Das Totenreich oder die Unterwelt
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Das Totenreich oder die Unterwelt
Unterwelt ist die bildhafte Vorstellung einer jenseitigen Welt, die in den Mythen vieler Kulturen vorkommt und ein Reich der Toten (Totenreich) bezeichnet. Die Unterwelt als Ort des Schreckens und der Qualen im Sinne der Hölle des christlichen Volksglaubens unterscheidet sich von der Schattenwelt oder „anderen Welt“, in der Schatten etwa so wie in der hiesigen Welt, nur manchmal spiegelbildlich leben.
Einordnung
Der Begriff der Unterwelt stand ursprünglich für die durchaus räumliche Vorstellung eines Ortes, der unterhalb der normal zugänglichen Welt angesiedelt ist (bezogen auf die Vorstellung der Erde als Scheibe), dann zunehmend für einen Ort außerhalb der Welt der Sterblichen, an dem besondere Wesen und auch die Geister der Verstorbenen (daher auch oft die Bezeichnung „Totenreich“ oder „Reich des Todes“) vermutet wurden. In dieser Begriffsvariante handelt es sich um ein Vorläuferkonzept späterer Jenseits-Vorstellungen. Neben den kulturspezifischen Aspekten gibt es auch kulturübergreifende, so gibt es meist einen Herrscher oder ein Herrscherpaar aus einem Göttergeschlecht, der ihr vorsteht. Die Götter der Unterwelt werden zuweilen auch als die chthonischen Mächte (von griechisch chthon, Erde) bezeichnet.
Die Unterwelt ist der Wohnort der Todes- und Unterweltgottheiten. Hierher gelangen die Verstorbenen, meist von Seelenführer oder Fährmann geleitet, über das Grenzwasser. Im Westen, jenseits des Ozeans, wo die Sonne untergeht, wird der Eingang zur Unterwelt vermutet. Bewacht durch dämonische Wesen ist der Eintritt nur den Toten erlaubt und für Lebende verboten.
In manchen Kulturen ist die Unterwelt ein zwar öder und finsterer, dennoch moralisch unbewerteter Aufenthaltsort, in anderen Kulturen wiederum eine grauen- und qualvoll ausgestaltete Hölle und Wohnsitz des Bösen.
Die Analytische Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs bringt die Unterwelt in Zusammenhang mit dem sog. Mutterarchetyp.
Abgeleitet vom englischen Underworld etablierte sich in der deutschen Sprache um die 1920er Jahre der Ausdruck Unterwelt für sogenannte ‘asoziale Schichten von Kriminellen, Verbrecherwelt’ [1] und bezeichnet ein zwielichtiges Milieu von Berufsverbrechern besonders in Großstädten.[2]
Mythologisches
Griechische Mythologie
→ Hauptartikel: Unterwelt der griechischen Mythologie
In der griechischen Mythologie wird die Unterwelt so beschrieben: Ihr Herrscher ist der Gott Hades (römisch: Pluto), sie heißt selber auch der Hades. Hades' Gattin ist Persephone. Mit Hilfe des Fährmannes Charon kann der Fluss Styx, der Ober- und Unterwelt voneinander trennt, überquert werden. Der dreiköpfige Höllenhund Kerberos bewacht den Eingang und sorgt dafür, dass kein Lebender den Hades betritt und kein Toter ihn verlässt.
Die Totenrichter Minos, Rhadamanthys und Aiakos sitzen (nach späteren Vorstellungen) über die Seelen zu Gericht. Die Meisten gehen in die von der Lethe (Strom des Vergessens) umflossenen elysischen Gefilde ein, wo sie als Schatten schmerzlos fortwesen oder auch in ewiger Glückseligkeit leben. (Nach einer anderen, mindestens ebenso alten Vorstellung befand sich das Elysion in weiten Fernen jenseits des Okeanos, auf den Inseln der Seligen.) Die Frevler aber werden in den Tartaros gestoßen, die tiefste Region, die von unheimlichen Gestalten bewohnt wird. Diejenigen, die Verfehlungen gegen die Götter begangen haben, sollen hier ewige Qualen erleiden. Der Bereich ist von einer ehernen Mauer und dem flammenden Fluss Pyriphlegeton umgeben und dient Zeus als Gefängnis für Missetäter und Gottesfrevler (z. B. Tantalos, Sisyphos).
Nordische Mythologie
Die Begriffe Niflheim und Helheim bezeichnen die Unterwelt in der nordischen Mythologie. Hier herrscht die Göttin Hel, die allerdings nie handelnd in Erscheinung tritt und auch erst spät personifiziert wurde. Ihr Reich ist von einem Fluss umgeben, über den eine goldene Brücke führt. Die Riesin Modgudur bewacht die Brücke und befragt die Ankömmlinge nach Namen und Geschlecht, nach anderen der Helhund Garm. Erst danach und der Überwindung des eisernen Zauns erreicht die verstorbene Seele das Reich Helheim. Helheim ist dabei kein Ort der Strafe, sondern ein Aufenthaltsort der Toten, die an Krankheit oder Altersschwäche (den „Strohtod“ im Bett bzw. Strohlager) gestorben sind. Die meisten dieser Vorstellungen sind allerdings bereits christlich beeinflusst oder reflektieren griechische Elemente (Höllenhund Garmr/Kerberos, Höllenfluss Gjoll/Styx usw.) Die Hel der vorchristlichen Germanen war hingegen kein Ort der Verdammtem, nur der dunkle, neblige Ort der Toten, wo sie so ähnlich wie im Diesseits weiterlebten, jedoch nicht zurückkehren konnten (daher die wachende Riesin Modgudur vor dem Höllentor Helgrind). Auch Walhalla als Ort der gefallenen Helden kam erst später hinzu, und es gab diesen Ort ohnehin nur in der Vorstellung der Nordgermanen.[3]
Finnische Mythologie
In der finnischen Mythologie wird die Unterwelt Tuonela am eingehendsten im Epos „Kalevala“ beschrieben. Sie wird von Tuoni und Tuonetar beherrscht.
Totengötter anderer Kulturen
In Mesopotamien (Sumerer, Akkader) galten Nergal und seine Gattin Ereschkigal als Herrscher der Unterwelt Kurnugia.
In Ägypten waren Osiris und der Totenbegleiter und Balsamierungsgott Anubis die bedeutendsten Totengötter.
In der altsyrischen Mythologie hieß der Totengott Mot.
Bei den Römern war Dis auch genannt Pluto der Herrscher der Unterwelt.
Die Kelten nannten den Herrn der Seelen Dagda, die Waliser Gwydyon, die Gallier ihre Herrin Nantosuelta und die Iren Morrigan.
Im hinduistischen bzw. buddhistischen Bereich (Hölle#Hinduismus bzw. jap. Jigoku/chin. Diyu) ist der Todes- und Richtergott Yama zuständig. Er entspricht im buddhistischen Zentralasien dem Geist Ärlik.
Die Maya nannten die Unterwelt Xibalbá.
Die Unterwelt in der Literatur
Die Unterwelt bzw. Unterweltsfahrten wurden auf vielfältigste Weise in der Literatur eingesetzt. Die Ursprünge dieser literarischen Höllenfahrten liegen wohl im Descensus Christi wie auch in antiken literarischen Vorlagen wie der Katabasis des Odysseus, welche u. a. Vergil als Vorlage diente. Beispiele für literarische Unterwelts- oder Höllenfahrten sind u. a.:
Das aus dem babylonischen Raum stammende Gilgameschepos
Homers "Odyssee"
Vergils "Aeneis"
Augustins De civitate Dei
Der altfranzösische "Roman d’Eneás"
Heinrichs von Veldeke "Eneide"
Die "Visio Tnugdali"
Dante Alighieris "Inferno"
Der "Fortunatus" (Reise zu St. Patricius Fegefeuer)
Johann Wolfgang von Goethes Faust II
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Einordnung
Der Begriff der Unterwelt stand ursprünglich für die durchaus räumliche Vorstellung eines Ortes, der unterhalb der normal zugänglichen Welt angesiedelt ist (bezogen auf die Vorstellung der Erde als Scheibe), dann zunehmend für einen Ort außerhalb der Welt der Sterblichen, an dem besondere Wesen und auch die Geister der Verstorbenen (daher auch oft die Bezeichnung „Totenreich“ oder „Reich des Todes“) vermutet wurden. In dieser Begriffsvariante handelt es sich um ein Vorläuferkonzept späterer Jenseits-Vorstellungen. Neben den kulturspezifischen Aspekten gibt es auch kulturübergreifende, so gibt es meist einen Herrscher oder ein Herrscherpaar aus einem Göttergeschlecht, der ihr vorsteht. Die Götter der Unterwelt werden zuweilen auch als die chthonischen Mächte (von griechisch chthon, Erde) bezeichnet.
Die Unterwelt ist der Wohnort der Todes- und Unterweltgottheiten. Hierher gelangen die Verstorbenen, meist von Seelenführer oder Fährmann geleitet, über das Grenzwasser. Im Westen, jenseits des Ozeans, wo die Sonne untergeht, wird der Eingang zur Unterwelt vermutet. Bewacht durch dämonische Wesen ist der Eintritt nur den Toten erlaubt und für Lebende verboten.
In manchen Kulturen ist die Unterwelt ein zwar öder und finsterer, dennoch moralisch unbewerteter Aufenthaltsort, in anderen Kulturen wiederum eine grauen- und qualvoll ausgestaltete Hölle und Wohnsitz des Bösen.
Die Analytische Psychologie in der Tradition Carl Gustav Jungs bringt die Unterwelt in Zusammenhang mit dem sog. Mutterarchetyp.
Abgeleitet vom englischen Underworld etablierte sich in der deutschen Sprache um die 1920er Jahre der Ausdruck Unterwelt für sogenannte ‘asoziale Schichten von Kriminellen, Verbrecherwelt’ [1] und bezeichnet ein zwielichtiges Milieu von Berufsverbrechern besonders in Großstädten.[2]
Mythologisches
Griechische Mythologie
→ Hauptartikel: Unterwelt der griechischen Mythologie
In der griechischen Mythologie wird die Unterwelt so beschrieben: Ihr Herrscher ist der Gott Hades (römisch: Pluto), sie heißt selber auch der Hades. Hades' Gattin ist Persephone. Mit Hilfe des Fährmannes Charon kann der Fluss Styx, der Ober- und Unterwelt voneinander trennt, überquert werden. Der dreiköpfige Höllenhund Kerberos bewacht den Eingang und sorgt dafür, dass kein Lebender den Hades betritt und kein Toter ihn verlässt.
Die Totenrichter Minos, Rhadamanthys und Aiakos sitzen (nach späteren Vorstellungen) über die Seelen zu Gericht. Die Meisten gehen in die von der Lethe (Strom des Vergessens) umflossenen elysischen Gefilde ein, wo sie als Schatten schmerzlos fortwesen oder auch in ewiger Glückseligkeit leben. (Nach einer anderen, mindestens ebenso alten Vorstellung befand sich das Elysion in weiten Fernen jenseits des Okeanos, auf den Inseln der Seligen.) Die Frevler aber werden in den Tartaros gestoßen, die tiefste Region, die von unheimlichen Gestalten bewohnt wird. Diejenigen, die Verfehlungen gegen die Götter begangen haben, sollen hier ewige Qualen erleiden. Der Bereich ist von einer ehernen Mauer und dem flammenden Fluss Pyriphlegeton umgeben und dient Zeus als Gefängnis für Missetäter und Gottesfrevler (z. B. Tantalos, Sisyphos).
Nordische Mythologie
Die Begriffe Niflheim und Helheim bezeichnen die Unterwelt in der nordischen Mythologie. Hier herrscht die Göttin Hel, die allerdings nie handelnd in Erscheinung tritt und auch erst spät personifiziert wurde. Ihr Reich ist von einem Fluss umgeben, über den eine goldene Brücke führt. Die Riesin Modgudur bewacht die Brücke und befragt die Ankömmlinge nach Namen und Geschlecht, nach anderen der Helhund Garm. Erst danach und der Überwindung des eisernen Zauns erreicht die verstorbene Seele das Reich Helheim. Helheim ist dabei kein Ort der Strafe, sondern ein Aufenthaltsort der Toten, die an Krankheit oder Altersschwäche (den „Strohtod“ im Bett bzw. Strohlager) gestorben sind. Die meisten dieser Vorstellungen sind allerdings bereits christlich beeinflusst oder reflektieren griechische Elemente (Höllenhund Garmr/Kerberos, Höllenfluss Gjoll/Styx usw.) Die Hel der vorchristlichen Germanen war hingegen kein Ort der Verdammtem, nur der dunkle, neblige Ort der Toten, wo sie so ähnlich wie im Diesseits weiterlebten, jedoch nicht zurückkehren konnten (daher die wachende Riesin Modgudur vor dem Höllentor Helgrind). Auch Walhalla als Ort der gefallenen Helden kam erst später hinzu, und es gab diesen Ort ohnehin nur in der Vorstellung der Nordgermanen.[3]
Finnische Mythologie
In der finnischen Mythologie wird die Unterwelt Tuonela am eingehendsten im Epos „Kalevala“ beschrieben. Sie wird von Tuoni und Tuonetar beherrscht.
Totengötter anderer Kulturen
In Mesopotamien (Sumerer, Akkader) galten Nergal und seine Gattin Ereschkigal als Herrscher der Unterwelt Kurnugia.
In Ägypten waren Osiris und der Totenbegleiter und Balsamierungsgott Anubis die bedeutendsten Totengötter.
In der altsyrischen Mythologie hieß der Totengott Mot.
Bei den Römern war Dis auch genannt Pluto der Herrscher der Unterwelt.
Die Kelten nannten den Herrn der Seelen Dagda, die Waliser Gwydyon, die Gallier ihre Herrin Nantosuelta und die Iren Morrigan.
Im hinduistischen bzw. buddhistischen Bereich (Hölle#Hinduismus bzw. jap. Jigoku/chin. Diyu) ist der Todes- und Richtergott Yama zuständig. Er entspricht im buddhistischen Zentralasien dem Geist Ärlik.
Die Maya nannten die Unterwelt Xibalbá.
Die Unterwelt in der Literatur
Die Unterwelt bzw. Unterweltsfahrten wurden auf vielfältigste Weise in der Literatur eingesetzt. Die Ursprünge dieser literarischen Höllenfahrten liegen wohl im Descensus Christi wie auch in antiken literarischen Vorlagen wie der Katabasis des Odysseus, welche u. a. Vergil als Vorlage diente. Beispiele für literarische Unterwelts- oder Höllenfahrten sind u. a.:
Das aus dem babylonischen Raum stammende Gilgameschepos
Homers "Odyssee"
Vergils "Aeneis"
Augustins De civitate Dei
Der altfranzösische "Roman d’Eneás"
Heinrichs von Veldeke "Eneide"
Die "Visio Tnugdali"
Dante Alighieris "Inferno"
Der "Fortunatus" (Reise zu St. Patricius Fegefeuer)
Johann Wolfgang von Goethes Faust II
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