Leopold Zunz
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Leopold Zunz
Leopold Zunz (ursprünglich Jom Tob Lippmann Zunz; geboren am 10. August 1794 in Detmold; gestorben am 17. März 1886 in Berlin) war ein deutscher jüdischer Wissenschaftler und Vorkämpfer der Emanzipation der Juden in Deutschland. Er gilt als eigentlicher Begründer der „Wissenschaft des Judentums“, der Erforschung der jüdischen Geschichte, Kultur und Religion mit den wissenschaftlichen Methoden des 19. Jahrhunderts.
Leopold Zunz, Porträt von Moritz Daniel Oppenheim
Leben
Leopold Zunz besuchte zwischen 1803 und 1809 die Wolfenbütteler Samson-Schule und wurde anschließend als erster Jude am dortigen Gymnasium aufgenommen, das er 1811 abschloss. 1815 zog er nach Berlin, studierte Philosophie, Philologie und Geschichte an der Humboldt-Universität, wo er 1816 unter anderen mit seinem Schulfreund Isaak Markus Jost den jüdischen Wissenschaftszirkel gründete. Zunz promovierte 1821 an der Universität Halle zum Doktor der Philosophie. Nach seiner Ordinierung durch einen der ersten Vertreter der jüdischen Reformbewegung, Aaron Chorin, amtierte er von 1820–1822 als Prediger im „Beer-Tempel“, einer Reformsynagoge in Berlin, stieß jedoch dort auf großes Unverständnis und kündigte deshalb diese Stelle. Sein Geld verdiente er fortan als Redaktionsmitglied der Tageszeitung Haude- und Spenersche Zeitung (1824–31) und als Direktor einer jüdischen Grundschule (1826–1830). Auch diesen Posten in der Jüdischen Gemeindeschule gab er jedoch auf, da er ihm notwendig erscheinende Reformen nicht durchsetzen konnte. Im Jahre 1840 begründete er in Berlin mit dem Rabbiner Meyer Landsberg[1] das Seminar für Jüdische Lehrer und wurde zum Direktor ernannt. 1850 trat er von der Leitung des Seminars zurück und erhielt eine Pension.
Zunz war auch politisch tätig. Seit seiner Jugend dem demokratischen Liberalismus verpflichtet, schloss er sich während der Revolution von 1848 der demokratischen Bewegung an und wurde mehrmals zum Wahlmann für die Parlamentswahlen gewählt.
Nach dem Tod seiner Gattin Adelheid Beermann, die er 1822 geheiratet hatte, zog er sich 1874 aus der Öffentlichkeit zurück. Er starb 1886 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Berlin Schönhauser Allee bestattet.
Wissenschaft des Judentums
Gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten, darunter Eduard Gans, gründete Zunz 1819 in Berlin den Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden, dem auch Heinrich Heine 1822 beitrat. Bereits ein Jahr zuvor war seine Schrift Etwas über die rabbinische Literatur erschienen, die ihn, nach allgemeiner Auffassung, zum Begründer der „Wissenschaft des Judentums“ machte. Zusammen mit Gans und Moses Moser wurde Zunz 1820 Mitglied der Gesellschaft der Freunde. 1823 wurde er Redakteur der Zeitschrift für die Wissenschaft des Judenthums und zugleich einer ihrer wichtigsten Autoren. Eine größere Leserschaft konnte die Zeitschrift nicht gewinnen, und so wurde sie nach drei Ausgaben eingestellt. Die Auswirkungen des Vereins waren weniger religiöser als vielmehr wissenschaftlicher Natur. Zunz beteiligte sich kaum am Reformjudentum, verlor jedoch niemals den Glauben an die belebende Kraft der Wissenschaft in ihrer kritischen Anwendung auf jahrhundertealte Traditionen und literarische Überlieferungen. Zunz hatte den Wunsch, „das kulturelle Vermächtnis der jüdischen Literatur in den Umkreis des kulturellen Erbes Europas einzubringen“.[2].
Im Jahre 1832 veröffentlichte er Gottesdienstliche Vorträge der Juden, das eine Darstellung der Entwicklung der Bibelauslegung von ihren Anfängen in den Targumim bis in Zunzens Zeit gibt, dabei eine Einführung in über hundert Midraschim umfasst[3] und als wichtigstes jüdisches Werk des 19. Jahrhunderts angesehen wird. Im Vorwort, das von der Regierung zensiert wurde, forderte Zunz das Recht der Juden auf deutsche Staatsbürgerschaft sowie die institutionelle Förderung der Wissenschaft des Judentums.
Werke (Auswahl)
Etwas über die rabbinische Literatur. 1818. Digitalisat der SLUB Dresden via EOD
Gottesdienstliche Vorträge der Juden. 1832. Eine Geschichte der Predigt, mit Prinzipien zur historischen Erforschung von Midrasch und Siddur [4].
Zur Geschichte und Literatur. 1845.
Synagogale Poesie des Mittelalters. 1855.
Ritus. 1859. Eine Beschreibung synagogaler Riten.
Literaturgeschichte der synagogalen Poesie. 1865, mit einem Ergänzungsband 1867.
Als Herausgeber, mit Eduard Gans: Zeitschrift f.d. Wissenschaft des Judentums Jg. 1, Heft 1–3, 1822 (mehr nicht ersch.). Darüber: J. Raphael Die Zeitschrift des Dr. L. Z. in: Zeitschrift f. d. Geschichte der Juden, Heft 1/1970, Tel Aviv: Olamenu, S. 31–36 (zahlreiche Anm.)
Daneben schrieb Zunz zahlreiche Essays, die später als Gesammelte Schriften erschienen (1876).
Die Rabbinerbibel
Zunz leitete eine Gruppe jüdischer Wissenschaftler, die von 1839 an eine Übersetzung der Heiligen Schrift unter dem Titel Die vier und zwanzig Bücher der Heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Texte herausgaben. Sie wurde später die „Rabbinerbibel“ genannt.
Übersetzer waren
Heymann Arnheim in Glogau
Dr. Michael Sachs in Prag
Dr. Julius Fürst in Leipzig und
Dr. Leopold Zunz in Berlin selbst.
Die 15. Auflage erschien 1904 in Frankfurt am Main im Verlag J. Kauffmann.
Das Gemeinschaftswerk wurde in neuer Typographie wieder aufgelegt als
Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift Übersetzt von Leopold Zunz. Basel: Victor Goldschmidt o. J. ((C) 1995). ISBN 3-85705-002-0
Eine hebräisch-deutsche Ausgabe ist unter dem Titel
Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Text Übersetzt von Leopold Zunz, erschienen im Sinai Verlag Tel-Aviv in Zusammenarbeit mit dem DORONIA Verlag Stuttgart ((C) 1997). ISBN 3-929895-11-0
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Leopold Zunz, Porträt von Moritz Daniel Oppenheim
Leben
Leopold Zunz besuchte zwischen 1803 und 1809 die Wolfenbütteler Samson-Schule und wurde anschließend als erster Jude am dortigen Gymnasium aufgenommen, das er 1811 abschloss. 1815 zog er nach Berlin, studierte Philosophie, Philologie und Geschichte an der Humboldt-Universität, wo er 1816 unter anderen mit seinem Schulfreund Isaak Markus Jost den jüdischen Wissenschaftszirkel gründete. Zunz promovierte 1821 an der Universität Halle zum Doktor der Philosophie. Nach seiner Ordinierung durch einen der ersten Vertreter der jüdischen Reformbewegung, Aaron Chorin, amtierte er von 1820–1822 als Prediger im „Beer-Tempel“, einer Reformsynagoge in Berlin, stieß jedoch dort auf großes Unverständnis und kündigte deshalb diese Stelle. Sein Geld verdiente er fortan als Redaktionsmitglied der Tageszeitung Haude- und Spenersche Zeitung (1824–31) und als Direktor einer jüdischen Grundschule (1826–1830). Auch diesen Posten in der Jüdischen Gemeindeschule gab er jedoch auf, da er ihm notwendig erscheinende Reformen nicht durchsetzen konnte. Im Jahre 1840 begründete er in Berlin mit dem Rabbiner Meyer Landsberg[1] das Seminar für Jüdische Lehrer und wurde zum Direktor ernannt. 1850 trat er von der Leitung des Seminars zurück und erhielt eine Pension.
Zunz war auch politisch tätig. Seit seiner Jugend dem demokratischen Liberalismus verpflichtet, schloss er sich während der Revolution von 1848 der demokratischen Bewegung an und wurde mehrmals zum Wahlmann für die Parlamentswahlen gewählt.
Nach dem Tod seiner Gattin Adelheid Beermann, die er 1822 geheiratet hatte, zog er sich 1874 aus der Öffentlichkeit zurück. Er starb 1886 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Berlin Schönhauser Allee bestattet.
Wissenschaft des Judentums
Gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten, darunter Eduard Gans, gründete Zunz 1819 in Berlin den Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden, dem auch Heinrich Heine 1822 beitrat. Bereits ein Jahr zuvor war seine Schrift Etwas über die rabbinische Literatur erschienen, die ihn, nach allgemeiner Auffassung, zum Begründer der „Wissenschaft des Judentums“ machte. Zusammen mit Gans und Moses Moser wurde Zunz 1820 Mitglied der Gesellschaft der Freunde. 1823 wurde er Redakteur der Zeitschrift für die Wissenschaft des Judenthums und zugleich einer ihrer wichtigsten Autoren. Eine größere Leserschaft konnte die Zeitschrift nicht gewinnen, und so wurde sie nach drei Ausgaben eingestellt. Die Auswirkungen des Vereins waren weniger religiöser als vielmehr wissenschaftlicher Natur. Zunz beteiligte sich kaum am Reformjudentum, verlor jedoch niemals den Glauben an die belebende Kraft der Wissenschaft in ihrer kritischen Anwendung auf jahrhundertealte Traditionen und literarische Überlieferungen. Zunz hatte den Wunsch, „das kulturelle Vermächtnis der jüdischen Literatur in den Umkreis des kulturellen Erbes Europas einzubringen“.[2].
Im Jahre 1832 veröffentlichte er Gottesdienstliche Vorträge der Juden, das eine Darstellung der Entwicklung der Bibelauslegung von ihren Anfängen in den Targumim bis in Zunzens Zeit gibt, dabei eine Einführung in über hundert Midraschim umfasst[3] und als wichtigstes jüdisches Werk des 19. Jahrhunderts angesehen wird. Im Vorwort, das von der Regierung zensiert wurde, forderte Zunz das Recht der Juden auf deutsche Staatsbürgerschaft sowie die institutionelle Förderung der Wissenschaft des Judentums.
Werke (Auswahl)
Etwas über die rabbinische Literatur. 1818. Digitalisat der SLUB Dresden via EOD
Gottesdienstliche Vorträge der Juden. 1832. Eine Geschichte der Predigt, mit Prinzipien zur historischen Erforschung von Midrasch und Siddur [4].
Zur Geschichte und Literatur. 1845.
Synagogale Poesie des Mittelalters. 1855.
Ritus. 1859. Eine Beschreibung synagogaler Riten.
Literaturgeschichte der synagogalen Poesie. 1865, mit einem Ergänzungsband 1867.
Als Herausgeber, mit Eduard Gans: Zeitschrift f.d. Wissenschaft des Judentums Jg. 1, Heft 1–3, 1822 (mehr nicht ersch.). Darüber: J. Raphael Die Zeitschrift des Dr. L. Z. in: Zeitschrift f. d. Geschichte der Juden, Heft 1/1970, Tel Aviv: Olamenu, S. 31–36 (zahlreiche Anm.)
Daneben schrieb Zunz zahlreiche Essays, die später als Gesammelte Schriften erschienen (1876).
Die Rabbinerbibel
Zunz leitete eine Gruppe jüdischer Wissenschaftler, die von 1839 an eine Übersetzung der Heiligen Schrift unter dem Titel Die vier und zwanzig Bücher der Heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Texte herausgaben. Sie wurde später die „Rabbinerbibel“ genannt.
Übersetzer waren
Heymann Arnheim in Glogau
Dr. Michael Sachs in Prag
Dr. Julius Fürst in Leipzig und
Dr. Leopold Zunz in Berlin selbst.
Die 15. Auflage erschien 1904 in Frankfurt am Main im Verlag J. Kauffmann.
Das Gemeinschaftswerk wurde in neuer Typographie wieder aufgelegt als
Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift Übersetzt von Leopold Zunz. Basel: Victor Goldschmidt o. J. ((C) 1995). ISBN 3-85705-002-0
Eine hebräisch-deutsche Ausgabe ist unter dem Titel
Die vierundzwanzig Bücher der Heiligen Schrift. Nach dem masoretischen Text Übersetzt von Leopold Zunz, erschienen im Sinai Verlag Tel-Aviv in Zusammenarbeit mit dem DORONIA Verlag Stuttgart ((C) 1997). ISBN 3-929895-11-0
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