Die Alkaloide
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Die Alkaloide
Alkaloide (Wortbildung aus arabisch القلية, DMG al-qalya ‚die Pflanzenasche‘ und griechisch -oides: „ähnlich“) sind natürlich vorkommende, chemisch heterogene, meist alkalische, stickstoffhaltige organische Verbindungen des Sekundärstoffwechsels, die auf den tierischen oder menschlichen Organismus wirken. Über 10.000 verschiedene pflanzliche, tierische oder von Mikroorganismen produzierte Substanzen werden dieser Stoffgruppe zugeordnet. Der Begriff wurde 1819 vom Hallenser Apotheker Carl Friedrich Wilhelm Meißner für „alkaliähnliche“ Pflanzenstoffe, wie Morphin, Strychnin und Solanin, geprägt. Eine zufriedenstellende und allgemein akzeptierte Definition für den Begriff „Alkaloid“ existiert jedoch bis heute nicht.
Definitionen
Der Begriff Alkaloid war ursprünglich eine allgemeine Bezeichnung für aus Pflanzen isolierte basische Stoffe. Später wurden Alkaloide auch aus anderen Organismen, wie Pilzen (z. B. Mutterkornalkaloide) und Tieren (z. B. das Krötenalkaloid Bufotenin) isoliert, so dass die Definition erweitert wurde. Des Weiteren wurde der Alkaloidbegriff teilweise auch auf einige nicht-basische Naturstoffe, wie beispielsweise das Herbstzeitlosen-Alkaloid Colchicin, das Capsaicin des Cayennepfeffers oder die Purin-Alkaloide Coffein, Theophyllin und Theobromin, ausgedehnt.
Allen Alkaloiden ist gemein, dass sie direkt auf den tierischen und menschlichen Organismus charakteristische Wirkungen haben. Die meisten sind giftig und haben einen bitteren Geschmack. Die Basizität ist ein häufiges, aber nicht essenzielles Merkmal dieser Substanzgruppe. Basische Antibiotika, wie beispielsweise Streptomycin, die auf Mikroorganismen wirken, werden in der Regel nicht als Alkaloide bezeichnet. Darüber hinaus sind alle Alkaloide Produkte des Sekundärstoffwechsels. Sie werden für den Grundstoffwechsel der sie bildenden Organismen nicht benötigt, sondern häufig als Schutz vor Fressfeinden eingesetzt. Basische Aminosäuren oder Peptide, welche Primärstoffwechselprodukte sind, werden daher nicht den Alkaloiden zugeordnet.[1]
Einige strenge Definitionen fordern, dass der Stickstoff Teil eines heterocyclischen, biogenetisch von Aminosäuren abgeleiteten Systems ist.[2] Diese Definition gliedert beispielsweise die Protoalkaloide Ephedrin und Mescalin sowie die Pseudoalkaloide Coniin und Coffein aus der Familie der Alkaloide aus. Auch Atropin ist als künstliches Racemisierungsprodukt des (S)-Hyoscyamins nach strenger Auslegung kein Alkaloid.[1]
Geschichte
Das erste isolierte Alkaloid war Morphin, das Friedrich Wilhelm Sertürner 1804 in Reinform aus Schlafmohn extrahierte.[2] Der Begriff „Alkaloide“ wurde 1819 von Carl Friedrich Wilhelm Meißner eingeführt.[3] Mit der industriellen Produktion von Alkaloiden begann Emanuel Merck 1827 in Darmstadt. 1885 gelang dem Chemiker August Wilhelm von Hofmann erstmals die Strukturaufklärung und Synthese eines Alkaloids, des Coniins.[4]
Einteilung
Alkaloide können nach verschiedenen Kriterien unterteilt werden. Üblich sind Kategorisierungen nach ihrer chemischen Struktur, ihrer Herkunft, ihrer Biogenese und ihrer pharmakologischen Wirkung.
Einteilung nach chemischer Struktur
Die in der Literatur am häufigsten verwendete Einteilung der Alkaloide ist die Kategorisierung entsprechend ihrer chemischen Struktur. Namensgebend ist der Teil des Moleküls, der einen Stickstoff enthält.
Alkaloide mit heterocyclischem Stickstoff
Pyrrolidin-Alkaloide: z. B. Hygrin
Steroid-Alkaloide: z. B. Solanin
Pyridin-Alkaloide: z. B. Nicotin, Anabasin
Piperidin-Alkaloide: z. B. Piperin
Tropan-Alkaloide: z. B. Hyoscyamin, Scopolamin, Kokain
Chinolin-Alkaloide: z. B. Chinin, Chinidin
Isochinolin-Alkaloide: z. B. Morphin, Codein, Papaverin, Berberin, Tubocurarin
Indol-Alkaloide: z. B. Ajmalin, Ergotamin, Yohimbin, Reserpin, Strychnin
Purinalkaloide: z. B. Coffein, Theophyllin, Theobromin
Alkaloide mit acyclischem Stickstoff: z. B. Ephedrin, Mescalin
Einteilung nach Herkunft
Alkaloide können auch nach charakteristischen Organismen, die sie produzieren, oder nach Drogen, in denen sie enthalten sind, benannt und eingeteilt werden.
Curare-Alkaloide: z. B. Toxiferin, Tubocurarin, Alcuronium
Mutterkorn-Alkaloide: z. B. Ergotamin, Ergometrin
Opiate: z. B. Morphin, Codein, Thebain, Papaverin, Noscapin, Cryptopin
Vinca-Alkaloide: z. B. Vincristin, Vinblastin
Einteilung nach Biogenese
Eine weitere Einteilung der Alkaloide kann anhand von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Biosynthese erfolgen. Dabei werden Alkaloide entsprechend den Aminosäuren geordnet, die als Stickstoffquelle in der Biosynthese genutzt werden.
Von Asparaginsäure oder Lysin abgeleitete Alkaloide: z. B. Nicotin, Lupinin
Von Glycin abgeleitete Alkaloide: z. B. Coffein, Theophyllin, Theobromin
Von Histidin abgeleitete Alkaloide: z. B. Pilocarpin
Von Ornithin abgeleitete Alkaloide: z. B. Hyoscyamin, Scopolamin, Kokain
Von Phenylalanin oder Tyrosin abgeleitete Alkaloide: z. B. Colchicin, Morphin, Codein, Papaverin, Tubocurarin, Berberin
Von Tryptophan abgeleitete Alkaloide: z. B. Ergotamin, Ergometrin, Ajmalin, Reserpin, Strychnin
Demgegenüber weist der Sammelbegriff Terpenalkaloide, zu denen beispielsweise die Alkaloide Coniin und Aconitin zählen, auf die biogenetische Herkunft des Kohlenstoffgrundgerüstes aus dem Terpenstoffwechsel hin.
Einteilung nach pharmakologischer Wirkung
Nach pharmakologischer Wirkung; z. B. Halluzinogene
Gewinnung
Die im biologischen Material hauptsächlich in Form ihrer Essig-, Oxal-, Milch-, Wein-, Aconit- oder Chinasäure-Salze, seltener in Reinform oder als Ester vorliegenden Alkaloide werden auf klassische Weise durch Extraktion gewonnen. Das Verfahren der Extraktion hängt von den physiokochemischen Eigenschaften der zu isolierenden Alkaloide ab. Für die Extraktion der meisten Alkaloide hat sich die Verwendung des polaren Lösungsmittels Methanol unter Zusatz von Essigsäure bewährt. Nach Eindampfen und Aufnahme in einem wässrigen sauren Medium (z. B. verdünnte Salzsäure) können Fremdbestandteile, wie Fette und andere lipophile Stoffe, durch Extraktion mit dem lipophilen Lösungsmittel Ether entfernt werden. Für die Extraktion der Alkaloide aus der wässrigen Phase hat sich Chloroform nach Alkalisierung mit Natronlauge oder einer anderen geeigneten Base bewährt. Aus der Chloroformphase geht nach Trocknen und Eindampfen in der Regel ein Alkaloidgemisch hervor, das bevorzugt durch chromatographische Trennung aufgetrennt werden kann. Für die Isolierung von lipidunlöslichen Alkaloiden mit einer quartären Ammoniumstruktur kann eine Fällung mit Pikrin- oder Reineckesäure durchgeführt werden.[5]
Alternativ dazu ist für zahlreiche Alkaloide eine Partialsynthese oder chemische Totalsynthese möglich. Die Herstellung von Alkaloiden über eine Partial- oder Totalsynthese findet insbesondere dann Anwendung, wenn die künstliche Herstellung gegenüber der Extraktion preisgünstiger ist. Ein Beispiel für üblicherweise synthetisch hergestellte Alkaloide ist das Theophyllin.
Analytik
Als klassisches Nachweisreagenz für Alkaloide wird Dragendorff-Reagenz verwendet. In Gegenwart von Alkaloiden bildet sich ein Ionenpaar mit der Zusammensetzung [BiI4]−[NHR3]+, das, je nach Alkaloid, als gelboranges bis braunes Präzipitat zu erkennen ist. Alternativ dazu werden auch Mayers Reagenz (Tetraiodomercurat), Silicowolframsäure, Wagners Reagenz (Iod-Kaliumiodid), Sonnenscheins Reagenz (Phosphomolybdänsäure), Iodoplatinat und weitere als Nachweisreagenz verwendet. Die Selektivität dieser Nachweisreagenzien variiert stark und ist innerhalb der Gruppe der Alkaloide begrenzt. Um die Selektivität zu erhöhen, werden sie in der Regel in Kombination mit chromatographischen Verfahren, wie der Dünnschichtchromatographie eingesetzt.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Definitionen
Der Begriff Alkaloid war ursprünglich eine allgemeine Bezeichnung für aus Pflanzen isolierte basische Stoffe. Später wurden Alkaloide auch aus anderen Organismen, wie Pilzen (z. B. Mutterkornalkaloide) und Tieren (z. B. das Krötenalkaloid Bufotenin) isoliert, so dass die Definition erweitert wurde. Des Weiteren wurde der Alkaloidbegriff teilweise auch auf einige nicht-basische Naturstoffe, wie beispielsweise das Herbstzeitlosen-Alkaloid Colchicin, das Capsaicin des Cayennepfeffers oder die Purin-Alkaloide Coffein, Theophyllin und Theobromin, ausgedehnt.
Allen Alkaloiden ist gemein, dass sie direkt auf den tierischen und menschlichen Organismus charakteristische Wirkungen haben. Die meisten sind giftig und haben einen bitteren Geschmack. Die Basizität ist ein häufiges, aber nicht essenzielles Merkmal dieser Substanzgruppe. Basische Antibiotika, wie beispielsweise Streptomycin, die auf Mikroorganismen wirken, werden in der Regel nicht als Alkaloide bezeichnet. Darüber hinaus sind alle Alkaloide Produkte des Sekundärstoffwechsels. Sie werden für den Grundstoffwechsel der sie bildenden Organismen nicht benötigt, sondern häufig als Schutz vor Fressfeinden eingesetzt. Basische Aminosäuren oder Peptide, welche Primärstoffwechselprodukte sind, werden daher nicht den Alkaloiden zugeordnet.[1]
Einige strenge Definitionen fordern, dass der Stickstoff Teil eines heterocyclischen, biogenetisch von Aminosäuren abgeleiteten Systems ist.[2] Diese Definition gliedert beispielsweise die Protoalkaloide Ephedrin und Mescalin sowie die Pseudoalkaloide Coniin und Coffein aus der Familie der Alkaloide aus. Auch Atropin ist als künstliches Racemisierungsprodukt des (S)-Hyoscyamins nach strenger Auslegung kein Alkaloid.[1]
Geschichte
Das erste isolierte Alkaloid war Morphin, das Friedrich Wilhelm Sertürner 1804 in Reinform aus Schlafmohn extrahierte.[2] Der Begriff „Alkaloide“ wurde 1819 von Carl Friedrich Wilhelm Meißner eingeführt.[3] Mit der industriellen Produktion von Alkaloiden begann Emanuel Merck 1827 in Darmstadt. 1885 gelang dem Chemiker August Wilhelm von Hofmann erstmals die Strukturaufklärung und Synthese eines Alkaloids, des Coniins.[4]
Einteilung
Alkaloide können nach verschiedenen Kriterien unterteilt werden. Üblich sind Kategorisierungen nach ihrer chemischen Struktur, ihrer Herkunft, ihrer Biogenese und ihrer pharmakologischen Wirkung.
Einteilung nach chemischer Struktur
Die in der Literatur am häufigsten verwendete Einteilung der Alkaloide ist die Kategorisierung entsprechend ihrer chemischen Struktur. Namensgebend ist der Teil des Moleküls, der einen Stickstoff enthält.
Alkaloide mit heterocyclischem Stickstoff
Pyrrolidin-Alkaloide: z. B. Hygrin
Steroid-Alkaloide: z. B. Solanin
Pyridin-Alkaloide: z. B. Nicotin, Anabasin
Piperidin-Alkaloide: z. B. Piperin
Tropan-Alkaloide: z. B. Hyoscyamin, Scopolamin, Kokain
Chinolin-Alkaloide: z. B. Chinin, Chinidin
Isochinolin-Alkaloide: z. B. Morphin, Codein, Papaverin, Berberin, Tubocurarin
Indol-Alkaloide: z. B. Ajmalin, Ergotamin, Yohimbin, Reserpin, Strychnin
Purinalkaloide: z. B. Coffein, Theophyllin, Theobromin
Alkaloide mit acyclischem Stickstoff: z. B. Ephedrin, Mescalin
Einteilung nach Herkunft
Alkaloide können auch nach charakteristischen Organismen, die sie produzieren, oder nach Drogen, in denen sie enthalten sind, benannt und eingeteilt werden.
Curare-Alkaloide: z. B. Toxiferin, Tubocurarin, Alcuronium
Mutterkorn-Alkaloide: z. B. Ergotamin, Ergometrin
Opiate: z. B. Morphin, Codein, Thebain, Papaverin, Noscapin, Cryptopin
Vinca-Alkaloide: z. B. Vincristin, Vinblastin
Einteilung nach Biogenese
Eine weitere Einteilung der Alkaloide kann anhand von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Biosynthese erfolgen. Dabei werden Alkaloide entsprechend den Aminosäuren geordnet, die als Stickstoffquelle in der Biosynthese genutzt werden.
Von Asparaginsäure oder Lysin abgeleitete Alkaloide: z. B. Nicotin, Lupinin
Von Glycin abgeleitete Alkaloide: z. B. Coffein, Theophyllin, Theobromin
Von Histidin abgeleitete Alkaloide: z. B. Pilocarpin
Von Ornithin abgeleitete Alkaloide: z. B. Hyoscyamin, Scopolamin, Kokain
Von Phenylalanin oder Tyrosin abgeleitete Alkaloide: z. B. Colchicin, Morphin, Codein, Papaverin, Tubocurarin, Berberin
Von Tryptophan abgeleitete Alkaloide: z. B. Ergotamin, Ergometrin, Ajmalin, Reserpin, Strychnin
Demgegenüber weist der Sammelbegriff Terpenalkaloide, zu denen beispielsweise die Alkaloide Coniin und Aconitin zählen, auf die biogenetische Herkunft des Kohlenstoffgrundgerüstes aus dem Terpenstoffwechsel hin.
Einteilung nach pharmakologischer Wirkung
Nach pharmakologischer Wirkung; z. B. Halluzinogene
Gewinnung
Die im biologischen Material hauptsächlich in Form ihrer Essig-, Oxal-, Milch-, Wein-, Aconit- oder Chinasäure-Salze, seltener in Reinform oder als Ester vorliegenden Alkaloide werden auf klassische Weise durch Extraktion gewonnen. Das Verfahren der Extraktion hängt von den physiokochemischen Eigenschaften der zu isolierenden Alkaloide ab. Für die Extraktion der meisten Alkaloide hat sich die Verwendung des polaren Lösungsmittels Methanol unter Zusatz von Essigsäure bewährt. Nach Eindampfen und Aufnahme in einem wässrigen sauren Medium (z. B. verdünnte Salzsäure) können Fremdbestandteile, wie Fette und andere lipophile Stoffe, durch Extraktion mit dem lipophilen Lösungsmittel Ether entfernt werden. Für die Extraktion der Alkaloide aus der wässrigen Phase hat sich Chloroform nach Alkalisierung mit Natronlauge oder einer anderen geeigneten Base bewährt. Aus der Chloroformphase geht nach Trocknen und Eindampfen in der Regel ein Alkaloidgemisch hervor, das bevorzugt durch chromatographische Trennung aufgetrennt werden kann. Für die Isolierung von lipidunlöslichen Alkaloiden mit einer quartären Ammoniumstruktur kann eine Fällung mit Pikrin- oder Reineckesäure durchgeführt werden.[5]
Alternativ dazu ist für zahlreiche Alkaloide eine Partialsynthese oder chemische Totalsynthese möglich. Die Herstellung von Alkaloiden über eine Partial- oder Totalsynthese findet insbesondere dann Anwendung, wenn die künstliche Herstellung gegenüber der Extraktion preisgünstiger ist. Ein Beispiel für üblicherweise synthetisch hergestellte Alkaloide ist das Theophyllin.
Analytik
Als klassisches Nachweisreagenz für Alkaloide wird Dragendorff-Reagenz verwendet. In Gegenwart von Alkaloiden bildet sich ein Ionenpaar mit der Zusammensetzung [BiI4]−[NHR3]+, das, je nach Alkaloid, als gelboranges bis braunes Präzipitat zu erkennen ist. Alternativ dazu werden auch Mayers Reagenz (Tetraiodomercurat), Silicowolframsäure, Wagners Reagenz (Iod-Kaliumiodid), Sonnenscheins Reagenz (Phosphomolybdänsäure), Iodoplatinat und weitere als Nachweisreagenz verwendet. Die Selektivität dieser Nachweisreagenzien variiert stark und ist innerhalb der Gruppe der Alkaloide begrenzt. Um die Selektivität zu erhöhen, werden sie in der Regel in Kombination mit chromatographischen Verfahren, wie der Dünnschichtchromatographie eingesetzt.
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