualbeziehungen zwischen freien Römern und Sklaven, also um ein deutliches rechtliches und gesellschaftliches Machtgefälle zwischen den Beteiligten, andererseits waren diese Kontakte oftmals in den Rahmen gleichgeschlechtlicher Prostitution eingebunden, im Osten des Imperium Romanum zudem möglicherweise auch noch verbunden mit dem Phänomen der kultischen Prostitution im Rahmen polytheistischer Gepflogenheiten.[104] Auf das monogame Zusammenleben zweier erwachsener Männer der Gegenwart, die in beiderseitigem Einverständnis und auf gleicher gesellschaftlicher Augenhöhe freiwillig zusammenleben, lassen sich allein aufgrund dieser geschichtlichen Hintergründe weder Röm. 1, 27 noch 1. Kor. 6,9 noch 1. Tim. 1, 9/10 anwenden.[105]
Röm 1,26f.
Der Römerbrief entstand 56 in Korinth und richtet sich an eine nicht von Paulus gegründete, überwiegend heidenchristliche und verfolgte Gemeinde in Rom. Paulus entfaltet darin sein Verständnis Jesu Christi als rettende, zum Leben führende Glaubensgerechtigkeit für alle Völker (Röm 1,17). Im ersten Hauptteil (Röm 1,18-3,20) will er die Unentschuldbarkeit von Nichtjuden und Juden angesichts des in seiner Schöpfung offenbaren Willens Gottes aufweisen.[106] Die „profetische Gerichtsrede“ gegen die Nichtjuden (Röm 1,18-32) stellt zunächst fest: Gottes Zorn decke alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen auf. Die Vernunft könne Gott von jeher aus seiner Schöpfung erkennen. Trotzdem hätten die Nichtjuden Gott nicht geehrt und ihm nicht gedankt, sondern seien „dem Nichtigen verfallen“ und hätten seine unvergängliche Herrlichkeit gegen Abbildungen vergänglicher Menschen und Tiere vertauscht. Infolgedessen habe Gott sie ihren Begierden ausgeliefert, so dass sie in „Unreinheit“ gerieten und ihre eigenen Leiber „schändeten“. Als erstes Beispiel dafür nennt er in Röm 1,26f. EU:
Darum lieferte Gott sie entehrenden Leidenschaften aus: Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung.
Darauf folgt ein Lasterkatalog für soziales „Tun, was nicht recht ist“, der mit dem Fazit endet: „Sie wissen, dass, die solches tun, nach Gottes Recht den Tod verdienen“, dennoch gefallen ihnen andere Unrechtstäter (1,28-32). Damit schließt sich der Argumentationsgang: So wie Menschen sich gegen Gott entschieden, obwohl er für sie erkennbar sei, so entschieden sie sich gegen sein ihnen bekanntes Recht und zögen so unvermeidbar sein Gericht auf sich.[107]
Die Wendung „Darum lieferte Gott sie …aus“ verweist auf das biblische Prinzip des Tun-Ergehen-Zusammenhangs: Weil die Menschen den Schöpfer mit den Geschöpfen vertauschten, habe Gott sie der Vertauschung ihrer natürlichen mit unnatürlichen Leidenschaften überlassen. Unreinheit und Unzucht seien vom Menschen selbst gewählte, von Gott zugelassene Folgen der Ablehnung des Schöpfers, den alle aus seiner Schöpfung erkennen konnten. Demnach sah Paulus homosexuelle Praktiken bei Griechen und Römern als direkte Wirkung von Gottesleugnung und Idolatrie. Darum erwähnte er diese Praktiken nur im beschreibenden Teil des Römerbriefs, nicht in der Paränese für seine Adressaten. Er schrieb also nicht gegen homosexuelle Christen und dachte nicht an eheähnliche homosexuelle Paarbindungen.[108]
Worin der Verkehr der Frauen „gegen die Natur“ (para physin) in v. 26 besteht, ist unklar, da das Objekt „mit Männern“ und die Wendung „entbrannten in Begierde zueinander“ fehlen und kein anderes Objekt angegeben ist. Antike jüdische Texte verstanden unter „widernatürlichem“ Geschlechtsverkehr von Frauen die streng verbotene Zoophilie (Lev 18,23; 20,16); weibliche Homosexualität behandelten sie nicht. Martin Stowasser zufolge meint v. 26 Analverkehr von Männern mit Frauen als Empfängnisverhütung. Wie bei männlicher Homosexualität in v. 27 habe Paulus jede Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, als widernatürlich betrachtet.[109] Auch Michael Theobald bezweifelt, dass Paulus in v. 26 lesbische Liebe verurteilte, da diese weder im AT noch in der jüdischen Tradition problematisiert wurde. Hinter der Gerichtsrede stehe das Argument der geschaffenen Polarität von Mann und Frau zur Vermehrung (Gen 1,26-28). Als „naturgemäß“ (kata physin) habe im Judentum wie im Hellenismus seit Platons „Timaios“ nur auf Fortpflanzung zielende Sexualität gegolten. Jedoch habe Paulus bewusst von „Menschen“, nicht bloß von „Heiden“ gesprochen, um in Röm 2,1 die Juden auf ihre Urteile über Nichtjuden zu behaften.[110]
Die Wortwahl in v. 27 theleiai („Weibliches“) für Frauen, arsenes („Männliche“) für Männer wird oft als Anspielung auf Gen 1,27 gedeutet. Die Septuaginta übersetzte diesen Vers der Schöpfungsgeschichte mit denselben Worten. Das Wort physis bedeutete in der damaligen Stoa die harmonisch geordnete „Natur“, die Paulus mit der „Schöpfung“ (ktisis, Röm 1,20.25) gleichsetzte. Daraus folgert Marlis Gielen, Paulus habe Homosexualität als eklatante Abkehr von der Gottebenbildlichkeit des Menschen als Mann und Frau verurteilt. Denn nur in der Einehe hatte Sexualität für ihn ihren schöpfungsgemäßen Ort (1 Kor 7,2-5). Deshalb habe er sich Homosexualität nur als bewusste Abkehr von „natürlicher“ Heterosexualität vorstellen können. Sie sei für ihn eine Form der „Unzucht“ gewesen, die jeden bedrohe, der Sexualität nicht innerhalb der Ehe auslebe.[111]
Jedoch bezieht Gielen v. 26 auf weibliche Homosexualität, weil v. 27 betont mit „ebenso“ beginnt, das Widernatürliche im Tausch des heterosexuellen gegen den homosexuellen Verkehr sieht und Paulus im Kontext nicht mit der Zeugung neuen Lebens argumentiert. Sie verwies auf 1 Kor 7,2-5, wonach Sexualität im Rahmen der Ehe auch zur Triebbefriedigung dient. Dann wäre Röm 1,26 die einzige Bibelstelle, die explizit weibliche Homosexualität erwähnt. Dies erklärt Gielen damit, dass Paulus sexualethische Themen auch sonst immer aus weiblicher und männlicher Perspektive erörterte.[112]
1 Tim 1,10
1 Tim 1,10 EU: Das Gesetz ist … nicht für den Gerechten bestimmt, sondern für Gesetzlose und Ungehorsame, für Gottlose und Sünder, für Menschen ohne Glauben und Ehrfurcht, für solche, die Vater oder Mutter töten, für Mörder, Unzüchtige, Knabenschänder, Menschenhändler, für Leute, die lügen und Meineide schwören und all das tun, was gegen die gesunde Lehre verstößt.
Hier lehrte Paulus um 68 wie schon um 48 im Galaterbrief die Bedeutung der Tora für Christen: Das „Gesetz“ sei eben für gesetzlose Menschen bestimmt, um deren Sünden aufzudecken. Damit grenzte er sich gegen judenchristliche „Irrlehrer“ in seinen Gemeinden ab, die das Einhalten kultischer Toragebote weiterhin zur Heilsbedingung auch für Heidenchristen machten. Dabei ging Paulus von der Weitergeltung vor allem des Dekalogs für alle Christen aus. Sein Lasterkatalog stellt analog zu den „Gräueln“ in der Tora verschiedene, für Christen inakzeptable Verhaltensweisen zusammen. Die Liste orientiert sich am ersten und vierten bis achten Gebot des Dekalogs (Gott allein ehren, Vater und Mutter ehren, nicht morden, nicht die Ehe brechen, nicht stehlen, nicht falsch aussagen).
Die arsenokoites bezeichnen wie in 1 Kor 6,9 Päderasten als Beispiel für damalige Homosexuelle. Sie verstießen für Paulus wie heterosexuelle „Unzüchtige“ gegen das Ehebruchverbot. Praktizierte Homosexualität war für ihn also ein mit Ehebruch, Mord und Raub gleichrangiger Bruch des Gotteswillens. Alle aufgezählten Vergehen verstießen für ihn gegen die „gesunde Lehre“, nämlich die dem Evangelium zu- und untergeordnete, von Jesus Christus endgültig erfüllte und maßgebend ausgelegte Tora. Demnach galt für Homosexuelle dasselbe Heilsangebot wie für alle anderen „Gesetzlosen“: Die Zusammenstellung schließt eine endgültige Verdammung Homosexueller aus.[113]
Jud 7
Der Autor des Judasbriefs warnt seine Adressaten vor „Gottlosen“ (Irrlehrern) in der eigenen Gemeinde (Vers 4). Mit Beispielen aus der biblischen Vergangenheit (Vers 5-7) veranschaulicht er den Zusammenhang zwischen moralischem Fehlverhalten und Gottes Gericht (Jud 7 EU): „So sind auch Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte, die gleicherweise wie sie Unzucht getrieben haben und anderem Fleisch nachgegangen sind, zum Beispiel gesetzt und leiden die Pein des ewigen Feuers.“ Mit diesen Sodomitern vergleicht er die Irrlehrer seiner Gegenwart, denen also dasselbe Gericht drohe (Jud 8 EU): „Ebenso sind auch diese Träumer, die ihr Fleisch beflecken, jede Herrschaft verachten und die himmlischen Mächte lästern.“
Die Wendung „anderem Fleisch nachgehen“ (wörtlich: „nach einem anderen Fleisch gehen“) wurde oft als homosexuelles Verhalten gedeutet. Einige Bibelausgaben übersetzen sie bis heute mit „un-“ oder „wider-natürlicher Lust“ und tragen damit eine im Wortlaut nicht enthaltene Deutung ein. Exegeten wie Bailey, John McNeill und William Countryman haben diese Deutung zurückgewiesen: Die Wendung könne nicht homosexuellen Verkehr bezeichnen, da sie gerade die Unterschiede der Beteiligten betone. Gemeint sei im Kontext eine sexuelle Inkompatibilität zwischen Menschen und Engeln.[114] Auch außerhalb des NT wurde homosexuelles Verhalten im Griechischen nicht als Umgang mit „anders geartetem Fleisch“ umschrieben.[115]
Da sich „gleicherweise wie sie“ grammatisch auf das Subjekt des vorangehenden Verses zurückbezieht, wird das gemeinte Verhalten aus Jud 6 EU gefolgert: „Auch die Engel, die ihren himmlischen Rang nicht bewahrten, sondern ihre Behausung verließen, hat er für das Gericht des großen Tages festgehalten mit ewigen Banden in der Finsternis.“ So wie diese Engel den ihnen zugewiesenen Herrschaftsraum verlassen hätten, so hätten Sodom und Gomorrah Unzucht getrieben: nämlich versucht, sich an den Engeln zu vergehen, die Lot besuchten. Der Briefautor sah die vergleichbare Sünde also nicht in der Homosexualität, sondern in einer Grenzüberschreitung zwischen Menschen und Wesen Gottes. Dahinter steht die mythische Erzählung von Gen 6,1-4, wonach himmlische Gottessöhne mit menschlichen Frauen Kinder gezeugt hätten, die zu Riesen und Helden der Vorzeit herangewachsen seien.
Die Verbindung von göttlichen mit menschlichen Wesen beurteilte die jüdische Auslegungstradition, etwa der Äthiopische Henoch, zeitlich parallel zum Urchristentum als schweres, unvergebbares Vergehen, für das Gott die gefallenen Engel ewig gestraft habe. Die Bezeichnung „ewiges Feuer“ entsprach der damaligen jüdischen Auslegung von Gen 19, die ein unterirdisches Weiterwirken des Gerichts über Sodom und Gomorrah annahm. Daher aktualisierten viele jüdische und urchristliche Texte Gen 19, jedoch meist mit Bezug auf den Bruch der Gastfreundschaft, nicht auf Homosexualität (darunter Mk 6,11; Mt 10,15; 11,24; Lk 10,12; 17,29). So meint „anderem Fleisch nachgehen“ hier sexuelle Übergriffe auf andersartige, nicht gleichartige Wesen. Entsprechend wirft Vers 8 Häretikern im Adressatenkreis vor, sie hätten die Grenze zwischen Gott und Mensch überschritten, indem sie göttliche Autorität verachteten.[116]
2 Petr 2,6ff
2 Petr 2,6ff. EU: „Auch die Städte Sodom und Gomorra hat er eingeäschert und zum Untergang verurteilt, als ein Beispiel für alle Gottlosen in späteren Zeiten. Den gerechten Lot aber, der unter dem ausschweifenden Leben der Gottesverächter litt, hat er gerettet; denn dieser Gerechte, der mitten unter ihnen wohnte, musste Tag für Tag ihr gesetzwidriges Tun sehen und hören, und das quälte den gerechten Mann Tag für Tag. Der Herr kann die Frommen aus der Prüfung retten; bei den Ungerechten aber kann er warten, um sie am Tag des Gerichts zu bestrafen, besonders die, die sich von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen und die Macht des Herrn verachten. Diese frechen und anmaßenden Menschen schrecken nicht davor zurück, die überirdischen Mächte zu lästern…“
Die Mahnrede ähnelt der des Judasbriefs, von dem 2 Petr literarisch abhängt. Die am Gegensatz von „Gottlosen“ zu „Gerechten“ orientierte Wortwahl ähnelt Röm 1, so dass der Autor als Paulusschüler gilt.[117] Auch er warnt seine Leser vor Irrlehrern im eigenen Kreis (Vers 1), erinnert an die Verwahrungshaft der gefallenen Engel (Vers 4), die Sintflut (Vers 5), den Untergang Sodoms (Vers 6) und die Leugnung himmlischer Autorität durch die Irrlehrer (Vers 10). Er beschreibt sie als Menschen, die „den Herrn und Retter Jesus Christus erkannt hatten“, sich dann aber vom „Weg der Gerechtigkeit“ abwandten und in den „Schmutz dieser Welt“ zurückkehrten (Vers 20f.). Diese ehemaligen Christen setzen das „ausschweifende Leben“ der Sodomiter als „üppiges Leben“, „Genusssucht“, „prassen und schwelgen“, „Augen für die Ehebrecherin haben“, Anlocken haltloser Menschen, „Habgier“, falsche Prophetie nach dem Vorbild Bileams, „geschwollene und nichts sagende Reden“ fort. Die Erwähnung einer „Ehebrecherin“ verweist auf heterosexuelle Promiskuität mit Prostituierten. Die Wendung „von der schmutzigen Begierde ihres Körpers beherrschen lassen“ stand in griechischen Bibelübersetzungen für Libertinage, nicht für Homosexualität.[118]
Trotzdem setzen manche konservativen Ausleger jene Häresie, vor der 2 Petr warnt, mit Homosexualität oder der Schwulen- und Lesbenbewegung der Gegenwart gleich.[119] Homosexuelle Christen beziehen sich demgegenüber auf 1 Petr 3,8-10 EU: „Endlich aber: seid alle eines Sinnes, voll Mitgefühl und brüderlicher Liebe, seid barmherzig und demütig! Vergeltet nicht Böses mit Bösem noch Kränkung mit Kränkung! Stattdessen segnet; denn ihr seid dazu berufen, Segen zu erlangen.“ Demnach stehe Gottes Segen homosexuellen ebenso wie heterosexuellen Paaren zu.[120]
Bibel
deutschsprachige Veröffentlichungen
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Martin Stowasser: Homosexualität und Bibel: Exegetische und hermeneutische Überlegungen zu einem schwierigen Thema. In: New Testament Studies 43, 1997, S. 503–526
Karl Hoheisel: Artikel Homosexualität. In: Reallexikon für Antike und Christentum Band 16, Stuttgart 1994, Spalten 335–350
Willy Schottroff: Gleichgeschlechtliche Liebe. In: Luise und Willy Schottroff: Die Macht der Auferstehung: Sozialgeschichtliche Bibelauslegungen. Christian Kaiser, München 1988, ISBN 3459017252, S. 126-132
Horst Balz: Biblische Aussagen zur Homosexualität. Zeitschrift für Evangelische Ethik 31 (1987), S. 60-71
Jürgen Becker: Zum Problem der Homosexualität in der Bibel. Zeitschrift für Evangelische Ethik 31 (1987), S. 36-59
Eckart Otto: Artikel Homosexualität, II. Biblisch. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft Band 3. Berlin / New York 1986, Spalte 1884.
Georg Strecker: Homosexualität in biblischer Sicht. KuD 18 (1982), S. 127-141
Anonymus: Homosexualität und Bibel, von einem katholischen Geistlichen. In: Magnus Hirschfeld: Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen 4 (1902), S. 199—243
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John Boswell: Christianity, Social Tolerance, and Homosexuality. Gay People in Western Europe from the Beginning of the Christian Era to the Fourteenth Century. (1980) University of Chicago Press, 2009, ISBN 0-226-06714-9
Paulus
Marlis Gielen: Der Leib aber ist nicht für die Unzucht...“ (1Kor. 6, 13). Möglichkeiten und Grenzen heutiger Rezeption sexualethischer Aussagen des Paulus aus exegetischer Perspektive. In: Marlis Gielen (Hrsg.): Paulus im Gespräch – Themen paulinischer Theologie. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 3-17-020966-3, S. 223–246
Michael Theobald: Röm. 1, 26 f.: Eine paulinische Weisung zur Homosexualität? Plädoyer für einen vernünftigen Umgang mit der Schrift. In: Michael Theobald: Studien zum Römerbrief. 2. Auflage, Tübingen 2003, S. 511–518
Holger Tiedemann: Paulus und das Begehren. Liebe, Lust und letzte Ziele, oder: Das Gesetz in den Gliedern. Radius, Stuttgart 2002, ISBN 3871732516
Holger Tiedemann: Die Erfahrung des Fleisches: Paulus und die Last der Lust. Radius, Stuttgart 1998, ISBN 3-87173-162-5
Klaus Wengst: Paulus und die Homosexualität. Überlegungen zu Röm. 1, 26 f. In: Zeitschrift für evangelische Ethik 31 (1987), S. 72-81
Peter von der Osten-Sacken: Paulinisches Evangelium und Homosexualität. In: Peter von der Osten—Sacken: Evangelium und Tora. Aufsätze zu Paulus. Christian Kaiser, München 1987, ISBN 3459017112, S. 210-236
Jesus
Jack Rogers: Jesus, the Bible and Homosexuality. Explode the Myths, heal the Church. Westminster John Knox Press, 2010, ISBN 066423397X (Textauszug online)
K. Darnell Giles: What Did Jesus Say? Why The Bible Does Not Condemn Homosexuality. Createspace, 2008, ISBN 1440478988
Klaus Dede: Jesus – schwul? Die Kirchen, die Christen und die Liebe – Eine Antwort. Schutter, Lahr 2006, ISBN 3-932429-17-6
Theodore Jennings: The Man Jesus Loved: Homoerotic Narratives from the New Testament. Pilgrim Press, 2003, ISBN 0-8298-1535-X (Rezension von Robert A. J. Gagnon: Was Jesus in a Sexual Relationship with the Beloved Disciple? PDF)
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